Hilfsangebote werden ausgebautStudieren mit Kind
Von Oliver Iost
Studieren mit Kind ist weniger eine Frage des Geldes, als des Organisationstalents – und der Unterstützung des Umfeldes und der vorhandenen Hilfsangebote
Aktuell findet in Hamburg das Jahrestreffen der KITA-Verantwortlichen der Studentenwerke statt. Aus diesem Anlass stellte Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks (DSW) auf einer Pressekonferenz die Tätigkeit der Studentenwerke rund ums Studieren mit Kind vor. Diese wurde in den letzten Jahren massiv ausgebaut. Trotzdem reicht sie auch nach Einschätzung des DSW immer noch nicht aus, insbesondere, wenn man das Ziel hat, mehr Studierende dazu zu ermutigen, ein Studium mit Kind(ern) zu wagen. Es bleibt also eine Aufgabe der Studentenwerke hier noch mehr zu tun – und Aufgabe der Politik, dafür auch genügend Fördermittel bereitzustellen (was nur in Teilen der Fall ist).
Die Zahl der Studierenden mit Kind liegt zur Zeit bei ungefähr 5,5% – mit durchaus signifikanten regionalen Unterschieden. So ist in den neuen Bundesländern der Anteil etwas höher (ca. 7%, 1990 lag er sogar noch bei 10%), vor allem wohl wegen des nach wie vor größeren Angebots an Kinderbetreuungseinrichtungen. Und auch in Hamburg ist der Anteil von Studierenden mit Kind mit knapp 8% – durchaus überraschend – höher als im Bundesschnitt.
Die 58 Studentenwerke betreiben 221 Kindertageseinrichtungen
Schwerpunkt sind dabei Plätze für Kinder unter drei, von denen knapp 4.000 angeboten werden (insgesamt gibt es 7.345 Plätze). Insgesamt wurde die Platzzahl seit 2005 um knapp 50% erhöht. "Aber gerade für Kinder, die jünger als drei Jahre sind, reicht das Angebot noch nicht aus", erläuterte der DSW-Generalsekretär. "Für diese Kinder von Studierenden gibt es den größten Betreuungsbedarf, da mehr als die Hälfte unter drei Jahre alt ist und ihre studentischen Eltern in vielen Bundesländern erst ab August 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben werden, der dann auch noch realisiert werden muss." Allerdings fehlen nach Aussagen der kommunalen Spitzenverbände noch rund 200.000 Plätze. Die Studentenwerke werden also weiterhin gefragt sein, hier Angebote zu machen und ihre bestehenden noch auszubauen, vor allem auch die der Kurzzeitbetreuung außerhalb der "normalen" Betreuungszeiten.
Das Studierendenwerk Hamburg – dass die erwähnte Tagung durchführt – bietet übrigens aktuell 380 Kinderbetreuungs-Plätze an. Seit neuestem wird in kleinem Rahmen auch die Betreuung von Kindern unter einem Jahr ermöglicht. Dieses Angebot soll ebenso wie die stundenweise Betreuung ausgebaut werden. Letztere ermöglicht für (aktuell) 35 Euro/Semester die Betreuung von zwei Stunden (normalerweise für das Semester gleichbleibenden) in der Woche außerhalb der bei den meisten KITAs üblichen Betreuungszeit vor 8 bzw. nach 16 Uhr. Ähnliche Angebote bieten insgesamt 47 Studentenwerke an.
Es bleibt viel zu tun
Relativ gering ist das Angebot an speziellen Wohnangeboten für Studierende mit Kind. Hier ist die Finanzierung von günstigem Wohnraum für die Studentenwerke schwierig, da es in der Regel nur Förderung für klassische Studentenzimmer/apartments gibt, aber Kinderzimmer dabei nicht vorgesehen bzw. förderungsfähig sind. So bleibt fast allen Studierenden mit Kind nur der freie Wohnungsmarkt – der in den letzten Jahren in den meisten Städten eher eine Verknappung des Angebots und daher höhere Mieten zeigte.
Neben den Hilfsangeboten, die vor allem die Studentenwerke zur Verfügung stellen können (Kinderbetreuung, Mensa, Wohnen, Beratung, BAföG und Studienfinanzierung), sind auch die Hochschulen gefragt. Denn Studieren mit Kind bedeutet auch, dass das Studium nicht ganz so gut geplant werden kann und manche Prüfung verschoben werden muss. Sei es, weil wegen der Kinderbetreuung insgesamt langsamer studiert wird oder einmal akut das Kind krank wird. Hier sind so manche Prüfungsordnung – gerade durch die stärkere Reglementierung durch die Umstellung auf Bachelor- und Master – zu starr und auch das Verständnis einiger ProfessorInnen mangelhaft. Wer hier schlechte Erfahrungen gemacht hat, sollte diese nicht verschweigen, sondern versuchen, bspw. über die Fachschaft, die Studierendenvertretung, die Beratungsstellen in den Studentenwerken oder den/die Gleichstellungsbeauftragten der Hochschule dies an die jeweiligen zuständigen Stellen heranzutragen.
So manche Hochschule schmückt sich schon mit dem Siegel "audit familiengerechte hochschule". Das zeigt, dass bereits Schritte unternommen wurden, aber bedeutet nicht, dass schon alles optimal sein muss. Um so mehr sind aber auch Rückmeldungen betroffener Studierender nötig, um weitere Verbesserungen zu erreichen.
Was die Studentenwerke anbieten ...
Manche Studierende mit Kind (oder diejenigen, die noch vor der Entscheidung stehen, ob sie ein Studium mit Kind aufnehmen sollen bzw. im Studium ein Kind bekommen) wissen möglicherweise gar nicht, welche Angebote es schon jetzt gibt. Von den 58 Studentenwerke, die im Grunde alle Hochschulstandorte in Deutschland betreuen, bieten (Stand 2011)
51 Studentenwerke Studentenwohnungen speziell für Familien / Studierende mit Kinder
47 Studentenwerke (Kurzzeit-)Betreuungszeiten in den KITAs vor 8 bzw. nach 16 Uhr
43 Studentenwerke besondere Beratungsangebote für Schwangere und Studierende mit Kind
35 Studentenwerke Wickel- bzw. Stillräume
29 Studentenwerke ein kostenloses Mittagessen für die Kinder der Studierenden
an. Details und welche Studentenwerke im Einzelnen Angebote machen, findet sich auf den Seiten 57 und 58 der DSW-Publikation "Studentenwerke im Zahlenspiegel" (Download als PDF).
Es schadet natürlich auch nichts, bei Studentenwerk vor Ort nachzufragen, was aktuell geboten wird – denn wie schon erwähnt: Die Angebote für Studierende mit Kind sind im Ausbau begriffen!
... und was sie noch fordern
Jürgen Allemeyer, Geschäftsführer des Studierendenwerks Hamburg, formulierte folgende Forderungen, die kurz und knapp zusammenfassen, wo noch Handlungsbedarf ist – gemeinsam von Politik (wo vor allem Fördergelder herkommen müssen), Studentenwerke (die bestehende Angebote ausbauen und viele weitere Angebote planen und umsetzen müssen) und Hochschulen (die vor allem in Sachen Studienorganisation noch einiges vor sich haben):
mehr familiengerechten und preisgünstigen Wohnraum für studierende Eltern
einen Anspruch auf flexible Kinderbetreuung im Studium und mehr Kita Plätze
Familienprobleme wie Krankheit der Kinder berücksichtigende Prüfungs- und Studienordnungen
BAföG-Anspruch auch im Teilzeitstudium
Stipendien für studierende Eltern
[Anmerkung von Oliver Iost: Stipendien sind per se immer auf eine Minderheit beschränkt und bedeuten kein Rechtsanspruch, insofern wäre eine Verankerung von (mehr) finanzieller Förderung von Studierenden mit Kind im BAföG oder anderen Sozialleistungen eigentlich besser als Stipendien]