Preisverleihung für soziales EngagementStudierende für Studierende
Insgesamt 144 Studierende bzw. studentische Teams waren beim "5. Studentenwerkspreis für besonderes soziales Engagement" (so der ausführliche Titel) nominiert, sieben Preis wurden schließlich am Abend des 6. November 2012 überreicht – wobei die Auswahl den Jurorinnen und Juroren offenbar nicht leicht fiel. Wir stellen die ausgezeichneten Studierenden und Teams kurz vor, da im Grunde alle Initiativen entweder weiterhin UnterstützerInnen vor Ort brauchen oder sich vielleicht auch anderswo Studierende ein Beispiel daran nehmen können, um an der eigenen Hochschule etwas vergleichbares aufzuziehen.
Studieren mit Behinderung
Studierende mit Behinderungen haben mit vielerlei Problemen zu kämpfen. Zwar gibt es Regelungen zum Nachteilsausgleich, aber dessen sind sich weder alle Betroffen selbst noch die Lehrenden und die Hochschulverwaltungen immer bewusst. Aufklärung auf beiden Seiten tut also not. Zwei der Ausgezeichneten haben ihre eigenen Erfahrungen genutzt, um nachfolgenden mit ähnlichem Handicap das Studium etwas einfacher zu machen. Nachahmenswert, denn sowohl Vernetzung von Betroffenen als auch spezifische Informationen für einzelne Hochschulstandorte sind oft Mangelware! Allgemeine Tipps gibt's übrigens in unserem Artikel Studieren mit Behinderung
Hannah Davina Küßner (HWR Berlin): StudiCED – Das Netzwerk für Studierende mit CED
Es gibt diverse chronische Krankheiten, die die Betroffenen belasten und das Studium verzögern können, ohne dass sie immer "offensichtlich" sichtbar wären. Ein Beispiel sind chronisch entzündliche Darmkrankheiten (CED), bspw. Morbus Crohn. Hannah hat für Studierende mit CED eine Internet-Plattform aufgebaut, die bspw. zu den Möglichkeiten des Nachteilsausgleichs und Härtefallregelungen informiert und die Betroffenen vernetzt und arbeitet dazu auch mit der Patienten-Selbsthilfeorganisation DCCV zusammen.
http://www.studiced.de
Sebastian Müller (Hochschule Regensburg): Hochschulführer für Studierende mit Handicap
Wer im Rollstuhl sitzt oder darüber hinaus sogar noch weitere Handicaps hat, sieht sich an Hochschulen diversen Handicaps ausgesetzt. Nicht alle Hörsäle sind leicht erreichbar, bei Prüfungen wird von den PrüferInnen nicht immer daran gedacht, dass bspw. mehr Zeit eingeplant werden muss oder bestimmte Hilfsmittel von Nöten sind. Sebastian hat seine Hochschule aus Sicht eines Studierenden mit Mehrfachbehinderung erkundet, was Teil eines inzwischen sehr umfassenden Hochschulführer für Studierende mit Handicap wurde, der regelmäßig überarbeitet wird.
Hochschulführer für Studierende mit Handicap an der Hochschule Regensburg, Ausgabe 2012
Internationale Verständigung
"Fremd ist der Fremde nur in der Fremde" – mittels verschiedener Initiativen bemühen sich Studierende um Kontakte zwischen Studierenden aus aller Welt und BürgerInnen und Bürgern vor Ort. Oder sie gehen selbst ins Ausland und geben dort ihr Wissen weiter. Die folgenden Initiativen wären sicher auch an anderen Hochschulstandorten eine gute Sache!
Arbeitskreis Ausländische Studierende (TU Bergakademie Freiberg): Sprachtutorenprogramm
Wer Deutsch nicht als Muttersprache hatte, freut sich besonders über Hilfe beim Korrekturlesen seiner Abschlussarbeiten. Dem Arbeitskreis Ausländischer Studierender an der TU Freiberg ist es in Zusammenarbeit mit einem lokalen Verein gelungen, dafür BürgerInnen aus der Stadt zu gewinnen, die die Studierenden dazu auch zu sich nach Hause einladen.
http://tu-freiberg.de/akas/sprachtutorenlanguage-tutors
Internationale Studentenwoche Ilmenau (TU Ilmenau)
Alle zwei Jahre organisieren Studierende der TU Ilmenau die ISWI, ein Diskussionsforum für 300 bis 400 Studierende aus mehr als 70 Ländern zu politischen und gesellschaftlichen Themen.
http://www.iswi.org/index.php?id=8
Future Doctors Network (Uni Witten/Herdecke)
Das studentische Projekt organsiert mehrmals im Jahr einen Flug nach Albanien, wo vier deutsche Medizin-Studierende gemeinsam mit einem Facharzt albanische Studierende der Medizin praktisch schulen (in Albanien kommt die Praxis im Studium bisher wohl deutlich zu kurz). http://www.futuredoctorsnetwork.de/
Weitere PreisträgerInnen
Die beiden weiteren Preisträgerinnen haben jeweils individuell tolles geleistet. Die eine durch Entwicklung eines Lehrangebotes mit sozialem Hintergrund, die andere durch ihr langjähriges Engagement in verschiedenen Gremien auf Hochschulebene.
Julia Propp (HU Berlin): Planspiel "Wenn Geld Gutes tut: Strategisches Spenden in Deutschland"
Das Planspiel, dass inzwischen Teil des Lehrangebots der HU Berlin geworden ist, beschäftigt sich praktisch (1000 Euro stehen real zur Verfügung) mit der Entscheidungsfindung, welche gemeinnützige Organisation man unterstützen möchte, wie man für diese Entscheidung geeignete Kriterien finden kann, welche Risiken es gibt und weiteres.
Der nachfolgende Link zeigt auf die ausführliche Beschreibung des aktuellen Kursangebots der HU Berlin, dass nicht mehr von Julia angeboten wird, aber auf Ihre Idee zurückgeht.
http://bolognalab.hu-berlin.de/backup_22.10.12/q-programm/q-tutorien/q-tutorium-hartung-spenden
Melanie Manusch (Uni des Saarlandes): Vielfältiges Engagement
Melanie engagiert sich in verschiedenen Gremien für ihre Mutstudierenden; sie ist stellvertretende Vorsitzende im Vorstand des Studentenwerks im Saarland, Mitglied im Wohnheimausschuss und im Hilfsfond für in Not geratene Studierende
http://www.aktive-idealisten.de/melanie-manusch/
Studis Online
Die GewinnerInnen der Preisgelder (erkennbar durch Blumenstrauß und/oder Urkunde) mit VertreterInnen von DSW, BMBF und Jury.
Studentisches Engagement in Gefahr?
Im Rahmen der Preisverleihung wurde durchaus auch die Frage angesprochen, ob studentisches Engagement in Zeiten von Bologna schwerer sei. Größtenteils wurde das bejaht und auch in Gesprächen mit einigen PreisträgerInnen bestätigte sich das. Wobei es möglicherweise auch eine Art vorauseilender Gehorsam vieler heutiger Studierender ist, das Studium möglichst schnell durchzubringen – es geht auch heute durchaus langsamer, wenn auch bspw. verpflichtende Beratungsgespräche bei längerer Studiendauer früher nicht nötig waren, heute dagegen oft. Vor allem die "Alten", die noch mit Diplomabschluss studiert haben, sehen die Gefahr, dass die Kontinuität von Initiativen gefährdet sei. Die verdichtete Studienstruktur, aber auch die Tatsache, dass der Zeithorizont des Studiums zunächst mal doch meist auf drei Jahre begrenzt ist (ob dann noch ein Master kommt und der noch am selben Ort gemacht wird, ist ja oft nicht klar), führten zu abnehmenden Engagement.
Ein übriges tun dann Kürzungen bspw. bei Stellen des Studentenwerks, sei es bei Beratungsstellen oder auch im Bereich der studentischen Kultur. Ohne ein paar Hauptamtliche (meist beim Studentenwerk angesiedelt, dass je nach Ort auch Räumlichkeiten und Technik stellen kann), die den Ehrenamtlichen so manches abnehmen können und auch für einen Stück Kontinuität sorgen, würden die Ehrenamtlichen zunehmend so belastet, dass die Gefahr besteht, dass sie ihr Engagement ganz lassen.
Könne mehr Engagement dadurch erreicht werden, dass es teilweise als Studienleistung (also mit Creditpoints) anerkannt würde, wurden im Rahmen der Veranstaltung die PreisträgerInnen gefragt. Als wirkliche Lösung wurde das von niemandem angesehen. Im Rahmen der Internationalen Studentenwoche war das tatsächlich dies versucht worden – aber brachte eher Probleme, da einige offenbar glaubten, so leicht an Creditpoints zu kommen und ihre Arbeit teilweise vor Abschluss ihrer Aufgaben einstellten ("Für die paar Creditpoints wird mir das jetzt zu viel."). Dass Hochschulen Engagement aber nachträglich evt. auch mittels Creditponts würdigen, wäre wohl nicht falsch. Nur Aufgaben von vornherein mit dem Versprechen auf CPs zu verbinden, scheint kein geeignetes Mittel zu sein.