Übergangstarif? Verlängerungsmöglichkeiten?Krankenversicherung für Studis über 30
1. Ende des Studententarifs
Die Möglichkeit der Versicherung zum Studententarif besteht nicht unbegrenzt. Studierende sollen nicht dazu verführt werden, das Studium nur deshalb hinauszuzögern, um günstiger versichert sein zu können. Seit 1. Januar 2020 ist die einzige Grenze die Altersgrenze von 30 Jahren. Die bisherige Beschränkung der studentischen Krankenversicherung auf 14 Fachsemester gibt es seit 2020 nicht mehr.
Wirst du im Laufe des Semesters 30 Jahre alt, endet die studentische Versicherung mit dem offiziellen Semesterende. Wenn du nicht aktiv wirst bleibst du dann als freiwillig Versicherter in deiner Kasse. Zu einem leider deutlich teureren Tarif. Ist absehbar, dass du die Grenze demnächst überschreiten wirst, solltest du dich daher von deiner Krankenkasse beraten lassen, wie es weitergehen kann. Auch wegen der (wenn auch seltenen) Möglichkeiten der Verlängerung, siehe nächster Abschnitt.
2. Verlängerungsmöglichkeiten
Ausnahmsweise besteht die Möglichkeit, die Grenzen der studentischen Versicherung nach hinten zu verschieben. Dafür ist regelmäßig ein begründeter Antrag erforderlich. Folgende Gründe kommen für eine Verlängerung z. B. in Betracht – viele bezogen sich allerdings vor allem auf die frühere zusätzliche Grenze von 14 Fachsemestern (mit * gekennzeichnet) und sind bei der Altersgrenze schwer anzubringen oder nur, wenn weitere Argumente dazukommen:
Notwendiges (!) Aufbaustudium im Anschluss an ein Erststudium (Erhöhung der Berufschancen durch ein zweites Studium genügt nicht)
Unter bestimmten Voraussetzungen bei Erlangung der schulischen Hochschulzugangsberechtigung auf dem zweiten Bildungsweg
Pflege von kranken oder behinderten Familienangehörigen*
Eigene Krankheit über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten*
Eigene Behinderung (max. Verlängerung: 7 Semester)*
Geburt eines Kindes und anschließende Kindesbetreuung (max. Verlängerung: 6 Semester)*
Freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr
Wehr- oder Zivildienst
Mitarbeit in Hochschulgremien*
Bis 2020 gab es faktisch eine absolute Altersgrenze von 37. Das gilt nicht mehr: „An der durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) geprägten absoluten Altershöchstgrenze für die Versicherungspflicht als Student (37. Lebensjahr) wird angesichts des Wegfalls der Begrenzung der Fachsemesteranzahl (14 Fachsemester = 7 Jahre) nicht weiter festgehalten.“ (so nachzulesen auf Seite 2 der Grundsätzlichen Hinweise des GKV-Spitzenverbandes. Allerdings wird schon die Überschreitung der normalen Altersgrenze von 30 nur selten gewährt. In den Hinweisen heißt es daher im Anschluss an das Zitat noch sehr ausdrücklich: „Unverändert bleibt jedoch, dass nur Hinderungsgründe vor Vollendung des 30. Lebensjahres bei der Verlängerung der Versicherungspflicht Berücksichtigung finden können und dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Hinderungsgrund und dem Überschreiten der Altershöchstgrenze bestehen muss.“
3. Versichert nach Überschreitung der Altersgrenze: Rechtzeitig überlegen, ob Änderung erwünscht!
Wirst du demnächst 30 und hast keinen anerkannten Grund, die Versicherung zum Studierendentarif zu verlängern, bleibst du mit Ablauf der studentischen Versicherung automatisch in der gesetzlichen Krankenkasse, nur mit dem Status „freiwillig VersicherteR“ (siehe SGB V § 188 Abs. 4). Willst du nicht bei deiner bisherigen Kasse bleiben (z.B. auch, weil du in die private Krankenversicherung wechseln willst), so musst du aktiv werden und fristgerecht den Austritt erklären. Dieser muss innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse über die Austrittsmöglichkeiten erfolgen und ist nur möglich, wenn du einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall nachweisen kannst (d.h. du musst dich schon um eine neue Krankenversicherung gekümmert haben).
Wer nicht mehr in die studentische Krankenversicherung passt (weil zu alt), für den bleibt nur die „normale“ freiwillige Versicherung in einer gesetzlichen Krankenversicherung oder eine private Krankenversicherung (dazu weiter unten noch mehr).
Sofern das Einkommen nicht für Studierende untypisch hoch ist und du auch sonst noch vom Studierendenstatus profitieren kannst (hier speziell vom „Werkstudentenprivileg“), so gilt dann der Mindestbetrag für freiwillige Versicherte der jeweiligen Krankenkasse.
Bist du von den höheren Beiträgen als freiwillig gesetzlich VersicherteR betroffen und BAföG-EmpfängerIn, so wird seit Wintersemester 2019/20 endlich der Zuschlag zur Kranken- und Pflegeversicherung entsprechend erhöht. Um davon zu profitieren, musst du das BAföG-Amt aber natürlich informieren und die höheren Beiträge im Vergleich zu Jüngeren nachweisen.
Wenn das gerade Beschriebene (Studierendenstatus, kein untypisch hohes Einkommen) nicht mehr zutrifft, dann arbeitest du offenbar viel und dürftest auch in Sachen Krankenversicherung als „normaler“ AngestellteR behandelt werden (dann zahlt aber auch dein Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge).
Bist du neben dem Studium selbstständig und arbeitest dafür höchstens 20 Stunden die Woche, sollte ebenfalls eine freiwillige Versicherung wie oben möglich sein (Mindestbetrag wie genannt, bei höherem Gewinn entsprechend Gewinn * Beitragsprozentsatz). Vorsicht: Als „normaleR“ SelbstständigeR (ohne Studentenstatus) ist eine höhere gesetzliche Mindestgrenze zugrunde zu legen als für Nicht-Erwerbstätige u.a. freiwillig Versicherte.
Unter Umständen kann – gerade im letzteren Fall – eine private Krankenversicherung günstiger sein. Eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenkasse ist beim Übergang in ein normales Angestelltenverhältnis beim Berufsstart in der Regel möglich, du solltest dich aber genau erkundigen.
Wer allerdings länger und bei höherem Einkommen privat versichert bleibt, kann nur noch schwer oder gar nicht mehr ins gesetzliche System zurückkehren, was vor allem dann teuer wird, wenn man später mehrere Kinder hat und der/die EhepartnerIn nicht arbeitet.
Privat muss jedes Familienmitglied extra versichert werden, gesetzlich könnte alles über die Versicherung eines Erwachsenen laufen. Das ist dann sozusagen die Strafe, wenn du dich dem immer noch solidarischeren System (keine Gesundheitsprüfung, Höhe der Beiträge nach Einkommen – wobei es hierbei Unter- und Obergrenzen gibt) der gesetzlichen Krankenkassen entziehst.
4. Beitragshöhe als freiwillig gesetzlich Versicherte:r
Der Krankenversicherungs-Tarif als freiwillig gesetzlich Versicherte:r liegt ab 1.1.2025 bei 174,77 Euro + Zusatzbeitrag (2024: 164,97 Euro + Zusatzbeitrag).
Der Betrag ergibt sich, wenn man den Beitragsprozentsatz von 14,0% für freiwillig versicherte Mitglieder ohne Krankengeldanspruch auf die gesetzliche Mindesteinkommensgrenze von 1248,33 Euro anwendet. Der kassenindividuelle Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung beträgt im Durchschnitt weitere 2,5%, also weitere ungefähr 31,21 €. Dazu kommt noch der Betrag für die PV.
Die Pflegeversicherung beträgt für kinderlose ältere Studierende seit 1. Juli 2023 4,0% – das führt ab 1.1.2025 zu einem Beitrag von 49,93 € (2024 waren es 47,13 €). .
Für Studierende mit Kind ist die Pflegeversicherung etwas günstiger – abhängig von der Zahl der Kinder. Seit 1. Juli 2023 liegt der Beitrag bei einem Kind 3,4%, monatlich also ab 1.1.2025 also 42,44 € (2024 waren es 40,06 €). Für das zweite bis fünfte Kind gibt es einen Rabatt von jeweils 0,25%. Bei fünf oder mehr Kindern wären also nur noch 2,4% Pflegeversicherung zu zahlen, ab 1.1.2025 somit 29,96 €.
5. Nach Studium und Übergangsphase
Grundsätzlich hast du mit dem Ende deines Studiums die Möglichkeit, dir eine neue Krankenkasse zu suchen. Wer innerhalb der gesetzlichen Kassen wechselt, bleibt 18 Monate an die Wahl gebunden (außer du wechselst in eine private, das ist schneller möglich).
Vorsicht: Auch wenn du nach dem Studium einfach bei deiner bisherigen gesetzlichen Krankenversicherung bleibst (was automatisch der Fall ist, wenn du dich nicht explizit darum kümmerst), kannst du diese erst wieder nach 18 Monaten wechseln.
Wer sich zum Thema private Krankenversicherung informieren will, kann das hier tun. Zu bedenken ist aber, dass du dann je nach Lage der Dinge unter Umständen nicht mehr einfach ins gesetzliche System zurückkehren kannst.
Das wäre vor allem dann teuer, wenn du später mehrere Kinder hast und der/die EhepartnerIn nicht arbeitet. Privat müssen alle extra versichert werden, gesetzlich könnte alles über die Versicherung eines Erwachsenen laufen. Das ist dann sozusagen die Strafe, dass du dich so dem immer noch solidarischeren System (keine Gesundheitsprüfung, Höhe der Beiträge nach Einkommen – wobei es hierbei Unter- und Obergrenzen gibt) der gesetzlichen Krankenkassen entziehst.
5. Mehr Informationen
Erste Informationen über die unterschiedlichen Krankenkassen findest du im Internet. Im Zweifel empfiehlt sich aber immer auch ein persönliches Beratungsgespräch! Einen Vergleich der Kosten (und Vergünstigungen in bestimmten Fällen) ermöglicht der Krankenkassen-Vergleichsrechner.
Informationen bei den (großen) gesetzlichen Krankenkassen (alphabetisch geordnet):
- AOK
https://www.aok.de/pk/beitraege-tarife/ - BARMER
https://www.barmer.de/mitglied-werden Betriebskrankenkassen (BKK) (Liste aller Betriebskrankenkassen)
- DAK-Gesundheit
https://www.dak.de/dak/7100_7100 - Techniker Krankenkasse (TK)
https://www.tk.de/techniker/mitglied-werden-2003672
Weitere Artikel, Materialien und Quellen zum Thema
- Allgemein alles rund um die Studentische KV
- Vergleich gesetzlicher Krankenversicherungen
- Private Krankenversicherung (PKV) – mit Vergleichsrechner
- Jobben während des Studiums
- Grundsätzliche Hinweise des GKV-Spitzenverbandes vom 20.03.2020: Grundsätzliche Hinweise zur Kranken- und Pflegeversicherung der Studenten, Praktikanten und Auszubildenden ohne Arbeitsentgelt sowie Auszubildenden des Zweiten Bildungswegs (PDF-Datei via gkv-datenaustausch.de)
Beispiel für einen anerkannten Verlängerungsgrund: Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23.01.2007 (S 40 KR 179/05)