Neben dem BerufBerufsbegleitend und in Teilzeit studieren
Von Anja Schreiber
1. Kurz + knapp
In einem Teilzeitstudium hast du den Vorteil, das du mehr arbeiten kannst als in einem Vollzeitstudium. So kannst du bereits Berufserfahrungen sammeln und deinen Lebensunterhalt alleine bestreiten. Ein gutes Zeitmanagement ist dabei unerlässlich, damit du deine Arbeit und das Studium unter einen Hut bringen kannst.
Zeitmanagement ist sehr wichtig, damit du keine der beide Tätigkeiten vernachlässigst. Selbstorganisation solltest du auch beherrschen, je mehr du arbeitest und studierst, desto mehr leidet deine Freizeit und auch die ist wichtig für die nötige Entspannung!
Leider nein. Viele universitären Studiengänge werden vielleicht noch in Teilzeit, aber nur sehr selten explizit berufsbegleitend angeboten. Da ist dann sehr gute Planung nötig, um Studium und Beruf zu vereinen.
2. Warum Teilzeitstudium?
Der 31-jährige Robert Michel* studiert an der Hochschule München den berufsbegleitenden Studiengang „Internationales Projektmanagement“. Sein beruflicher Werdegang ist deutlich bunter als der vieler klassischer Studierender: Er hat nach dem Abitur eine Ausbildung zum Physiotherapeuten gemacht und anschließend einige Zeit in diesem Job gearbeitet. „Aber es gibt in diesem Bereich nur begrenzte Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Außerdem sind die Arbeitsbedingungen und der Verdienst eher schlecht.“
Auch wenn Robert Michel sich eigentlich mit einer eigenen Praxis selbstständig machen wollte, entschied er sich angesichts der Rahmenbedingungen doch für einen Berufswechsel: „Ich ging deshalb meiner zweiten Leidenschaft – dem Themenbereich Wirtschaft und Marketing – nach.“ So begann er ein Vollzeitstudium an der Ludwig-Maximilians-Universität München. „Ich jobbte gleichzeitig als Werkstudent im Online-Marketing.“ Während ihm die Praxis Spaß machte, lag ihm das Studium weniger. „Alles war mir viel zu praxisfern und zu wissenschaftlich.“ Er entschied sich für den Wechsel. Heute ist Robert Michel als Werkstudent bei einem Konzern beschäftigt, während er daneben studiert. „Aktuell arbeite ich in einer Digitalisierungsabteilung. Meine Aufgaben und Verwantwortlichkeiten gehen inzwischen weit über die eines normalen Werkstudenten hinaus.“
Sozialrechtlich als Werkstudent kann man nur arbeiten, wenn für das Studium offiziell mehr als die Hälfte der Zeit eines Vollzeitstudiums aufgewendet werden muss (und dies auch real erreicht wird!). Formal wäre das wohl erfüllt, wenn pro Semester planmäßig mehr als 15 ECTS erworben werden (d.h. wenn ein 6-semestriges Vollzeit-Studium mit 180 ECTS auf höchstens 11 Semester gestreckt wird). Wer allerdings seinen vorherigen regulären Job als Arbeitnehmer nur reduziert (oder – wenn schon vorher in Teilzeit betrieben – fortführt) und daneben ein Studium aufnimmt, kann wahrscheinlich nicht als Werkstudent durchgehen. Siehe auch unseren Werkstudenten-Artikel.
3. Teilzeitstudium: auch eine Frage des Geldes
Gleich mehrere Gründe überzeugten Robert Michel von seinem jetzigen Studiengang: „Er hat genau die Inhalte, die mich besonders interessieren. Außerdem kann ich mehr arbeiten als in einem Vollzeitstudium und so meinen Lebensunterhalt vollkommen selbstständig verdienen.“ Ein Studium an einer privaten Hochschule hätte sich der Student nicht leisten können.
Robert Michel ist mit seiner Wahl zufrieden: „Die Lehrveranstaltungen sind praxisorientiert und wir studieren in kleinen Gruppen. Es herrscht eine familiäre Atmosphäre. Das ist ganz anders als an der Uni.“ Er kennt aber auch die Herausforderungen dieses Studienmodells: „Ein gutes Zeitmanagement ist enorm wichtig!“
Tipp: Wer schon Berufserfahren ist und noch ein Studium plant, sollte sich über das Aufstiegsstipendium informiereren – es kann auch bei einem berufsbegleitenden Teilzeitstudium gewährt werden.
4. Selbstorganisation ist entscheidend
Prof. Dr. Peter Jandok, Leiter des berufsbegleitenden Bachelor-Studiengangs „Internationales Projektmanagement“ an der Hochschule München, unterstreicht ebenfalls: „Unsere Studierenden sollten sich gut organisieren können.“ Die zeitlichen Rahmenbedingungen müssen allerdings ebenso stimmen.
Die Autorin dieses Artikels
Anja Schreiber arbeitet seit vielen Jahren als freie Fachjournalistin zu den Themen Bildung, Studium und Beruf. Sie schreibt unter anderem für die Berliner Zeitung, Stuttgarter Zeitung und Süddeutsche Zeitung, aber auch für Hochschulmagazine und eine wissenschaftliche Publikation. Sie ist zudem die Autorin mehrerer Ratgeber. So hat sie zum Beispiel „Die Sehnsuchtsstrategie für Studierende und Hochschulabsolventen“ geschrieben. Das Buch hilft, den Berufseinstieg passgenau vorzubereiten.
Weitere Infos unter: anjaschreiber.de
„Wer 30 Stunden in der Woche arbeitet, für den ist das Studium machbar“, betont Peter Jandok. Wer dagegen noch stärker beruflich eingebunden sei, habe es schwer. Deshalb rät er Studierwilligen, sich vor Studienbeginn über das eigene Zeitbudget Gedanken zu machen. Dazu gehört auch die Frage, ob die Betreffenden für einige Jahre bereit seien, auf viel Freizeit zu verzichten. Schließlich dauert der Studiengang „Internationales Projektmanagement“ in der Regel elf Semester.
Diese Bereitschaft ist meistens vorhanden. „Die Motivation unserer berufstätigen Studierenden ist meist sehr hoch. Denn oft können sie ohne akademischen Abschluss die Karriereleiter nicht weiterklimmen“, so Peter Jandok. Dabei sei ein Studium nicht immer eine formale Voraussetzung für den Aufstieg. Doch viele wünschten sich nach jahrelanger Berufserfahrung zusätzliche wissenschaftliche Kenntnisse.
Studierende unterschiedlichen Alters
Die Vielfalt unter den Studierenden ist groß. Peter Jandok: „Die Altersspanne liegt zwischen 18 und 50 Jahren.“ Die Berufe sind ebenfalls sehr unterschiedlich. Dazu gehören DolmetscherInnen, FlugbegleiterInnen, aber auch Kaufleute und IT-Fachleute. Was sie alle gemeinsam haben, ist der Wunsch nach Flexibilität. „An Lehrveranstaltungen von Montag bis Freitag zwischen 9 und 17 Uhr können sie nicht teilnehmen.“ Doch die Hochschule München bietet solche auch abends und am Wochenende an.
Peter Jandok stellt fest, dass auch jüngere Leute einen berufsbegleitenden Teilzeit-Studiengang wählen: „Viele von ihnen sind Arbeiterkinder, die ihr Studium vollständig selbst finanzieren müssen. Ein Vollzeitstudium wie an den meisten Hochschulen kommt für sie deshalb nicht infrage.“
5. Job contra Vollzeitstudium
Nathalie Schäfer vom Vorstand des „freien zusammenschlusses von student*innenschaften“ (fzs) betont: „Immer noch gibt es das Dilemma, dass sich die allermeisten Studiengänge nur Vollzeit studieren lassen. Gerade in den Geisteswissenschaften ist ein Teilzeitstudium kaum möglich.“ Doch das stehe im krassen Gegensatz zu der Lebenswirklichkeit der HochschülerInnen: „68 Prozent – so die neuesten Zahlen des Deutschen Studentenwerks – jobben nebenher.“ (Stand 2017)
Genau da sieht der fzs das Problem. „Zwar müssen Studierende wegen der steigenden Mieten und der hohen Lebenshaltungskosten immer mehr arbeiten, aber im Studium gibt es kaum Flexibilität“, so Nathalie Schäfer. Obendrein existiere häufig noch eine Präsenzpflicht. Auch fehlten zusätzliche Prüfungstermine, die es den HochschülerInnen leichter machen, Erwerbsarbeit und Studium zu koordinieren.
6. Forderung nach Teilzeitstudium für alle Studiengänge
„Trotz fortschreitender Digitalisierung ist ein größerer Anteil an Selbststudium kaum möglich“, betont Nathalie Schäfer. Die 23-jährige studiert Kunstgeschichte und Erziehungswissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. „Die Option, im Internet an Vorlesungen teilzunehmen, ist noch lange nicht ausgereizt.“ In einem Vollzeitstudiengang vormittags zu arbeiten und nachmittags zu studieren, gelinge aktuell kaum. „Deshalb fordern der fzs, dass alle Studiengänge auch in Teilzeit angeboten werden müssen.“
Dr. Sigrun Nickel, Leiterin Hochschulforschung beim Centrum für Hochschulentwicklung, betont: „Immer mehr Studierende haben bereits eine Ausbildung absolviert. Manchmal arbeiten sie während des Studiums auch als Teilzeitkraft in ihrem alten Betrieb weiter.“
Nur wenige berufsbegleitende (Teilzeit-)Studiengänge
Allerdings können laut Bundesbildungsberichts 2020 weiterhin nur ein geringer Teil der Studiengänge berufsbegleitend studiert werden. Dabei zeigen sich markante Unterschiede zwischen Universitäten und Fachhochschulen und zwischen Bachelor und Master. An den Unis waren Ende 2019 ca. 0,5 Prozent der Bachelor-Studiengänge und 4,5 Prozent der Master-Studiengänge berufsbegleitend. Dagegen traf dies an Fachhochschulen auf 15,6 Prozent der Bachelor-Studiengänge und 25,5 Prozent der Master-Studiengänge zu.
Die Expertin unterscheidet klar zwischen einem berufsbegleitenden und einem Teilzeit-Studium: „Teilzeit bedeutet lediglich, dass sich die Regelstudienzeit verlängert. Aber sonst machen die Hochschulen keine besonderen Angebote an die Studierenden“, so Sigrun Nickel. Anders ist das beim berufsbegleitenden Studium: Dieses geht auf die Bedürfnisse der arbeitenden HochschülerInnen ein. „Die Lehrveranstaltungen sind in ihrer Didaktik auf Berufstätige zugeschnitten und beziehen ihre Berufspraxis mit ein. Es gibt zudem spezielle Beratungsangebote.“
7. Studienangebote genau prüfen
Vor diesem Hintergrund empfiehlt Sigrun Nickel Studierwilligen, bei der Studienwahl auch genau zu prüfen, was die Hochschulen anbieten: „Berufstätige sollten sich zum Beispiel darüber informieren, ob sie im Studium feste Ansprechpartner haben und welche Möglichkeiten der Anrechnung beruflich erworbener Kompetenzen es gibt.“ Sie rät außerdem dazu, vorab zu überlegen, welche Lern- und Unterrichtsform dem Betreffenden entgegenkommt. „Manche brauchen eher viele Präsenzphasen an der Hochschule, andere bevorzugen eher ein Fernstudium.“
An der Fernuniversität in Hagen ist ein Studium sowohl in Voll- als auch in Teilzeit möglich. Doch Dorothee Schulze, Studienberaterin der Fernuni, rät berufstätigen Studienanfängern davon ab, Vollzeit zu starten: „Besser ist es, mit einem Teilzeitstudium zu beginnen und im Studienverlauf eventuell mehr zu belegen als vorgesehen.“
Dorothee Schulze weiß, dass selbst bei einem reduzierten Studium die Selbstmanagementfähigkeiten enorm gefordert sind: „Selbstorganisation ist das A und O. Denn Studierende müssen ihre Lernzeiten in den Berufsalltag einplanen, ohne dass ihnen jemand von außen Druck macht.“ Um das zu schaffen, ist die Motivation entscheidend. Die Studienberaterin rät deshalb, die eigenen Ziele immer im Auge zu behalten.
8. Hinweise für die Suche in unserer Studienfach-Datenbank
Aus technischen Gründen lassen sich zur Zeit in unser Datenbank die Anforderung „Teilzeit“ und „berufsbegleitend“ nicht gekoppelt suchen. Es kann also nur nach Teilzeit-Studiengängen oder berufsbegleitenden Studiengängen gesucht werden, aber nicht nach beiden zusammen. Davon abgesehen, dass auch Studiengänge im Fernstudium passen könnten (die können immer auch berufsbegleitend studiert werden). Überhaupt sind die Bezeichnungen nicht absolut trennscharf – daher hier ein paar Hinweise, wie wir versuchen, die Studiengänge zuzuordnen und worauf dann noch zu achten ist.
… sind in der Datenbank meist markiert (spätestens auf der Detailseite zum einzelnen Studiengangs). Was das genau bedeutet, ist aber leider unterschiedlich. An manchen staatlichen Hochschulen kann praktisch jedes Fach offiziell in Teilzeit studiert werden – oft allerdings, ohne dass die Studienorganisation darauf angepasst würde. Man studiert dort also faktisch einen normalen Vollzeitstudiengang und muss weitgehend selbst sehen, wie man sich das organisiert, dass es bspw. mit Berufstätigkeit zusammenpasst.
Anderswo wiederum sind Teilzeit-Studiengänge tatsächlich speziell konzipiert. Meist werden diese dann vor allem unter dem Stichwort berufsbegleitende Studiengänge angeboten.
… sind dagegen praktisch überall mehr auf die Bedürfnisse von Berufstätigen ausgerichtet, bspw. durch Veranstaltungen am Abend oder Wochenende oder in konzentrierten Blöcken aller paar Wochen. Sie sind oft von vornherein in Teilzeit konzipiert. Zu den Details empfiehlt sich aber immer eine Kontaktaufnahme mit der jeweiligen Hochschule!
… begünstigen die größte zeitliche Flexibilität, was aber auch bedeutet, dass Selbstdisziplin nötig ist, sich regelmäßig zum Lernen zu motivieren. Größere Fernhochschulen bieten z.T. an ihren Fernstudienzentren die Möglichkeit, sich mit Mitstudierenden zu treffen. Fernstudiengänge können in der Regel sowohl berufsbegleitend als auch ganz offiziell in Teilzeit studiert werden.
Weitere Informationen
- Studienführer Berufsbegleitendes Studium
- Studienführer Fernstudium
- Liste aller berufsbegleitenden Studiengänge
- Liste aller Fernstudiengänge
Hinweise:
Dieser Artikel wurde im März 2018 erstmals veröffentlicht. Die Zitate der Personen (und ihr jeweiliger Status) haben den Stand von damals. Sie haben aber nichts an Aktualität verloren. Zum oben angegebenen Termin wurde der Artikel letztmals überarbeitet und wo nötig und vorhanden mit aktualisierten Angaben versehen.
* Name von der Redaktion geändert.