Die Zeit dazwischenNach dem Abitur ist vor dem Studium – aber welches?
Von Katrin Schlömer
Wer vor wichtigen Entscheidungen steht ... steht unter Druck. Um den Kopf frei zu bekommen, kann eine frische Brise und eine Auszeit helfen.
Das Abitur war unser Ziel. Wir haben gelernt und gelernt und waren viel zu beschäftigt mit Vokabelkarten, komplizierten Formeln und Geschichtsdaten. Was danach kam, war uns erst mal nicht so wichtig. Doch plötzlich war dieses „Danach“ da und der Plan für die Zeit nach den Sommerferien war immer noch nicht klar. Einige wussten schon lange, was sie werden wollen – ich wusste es nicht und habe lange nach der Antwort gesucht. In diesem Artikel will ich meine Erfahrung zu diesem Thema schildern und was mir bei der Lösung geholfen hat.
Die Zeit vor dem Abitur
Im Rückblick empfinde ich die Schulzeit gar nicht mehr so schlimm. Die Zeiten, wo der Wecker mich um 6 Uhr aus dem Schlaf gerissen hat sind vorbei. Das alles zählt nicht mehr. Die Zeiten der vorgegebenen Referate und der Vokabeltests sind zu Ende. Ich bin zwar erleichtert, dass mir keiner mehr vorschreibt, was ich zu tun und zu lassen habe – die Regelmäßigkeit der Schulzeit vermisse ich aber trotzdem manchmal.
Vor dem Abitur erhöht sich der Druck. Er kommt nicht nur von Mitschülern, Lehrern und Freunden, sondern auch von uns selbst. Es wird immer schwieriger, uns einen Tag frei zu halten, an dem wir nicht auch mal nur eben die Mathe-Formeln für den nächsten Tag anschauen. Zu diesem ganzen Lernstress kommen im Laufe des letzten Jahres immer häufiger Fragen von Eltern, Verwandten und Freunden. Die Fragen reichen von: „Hast du dich schon beworben?“ über „Wie sieht es denn jetzt mit Geld verdienen aus?“ bis „Hast du überhaupt eine Ahnung was du machen willst?“.
Alle wollten wissen, wie mein Plan nach dem Abitur oder überhaupt für meine Zukunft aussehen soll. Ich habe diese Fragen immer abgetan mit der Aussage, dass ich ja ein paar Monate ins Ausland will und der Rest sich dann einfach ergibt. Meine Ambitionen für eine Lösung des Zukunft-Problems waren nicht sehr hoch und das Abitur schien auch noch sehr weit weg.
Als dann doch auf einmal alles ganz plötzlich vorbei war nach dem letzten Schultag und die Sommerferien vor mir lagen, wurde die Frage in meinem Kopf immer lauter. „Was kommt denn jetzt?“. Ich fühlte mich immer mehr unter Druck gesetzt, da ich mir überhaupt keine Gedanken zu dem Thema gemacht hatte. Zur Auswahl stand nicht nur ein Studium, sondern auch eine Ausbildung. Das erschwerte mir die Situation zusätzlich.
Was willst du ganz persönlich mit deinem Leben anfangen?
Diese Frage habe ich mir lange gestellt und hatte sehr viel Stress dabei. Ich habe mit vielen Leuten geredet, war bei einigen Jobmessen und Stammkunde auf den Seiten der Unis aus der Gegend. Dabei raus kam eine völlig verwirrte Abiturientin, die noch viel weniger wusste was sie wollte als vorher.
Flucht nach vorn: Ab ins Ausland
Kurzentschlossen bin ich dann für ein paar Monate nach England und habe auf ökologischen Farmen gearbeitet. Die Zeit in England hat mir zwar bei meiner Studiensuche nicht so sehr geholfen, sie hat mich aber persönlich weiter gebracht. Ich gehe jetzt oft anders mit Stress um und bin viel mehr bereit etwas Neues auszuprobieren. Was mir in dieser Zeit genommen wurde, ist der „Zukunftsdruck“.
Während der Zeit auf den Höfen habe ich einige Menschen getroffen, mit denen ich mich über meine Wünsche für die Zukunft unterhalten habe. Dabei ging es nicht darum, die ultimative Lösung finden zu müssen. Auf der zweiten Farm in der Nähe von Oxford, habe ich mich an einem Abend mit einem der dortigen Bewohner über Lebenswünsche unterhalten. Seine Meinung: Ich soll mir Zeit lassen und nicht mit Druck und Stress an das Thema rangehen.
In dieses Seminarhaus in Oxfords Umgebung kommen viele Menschen, die ihren Lebensweg noch nicht gefunden haben oder ihn neu suchen möchten. Diese Begegnungen waren sehr hilfreich bei meinen Gedanken an die Zeit „nach England“. Auch durch die körperliche Arbeit beim Äpfel pflücken, Unkraut jäten und Stall ausmisten, habe ich meinen Kopf frei bekommen. Hühner versorgen hat zwar nichts mit einem Studium zu tun, für mich war es aber ein Schritt in die Arbeitswelt und weg von meinen Zukunftsängsten.
Die anderen Freiwilligen auf den Höfen haben mir, neben netten Gesprächen und vielen schönen Erlebnissen, ebenfalls etwas zu diesem Thema mitgegeben. Nämlich, dass sie auch noch unsicher in ihren Erwartungen und Wünschen sind und es nicht immer einen festen Plan für die Zukunft gibt.
Rückkehr nach Deutschland
Wieder zu Hause habe ich mich dann mit weniger Stress und dafür mehr Motivation an meinen Laptop gesetzt und mich ganz neu informiert. Ich habe mich durchs Internet gegoogelt und mir dort verschiedene Seiten zu einzelnen Studiengängen durch gelesen. Ich habe Bücher und Zeitschriften über Studiengänge gelesen, wie z.B. den Studienführer von „Die Zeit“ und die Bücher der Verbraucherzentrale zum Thema Studium. Diese Bücher kann ich wirklich sehr empfehlen, sie helfen vielleicht nicht bei der Studienwahl, aber bei allem drum herum.
Ich war bei einer Jobmesse in Essen, der Allgemeinen Studienberatung einer Uni und dem Arbeitsamt in meiner Stadt. Die Jobmesse war im Gegensatz zu den anderen Informationsmöglichkeiten sehr stressig, chaotisch und für mich, als Kulturinteressierte, nicht sehr informativ. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass man sich, einmal mit dem System Messe vertraut, gut informieren kann.
Mein prägendstes Erlebnis zum Thema Studiensuche war der Besuch einer Vorlesung an der Bochumer Uni. Die Anglistik Vorlesung dort war der perfekte Einstieg, das Thema war sehr interessant und der Professor war sehr interessiert an den Meinungen der Studenten.
Endlich gefunden!
Aus diesem Gewirr aus Informationen und Meinungen habe ich mir dann meine eigene geformt. Mein Wunsch-Studium ist durch die vielen Informationen in Richtung Kultur- und Medienwissenschaften gegangen. Darauf gekommen bin ich durch den Mitarbeiter beim Arbeitsamt, er hatte mir unter anderem dieses Fach vorgeschlagen. Bei gezielter Suche, unter anderem bei der
[bhl]Studienfachdatenbank von Studis Online, auf YouTube und bei Gesprächen mit Bekannten, habe ich mich für dieses Studium entschieden. Jetzt bin ich einfach nur super froh zu wissen, wofür ich mich bewerben werde.
Da es zum Sommersemester leider so wenig Unis in meinem Umfeld mit dieser Studienrichtung gibt, werde ich mich zum Wintersemester bewerben. Die Zeit bis zum Studium werde ich nochmal ins Ausland gehen und Praktika machen. Mein Auslandsaufenthalt in Schweden und Dänemark stelle ich mir als den endgültigen Abschluss meiner Orientierungszeit vor: Dann werde ich wieder bereit sein, mein Gehirn wieder mit interessantem Stoff zu füttern. Ein gutes und erleichterndes Gefühl, dass meine Zukunft jetzt soweit klar ist!
Was mir am meisten geholfen hat
Mir persönlich hat der Besuch beim Arbeitsamt am besten geholfen. Ich hatte dort einen sehr netten Mitarbeiter, der gut auf mich eingegangen ist und mir viele Vorschläge gemacht hat. Dabei ist auch mein jetziger Studiengang bei rausgekommen.
Der Studienführer und die
[bhl]Studienfachsuche von Studis Online waren ebenfalls sehr hilfreich, zum informieren, suchen und andere Meinungen einholen.
Wie schon oben erwähnt kann ich die Bücher der Verbraucherzentrale und den Studienführer von „Die Zeit“ sehr empfehlen.
Eine Empfehlung von mir ist auch: setzt euch in ein paar Vorlesungen in die Uni. Nur so bekommt ihr ein Gefühl für das Studienfach! Lasst euch dabei am besten von Freunden mitnehmen, das erleichtert die Suche nach dem richtigen Hörsaal ungemein.
Was hat dir geholfen?
Nutze jetzt die Kommentarfunktion und erzähle, was dir in der Studienwahl geholfen hat oder was du machst, wenn du vor schwierigen Entscheidungen stehst.
Was mir nicht geholfen hat, war die Allgemeine Studienberatung einer Hochschule. Für mich war sie zu oberflächlich und zu einseitig. Ich bin vielleicht mit falschen Erwartungen in die Uni gegangen oder habe die falschen Fragen gestellt. Ich wollte Hilfe bei meiner Entscheidungsfindung und bekommen habe ich die Antwort, dass meine Abinote zu schlecht sei.
Mein Tipp für einen Plan B, wenn die Studienrichtung noch nicht klar ist oder es mit der Ausbildung nicht klappt: Bewerbt euch für ein FSJ oder einen anderen Freiwilligendienst und haltet euch diese Option offen. Für viele ist es vielleicht Plan A, aber auch für unentschlossene ist es oft genau das richtige! Ich kenne einige Menschen, die immer noch von ihrem FSJ schwärmen. Sie halten es für eine gute Erfahrung empfehlen es auf jeden Fall weiter!
Es gibt zwar sehr viele Studiengänge, jedoch nur wenige, die dir wirklich gefallen. Du musst sie nur finden!
Und zum Schluss noch eine kleine Aufmunterung
Zur Autorin des Artikels
Katrin Schlömer machte 2015 ihr Abitur an der Waldorfschule in Bochum und verbrachte ihren letzten Auslandsaufenthalt in England. In ihrer Freizeit engagiert sie sich für Flüchtlinge und ist ehrenamtlich bei Greenpeace tätig. Im Herbst will sie Kulturwissenschaft studieren, wo, das ist noch offen.
An euch da draußen, die noch nicht ihren Platz gefunden haben: nicht den Kopf in den Sand stecken und warten bis irgendwann jemand kommt. Es wird niemanden geben der dir sagt, für was du dich zu entscheiden hast. Dran bleiben, auch wenn es schwer ist!
Informier dich wo es nur geht, geh auf Messen, zum Arbeitsamt, besuch Vorlesungen an den Unis, frag Studenten, lies die Beschreibung der Studiengänge auf den Seiten der Unis. Und das Allerwichtigste: nicht aufgeben! Es gibt für jeden das Richtige, auch wenn es dann am Ende vielleicht gar kein Studium wird, sondern eine Ausbildung. Hauptsache du fühlst dich wohl damit!
Alles zur Studienwahl auf Studis Online
Büchertipps
Ratgeber der Verbraucherzentrale:
Diese beiden Bücher sind sehr informativ und geben Hinweise und Tipps rund ums Thema Studium. Sie sind sowohl für angehende Studenten, wie auch für schon Studierende geeignet. In den Ratgebern geht es unter anderem um Auszug, BAföG, Versicherung, Nebenjobs und vieles mehr, für mich eine echte Hilfe bei der Vorbereitung auf mein studentisches Leben!
Studienführer:
ZEIT Studienführer
Diese Zeitschrift ist mir zufällig in die Hände gefallen und hat mich überrascht. Sehr viele nützliche Informationen über einzelne Studiengänge, den Studienstart, Tipps für Auslandsaufenthalte und Berichte von Studenten. Wirklich lesenswert!