Was tun bei Prokrastination?Selbstmotivation beim Lernen erhöhen
Das Semester geht los oder eine wichtige Prüfung steht an – und statt dich vorzubereiten, entkalkst du lieber den Wasserkocher oder ziehst dir eine weitere Serie rein? Viele Betroffene kennen sogar den sperrigen Sammel-Begriff, der diesen Verhaltensweisen einen Namen gibt: Prokrastination! Auch bekannt unter „Aufschieberitis“.
Dieses Phänomen kann unterschiedlichste persönliche Gründe haben. Eine davon möchten wir nun näher betrachten: Die (manchmal fehlende) Motivation.
Wichtig für eine erfolgreiche Lern- und Lebensplanung ist zielorientiertes Handeln. Das Ziel, welches du mit Teilschritten erreichen willst, muss klar bestimmt sein. So dient es als Motivator und gibt den einzelnen Aktivitäten Sinn und Richtung – auch wenn mit einem Schritt noch nicht das eigentliche Ziel erreicht wurde aber dafür erreichbarer wird.
Solche übergeordneten Ziele können z. B. sein: den angestrebten Beruf auszuüben (Lebensaufgabe, Geld verdienen etc….), Verantwortung zu übernehmen, selbstständig, unabhängig, erwachsen zu werden, sich selbst zu verwirklichen oder das eigene Wissen zu erweitern.
1. Kurz + knapp
Versuche die anstehenden Aufgaben nicht als Pflicht zu sehen, sondern als Bausteine, die dich näher zu deinem Ziel bringen. Du willst das Studium beenden? Dann ist diese Hausarbeit / Klausur der nächste Schritt auf deinem Weg! Setze dir klare Ziele und unterteile sie in die kleinstmöglichen Teilschritte.
Kann es sein, dass du (produktiv) prokrastinierst? Lenkst du dich durch andere wichtig scheinende Dinge vom Lernen ab? Wischst du plötzlich Staub oder putzt Fenster? Sobald du bemerkst, dass du eine ganz andere Aktivität beginnst, die du eigentlich nicht vorhast, unterbrich dich sofort, setze dich an den Schreibtisch und fang an zu lernen. Wenn du das ein paar Tage aufrecht erhalten hast, fällt es dir die nächsten Male viel leichter!
Gedanken lassen sich ändern. Das ist ein langer und anstrengender Weg, aber jedes Mal, wenn du etwas positiver denkst als du es vorher getan hast hilfst du deinem Gehirn, sich an die optimistischeren Gedanken zu gewöhnen. Fang zum Beispiel mit "Jeder Satz den ich lese, bringt mich einen Schritt weiter" statt "Ich schaffe eh nichts" an.
Wenn du das Gefühl hast aus deinem Lern- oder Motivationstief nicht mehr hinaus zu finden, solltest du dich jemandem anvertrauen und mit einer Person über diese Schwierigkeiten reden. An Universitäten und auch außerhalb gibt es Beratungs- und Hilfsangebote.
2. Grundsatz: Zu hohe Erwartungen zurückweisen!
Zur Motivationsentwicklung gilt grundsätzlich: Die eigenen Stärken und Schwächen kennen lernen und sich realistische Ziele setzen. Oftmals sind die eigenen Ansprüche oder das, was das Umfeld (vermeintlich) fordert (dazu auch hier), viel zu hoch und müssen angepasst werden. Vertrauen in die Wirksamkeit des eigenen Handelns und Rückmeldungen, Feedback, Lob bestärken und fördern die Motivation.
Die individuellen Verhaltensweisen und Notwendigkeiten zum Erreichen eines Zieles müssen festgelegt und bestimmt werden. Verantwortung für das eigene Handeln und Leben zu übernehmen ist wichtigste Grundlage, um die guten Vorsätze umsetzen zu können.
3. Ziele definieren, bewusste Entscheidungen treffen
Eine genaue Zielsetzung ist daher unumgänglich. Je genauer das Ziel definiert ist, desto klarer ergeben sich die Schritte, welche notwendig sind, um es zu erreichen. Große Ziele lassen sich besser bewältigen, wenn du sie in Unterziele zerlegst. So ist ein wiederkehrendes Erfolgserlebnis garantiert. Erscheinen Ziele nicht zu bewältigen, so müssen sie solang zerlegt werden, bis die einzelnen Teile und Aufgaben zu bewältigen sind. Hieraus ergibt sich ein Zielplaner.
Dies kann sich, je nach Reichweite des Zieles über das Semester erstrecken, oder gar über das ganze Studium mit den Zwischenzielen in den einzelnen Semestern. Wie dieser Plan letztlich ausgestaltet wird ist Geschmackssache. Ob er nur im Kopf existiert, an die Wand gepinselt oder als eine Datei im Computer angelegt wird, bleibt jedem selbst überlassen. Jedoch ist für den aktuellen Bezug ein Übertrag in die kurzzeitigere Planung notwendig.
Wenn du dies alles jedoch nur machst, weil du „musst“, wird dir die Arbeit immer wieder schwer von der Hand gehen. Eine bewusste Entscheidung für die anstehenden Aufgaben verringert das unangenehme Gefühl des „Müssens“. „Ich will“ ist die richtige Einstellung!
4. Der „Nur-noch-Schnell-Virus“
9 Uhr: Du willst lernen. Du weißt, was zu tun ist. Du hast Zeitdruck.
23 Uhr: Du stellst zerknirscht fest, dass du den ganzen Tag nichts für die Uni getan hast.
Was ist passiert?
Wahrscheinlich hast du dir das „Nur-noch-schnell-Virus“ eingefangen. Diese Viren sind sehr hartnäckig. Sie sorgen dafür, dass dir ständig etwas einfällt, was du dringend erledigen musst. Erste Anzeichen für die Infektion sind die Satzanfänge: „Nur mal eben…“, „Lass mal kurz noch…“ und „Ich muss nur noch schnell...“.
Sobald du einen dieser Sätze sagst oder auch nur denkst, werde misstrauisch und handle sofort! Das Virus kann in kürzester Zeit deine Lernaktivitäten komplett lahm legen. Die Folge ist, dass du deine Hausarbeiten nicht schreibst, dich von Prüfungen wieder abmeldest und hilflos zusiehst, wie dir das Semester aus den Händen gleitet.
Finde heraus, zu welchen Tätigkeiten dich das Virus verleitet. Die folgende Liste kann dir dabei helfen:
„Nur noch schnell...“ „Lass mal kurz noch...“ „Ich muss nur noch schnell...“ | mit einer / einem Freund*in facetimen. einkaufen. etwas essen. Fenster putzen, Staub wischen, bügeln. Insta checken. mein Essen posten. Kaffee/Tee trinken. eine rauchen. in Stimmung kommen: durch Musik, streamen, shoppen. Altglas wegbringen. News lesen. Schrank aufräumen. Haare tönen. eine Runde bei Tinder swipen. Joggen gehen. |
Sobald du eine der Tätigkeiten beginnst, anstatt dich an den Schreibtisch zu setzen, sage: „Stopp. Nicht mit mir!“. Fange dann sofort mit dem Lernen an.
Wenn du das drei Tage lang durchhältst, wird sich das Virus garantiert eine weniger entschlossene Student*in suchen. Du kannst dir den Einstieg ins Lernen erleichtern, indem du dir deine Unterlagen schon am Abend vorher auf dem Arbeitsplatz zurecht legst.
5. Belohnungen
Dennoch kann das Ziel „ich werd´ einmal Arzt, Psychiater, Jurist, Schreiner…“ selten eine ausreichende Motivation sein, um sich konkret mit dem Lernstoff zu beschäftigen. Daher ist es sinnvoll, dir für die zu bewältigenden Aufgaben kleine und große Belohnungen zu verschaffen. Dies kann z. B. so aussehen: „Wenn ich es heute schaffe konsequent gemäß meines Arbeitsplanes zu lernen, dann gehe ich heute Abend ins Kino“.
Wenn du dein Ziel nicht erreichst, darfst du dich jedoch auch nicht selbst belohnen! Sonst wird das unerwünschte Verhalten, welches dem Einhalten des Arbeitsplanes im Wege steht, gestärkt. Die Belohnungen müssen jedoch klar von Freizeit und Pause abgegrenzt sein und dürfen auch nicht Dinge sein, die ohnehin erledigt werden müssen.
Jede*r muss individuell für sich herausfinden, was kleinere und größere Belohnungen darstellen können. Beispiele sind: Stadtbummel, Shoppen, Buch kaufen, Lesen, Serie schauen, ins Kino, Theater, Konzert gehen, Essen gehen, Friseur, Wellness, Festival, Clubabend, Urlaub, Ausschlafen, Ausflüge. Aber am besten weißt du wohl selbst, womit du dich belohnen kannst 😉.
Wenn du herausfinden möchtest, wie du dich gut motivieren kannst, solltest du zunächst die Frage umdrehen und eine Negativliste zu erstellen:
„Was kann ich tun um mich optimal zu demotivieren?“
Die Antworten überraschen nicht selten, geben aber einen guten Einblick in die Strategien und Mechanismen, mit denen du dich vom Lernen abhälst. Sind diese erst einmal klar, so ist es ein weiterer Schritt dagegen vorzugehen, die Demotivation auszustellen und dich mit positiven Gedanken und Belohnungen auf das Lernen vorzubereiten.
6. Negative Gedanken abschaffen
Insbesondere wenn du unter demotivierenden Gedanken leidet, musst du dir klar machen, dass du diese ändern kannst. Statt „ich schaffe das eh nicht“ also „Jeder Satz den ich lese, bringt mich einen Schritt weiter“. Auch belastende Gedanken aus der Kindheit, Jugend, die von Freund*innen oder Eltern kommen, müssen abgestellt werden. Sind sie nur im eigenen Kopf, musst du versuchen sie umzuwandeln.
Setzen einen Freund*innen oder Eltern unter Druck so solltest du mit ihnen reden – und erklären, dass dies kontraproduktiv ist und darum bitten, zukünftig solche Bemerkungen zu unterlassen. Die wenigsten sind sich bewusst, dass sie eine solche Wirkung mit ihren Worten haben und meinen es tatsächlich „doch nur gut“!
Drängen sich Gedanken an eine bevorstehende Prüfung in den Vordergrund, so hilft es die Situation durchzuspielen und die Reaktionsmöglichkeiten zu überlegen. Dies nimmt auch die Angst vor der ungewohnten Situation.
7. Lernteams
Mitentscheidender Faktor für den Erfolg ist die Unterstützung durch andere. So hilft es Freund*innen und Eltern um Unterstützung zu bitten. Dies kann in Zuspruch liegen, in Belohnung (Mama backt einen Kuchen wenn gearbeitet wurde) und auch in Rücksichtnahme, z.B. auf die Lernzeiten.
Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit sich in einer Gruppe zusammenzufinden um sich gegenseitig zu fördern und fordern. Es ist nicht notwendig den selben Lernstoff zu haben. Es kann bereits unterstützend wirken sich regelmäßig zu treffen und auszutauschen, gemeinsam zu lernen und auftauchende Probleme im Team zu lösen.
Ein Lernteam hat drei Vorteile:
Erwartung und Verbindlichkeit
Absprachen und Lernziele werden verbindlich und von der Gruppe kontrollierbar. Die Wahrscheinlichkeit ist höher, dass du die Aufgaben auch tatsächlich erfüllst.Emotionale Unterstützung
Die Teammitglieder sind in einer ähnlichen Situation. Sie können, insbesondere in Phasen des Zweifelns, Mut zusprechen.Praktische Unterstützung
Bei Problemen, beim Erstellen der Lern- bzw. Zeitpläne, etc. ist das Team gemeinsam gefragt.
Treffen einer solchen Gruppe sollten regelmäßig erfolgen. Die Abstände zwischen den Treffen jedoch nicht zu groß sein. Einmal pro Woche bietet sich daher an, sofern ihr nicht gemeinsam lernt (auch dann sind regelmäßige „Strategie-Treffen“ notwendig). Es ist wichtig darauf zu achten, dass das Treffen auch wirklich dem gemeinsamen Ziel dient und nicht zur Plauderstunde verkommt. Die Arbeit mit einer Uhr hilft die Kontrolle zu behalten. Jedes Teammitglied kann z.B. 5 Minuten Zeit bekommen seine Situation zu schildern, Probleme zu erklären, Fragen zu stellen.
Darauf sollten 15 Min. folgen, in denen sich das Team mit der Lösung beschäftigt. Am Ende des Treffens sind die Ergebnisse für den Einzelnen schriftlich festzuhalten. Dies unterstützt den Lerneffekt und Ideen anderer werden nicht so schnell vergessen.
Jede*r Teilnehmer*in des Lernteams sollte sich auf das Treffen vorbereiten.
Leitfragen für das Team-Treffen:
Was habe ich in den letzten Wochen erreicht?
Was ging schief?
Welches ist mein nächstes Ziel, meine nächste Aufgabe?
Was für Möglichkeiten habe ich?
Welche Hindernisse gibt es?
Wobei brauche ich Unterstützung?
Motivation braucht in der Regel ein klares Ziel – aber manchmal sind diese nicht immer selbst gesteckt. Bestes Beispiel: Die Prüfung.
8. Prüfungsvorbereitung
Wie du dich konkret motivieren kannst wird nun am Beispiel der Prüfungsvorbereitung vorgestellt. Generell gilt: Zur guten Motivation gehört auch eine gute Planung, ein guter Arbeitsplatz und die individuell richtige Lerntechnik.
Ansonsten sind die Grundregeln auch hier: Sich selbst Erfolge schaffen! Jede*r fängt dort an, wo er / sie gerade steht. Die Arbeit erfolgt nach eigenen Maßstäben. Überzogene Ansprüche müssen reduziert werden. Und der Beginn fällt leichter mit kleinen Schritten.
Konkret bedeutet dies für die Prüfungsvorbereitung: Zunächst einen Überblick über die erforderliche Thematik verschaffen. Nun erfolgt eine Einteilung nach Kenntnisstand: „kann ich gut“, „Grobüberblick vorhanden“, „unbekannter Stoff“. Nun erfolgt eine Schwerpunktsetzung (siehe Prioritätensetzung).
Hierauf folgt die Zeiteinteilung. In einem Plan entspricht diese Arbeit der Vorbereitungszeit. Zu berücksichtigen sind persönliche Vorlieben (angenehmer Arbeitsplatz, allein oder gemeinsam lernen…), persönliche Grenzen, die Übung im Lernen. Je realistischer die Situation beurteilt wird, desto leichter kommt es zu Erfolgserlebnissen und Frust über nicht eingehaltene Pläne wird verringert.
Sieben konkrete Schritte zur Vorbereitung aufs Lernen
Gute Vorbereitung auf das Lernen
Angenehmer Lernort
Zeitplan erstellen und einhalten
Belohnungen schaffen
Bewusste Entscheidung zum Lernen treffen („ich will“, nicht „ich muss“)
Interesse und Neugier entwickeln (Lust, Freude am Lernen)
Ziele vergegenwärtigen (Wofür benötige ich das später?)
Wer immer noch aufschiebt...
Du bekommst im Studium immer weniger hin, kannst dich immer weniger motivieren und der „Leidensdruck“ wird immer größer? Dann solltest du nicht davor zurückschrecken, für deine Probleme bei Beratungsstellen Rat einzuholen.
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Übersicht „Lernmethoden und Zeitmangement“
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