Richtig schreiben und Zeichen setzen im StudiumEs ist schön, mal nichts zu tun, um dann vom Nichtstun auszuruhen oder: die Kommasetzung bei Infinitivgruppen
Von Nicola Pridik
Inhaltsübersicht
Kommasetzung bei Infinitivgruppen für Anfänger
Kurz zur Begrifflichkeit: Der Infinitiv ist die Grundform des Verbs (z. B. fahren, schlafen, gehen). Tritt diese Grundform in einem Satz in Kombination mit dem Wörtchen zu auf (z. B. zu fahren), spricht man von einer Infinitivgruppe. Diese kann noch durch weitere (Bestimmungs-)Wörter ergänzt werden (z. B. Bus zu fahren), muss es aber nicht. Die Unterscheidung zwischen erweitertem und nicht erweitertem Infinitiv mit zu spielt seit der verbindlichen Geltung der neuen Rechtschreibregeln keine Rolle mehr.
Die amtlichen Regeln folgen bei Infinitivgruppen dem Prinzip, dass diese normalerweise nicht durch Komma vom Rest des Satzes getrennt werden, in bestimmten Fällen allerdings ausnahmsweise ein Komma gesetzt werden kann und in noch bestimmteren Fällen ein solches gesetzt werden muss. Folge sind eine Reihe von Ausnahmeregelungen, die man sich nicht gerade im Vorbeigehen merkt. Von daher liegt es nahe, für unsere Anfängerregel das Grundprinzip einfach in sein Gegenteil umzukehren:
Infinitivgruppen werden in der Regel durch ein Komma vom Rest des Satzes getrennt.
Unabhängig davon, wie dein Satz gestrickt ist, ist es also in der Regel richtig, beim Infinitiv mit zu ein Komma zu setzen.
Wir freuen uns, Euch mal wieder zu sehen.
Ich habe keine Lust, das Buch zu lesen.
Er sprach, ohne sie anzusehen.
Die Reise tatsächlich anzutreten, das war sein größter Traum.
Er kam, um zu essen.
Peters Wunsch war, fernzusehen.
Ich versuchte, den Reifen des Fahrrads aufzupumpen.
Der Gedanke, sie bald zu treffen, gefiel ihm. (Hier stehen zwei Kommas, weil die Infinitivgruppe von der übergeordneten Aussage des Satzes eingeschlossen wird.)
Trotz Umkehrung des Grundprinzips lassen sich allerdings auch hier die Ausnahmen nicht vermeiden. Wir können uns aber problemlos auf die beiden wichtigsten beschränken.
(Wer sich auch für die weniger relevanten Ausnahmen interessiert, schaue in den Rechtschreib-Duden: Im Anschluss an Regel K 117 findet Ihr den vollständigen Hinweis der Dudenredaktion zu dieser Frage.)
Erste Ausnahme:
Es wird kein Komma gesetzt, wenn der Infinitiv mit einem übergeordneten Hilfsverb (sein, haben, werden) ein mehrteiliges Prädikat bildet.
Er ist nicht kleinzukriegen.
Du hast mir das Geld zu überweisen.
Sie wird daran zu knabbern haben.
Zweite Ausnahme:
Es wird kein Komma gesetzt, wenn die Infinitivgruppe von den Wörtern brauchen, pflegen oder scheinen abhängig ist.
Er braucht sich um diese Sache nicht zu kümmern.
Sie pflegt ihre Blumen regelmäßig zu gießen.
Das Wetter scheint heute nicht besser zu werden als gestern.
Die Anfänger sind hiermit bereits entlassen, sofern sie nicht doch noch einen kurzen Blick in die Fortgeschrittenen-Regeln werfen wollen, um zu sehen, was sie verpassen.
Kommasetzung bei Infinitivgruppen für Fortgeschrittene
Fortgeschrittene orientieren sich beim Lernen der Regeln an dem erwähnten Grundprinzip, dass normalerweise kein Komma gesetzt wird, in bestimmten Fällen aber eines gesetzt werden muss und in weiteren Fällen eines gesetzt werden kann.
Pflicht ist das Komma in folgenden vier Fällen.
Erstens:
Infinitivgruppen werden durch ein Komma vom Rest des Satzes getrennt, wenn sie mit einem der folgenden Wörter eingeleitet werden: als, (an)statt, außer, ohne, um.
Es blieb ihm nichts anderes übrig, als den Job anzunehmen.
(An)statt sich zu freuen, fing er an zu weinen.
Sie hatte keine Pläne, außer sich in Ruhe die Ausstellung anzusehen.
Sie sahen sich an, ohne ein Wort zu sagen.
Er nahm seine Sachen, um sich auf den Weg zu machen.
Zweitens:
Infinitivgruppen werden auch dann durch ein Komma vom Rest des Satzes getrennt, wenn sie von einem Substantiv abhängen, welches sie konkretisieren.
Er hat die Aufgabe, den Brief zu schreiben.
(Die Aufgabe besteht darin, den Brief zu schreiben.)
Sie schmieden den Plan, von nun an alles anders zu machen.
(Der Plan besteht darin, von nun an alles anders zu machen.)
Wir haben den Wunsch, in den Urlaub zu fahren.
(Der Wunsch besteht darin, in den Urlaub zu fahren.)
Steht der Infinitiv mit zu alleine, also ohne nähere Bestimmung, kann das Komma allerdings auch entfallen:
Wir haben den Wunsch, zu fahren.
Wir haben den Wunsch zu fahren.
Drittens:
Infinitivgruppen sind außerdem durch ein Komma vom Rest des Satzes zu trennen, wenn sie durch ein hinweisendes Wort wie es, damit oder daran angekündigt werden.
Es ist schön, mal nichts zu tun.
Sie muss damit zurechtkommen, allein zu sein.
Er hatte nicht daran gedacht, sie anzurufen.
Auch hier gilt die Ausnahmeregelung, dass das Komma entfallen kann, wenn der Infinitiv mit zu alleine (also ohne nähere Bestimmung) steht:
Er hatte nicht daran gedacht, anzurufen.
Er hatte nicht daran gedacht anzurufen.
Viertens:
Infinitivgruppen sind schließlich dann durch ein Komma vom Rest des Satzes zu trennen, wenn sie vorangestellt sind und anschließend mit einem hinweisenden Wort (z. B. das) auf sie Bezug genommen wird.
Die Reise tatsächlich anzutreten, das war sein größter Traum.
Einmal so richtig auszuspannen, das wünschte sie sich.
So viel zur Kommapflicht. Darüber hinaus kann ein Komma gesetzt werden, wenn es dazu dient, den Satz verständlicher zu machen.
Ist das Komma bei Infinitivgruppen keine Pflicht, kann es dennoch gesetzt werden, wenn es dazu dient, den Satz lesbar zu machen oder Missverständnissen vorzubeugen.
In allen anderen Fällen steht bei Infinitivgruppen kein Komma.
So, und nun ran an die Kommas! Verweist sie auf ihre Plätze! Los geht's!