Langsam dann dochDie Bachelor kommen
Von Anja Schreiber, Monster.de
"Bis 2010 werden - bis auf wenige Ausnahmen - alle Studiengänge in das zweistufige System von Studienabschlüssen überführt werden. Schon jetzt aber kennen die meisten Arbeitgeber die neuen Bachelor- und Master-Abschlüsse", berichtet Marion Rang, Arbeitsmarktexpertin bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit in Bonn. "Nach meiner Kenntnis erkennen viele Unternehmen inzwischen den Vorteil des Bachelor-Abschlusses: Die Hochschulabsolventen sind viel jünger und oft auch besser auf den Beruf vorbereitet als früher." Denn die Umstrukturierung der Hochschullandschaft sieht nicht nur eine Straffung der Studiendauer vor, sondern integriert auch erstmals jobrelevante Seminare in die Lehre: Präsentationstechniken, Projektmanagement oder Rhetoriktraining zum Beispiel.
Akzeptanz steigt
Auch Yvonne Kohlmann von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) schätzt die Chancen für Bachelor-Absolventen positiv ein: "Insgesamt sind sie in Unternehmen willkommen. Das gilt nicht nur für namhafte Firmen, auch klein- und mittelständische Unternehmen stellen inzwischen gezielt Bachelor-Absolventen ein."
Auch Kathrin Tews von der Industrie- und Handelskammer Berlin bestätigt: "In den Unternehmen steigt die Akzeptanz der neuen Studienabschlüsse. Immer mehr von ihnen sind über die Studienreform informiert." Für Personalverantwortliche in Unternehmen seien nicht allein der Abschluss und eine sehr gute fachlich-methodische Qualifikation entscheidend. "Für sie ist auch besonders wichtig, dass Absolventen über ausgeprägte soziale und persönliche Kompetenzen verfügen, wie zum Beispiel Einsatzbereitschaft, Verantwortungsbewusstsein, Teamfähigkeit, Leistungswillen und die Fähigkeit, selbstständig zu arbeiten." Und diese so genannten Soft Skills bringen die heutigen Studienabsolventen dank der praxisorientierten Ausbildung eher mit als früher.
Wenig Erfahrung mit Bachelor-Absolventen
Doch so positiv die Prognosen aus Sicht von Arbeitsagentur, IHK und BDA auch ausfallen mögen - der Blick auf die freie Wirtschaft zeigt: Noch fehlen die Berührungspunkte zwischen Bachelor-Absolventen und Arbeitgebern. "Wir haben bisher noch keine Erfahrungen mit Bachelor-Absolventen", berichtet Alexander Otto, Referatsleiter Personalbetreuung bei e.on Ruhrgas. "Wir bevorzugen in der Regel Hochschulabsolventen mit dem höherwertigen Master-Abschluss."
Zumal im Unternehmen weniger Generalisten, sondern häufig Spezialisten gebraucht würden. Der Referatsleiter fügt hinzu: "Bei uns haben Bewerber gute Chancen, die bereits zu energierelevanten Themen gearbeitet oder in diesem Bereich einschlägige Praktika gemacht haben." Was zähle, sei eine rote Linie im Lebenslauf, die zum Profil des Unternehmens passe.
Bislang wenige Bewerbungen von Bachelor-Absolventen
Kathrin Finger, eine Sprecherin der Axel Springer AG, berichtet: "Wir haben bisher unterdurchschnittlich wenig Bewerbungen von Bachelor-Absolventen erhalten. Jedoch nehmen bereits sehr viele Bachelor-Studierende an unserem Praktikantenprogramm teil. Wir haben zudem schon eine Reihe von Bachelor- und Master-Arbeiten betreut."
Es ließen sich qualitativ keine Unterschiede zu Studierenden vergleichbarer Semesterzahl in Diplom- und Magisterstudiengängen feststellen. Deswegen behandele die Axel Springer AG auch alle Bewerber gleich. "Grundsätzlich erwarten wir von allen Absolventen ausgeprägte Kommunikations- und Teamfähigkeit, einschlägige Praxiserfahrungen sowie Medienbegeisterung. Die Art des Studienabschlusses spielt keine Rolle", so Kathrin Finger.
Unterschiedliche Einschätzung der neuen Abschlüsse
Die unterschiedliche Einschätzung der neuen Abschlüsse resultiert aus den unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern der befragten Unternehmen. Während ein technikorientiertes Unternehmen wie die e.on Ruhrgas eher auf Absolventen mit wirtschaftlichem, juristischen oder ingenieurwissenschaftlichen Hintergrund setzt, ist das Medienunternehmen Axel Springer AG vom Geisteswissenschaftler bis hin zum BWL’er für Absolventen fast jeder Studienrichtung offen.
Auch Marion Rang von der Bundesagentur für Arbeit weiß, dass die Einstiegschancen für Bachelor-Absolventen je nach der Branche, in der sie später Arbeiten wollen, unterschiedlich hoch sind: "Während in geistes- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen in der Regel gilt: ,Hauptsache Hochschulabschluss‘, gibt es in Fächern wie Medizin, Jura, aber auch in den Ingenieur- und Naturwissenschaften und den dazugehörigen Berufsfeldern gegen den Bachelor-Abschluss Vorbehalte." Gerade in Fächern wie in Chemie werde zurzeit ein Bachelor-Abschluss nicht reichen, um reale Chancen gegen promovierte Chemiker zu haben.
Sich genau informieren
Marion Rang rät Studienbewerbern daher, sich im Vorfeld über die verschiedenen Bachelor-Studienangebote genau zu informieren: "Schauen Sie genau hin, welche Studiengänge welche Inhalte und welchen Umfang bieten. Gehen Sie verschiedenen Fragen nach: Inwieweit bereitet er auf die berufliche Praxis vor? Welche Praktika sind geplant? Gibt es die Möglichkeit eines Auslandsstudiums?" Gerade die Berufsqualifikation und die Internationalität eines Studiengangs seien wichtige Kriterien für die Arbeitsmarktchancen der Absolventen.
Yvonne Kohlmann empfiehlt BA-Studierenden überdies, selbst aktiv zu werden und schon frühzeitig Kontakt mit Unternehmen aufzubauen, um bei ihnen etwa ein Praktikum zu absolvieren oder die Bachelor-Arbeit zu schreiben. "Unternehmen legen auch Wert auf den Erwerb von überfachlichen Qualifikationen wie Teamfähigkeit, Präsentationstechniken und interkulturelle Kompetenzen. Auch der Blick über den Tellerrand ist wichtig. Deshalb sollten BA-Studierende auch Auslandsaufenthalte einplanen." Kristallisiert sich im Verlauf eines Bachelor-Studiums heraus, dass die anvisierte Wunschbranche auf höher qualifizierte Kandidaten setzt, bleibt dem Student wohl nichts anderes als der Biss in den saueren Apfel übrig: Den Master draufzusatteln lautet dann die Devise.
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