Kommentare zu diesem Artikel
1. UnschuldigerPassant kommentierte am 27.07.2014 um 15:02:14 Uhr
Bätschelor nach Bätschelor
Da hat sich doch glatt der Fehlerteufel eingeschlichen, Oli.
"Eine Idee der Unterteilung in Bachelor und Master ist ja gerade auch, dass nach dem Bachelor nicht zwangsläufig direkt der Bachelor angeschlossen wird."
2 mal bummeln wär ja noch schöner.
2. Oli (Studis Online) kommentierte am 27.07.2014 um 15:04:20 Uhr
@UnschuldigerPassant
Da siehst Du mal: War so im Bummeln vertieft, dass ich damit gar nicht aufhören konnte ;)
3. Christian Füller kommentierte am 27.07.2014 um 15:19:02 Uhr
Es kommt auf die Essenz an
Lieber Oli, na, die vielen Differrenzierungen, die du anbringst, sind alle nicht so falsch. Nur habe ich in meinem Blog pisaversteher das ja alles haarklein erklärt. Aber sie ändern an der Essenz einfach mal nix. Die Politik feiert den Bachelor als den Turbo-Abschluss mit einer Zahl von 5,8 Semestern - einem Wert, der aus dem Jahr 2009 (!) stammt. Ich habe mir - eher zufällig - die neuesten verfügbaren Sachen angeguckt bzw angefordert und komme auf eine Studiendauer, die um die acht Semester liegt und teilweise Richtung 9 zielt. Ok, das ist die Nachricht. Und keine Kritik an den Studenten, wenn schon dann eine an der Politik, die nicht hinguckt und nicht die richtigen. Bedingungen schafft. Darum geht's Oli, wir müssen das zur Kenntnis nehmen - und dürfen nicht blind drüber weg gucken. Ich finde den Bachelor im Grundsatz richtig, ich finde es frech, wie ihn manche Uni umgesetzt hat. Aber man darf sich doch nicht in die Taschen lügen: der Bachelor braucht mehr Geld, (etwas) weniger Prüfungen und eine genaue Analyse. Pisa vermisst alle drei Jahre die Schüler - aber ein Megasysten wie das gestufte Bachelor/Master-Programm wird eingeführt, ohne dass man es unter Vollastbedingungen testet. Also: jetzt testet. Merci für deinen Kommentar, Grüße - christian
4. Nasciturus kommentierte am 28.07.2014 um 11:58:20 Uhr
Generalrevision der Bildungspolitik
@#3
Ich fand auch schon immer seltsam, dass in den heiligen Hallen der Empirie und kritischen Wissenschaftlichkeit so folgsam jedem Vorschlag der Politik gefolgt wurde. Die Notwendigkeit nach einer genauen Untersuchung würde ich aber nicht auf das Bologna-System beschränken. Es gehört dringend nachgeholt, was erschreckenderweise noch nie geschehen ist: nämlich ein schonungsloser und ergbenisoffener Vergleich - d.h. ohne jegliche Prämissen, die das Ergebnis im Grunde schon vorweg nehmen - von Bachelor/Master und dem alten Diplomsystem. Die Tatsache, dass aus manigfaltigen Gründen die erhoffte Studienzeitverkürzungen nicht in diesem Maße eingetreten ist sollte dazu den letzten Anstoß geben. Denn wie auch bei den Gymnasialreformen ging es der Politik im Kern ja nur darum, über verkürzte Ausbildungszeiten schlicht Geld einzusparen. Man hielt das wohl für eine besonders smarte Möglichkeit, die Ziele von Haushaltssparsamkeit und steigender Abiturienten- und Studierendenquote zu vereinen. Bildung nach Kassenlage sozusagen.
Denn wenn es um einen nicht gegangen sein kann, dann um die sog. int. Vergleichbarkeit. Selbst innerhalb der Bundesrepublik sind heutzutage die Studiengänge weniger vergleichbar als vor den Reformen. Die Uni in einem Bachelorstudiengang innerhalb eines einzelnen Bundeslandes zu wechseln, wenige Kilometer entfernt an eine andere Hochschule, kann sich mitunter als große Herausforderung entpuppen. Weil im Zuge der ebenfalls eingeforderten "Diversifizierung", "Profilbildung" (etc., was halt sonst das "Phrasenschwein" noch so füllt) die Studiengänge weniger vergleichbar denn je geworden sind. Das zeigt einmal mehr die Widersprüchlichkeit und Irrationalität der Hochschulreformen. Es sollte int. vergleichbarer werden, abgesehen von den anglophilen Bezeichnungen Bachelor und Master ist aber genau das Gegenteil passiert. Und wenn man von vorneherein "Profilbildung" usw. im selben Atemzug einfordert, dann weiss man das auch, dann ist das nicht nur eine "Fehlentwicklung" sondern politisch gewollt - wider besseren Wissens geißeln die Bildungspolitiker dafür dann wieder die Hochschulen als ausführende Behörde (quasi Befehlsempfänger der Politik).
Ich bin v. a. dafür etwas so zentrales, wie unsere Bildungspolitik, endlich den Händen der Ideologen zu entreißen. Das gehört in unabhängige Fachgremien, die gerne kontrovers besetzt sein können. Aber eben sachlich, fachlich und empirisch entscheiden. Und nicht nach Ideologie, vgl. die Ganztagesbeschulung, die ja per se kein Prädikat ist, aber von den sog. linken Parteispektren in Deutschland seit ca. 15 Jahren als Königsweg in der Schulpolitik dargestellt wird. Vgl. den unheilbaren Widerspruch von wissenschaftlichen Universitäten eine "stärkere Praxisorientierung" einzufordern, eine Uni ist nun einmal keine Berufsfachschule! Und sich hinterher wundern, dass weder die Praxisorientierung funktioniert, aber auch die Wissenschaftlichkeit enorm leidet und am Ende das System schlechter dasteht als zuvor.
Es muss eine Generalrevision her. Aber das wird auf absehbare Zeit nicht passieren, dagegen sind die Ideologen, sind all jene Verantwortlichen, die das aktuelle System jüngst aus der Taufe gehoben haben - und wer zerstört schon gerne sein "Lebenswerk". Da doch lieber "Augen zu und durch" und einfach schönreden. Das, was mit der heutigen Jugend gemacht ist, ist in Hinblick auf unsere demografische Zukunft geradezu fahrlässig. Die berufliche Bildung wird durch Schaffung immer neuer, absurder Berufsbilder (mehrjärhige Berufsausbildungen für Reinigungskräfte und Burgerbrater) einerseits und durch unreflektiertes Streben an die Hochschulen andererseits entwertet (die Lehre geht absehbar den selben Weg wie einst die Hauptschulausbildung, als etwas für jene, die nichts anderes "können", nichts als etwas, was man aktiv anstrebt).
Gleichzeitig ist die Akademikerschwemme schon bei einst sehr soliden Berufen wie bei den Juristen angekommen, vgl. die zahllosen "Wohnzimmerkanzleien" und Junganwälte die mit ALG II aufstocken müssen. Während sehr gut bezahlte Facharbeiter zB in der Metallindustrie ausgehen, weil keiner mehr Schlosser usw. lernen will, obwohl ein Industrieschlosser in einem tarifgebundenen Betrieb unter dem IG Metall Tarifvertrag mehr verdient, als der Großteil der Akademiker und dabei deutlich stressfreiere Arbeitsbedingungen genießt. Soviel zur vermeintlichen Attraktivität des Studierens.
Und obendrauf wächst ein akademisches Prekariat heran, welches auch gezielt vom neuen Mindestlohn ausgenommen wird. Während der Azubi vom ersten Tag an Geld verdient, Urlaubsanspruch, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hat, quasi unkündbar ist, usw. und nach einer dreimonatigen Probezeit quasi nicht mehr aus einem Betrieb zu kommen ist, schwebt unter den Jungakademikern auf der Uni stets das Damoklesschwert des scheiterns, die extrem schlechte finanzielle Ausstattung (vgl. ALG II noch über BAföG Höchstbetrag; auch Lehrlingsgehalt + BAB liegen in jedem Beruf über dem BAföG Höchstbetrag), der Berufsstart mit Schulden (BAföG-Schulden, dazu häufig noch ein Studienkredit). Und bis man, nach "unbezahlter Tätigkeit" (Praktikum) mal einen befristeten Arbeitsvertrag für ein Lehrlingsgehalt bekommt, als fertiger Akademiker, ist man Ende 20 und der frühere Lehrling konnte schon seinen Gesellen- und Meisterbrief machen und bereits einen Hauskredit aufnehmen, hat seinen Jahresurlaub und Pipapo.
Folglich:
1. den Eltern ausreden, dass wie Anno 1970 ein Studium eine Garantie für ein gutes Auskommen wäre, gar etwas "elitäres"
2. den jungen Leuten klar vorrechnen, mit unbestechlichen Statistiken, dass sie mit einer dualen Berufsausbildung schneller und mehr Geld verdienen, als mit dem harten Brot der akademischen Ausbildung
3. jene, die dann noch verbleiben und echten akademischen Eros haben, stärker fordern und aber auch fördern (das selbe Geld für etwas weniger Köpfe = endlich anständige Studienbedingungen)
4. eine Revision der Hochschulreformen, ergebnisoffen ggf. auch mit Rückkehr zum alten System, Weiterentwicklung zu einer Mischform (zB Beibehaltung des Credit-/Kurssystems aber Rückkehr zu einem einzelnen Regelabschluss, weg vom zweistufigen System), was auch immer - hauptsache ergebnisoffen
5. letztlich die demografische Entwicklung als Chance begreifen und unbedingt die Bildungsetats auch in Zukunft an die Inflation anpassen und keinesfalls zusammenstreichen, nur weil Schüler-, Azubi- und Studentenzahlen zurückgehen. Mehr Geld pro jungem Bürger in Ausbildung = bessere Ausbildung pro jungem Bürger = gut für das Individuum und die Gesellschaft; unsere Sozialsysteme sind ja schließlich nicht basierend auf "Kopfpauschalen" finanziert sondern anteilig an den Einkommen und je besser ausgebildet die Jugend ist, desto mehr kann sie erwirtschaften, desto mehr Einkommen erzielt sie, desto mehr kann sie auch in die Solidarsysteme einzahlen = SO meistert man den demografischen Wandel dann auch! D.h. man muss auch den "Alten" klarmachen, dass es in ihrem ureigendsten Interesse ist, sofern sie auch in 10 Jahren noch eine Rente von der man leben kann und anständige Gesundheitsfürsorge haben wollen.
5. Nasciturus kommentierte am 28.07.2014 um 12:12:00 Uhr
PS:
Und die Politik muss endlich aufhören die Bildungspolitik für andere Ziele zu instrumentalisieren.
Beispiel Entlastung der Länder dadurch, dass der Bund die BAföG Milliarden ganz übernehmen wird in Zukunft. Vielerorts würden Politiker das Geld gerne in die Kinderbetreuung stecken, mit dem Argument, dass das ja auch (irgendwie) Bildung sei. Erstens ist der Hauptzweck eines Kindergartens aber die Betreuung der Kinder während die Eltern zB 8 Stunden in der Arbeit sind und dass dabei, en passant, wie zB auch durch die meisten Eltern gewisse Dinge gemacht werden, die man als "Bildung" und "individuelle Förderung" aufplustern kann, mag schon sein. Dennoch ist und bleibt das primär eben ein Instrument der Kinderbetreuung und damit der Familienpolitik und v.a. auch der "Genderpolitik" (=Frauen als primäre Erzieher davon entlasten, damit sie arbeiten gehen können, als politisches Ziel).
In die selbe Richtung geht ja auch die Idee mit der Ganztagsschule, die ja in der Realität nicht dazu genutzt wird zB Unterrichtszeiten etwas zu strecken, sondern es wird nach wie vor am Vormittag wie eh und je komprimiert unterrichtet und die Ganztags"schule" ist am Nachmittag einfach nur Betreuung zB bei Hausaufgaben, Sport, usw. (was die Kids halt auch daheim in der Freizeit machen würden) und auch damit letztlich den oben genannten Zielen dienend. Von denen kann man halten was man will, darum geht es mir gar nicht. Aber man soll die Sache nicht so darstellen, als ginge es dabei darum die Bildung der Kinder zu finanzieren.
Was nützt den Studenten also zB die BAföG-Reform langfristig? Gar nichts. Eine Erhöhung hätte es so oder so geben müssen. Nur dass die Länder das Geld nun offenbar in andere Dinge stecken und sich über die Einsparung freuen, wenn der Bund das BAföG in Zukunft ganz trägt. Denn die aktuelle Situation ist ja so, dass viele Studenten am ausgestreckten Arm verhungern. Auch der BAföG Höchstsatz ist lange nicht mehr genug, um auch als sparsames Kirchenmäuschen davon in einer durchschnittlichen Unistadt leben und die Studienkosten bestreiten zu können. Wenn man laufend nebenher jobben muss, dann braucht sich die Politik nicht wundern, dass die Studenten immer länger für den Abschluss brauchen.
Dabei ggf. auch unter ihrem Potential bleiben, wenn man eine 7 Tage Woche hat - unter der Woche ein gefüllter "Stundenplan", wo die Dozenten ohne sich abzusprechen die Seminare willkürlich von Morgens bis Abends verstreut ansetzen, so dass der Student den ganzen Tag am Campus verbringen muss, weil die ständigen Unterbrechungen im Studienprogramm nicht lang genug sind um nachhause zu fahren oder gar einer Arbeit nachzugehen, dann bleibt nur das Wochenende zum "jobben". Und bei den lausigen Löhnen die Studenten gezahlt werden, der Mindestlohn bringt da nächstes Jahr vielleicht eine kleine "Entlastung", muss man da richtig viele Studenten ackern (ich zB bei einem bekannten Fastfood-Restaurant für ca. 7 Euro/Stunde am Grill, jedes Wochenende 14-15 Stunden, damit ich auf 400 Euro/Monat komme und zusammen mit dem BAföG, was ich hinterher ja auch noch zu 50 % zurückzahlen darf, so über die Runden komme).
In den Semester"ferien" sind dann wochenlange, unbezahlte Praktika abzuleisten, deren Dauer scheinbar nach Gutdünken festgesetzt wurde (ich würde mal gerne die empirische Untersuchung als Grundlage dafür sehen, die ganz zufällig immer auf so "runde Zahlen" wie 6 Monate kommt).
Summasummarum, ich bereue es, dass ich nicht die mir nach dem Abi angebotene Lehrstelle zum Industriekaufmann angenommen habe. Da wäre ich inzwischen schon fertig und würde voll verdienen und letztlich auch nicht weniger, als mich nach meinem Studium erwartet. Da hat man mich ja mal richtig schön reingelegt, von wegen Fachkräftemangel, mehr Deutsche müssen studieren usw., vielen Dank, liebe Politik.
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