Per Praktikum zum JobFür wen sich ein Praktikum im Studium lohnt
Von Janna Degener
✅ Checklisten
1. Was bringt ein Praktikum wirklich?
Ein gutes Praktikum vermittelt wertvolle Kompetenzen, die an der Hochschule nicht erworben werden können, und erhöht die Chancen auf einen leichteren, das heißt schnelleren, Berufseinstieg in einen passenderen und besser bezahlten Job. Es erleichtert den Berufseinstieg außerdem, weil es dir hilft, hilfreiche Kontakte zu knüpfen, und eine positive Signalwirkung auf Arbeitgeber ausübt.
Und wer seine / ihre Abschlussarbeit in einem Unternehmen schreiben möchte oder auf einen Direkteinstieg hofft, hat – sofern eine Stelle ausgeschrieben ist – laut Angabe der Unternehmen nach einem Praktikum bessere Chancen.
Dazu kommt, dass gute Praktika gerade für Geisteswissenschaftler*innen eine Orientierungsfunktion zu haben scheinen: Studierende, heißt es oft, können damit also herausfinden bzw. prüfen, welche Berufsfelder sie interessieren und ob ihnen bestimmte Themen und Tätigkeiten liegen.
Wen bringen Praktika weiter?
Wie wichtig ein Praktikum ist, das hängt unter anderem davon ab, welches Fach du studierst und welche beruflichen Ziele du hast: Besonders verbreitet sind sie in wenig praxisorientierten Studiengängen der Sozial- und Geisteswissenschaften, die auch häufig nicht auf ein klares Berufsziel vorbereiten. In den Naturwissenschaften spielen Praktika dagegen eine viel geringere Rolle. Und wenn du zum Beispiel sowieso schon weißt, dass du später an der Uni bleiben und in der Wissenschaft arbeiten möchtest, sind Praktika vor allem dafür da, dass du im schlimmsten Fall auf einen Plan B zurückgreifen kannst.
Die Studie „Generation Praktikum?“ aus Berlin zeigt aber auch die Kehrseite von Praktika: Auf die Frage, ob das Praktikum eher zum Lernen und zum beruflichen Fortkommen diente oder den Arbeitgeber*innen als Möglichkeit, eine kostengünstige Arbeitskraft zu haben, gibt nur die Hälfte der Absolvent*innen an, das Lernen und Fortschritt hätte im Vordergrund gestanden, für ein Drittel dagegen dominiert der Aspekt der „billigen Arbeitskraft“.
Gut ein Drittel der Absolvent*innen erhielten durch eines der Praktika eine Beschäftigung (nach dem ersten Praktikum waren dies etwa ein Viertel). Auf der anderen Seite wurde in etwa fünf Prozent der Fälle eine solche Zusage nicht eingehalten, obwohl eine Weiterbeschäftigung in etwa 15 Prozent der Fälle in Aussicht gestellt wurde.
Die Autorin dieses Artikels
Janna Degener studierte Germanistik und Ethnologie an der Freien Universität Berlin und verbrachte Auslandsaufenthalte in Costa Rica, Syrien, Frankreich und Tansania. Als freie Journalistin beschäftigt sie sich heute besonders mit Bildungs- und Verbraucherthemen. Mehr Infos zu ihr und ihrer Arbeit gibt’s unter jannadegener.wordpress.com
Dazu kommt: Praktika sind in der Regel nicht sonderlich gut vergütet, dass du dein Leben davon bestreiten könntest. Zwar können Praktikant*innen in manchen Unternehmen laut der Berufsstart-Umfrage an internen Weiterbildungsprogrammen teilnehmen, Zuschüsse zu Fahrkarte und Unterkunft, Vergünstigungen beim Kantinenessen sowie Mitarbeiter*innenrabatte und die Teilnahmemöglichkeit an Sportangeboten nutzen. Laut der Studie der FU Berlin liegt die Bezahlung jedoch bei durchschnittlich nur 550 Euro im Monat.
Unter Umständen hast du als Praktikant*in Anspruch auf den Mindestlohn. Das gilt allerdings nur, wenn es sich nicht um ein Pflichtpraktikum handelt, wenn das Praktikum länger als drei Monate dauert oder wenn du schon einmal ein mindestens dreimonatiges Praktikum bei dem / der gleichen Arbeitgeber*in gemacht hast.
Natürlich gibt es Studierende, die Ihren Lebenslauf kurz vor dem Abschluss noch schnell durch ein Praktikum aufbessern wollen, und andere, die nach mehreren Bewerbungen einfach nur irgendwo eine Stelle haben möchten. Manche wollen auch einfach irgendwas machen, um Leerzeiten zu überbrücken. Überleg dir aber gut, ob du dich dafür wirklich ausbeuten lassen willst, indem du Zeit und Geld in ein Praktikum investiert, das dir womöglich nicht oder kaum weiterhilft.
Es gibt nämlich durchaus auch Arbeitgeber*innen, die mit Praktikant*innen reguläre Arbeitskräfte ersetzen oder den Kündigungsschutz umgehen. Du solltest dir also gut überlegen, ob du überhaupt Praktika machen willst und wenn ja, wie viele, und ob auch unbezahlte Praktika in Frage kommen. In jedem Fall ist es sinnvoll, bei der Wahl der Praktikumsstelle mit Bedacht vorzugehen.
2. Was zeichnet ein gutes Praktikum aus?
Ob ein Praktikum sich tatsächlich positiv auf den Berufseinstieg auswirkt, das hängt laut der bayrischen IHF-Studie von der Dauer, der Betreuung am Praktikumsort, der Vor- und Nachbereitung sowie der Betreuung durch die Hochschule und von der zeitlichen Lage im Studium ab.
Die Betreuung am Praktikumsort ist wichtig, um neue Kenntnisse zu erlernen, sich in neue Aufgaben einzuarbeiten, eine Rückmeldung über die geleistete Arbeit zu bekommen und Kontakte für den Berufseinstieg zu knüpfen.
Sie fördert aber auch die Studienmotivation und das Interesse am Studienfach. Während Studierende im Grundstudium vor allem Orientierung suchen, geht es bei späteren Praktika stärker darum, beruflich verwertbare Kompetenzen zu erwerben und Kontakte für den Berufseinstieg zu knüpfen. In schlecht betreuten Praktika dagegen erreichen Studierende häufig die Ziele eines Praktikums nicht, sie lernen also einfach nichts oder zu wenig dazu, stattdessen werden sie als billige Arbeitskräfte ausgenutzt.
Mal kopieren kann dazu gehören, darf aber nicht den Hauptteil eines Praktikums ausmachen.
Seriöse Praktikumsgeber*innen informieren in Stellenanzeigen ausführlich über das Unternehmen, die zu besetzende Praktikumsstelle und die Anforderungen, die der / die Praktikant*in erfüllen soll. Wenn das also nicht der Fall ist und dein*e potentielle*r Arbeitgeber*in womöglich sogar seinen /ihren Namen verbirgt, ist Vorsicht geboten.
Darüber hinaus solltest du natürlich auch prüfen, ob ein*e Arbeitgeber*in zu dir und deinen Erwartungen passt. Dafür solltest du dich ausführlich über das Unternehmen informieren: Recherchiere im Internet und besuche die Firmenwebsite. Vielleicht gibt es Erfahrungsberichte und Praktikumsbewertungen auf Portalen wie meinpraktikum.de, faircompany.de oder kununu.com.
Damit du wirklich von deinem Praktikum profitierst, sollte aus der Aufgabenbeschreibung hervorgehen, dass du weder unter- noch überfordert sein wirst.
Im Zweifelsfall kannst du dich vor der Bewerbung an deine*n Ansprechpartner*in im Unternehmen wenden, um offene Fragen zu klären. Ansonsten ist dazu spätestens im Vorgestellungsgespräch die Gelegenheit, denn dort geht es ja um das gegenseitige Kennenlernen. Erkundige dich also, welche Aufgaben du übernehmen wirst, von wem und wie du betreut wirst und wie deine Perspektiven nach dem Praktikum aussehen. Ein Arbeitszeugnis am Ende des Praktikums sollte nicht als Extra-Bonus sondern als selbstverständlich betrachtet werden.
Hör aber auch auf dein Bauchgefühl: Wie gefällt dir der Arbeitsplatz, wie wirkt die Atmosphäre auf dich? Wenn es einen Praktikumsvertrag gibt, spricht das dafür, dass es sich um eine*n seriöse*n und gewissenhafte*n Arbeitgeber*in handelt. Nimm dir Zeit, den Vertrag in Ruhe zu lesen und ggf. offene Fragen zu klären, bevor du unterschreibst.
✅ Checkliste: Was ein Praktikumsvertrag enthalten sollte
Detaillierte Angeben zu den Aufgabenbereichen und Lernzielen
Beginn und Dauer des Praktikums (und einer eventuellen Probezeit), Arbeitszeiten
Vergütungen und/oder Kostenerstattungen
Art der Betreuung
Praktikumszeugnis
Regelungen für Krankheit, Überstunden, Urlaub
Versicherung- und Haftungsfragen
Fristen für Kündigung
Wichtig ist dabei natürlich, dass die gesetzlichen Vorgaben zu Praktika eingehalten werden. Ausführliche Hinweise zum BAföG, zur Sozialversicherung, zum Mindestlohn und zum Kindergeld für dich als Student*in findest du auch direkt in unserem Artikel Praktika vor, während und nach dem Studium.
3. Praktikum nach dem Studium?
Praktika dienen der Orientierung und Qualifizierung – wenn du noch den Studierendenstatus hast, musst du weniger Finanzierungsfragen für ein Praktikum abklären. Versuch also am besten dich während des Studiums oder zumindest zwischen Bachelor und Master Zeiten dafür freizuschaufeln!
Wenn du es während des Studiums versäumt hast oder dich nach dem Abschluss beruflich neu orientieren möchtest, kannst du natürlich überlegen, noch ein Praktikum dranzuhängen. Problematisch ist es allerdings, wenn du nach dem Studium Praktika nutzt, um Leerzeiten zu überbrücken – und dich dann womöglich von einem Praktikum zum nächsten hangelt. Vielleicht hast du das Glück, dass deine Eltern dich finanziell unterstützen. Allerdings werden sie davon auf Dauer sicher nicht begeistert sein und auch du selbst wirst dir über kurz oder lang eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit wünschen.
Laut der Studie von „Generation Praktikum?“ führen fast 40 Prozent der Absolvent*innen nach Beendigung ihres Studiums noch ein Praktikum durch, davon fast die Hälfte ein unbezahltes. Besonders verbreitet sind Praktika nach Beendigung des Studiums bei Geistes-, Kultur und Sozialwissenschaftler*innen, aber auch Absolvent*innen der Wirtschaftswissenschaften, Mathematik und Naturwissenschaften machen nach dem Studium noch Praktika.
36 Prozent der Absolvent*innen empfinden die Arbeitsbelastung als sehr hoch (Stress, Überstunden), und nur zwölf Prozent fühlen sich angemessen bezahlt. Du solltest dir also gut überlegen, ob diese Option für dich in Frage kommt: Wenn du dich auf diese Art und Weise ausbeuten lässt, schadest du dir letztlich selbst und unter Umständen auch anderen Absolvent*innen, die sich kein Praktikum mehr leisten können oder wollen und auf einen regulären Arbeitsplatz hoffen.
4. Der Weg zum Traumpraktikum
Wenn du ein gutes Praktikum suchst, solltest du einige Monate im Voraus mit der Vorbereitung beginnen, da die verschiedenen Schritte einige Zeit in Anspruch nehmen können. Wenn du über ein Auslandspraktikum nachdenkst, solltest du sogar circa ein Jahr oder anderthalb Jahre im Voraus mit der Suche beginnen.
Bevor du dich auf die Suche nach einem Praktikumsplatz machst, solltest du dir zunächst deiner eigenen Ziele bewusst werden.
✅ Checkliste: Was möchtest du mit dem Praktikum erreichen?
Was (also welche Interessen, Fähigkeiten, Kompetenzen und Erfahrungen) bringst du mit?
Wohin willst du beruflich?
Was willst du in deinem Praktikum also erreichen, das heißt: Welche Tätigkeiten willst du kennenlernen, welche Kenntnisse und Fähigkeiten willst du erwerben, welche Kontakte willst du knüpfen?
Welcher Zeitraum steht dir dafür zur Verfügung?
Was ist dir in Bezug auf die Rahmenbedingungen außerdem wichtig?
Die Suche nach einem Praktikumsplatz läuft ähnlich ab wie die Suche nach einer Arbeitsstelle – abgesehen davon, dass du dich natürlich auch gezielt auf Praktikant*innenprogramme bewerben kannst. Da du noch kein Hochschulzeugnis vorweisen kannst, kannst du beispielsweise eine Liste der von dir besuchten Veranstaltungen mit Informationen zu den Prüfungsleistungen anfügen.
5. Praktikum gefunden: Ablauf gut planen, im Gespräch bleiben und Nachbereitung nicht vergessen!
Spätestens nach Unterschreiben des Praktikumsvertrags kannst du deine*n Arbeitgeber*in darum bitten, dass ihr gemeinsam einen Praktikumsplan erstellt. Darin könnt Ihr genau festhalten, wann du welche Aufgaben übernehmen wirst, welche Lernziele damit verbunden sind und wer dich in den verschiedenen Phasen des Praktikums betreut. Wenn du dann später einmal unzufrieden sein solltest, kannst du dich im Gespräch mit deinem / deiner Betreuer*in oder deinem / deiner Vorgesetzten auf diesen Plan berufen.
Wichtig ist auch, dass du dich während des Praktikums aktiv einbringst. Stelle deine Fragen und bitte regelmäßig um ein Feedback. Achte aber darauf, dass du deine Kolleg*innen nicht (nur) von der Arbeit abhältst, sondern dass du sie auch unterstützt. Suche das Gespräch, wenn du unzufrieden bist und scheu dich nicht davor, das Praktikum abzubrechen, wenn sich keine Lösung finden lässt.
Ein wichtiger und oft unterschätzter Bestandteil des Praktikums ist die Nachbereitung. Auch wenn die Hochschule keinen Praktikumsbericht von dir verlangen sollte, ist es sicher sinnvoll, dass du die Erfahrungen für dich selbst auswertest. So hast du auch eine gute Grundlage für spätere Bewerbungen.
An vielen Hochschulen gibt es „CareerCenter“ oder spezielle Praktikumsstellen, die dich in allen Phasen von der Zielfindung, Suche und Bewerbung über die Integration von Praktika ins Studium bis hin zur Nachbereitung des Praktikums und den Formalitäten zur Anrechnung von Praktika unterstützen.
Erkundige dich auch, ob dein Fachbereich oder dein Studiengang speziellere Informationen oder Unterstützungsmöglichkeiten bereitstellt. Unter Umständen bekommst du hier auch Erfahrungsberichte oder Kontakte von Kommiliton*innen, die Praktika bei für dich interessanten Arbeitgeber*innen bereits absolviert haben.
Auch die Broschüre „Wege ins Auslandspraktikum“, die der DAAD gemeinsam mit weiteren Institutionen herausgibt, bietet hilfreiche Informationen, die zum Teil auf das Inlandspraktikum übertragen werden können.
6. Alternativen zum Praktikum
Ob du im Rahmen deines Studiengangs ein Praktikum absolvieren musst oder solltest, kannst du der Studien- oder Prüfungsordnung entnehmen. Wenn es keine entsprechenden Vorgaben gibt, kannst du dir auch überlegen, ob es für dich sinnvolle Alternativen zum Praktikum gibt.
Klassische Nebenjobs etwa sind in der Regel besser bezahlt als Praktika. Sie bieten dir die Gelegenheit, einen Einblick in das Berufsleben zu bekommen und auch klassische Softskills wie Teamfähigkeit zu trainieren. Allerdings eignen sich solche Tätigkeiten in der Regel weniger, um sich beruflich zu orientieren, die Kenntnisse aus dem Studium praktisch anzuwenden und Kontakte für den Berufseinstieg zu knüpfen. Wenn du einen Nebenjob oder eine Honorartätigkeit findest, die inhaltlich zu deinen Berufswünschen passen, ist das sicherlich eine gute Option.
Vielleicht hast du auch die Möglichkeit, deine Abschlussarbeit in einem Unternehmen zu schreiben, in dem du später vielleicht auch gerne arbeiten würdest. Diese Option bietet ähnliche Vorteile wie ein Praktikum und zwar mit geringerer Gefahr, ausgebeutet zu werden oder Zeit zu vergeuden.
Auch Traineeprogramme oder Volontariate können eine gute Alternative zu Praktika oder einem Direkteinstieg sein, weil sie zwar auf Berufseinsteiger*innen zugeschnitten, aber teilweise besser bezahlt sind als Praktika. Und wenn du einen HiWi-Job an der Uni bekommst, kannst du Kenntnisse aus dem Studium vertiefen und auch Einblicke in die Praxis bekommen.
7. Kurz + knapp
Das kommt auf deine Situation an. Schreibt das Studium ein Pflichtpraktikum vor, dann musst du vermutlich ein Praktikum absolvieren. Du kannst allerdings auch versuchen, dir einen HiWi- oder Werksstudent*innenjob anrechnen zu lassen. Bist du bereits am Ende deines Studiums, kannst du anstelle eines Praktikums auch bspw. ein Volontariat beginnen. Informiere dich am besten bei der für dich zuständigen Ansprechperson.
Grundsätzlich ist ein Praktikumsvertrag ein Anzeichen für eine*n seriöse*n Arbeitgeber*in. Trotzdem sollten einige Dinge in jedem Fall enthalten sein, wie zum Beispiel Angaben zu deinem Aufgabenbereich, Beginn und Dauer des Praktikums, Vergütung, Betreuung deiner Arbeit, die Ausstellung eines Praktikumszeugnis, Krankheits- und Urlaubsregelungen oder Kündigungsfristen.
Ein Praktikum kann dir Kompetenzen vermitteln, die du im Studium nicht gelernt hast, kann deinen Berufseinstieg erleichtern, hilft dir Kontakte zu knüpfen oder einen Einblick in ein mögliches Berufsfeld zu geben.
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Hinweis: Dieser Artikel wird von der Studis Online-Redaktion von Zeit zu Zeit leicht überarbeitet, zuletzt am oben angegebenen Datum. Das Original wurde Mitte 2015 veröffentlicht.