Prüfungsversuche, Drittversuch, ZwangsexmatrikulationWas passiert, wenn ich durch Prüfungen falle?
Kennst du die Prüfungsordnung (PO) deiner Hochschule? Nein? Das ist ungünstig. Wenn du dich als Erstsemester erstmal an der Institution Hochschule orientieren musst – na gut. Aber spätestens wenn du dich für Prüfungen anmelden musst, solltest du zumindest die grundsätzlichen Regelungen in der PO deiner Hochschule kennen. Dort ist z.B geregelt, wie oft du eine Klausur wiederholen darfst und was du tun kannst, wenn du mit Prüfungsbewertungen nicht einverstanden bist.
1. Wieviele Prüfungsversuche hast du?
An den meisten Hochschulen hast du insgesamt drei Versuche für eine Modulprüfung. Bei Nichtbestehen des Drittversuchs erfolgt die Exmatrikulation. Generalisieren kann man das aber nicht. Denn es gibt durchaus zusätzliche Regelungen an einigen Hochschulen, wie zum Beispiel, dass du beim Nichtbestehen des Drittversuchs eine mündliche Ergänzungsprüfung absolvieren kannst. Nicht selten ist der Drittversuch bereits eine mündliche Ergänzungsprüfung.
Des Weiteren hast du an einigen Unis die Option eines „Freiversuchs“: Bestehst du die Prüfung nicht, kannst du diesen als ungültigen Versuch anerkennen lassen. Bist du mit deiner Note unzufrieden, kannst du den Versuch ebenfalls annullieren und im nächsten Versuch verbessern. Ob und wie viele Freiversuche dein Studium beinhaltet, ist extrem fachspezifisch. Um den Einschränkungen der Corona-Pandemie entgegenzuwirken, haben viele Hochschulen diese Regelung ergänzt. In Nordrhein-Westfalen wurde diese Regelung sogar für fast alle Hochschulen im Bundesland eingeführt.
Außerdem gibt es an einigen Institutionen noch die (mittlerweile etwas veraltete) „Maluspunkte“-Regelung. Diese Regelung ist allerdings sehr unterschiedlich ausgestaltet. I.d.R hast du ein Kontigent an Maluspunkten, welches du nicht erschöpfen darfst. Maluspunkte erhältst du meistens, sobald du eine Prüfung zweimal nicht bestanden hast. Mit dieser Regelung ist es möglich, dieselbe Prüfung sehr oft zu wiederholen.
Übrigens: Wer für eine Prüfung angemeldet ist, sollte auch zu dieser erscheinen. Wenn du dich nicht abmeldest und nicht erscheinst, gilt der Versuch als nicht bestanden.
Aufgrund der Corona-Pandemie haben sich teilweise Änderungen an Hochschulen ergeben. An einigen Unis gab es aufgrund der Pandemie nach einem gescheiterten Drittversuch auch einen zusätzlichen Prüfversuch. Beachte auf jeden Fall die Corona-Regelungen deiner Hochschule, die du i.d.R auf der Uni-Website findest.
Im Folgenden geht es darum, was du tun kannst und solltest, wenn du du mehrfach durch eine Prüfung rasselst. Ausgangslage ist die klassische Dreiversuchs-Regelung.
2. Einmal durch die Prüfung durchgefallen und nun? 😕
Dass man mal durch eine Prüfung fällt, ist keine Schande und kann insbesondere bei schweren Modulen mal passieren. Doch bereits beim einmaligen Durchfallen solltest du dir folgende Fragen durch den Kopf gehen lassen:
Warum bin ich durchgefallen?
Habe ich zu wenig gelernt?
Waren die Inhalte zu schwer?
Gehe auf jeden Fall zur Klausureinsicht und nimm deine Fehler unter die Lupe. Bei einer mündlichen Prüfung solltest du eine ausführliche Begründung der Bewertung verlangen. Beim erneuten Lernen kannst du so gezielt Schwächen ausmerzen und Wissenslücken schließen. Es kann auch helfen, sich in einer Lerngruppe zusammenzuschließen und sich so gegenseitig zu helfen. Idealerweise machst du das natürlich bereits vor der ersten Klausur / der ersten mündlichen Prüfung.
3. Hilfe, auch im Zweitversuch gescheitert
Du bist bereits ein zweites Mal durch die Prüfung gerasselt, dein Herz schlägt schneller und du zweifelst an deinen Fähigkeiten? Hektische Zweifel bringen nichts, die Devise lautet: Keep calm. Begib dich erneut zur Klausureinsicht. Erstelle einen Lernplan und schiebe andere Prüfungen auf (sofern du das nicht bereits getan hast), damit du dich voll und ganz auf diese eine Prüfung konzentrieren kannst. Du könntest Kommiliton*innen fragen, welche die Prüfung bereits mit einer guten Note bestanden haben, ob sie dir helfen könnten. Außerdem könntest du deine Lernmethode überdenken. Wir haben viele spannende Artikel zum Thema Lernen für dich bereitgestellt.
Manchmal ist es sogar möglich, eine schriftliche Prüfung durch eine mündliche zu ersetzen. Sollte deine Prüfung aus einem Wahlmodul stammen, hast du außerdem die Möglichkeit, ein anderes Wahlmodul zu belegen. Hier droht dir erst die Zwangsexmatrikulation, wenn du keines der Wahlmodule im Drittversuch bestehst. Allerdings musst du bei einem Wechsel in ein anderes Wahlmodul ggf. Seminarleistungen o.Ä wiederholen, welche für den Antritt der Prüfung relevant sind.
Unratsam ist es, die nicht bestandene Prüfung aufzuschieben. Denn das würde bedeuten, dass du den Druck des Drittversuches permanent mit dir herum trägst. Und stell dir mal vor, du würdest alle anderen Module in den nächsten Semestern erfolgreich absolvieren und dich erst kurz vor Studienende an den gefürchteten Drittversuch des Moduls wagen – diesen dann aber nicht Bestehen. Das wäre doch sehr ärgerlich.
Und obwohl du natürlich alles für den Drittversuch geben solltest, ist es nicht verkehrt, dir bereits einen Plan B zurechtzulegen. Was möchtest du machen, falls du auch den dritten Versuch nicht bestehst?
Grundsätzlich gilt auch für jede Prüfung: Falls dich äußere Faktoren (z.B permanenter Baulärm während des Schreibens der Klausur) davon abhalten sollten, ein gutes Prüfungsergebnis zu erzielen, solltest du unbedingt deiner Rügepflicht nachkommen.
4. Das dritte Mal durchgefallen, deine Welt geht (nicht) unter
Wenn du das dritte Mal durchgefallen bist, steht deine Welt vermutlich für einen Moment still: Ein Traum zerbricht, du fühlst dich hilflos und beklommen. Die Zwangsexmatrikulation ist so nah wie nie zuvor. Tipp: Gib jetzt noch nicht auf, sondern überlege, ob es eine Möglichkeit gibt, das Blatt noch zu wenden.
Was du jetzt tun kannst, damit du nicht zwangsexmatrikulierst wirst:
Falls es sich um eine schriftliche Prüfung handelt: Gehe auf jeden Fall (wieder) zur Klausureinsicht! Vielleicht hast du nur knapp nicht bestanden und findest noch den einen oder anderen Bewertungsfehler. Bevor du weitere Schritte einleitest, solltest du diesen deinem Prüfer / deiner Prüferin mitteilen, manchmal reicht das schon. Außerdem gilt: Bleibe stets freundlich und sachlich, so erreichst du mehr, als wenn du direkt mit juristischen Schritten drohst. Diese solltest du wirklich erst im äußersten Notfall einleiten.
Achtung! Nicht an jeder Hochschule sind alle folgenden Punkte möglich, es gibt zum Beispiel Hochschulen, an denen es keine Härtefallregelungen gibt (einen Härtefallantrag kannst du in diesem Fall zwar trotzdem stellen, damit dieser durchgewunken wird, bedarf es hier aber besonders viel Glück). Informiere dich über die Möglichkeiten an deiner Uni.
a) Härtefallantrag
Du kannst einen zusätzlichen Wiederholungstermin einfordern, indem du einen Härtefallantrag stellst. Das geht allerdings nur, wenn du dich zum Zeitpunkt der letzten Prüfung in einer außerordentlichen Situation befunden hast, genauer gesagt, dass das Durchfallen für dich im Vergleich zu deinen Kommiliton*innen mit besonderer Härte trifft. Das kann zum Beispiel ein Todesfall im engsten Familienkreis sein. Was als Härtefall anerkannt wird und was nicht, wird von Hochschule zu Hochschule sehr unterschiedlich bewertet. An einigen Institutionen kann z.B auch eine Trennung als Härtefall gelten.
Mit einem Härtefallantrag akzeptierst du die Benotung deiner Prüfung an sich. Da ein Härtefallantrag aber oft mit einer langen Bearbeitungsdauer einhergeht, ist es ratsam, parallel dazu einen Widerspruch einzulegen. Das bedeutet, dass du gleichzeitig zum Härtefallantrag die Bewertung der Prüfung nicht akzeptierst. Der Widerspruch hat also eine aufschiebende Wirkung: Solange es keine Entscheidung über deinen Widerspruch gibt, kannst du auch nicht exmatrikuliert werden.
Du kannst den Widerspruch auch mit dem vorliegenden Härtefall begründen. Trotzdem ist es nicht verkehrt, parallel Einwand gegen die Prüfungsentscheidung erheben, um deine Erfolgsaussichten zu steigern. Du erklärst deine Exmatrikulation damit für rechtswidrig, weil du die Prüfung als bestanden ansiehst. Falls deine Prüfung dennoch als nicht bestanden angesehen wird, so kannst du noch hoffen, dass du aufgrund des Härtefalls einen weiteren Prüfungsversuch erhältst.
b) Widerspruch einlegen
Mit dem Bescheid über dein endgültiges Nichtbestehen einer Prüfung, erhältst du auch eine Rechtsbehelfsbelehrung. Binnen eines Monats kannst du nun Widerspruch gegen das Nichtbestehen der Prüfung einlegen. Sollte die Rechtsbehelfsbelehrung jedoch nicht beiliegen oder nicht ordnungsgemäß sein, so verlängert sich diese Frist um ein Jahr.
Ein Widerspruch sollte umfangreich begründet werden. Es ist daher ratsam, dazu juristische Hilfe zu suchen. Schau bei deinem AStA nach, ob eine kostenlose juristische Beratung angeboten wird. Bei einer konkreten Fall-Begutachtung eines Anwalts / einer Anwältin fällt jedoch i.d.R eine Gebühr von mindestens 75 Euro an. Falls du schließlich eine*n Anwalt / Anwältin mit der Prüfungsanfechtung beauftragen möchtest, musst du mit Kosten von mehreren hundert Euro rechnen. Ein Anwaltszwang besteht für das Widerspruchsverfahren allerdings nicht. Im Gegensatz zu dir, kann der Anwalt / die Anwältin übrigens ohne die Restriktionen der Hochschule (vorgegebene Frist etc.) Einsicht in deine Prüfungsakten nehmen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Widerspruch einzulegen. Du kannst z.B die Bewertung der Prüfung oder Fehler im Prüfungsverfahren (oder auch beides gleichzeitig) anfechten.
Fehler im Prüfungsverfahren können beispielsweise sein:
dass die Prüfungsbedingungen unzumutbar waren, z.B stetiger Lärm während der Prüfung, der auch nicht kompensiert wurde, z.B durch erweiterte Prüfungszeit
dass die Prüfungszeit nicht eingehalten wurde
dass Prüfer*innen ungeeignet waren, z.B aufgrund von Befangenheit
dass die Aufgabenstellung unklar formuliert war
...
Je nachdem, was (oder ob beides) angefochten wird, stellst du einen Antrag auf Neubewertung der Prüfung oder einen Antrag auf Wiederholung der Prüfung.
Rügepflicht - die Verantwortung in deinen Händen
Aber Achtung! Anträge auf Prüfungswiederholungen aufgrund von Verfahrensfehlern werden nicht selten mit der Begründung abgelehnt, dass die zu prüfende Person seiner / ihrer Rügeobliegenheit nicht nachgekommen sei. Dass bedeutet, dass du den Verfahrensfehler nicht rechtzeitig nachgewiesen hast. Solltest du innerhalb einer Prüfung also einen Fehler im Verfahren feststellen, musst du diesen unverzüglich nachweislich rügen. Wer also z.B eine Klausur unter Baulärm schreibt, musst du das bereits während der Prüfung beim Prüfer / der Prüferin bemängeln und protokollieren lassen. Wenn du die Person, die dich bewertet, für ungeeignet hältst, musst du das sogar bereits im Vorfeld anmerken.
Natürlich sollten die Begründungen für einen Widerspruch auch auf Tatsachen beruhen und nicht aus der Luft geholt sein.
Bevor sich das Prüfungsamt eingehend mit dem Widerspruch beschäftigt, setzt sich der Prüfer / die Prüferin mit dem Widerspruch auseinander. Es kann passieren, dass die Note bereits in diesem sogenannten Überdenkungsverfahren, verbessert wird. Teilweise kann ein Antrag auf die Verbesserung der Note (Remonstrationsantrag) auch unabhängig von einem Widerspruch gestellt werden. Schau dafür in deiner Prüfungsordnung nach oder erfrage dies direkt bei deinem Prüfungsamt.
Übrigens: Es hält sich das Gerücht, man solle sich nach dem Ablegen des Drittversuches lieber selbst exmatrikulieren, falls man bereits abwägen könne, dass man die Prüfung erneut nicht bestanden habe. Damit würde man der Misere entgehen, für das jeweilige Modul gesperrt zu werden, so der Irrglaube. Leider ist das nicht der Fall, denn wenn du die Prüfung bereits geschrieben hast, wird sie auch gewertet, auch wenn du nicht mehr immatrikuliert bist. Eine Alternative wäre es, dich zu exmatrikulieren, bevor du den Drittversuch anmeldest (was nur sinnvoll ist, wenn du fest davon ausgehst, die Prüfung nicht zu schaffen). Dann wirst du nicht für das Modul gesperrt. Ob die Fehlversuche beim Hochschulwechsel allerdings an eine andere Uni mitgenommen werden, ist von Hochschule zu Hochschule unterschiedlich.
c) Klage
Sollte die Anfechtung nicht von Erfolg gekrönt sein, gibt es noch die Option, gegen die Zwangsexmatrikulation zu klagen. Die Anwalts- und Prozesskosten hierfür können allerdings sehr hoch werden, weshalb du dich vorher anwaltlich beraten lassen solltest, ob eine Klage Aussicht auf Erfolg hat. Ein Anwaltszwang besteht auch für die Klage in erster Instanz allerdings nicht.
5. Zwangsexmatrikulation akzeptieren
Manchmal nützt alles nichts und einer Zwangsexmatrikulation ist nicht zu entrinnen: Aber hey: Die Erde dreht sich weiter. Und wenn sich eine Tür schließt, öffnen sich viele neue. Außerdem: Vielleicht ist die Tür ja noch gar nicht geschlossen. Denn es gibt noch ein paar Optionen, falls du gerne möglichst fachnah weiter studieren möchtest.
6. Stetige Reflexion
Natürlich sollte ein mehrmaliges Durchfallen auch zur Reflexion anregen. Hattest du sonst immer durch die Bank weg gute Noten, aber Probleme mit diesem einen Modul? Dann heißt es wohl, Zähne zusammenbeißen und pauken, pauken, pauken.
Oder aber studierst du schon länger mehr schlecht als recht, weil ich du dich eigentlich gar nicht mehr wohl fühlst in deinem Fach? Es ist nicht verwerflich (und auch nicht unüblich), sich nochmal umzuorientieren und das Studienfach zu wechseln oder sogar komplett abzubrechen. Vielleicht hast du dich nach dem Abitur nur aufgrund des Drucks von außen für Betriebswirtschaftslehre eingeschrieben, kannst mit (kaufmännischen) Zahlen aber eigentlich gar nichts anfangen und willst viel lieber Psycholog*in werden? Dann ist ein Studienfachwechsel denkbar.
7. Kurz + knapp
Wenn du weiterhin dieses Studienfach studieren möchtest und deine Hochschule nur drei Prüfungsversuche zulässt, kannst du einen Härtefall, einen Widerspruch einreichen, oder sogar Klagen.
Du kannst alle anderen Studienfächer studieren, in welchen das Modul, durch welches du final durchgefallen bist (was du nicht mehr schreiben darfst) nicht vorkommt. Fachnah kannst du also studieren, solange dieses Modul nicht vorkommst, sogar an der gleichen Hochschule wie vorher. Du kannst auch deinen bisherigen Studiengang an einer anderen Hochschule weiterstudieren, hat die neue Hochschule mehr Prüfungsversuche, als deine bisherige.
Du kannst beispielsweise die Bewertung der Prüfung, Fehler im Prüfungsverfahren (oder auch beides gleichzeitig) anfechten. Generell ist es dabei ratsam, dir anwaltliche Unterstützung zu suchen. Erkundige dich bei deinem AStA, ob sie kostenfreie juristische Hilfe anbieten. Ansonsten kann ein*e Anwalt / Anwältin leider schnell teuer werden.
Lege deinen Prüfungsversuch besser jetzt ab. Je länger du wartest, desto bedrohlicher kann eine Prüfung wirken. Dazu wäre es ärgerlich, solltest du die Prüfung in zwei Semestern nicht bestehen und exmatrikuliert werden, deine Zeit mit anderen Dingen zwischenzeitlich womöglich vergeudet zu haben.