Zulassungsbeschränkte StudiengängeZentrale Studienplatzvergabe weiter nur im kleinen Rahmen
Der Weg zu einem Studienplatz führt bei vielen Studiengängen über ein Zulassungsverfahren. Trotzdem gibt es nach wie vor auch zulassungsfreie Studiengänge.
Alle Jahre wieder derselbe Ärger: Studierende rangeln sich in Massen um das knappe Angebot an Bachelor- und Master-Studienplätzen. Um nicht leer auszugehen, bewerben sie sich in Reihe an gleich mehreren Standorten. Erhält man schließlich irgendwo den Zuschlag, wird man anderswo zum „Systemfehler“. Weil sich die wenigsten bei den unberücksichtigten Hochschulen abmelden, versperren sie als Karteileichen anderen länger als nötig den Zugang. Die Folge: Selbst zum Semesterstart sind noch Tausende auf Verdacht reserviert gehaltene Studienplätze unbesetzt. Mitunter erst Wochen später kommen zunächst Unversorgte in komplizierten und nervenaufreibenden Nachrückverfahren – oder per Losverfahren – zum Zug. (Hinweis: Alle Staatsexamen-Studiengänge Human-, Tier- und Zahnmedizin sowie Pharmazie werden – wie schon seit Jahrzehnten – vom DoSV unabhängig zentral von Hochschulstart.de vergeben. Darum soll es hier im Artikel nicht gehen.)
Rückblick: 2012/13 Fehlstart mit 13 Hochschulen
Direkt bei Studis Online findet Ihr zulassungsfreie und zulassungsbeschränkte Studiengänge (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Vor allem zeigen wir – so wir entsprechende Angaben recherchieren konnten – dazu die Ergebnisse der vergangenen Zulassungsverfahren an, also Grenznote, Wartezeit etc. („NC-Werte“). Je nach Interessenslage bieten wir verschiedene Zugänge:
- Verzeichnis der zulassungsfreien Studiengänge
- Ergebnisse der Zulassungsverfahren der Vergangenheit (dazu auch die damals zulassungsfreien Angebote)
- Studienfach- und Hochschuldatenbank (in allen Listen von Studienfächern verkürzte Anzeige der letzten vorliegenden Daten zulassungsfrei oder NC; dazu alle Studiengänge, zu denen uns bisher keine Informationen in Sachen Zulassungsmodus vorliegen)
Eigentlich sollte das Durcheinander längst der Vergangenheit angehören. Im Zuge der Umwandlung der ehemaligen Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) in die Stiftung für Hochschulzulassung (SfH) wurde 2008 das sogenannte Dialogorientierte Serviceverfahren (DoSV) auf die Reise geschickt. Mit den Bundesländern und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) übernahmen damals gleich 17 Kapitäne das Ruder – und gingen wiederholt baden. Wegen zahlloser Pannen bei Entwicklung und Implementierung musste der geplante Start 2011 um ein Jahr verschoben werden. Der Pilotbetrieb zum Wintersemester 2012/13 war wirklich nur ein Pilotbetrieb, lediglich 13 Hochschulen mit 19 Studienangeboten gingen bei Hochschulstart.de auf Sendung.
Im Jahr darauf waren es dann zwar immerhin schon 47 Anbieter mit 176 Studiengängen. Von einem Durchbruch konnte aber auch da nicht die Rede sein, obgleich die SfH stolz verkündete: „Neues Koordinierungsverfahren für die örtliche Studienplatzvergabe nimmt Fahrt auf.“ Entsprechend hoffnungsfroh äußerte sich seinerzeit auch SfH-Geschäftsführer Ulf Bade im Interview mit Studis Online: Man wisse von zahlreichen Hochschulen, „die kurz vor der Einführung neuer Campus-Management-Systeme stünden, die eine Anbindung ans DoSV ermöglichen würden. „Man kann ziemlich sicher davon ausgehen, dass dieser Schritt in den nächsten Semestern vollzogen wird und der Kreis der Beteiligten sukzessive wachsen wird.“
Bescheidene Bilanz
Wieder ein Jahr später lässt sich der Fortschritt an drei Händen abzählen. Bei mittlerweile 62 beteiligten Hochschulen sind gerade einmal 15 neu hinzugestoßen. Bei den im System erfassten Studiengängen sind es rund 120 mehr als 2013 oder 61 Prozent, rechnet die SfH in einer Pressemitteilung vor. Geht man von den kläglichen Auftaktjahren aus, kann man den Sprung auf jetzt „knapp 300“ Studiengänge einen „deutlichen Zuwachs“ nennen, wie es die SfH macht. Bedenkt man hingegen, dass es laut Bades Auskunft bundesweit über 2.000 Studiengänge mit Zulassungsbeschränkung gibt, dann mutet das Erreichte wie der berühmte Tropfen auf den heißen Stein an.
Ein wenig besser sieht es nur mit Blick auf die Zahl der beteiligten Hochschulen aus. Angesichts von laut SfH „170 in Frage kommenden Fachhochschulen und Universitäten“ sind 62 immerhin schon mal ein Drittel. Allerdings existieren in Deutschland über 300 staatliche Hochschulen. Von ihnen mischt gegenwärtig nicht einmal ein Fünftel beim DoSV mit.
Bleibt die Frage, warum das so ist und weshalb selbst die Beteiligten ihr Studienangebot in der Mehrheit nur ausschnittsweise ins System einspeisen? Nach Darstellung der Stiftung gibt es dafür aus technischer Sicht nämlich gar keinen Grund mehr. Bisher galt immer die Anbindung der Zentralsoftware an die vielerorts überaltete lokale Verwaltungs-EDV als das Hauptproblem der Umsetzung. Die SfH erklärt nun, diese Schwierigkeiten seien „inzwischen überwunden“, und behauptet: „In den letzten vier Semestern hat das neu entwickelte System seine technische Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt.“
Umstellung zu teuer?
Das kann man glauben oder nicht. Die weiterhin verbreitete Zurückhaltung, auf den Zug aufzuspringen, bleibt aber eine Tatsche, die sich nicht wegdiskutieren lässt. Neben der möglichen Unausgereiftheit der Technik spielt dabei vielleicht auch der Faktor Geld eine Rolle. Die Kosten des Verfahrens müssen die Hochschulen aus eigener Tasche begleichen. So mancher Reaktor wird sich überlegen, ob er für etwas Geld ausgibt, das zwar den Bewerbern nützen mag, aber nicht unmittelbar der eigenen Hochschule. Die Studienplätze bekommt die über kurz oder lang schließlich auch ohne das DoSV besetzt.
Dabei macht das ganze Unterfangen tatsächlich nur dann echten Sinn, wenn alle mit im Boot sitzen oder zumindest die überwiegende Mehrheit aller Hochschulen und Studiengänge partizipieren. Die Vorteile liegen auf der Hand: Studienanwärter müssten sich nicht länger in Serie gesondert auf Studienplätze mit lokaler Zulassungsbeschränkung bewerben. Alles ließe sich auf einer zentralen Plattform erledigen. Sobald man ein Zulassungsangebot per Mausklick annimmt, scheidet man automatisch mit all seinen übrigen Wünschen aus dem Verfahren aus. Die Hochschulen hätten Planungssicherheit, sie wüssten rechtzeitig, wie viele „echte“ Interessenten es gibt und würden keine Studienplätze mehr auf Verdacht blockiert halten.
Teufelskreis
So, wie es jetzt läuft, kann man als Studienanwärter zwar den Weg über Hochschulstart.de gehen. Wenn aber nicht sämtliche Wunschhochschulen mit dem bevorzugten Studienfach abgebildet sind, sollte man sich – um alle seine Möglichkeiten auszuschöpfen – weiterhin direkt bei allen persönlich in Frage kommenden Hochschulen bewerben. Landet man dann bei einer Uni ohne DoSV-Anschluss und meldet sich nicht selbst aus dem System ab, bleibt man dort als „Bewerber“ im Spiel, ohne überhaupt noch auf dem Markt zu sein. Damit fehlt selbst den beteiligten Hochschulen jede Verlässlichkeit.
Daraus ergibt sich ein Teufelskreis: Verlass garantiert das System eigentlich nur im Vollbetrieb. Solange es den nicht gibt, scheuen viele davor zurück, den Schritt mitzugehen, und der Vollbetrieb rückt in immer weitere Ferne. Als das Verfahren 2011 vertagt wurde, war noch von 2014 als Termin für den Regelbetrieb die Rede. Geht es im bisherigen Tempo weiter, dürfte sich der Prozess noch über viele Jahre bis jenseits des Jahres 2020 hinziehen. Dabei rächt sich wohl auch, dass die Politik die Hochschulen nicht zum Mitmachen verdonnert, sondern auf Freiwilligkeit gesetzt hat.
Hoffnungsschimmer
Ein paar Hoffnungsschimmer gibt es aber dennoch. Zum Start der diesjährigen Runde sind laut SfH binnen kurzer Zeit bereits 56.000 Bewerbungen eingegangen – doppelt so viele wie zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Die Betroffenen dürften sich dabei in der Mehrzahl für die Angebote interessieren, die bereits relativ breit im System abgebildet sind. Das gilt vor allem für Psychologie: Mit 25 Studiengängen sind SfH-Angaben zufolge „73 Prozent der vergleichbaren Studienangebote“ eingebunden, in Jura soll es immerhin schon ein Drittel sein. „Weitere Schwerpunkte sind bei den wirtschaftswissenschaftlichen Fächern zu finden. Zugenommen hat auch die Zahl der über das System angebotenen Mehrfachstudiengänge.“
Die Universität Bremen, die TU Ilmenau, die HafenCity Universität Hamburg sowie die Fachhochschulen Brandenburg, Würzburg-Schweinfurt und Neu-Ulm würden mittlerweile sogar „mit allen zulassungsbeschränkten Studiengängen“ teilnehmen. (rw)