Übersicht+GeschichteStudiengebühren in Niedersachsen
Unser Übersichtsartikel zeigt die Lage in Sachen Studiengebühren in Niedersachsen: Es hat als letztes Bundesland allgemeine Studiengebühren wieder abgeschafft. Seit WiSe 2014/2015 gibt es keine mehr, Langzeitstudiengebühren und Verwaltungskostenbeitrag sind allerdings geblieben. Erfahre hier alles über die einzelnen Arten von Studiengebühren und die Geschichte der Studiengebühren in Niedersachsen.
Im Detail: Studiengebühren in Niedersachsen
Verwaltungskostenbeitrag: 75 €
Er fällt für alle Studierenden an (75 €/Semester). Von einigen Hochschulen wird er als Rückmeldegebühr behandelt, also als Teil des Semesterbeitrages neben anderen Beiträgen fürs Studentenwerk, Studierendenschaft und/oder Semesterticket aufgelistet. „Leistung“ wird durch Verwaltungskostenbeiträge wie diesen nicht geboten, bisher wurden diese Gebühren immer dann eingeführt, wenn im Landeshaushalt Geld fehlte.
Langzeitstudiengebühren: 500 €
Jeweils 500 €/Semester ab dem 7. Hochschulsemester über Regelstudienzeit – bezogen auf einen Studienabschnitt. D.h. für ZweitstudentInnen*: die Semesteranzahl aus dem ersten Bachelor wird angerechnet. Wer also im ersten Bachelor 8 Semester gebraucht hat, muss ab dem 5. Semester im zweiten Bachelorstudium zahlen (vorausgesetzt beide Bachelor haben eine Regelstudienzeit von 6 Semestern). D.h. ebenfalls: wer Erst- und Zweitstudium jeweils in Regelstudienzeit schafft, muss keine Langzeitstudiengebühren zahlen.
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*bspw. StudentInnen, die einen zweiten Bachelor machen
Stand der Dinge und Geschichte
Die Landesregierung beschließt am 03.07.2013 erwartungsgemäß die schon im Mai bekanntgewordenen Pläne (vgl. Pressemitteilung des Wissenschaftsministeriums): Die allgemeinen Studiengebühren werden erst zum WiSe 2014/2015 abgeschafft, die Langzeitstudiengebühren bleiben, wobei sie erst bei Überschreiten der Regelstudienzeit um sechs Semester greifen sollen und es mehr Ausnahmen geben wird. Das nötige Gesetz soll nach Anhörung von Hochschulen und Verbänden im Herbst 2013 in den Landtag eingebracht werden. Der studentische Dachverband fzs zeigt sich in einer Pressemitteilung dazu enttäuscht, da zum einen die Langzeitstudiengebühren erhalten bleiben und zum anderen die Abschaffung nicht schon früher kommt. "Damit bleiben die SPD, die das Gebührenmodell über Langzeitstudiengebühren in Niedersachsen überhaupt erst eingeführt hatte, und die Grünen ihrer inkonsequenten Linie treu", so der fzs.
Am 10.12.2013 ist es soweit: Der Landtag von Niedersachsen beschließt das Gesetz zur Verbesserung der Chancengleichheit durch Abschaffung und Kompensation der Studienbeiträge (Entwurf Drs. 17/741, mit den Änderungen des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur Drs. 17/997). Somit sind erstmals im Wintersemester 2014/2015 keine allgemeinen Studiengebühren mehr fällig. Die Langzeitstudiengebühren bleiben bestehen, wenn auch in abgeschwächter Form (500 Euro statt der bisher gestaffelten 600 bis 800 Euro; Zahlungspflicht ab dem 7. Semester über der Regelstudienzeit, es zählen alle Hochschulsemester).
Mit Start des Wintersemesters 2014/2015 sind allgemeine Studiengebühren auch in Niedersachsen wieder Geschichte – die Langzeitstudiengebühren bleiben jedoch, wenn auch etwas entschärft.
Im Zuge der Coronakrise hat die niedersächsische Regierung beschlossen, dass für das SoSe 2020, das WiSe 2020/21 sowie das SoSe 2021 die Regelstudienzeit um jeweils ein Semester verlängert wird. D.h.: wer durch die Coronazeit im schlimmsten Fall drei Semester verliert, weil er/sie durch Depressionen, veränderte häusliche Situationen, etc. keine Kurse belegen kann, der/die muss sich keine Sorgen machen, infolgedessen durch die Langzeitstudiengebühren in Niedersachsen belastet zu werden.
Im aktuellen Koalitionsvertrag (2022 bis 2027) der rot-grünen Landesregierung sind Gebühren oder Beiträge kein Thema, von daher sind also keine Veränderungen zu erwarten.
Beschlossen wurden die allgemeinen Studiengebühren am 09.12.2005 - im Rahmen des Haushaltbegleitgesetzes. Ein interessanter Schachzug, um die Regelungen noch schnell und ohne viel Diskussionen durchzubringen. Niedersachsen ist damit das erste Bundesland, das tatsächlich Studiengebühren beschließt. Mehr dazu in Niedersachsen hat Studiengebühren eingeführt.
Die taz berichtet, dass Stratmann äußerte, dass es 2010 eine Evaluation der Gebühren geben solle und sie danach würden wohl wieder steigen würden. Er könne sich gut vorstellen, dass die Unis bis zu 30 Prozent ihres Haushaltes aus den Gebühren finanzieren, schreibt die taz weiter.
Am 01.02.2006 beschließt das Verwaltungsgericht Braunschweig, dass im Sommersemester 2006 keine Langzeitstudiengebühren erhoben werden dürfen. Denn das neue (auch allgemeine Studiengebühren umfassende) Gesetz sei bereits in Kraft, habe das bisherige Gesetz abgelöst, sehe selbst aber erst ab Wintersemester 2006/2007 Gebühren vor. Die Landesregierung hat das aber noch im März 2006 schnell korrigiert. Der Artikel Niedersachsen hatte versehentlich Langzeitstudiengebühren abgeschafft hat daher nur noch dokumentarischen Wert.
Am 02.05.2006 stellt Wissenschaftsminister Stratmann das "Niedersachsen-Studienbeitragsdarlehen" vor. Dieses ermöglicht den meisten Studierenden, die Studiengebühren erst nach dem Studium (dann allerdings mit Zinsen) zu bezahlen. Details siehe oben im Kasten (Bedingungen und Rückzahlungsbedingungen für das Darlehen).
Im Herbst/Winter 2006/2007 flammt nochmals Widerstandsgeist gegen die Studiengebühren auf. Ein Studiengebühren-Boykott sollte versucht werden - und nicht nur in Niedersachsen. An welchen Hochschulen ein Boykott versucht wurde und wie es jeweils ausgegangen ist, kann im Übersichts-Artikel Studiengebührenboykott 2007 nachgelesen werden. Direkte - politische - Auswirkungen hatten die Boykottversuche nicht, ihre selbstgesteckten Ziele wurden in Niedersachsen an keiner Hochschule erreicht.
Auch im Wintersemester 2007/2008 gab es nochmals einige Boykott-Versuche, einen Erfolg gab es nicht. Ebenso brachten die Landtagswahlen im Januar keinen Regierungswechsel, es bleibt also bei Studiengebühren.
Am 12.01.2010 beschließt die Landesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG). Ein Detail betrifft auch die Studiengebühren: Studierende mit mind. zwei Geschwistern sollen zukünftig das Darlehen für die Gebühren zinsfrei erhalten. Im Vergleich zu den (auch nachträglich ergänzten) Regelungen in Baden-Württemberg und Bayern ist das allerdings keine große Sache: In den genannten Ländern ist bei mehreren Geschwistern in der Regel gar nichts mehr zu zahlen. Aber noch muss sowieso noch der Landtag dem Gesetzentwurf zustimmen, in Kraft treten kann die Regelung daher frühestens zum WiSe 2010/2011.
Im Juni 2010 wurde der Gesetzesentwurf dann tatsächlich beschlossen.
Knapper hätte es kaum ausgehen können. Die Prognosen am Wahlabend der Landtagswahlen am 20.01.2013 schwankten zwischen einem Sitz Mehrheit für schwarz-gelb und selbigem für rot-grün (Piraten und Linke haben beide den Einzug in den Landtag nicht geschafft – und zwar deutlich). Am Ende kam es zu einem Sitz Mehrheit für SPD und Grüne und somit aller Voraussicht nach zum Regierungswechsel und der Abschaffung der Studiengebühren bis zum WiSe 2014/15 (vgl. die Antworten der Parteien auf unsere Wahlprüfsteine Hochschulpolitik.
Durchaus zur Überraschung vieler Studierender hat die zukünftige rot-grüne Koalition in ihrem am Wochenende (16./17.02.2013) von beiden Parteien auf Landesparteitagen einstimmig abgesegneten Koalitionsvertrag nur die Abschaffung der allgemeinen Studiengebühren festgeschrieben (auch das ohne konkrete Zeitplanung), Langzeitstudiengebühren dagegen sollen offenbar bleiben und "sozial verträglich gestaltet" werden. Siehe unseren Artikel Halber Ausstieg mit rot-grün: Langzeitstudiengebühren in Niedersachsen bleiben (18.03.2013).
In einer Pressemitteilung vom 22.05.2013 erläutert das niedersächsische Wissenschaftsministerium die Planungen in Sachen Langzeitstudiengebühren. Demnach sollen diese zukünftig bei Überschreiten der Regelstudienzeit um sechs (bisher: vier) Semester anfallen und grundsätzlich 500 Euro betragen (bisher: 600 Euro bis 800 Euro abhängig von Dauer). Und es soll offenbar mehr Ausnahmen geben. Der studentische Dachverband fzs kritisiert dennoch: "Langzeitgebühren dienen vor allem der Abschreckung und führen zu Studienabbrüchen. Von diesem Damoklesschwert sind Studierende betroffen, die beispielsweise nur in Teilzeit studieren können, die formalen Voraussetzungen dafür von der Hochschule aber nicht sichergestellt bekommen."
Schon der frühere SPD-Wissenschaftsminister war wie sein CDU-Kollege in BaWü für Studiengebühren zu haben und hat sich mit einigen Modellen hervorgetan. Am 13./14.12.2001 wurde auch auf sein Betreiben im Rahmen des Haushaltbegleitgesetztes die Einführung von Langzeitstudiengebühren nach dem Modell von Baden-Württemberg beschlossen. Ab dem Sommersemester 2003 kann damit ein Semester 500 € kosten, wenn man die Regelstudienzeit um 4 Semester überschreitet. Damit ist es also auch in Niedersachsen teuer für Fachwechsler - gezählt werden nämlich die Hochschul- und nicht die Fachsemester.
In der Kürzungsdebatte im Wintersemester 2003/2004 wurden von Wissenschaftsminister Stratmann (CDU) auch allgemeine Studiengebühren angedroht - wenn das Bundesverfassungsgericht das Verbot im Hochschulrahmengesetz kippen sollte.
Ende Juni 2004 beschließt das Kabinett, den Verwaltungskostenbeitrag ab SoSe 2005 auf 75 Euro je Semester zu erhöhen. Dieser Beschluss wird dann problemlos im Herbst im Rahmen der Haushaltsdebatte vom Landtag bestätigt.
Im Januar 2005 erklärt Wissenschaftsminister Stratmann zur Einführung von Studiengebühren (sofern das Bundesverfassungsgericht den Weg frei macht): "Dieses Jahr wäre wohl zu vorschnell, 2006 wünschenswert und 2007 am realistischsten." Siehe auch den Artikel 500 Euro Studiengebühren "eine Hausnummer" vom 20.01.2005.
Auch Niedersachsen gehört zu den CDU-geführten Ländern, die sich auf Eckpunkte für Studiengebühren geeignigt haben. Demnach sollen die Gebühren auf 500 Euro pro Semester beschränkt sein. Vorerst, muss man allerdings dazu sagen. Am 12.Juli 2005 hat das Kabinett einem sogenannten "Zukunftsvertrag"mit den Hochschulen zugestimmt. Dieser enthält auch den Passus, dass zum WiSe 2006/2007 "Studienbeiträge" mit 500 € pro Semester "als Obergrenze" eingeführt werden sollen.
Die CDU/FDP-Regierung hat - nicht weiter verwunderlich - den schon unter der vorherigen SPD-Regierung eingeführten Verwaltungskostenbeitrag in Höhe von 51 € je Semester beibehalten. Niedersachsen tut es damit den "Vorbildern" Berlin und Baden-Württemberg gleich. Da sie die Gebühr juristisch besser in ein Gesetz packen als BaWü, haben Klagen dagegen keine Chance.
Wie wir schon am 13.09.2005 im Artikel Niedersachsen mixt sein Studiengebühren-Modell berichtet haben, äußert sich Wissenschaftsminister Stratmann auch im Landtag am 06.10.2005: Die Studiengebühren kommen für alle ab SoSe 2007, Erstsemester sollen schon im WiSe 2006/2007 zur Kasse gebeten werden. Auch BAföG-EmpfängerInnen müssen die Gebühren weitestgehend zahlen.
Als neue Informationen nennt Stratmann am 06.10.2005 im Landtag, dass die Landestreuhandstelle Kredite anbieten wird, damit die Studierenden wahlweise die Gebühren erst nachträglich (aber eben mit Zinsen) zahlen können ("Langzeitstudierende" bekommen diesen Kredit jedoch nicht, werden also doppelt bestraft). Für die Absicherung der Rückzahlungsausfälle auch 6% der Einnahmen verwendet werden - die Einnahmen gehen also nicht voll an die Hochschulen (davon abgesehen, dass die Verwaltung des Geldes auch zusätzlich Personal erfordern wird). Als sei es nicht genug, dass man dann für jedes Semester Geld zahlen muss, sollen die Gebühren bei langem Studium sogar noch erhöht werden.
Mehr zu Studiengebühren in Niedersachsen
- Dokumentation (Archiv): Ausnahmen + Befreiungsmöglichkeiten von den Studiengebühren (WiSe 2006/07 bis SoSe 2014)
- Halber Ausstieg mit rot-grün: Langzeitstudiengebühren in Niedersachsen bleiben (18.02.2013)
- Kleine Hochschulen noch am erfolgreichsten: Bilanz Studiengebührenboykott 2007/2008 (02.03.2008)
- Übersichts-Artikel Studiengebührenboykott 2007 (24.03.2007)
- Niedersachsen hatte versehentlich Langzeitstudiengebühren abgeschafft (16.03.2006)
- Niedersachsen hat Studiengebühren eingeführt (09.12.2005)
- Niedersachen will als ersten Bundesland allgemeine Studiengebühren beschließen (06.12.2005)
- Niedersachsen mixt sein Studiengebühren-Modell (13.09.2005)
- CDU-Studiengebühren-Eckpunkte von allen Seiten kritisiert (21.03.2005)
- Bundesverfassungsgericht erlaubt Studiengebühren (26.01.2005)
- 500 Euro Studiengebühren "eine Hausnummer" (20.01.2005)
- "Lucky" Streik again? - u.a. mit SPD-Oppositionsführer Gabriel, der für nachlaufende Studiengebühren ist (04.11.2003)
Häufig gestellte Fragen
In Niedersachsen gibt es – wie in ganz Deutschland – keine Allgemeinen Studiengebühren mehr. Neben Studiengebühren an privaten Hochschulen gibt es einen sogenannten Verwaltungskostenbeitrag, den staatliche Hochschulen mit 75 € im Semesterbeitrag verankert haben. Zudem gibt es Langzeitstudiengebühren von 500 €, die Studierende ab dem 7. Semester über Regelstudienzeit zahlen müssen.
Die Langzeitstudiengebühren von 500 €/Semester in Niedersachsen zahlen Studierende ab dem 7. Hochschulsemester über Regelstudienzeit – bezogen auf einen Studienabschnitt. Für ZweitstudentInnen (bspw. zweiter Bachelor) gilt: die Semesteranzahl aus dem ersten Bachelor wird angerechnet. Wer dort also 8 Semester gebraucht hat, muss ab dem 5. Semester im zweiten Bachelorstudium zahlen (vorausgesetzt beide Bachelor haben eine Regelstudienzeit von 6 Semestern).
Den Semesterbeitrag (auch: die Rückmeldung) zahlst du vor jedem Semester. Dieser Beitrag setzt sich aus mehreren Posten zusammen, je nach Bundesland und Uni variieren diese. Klassischerweise besteht der Semesterbeitrag aus Beiträgen fürs Studentenwerk, die Studierendenschaft und das Semesterticket. Und in Niedersachsen ist der Verwaltungskostenbeitrag – häufig auch Rückmeldegebühren genannt – eben auch Teil des Semesterbeitrags.
Hinweis
Die Angaben hier beruhen auf eigenen Recherchen, eine Gewähr dafür kann nicht übernommen werden. Wer von neuen Plänen oder wirklichen Änderungen der hier geschilderten Lage gehört: Bitte informiert uns per Mailformular, damit wir die Information einbauen können. Vielen Dank!