Reisetrends auf die Spur kommenBerufseinstieg in den Tourismus
Von Anja Schreiber
Für die 31-jährige Anne-Sophie Krause aus Berlin stand schon früh fest, dass sie im Tourismus-Bereich arbeiten will. Gleich ihr Schülerpraktikum führte sie in die Hotellerie: „Ich bin immer gerne gereist. Allerdings gab es in meiner Region kein Tourismusstudium. Deshalb machte ich einen Bachelor in internationaler BWL.“ Anschließend absolvierte sie noch das Masterstudium „Management und Marketing“ mit dem Schwerpunkt Tourismus.
Praxiserfahrung zählt in der Tourismusbranche
Während ihres Studiums erwarb Anne-Sophie Krause auch praktische Kenntnisse: „Ich machte Praktika in einer Tourismusinformation und einer Eventagentur.“ Außerdem jobbte sie im Buchhandel und im Kino. „Das Arbeiten im Dienstleistungsbereich kann ich jedem empfehlen, der in diese Branche gehen will. Denn dabei lernte ich, mit Menschen umzugehen.“ Diese Kompetenz kommt ihr auch heute zugute, obwohl sie nicht mehr direkt mit Gästen zu tun hat.
Inzwischen ist Anne-Sophie Krause Bereichsleiterin der DTV Service GmbH, einer Tochtergesellschaft des Deutschen Tourismusverbandes. „Ich bin zum Beispiel für die Planung und Durchführung des ‚Deutschen Tourismuspreises‘ zuständig. So begleite ich den ganzen Prozess von der Ausschreibung bis hin zur Organisation der Preisverleihung.“ Ein weiteres Arbeitsgebiet der Betriebswirtschaftlerin ist die Vergabe des Qualitätssiegels für Touristinformationen. „Ich berate und betreue alle, die sich um dieses Gütezeichen bewerben, manage aber auch den Prüfungsprozess.“ Außerdem erstellt sie die Prüfkriterien.
Strategisch arbeiten
„Mein Wunsch war es von Anfang an, im Destinationsmanagement zu arbeiten“, betont Anne-Sophie Krause. Das Destinationsmanagement kümmert sich um den touristischen Erfolg eines bestimmten Ortes oder einer Region. Gerade die strategischen Fragestellungen haben sie gereizt. Heute arbeitet sie in diesem Bereich: es gehört zu ihren Aufgaben, Trends zu erkennen und weiterzuentwickeln. „Daneben bin ich Teamleiterin von fünf Mitarbeitern und habe Budgetverantwortung. Mit dieser Arbeit bin ich sehr zufrieden.“
Die Studienmöglichkeiten sind im Fremdenverkehr vielfältig. Neben einem Studium des Tourismusmanagements bieten sich auch Studiengänge wie „Tourismus- und Eventmanagement“, „Sport-“ oder „Gesundheitstourismus“ sowie „Nachhaltiger Tourismus“ oder „Aviation Management“ an. „AbsolventInnen anderer Studiengänge haben ebenfalls gute Chancen“, betont Sabine Dietzsch, Beraterin für akademische Berufe bei der Arbeitsagentur Berlin Süd. Das gelte nicht nur für BWLerInnen, sondern auch für Geistes- und SprachwissenschaftlerInnen.
Tourismusbranche: Grundsätzlich offen für QuereinsteigerInnen
Die Autorin dieses Artikels
Anja Schreiber arbeitet seit vielen Jahren als freie Fachjournalistin zu den Themen Bildung, Studium und Beruf. Sie schreibt unter anderem für die Berliner Zeitung, Stuttgarter Zeitung und Süddeutsche Zeitung, aber auch für Hochschulmagazine und eine wissenschaftliche Publikation. Sie ist zudem die Autorin mehrerer Ratgeber. So hat sie zum Beispiel „Die Sehnsuchtsstrategie für Studierende und Hochschulabsolventen“ geschrieben. Das Buch hilft, den Berufseinstieg passgenau vorzubereiten.
Weitere Infos unter: anjaschreiber.de
„Grundsätzlich ist die Branche offen für den Quereinstieg, wenn jemand eine hohe Motivation und Leistungsbereitschaft mitbringt“, so Sabine Dietzsch. Das kann zum Beispiel ein Arzt oder eine Lehrerin sein, die nicht mehr in ihrem alten Beruf arbeiten wollen.
Auch Dorothea Busche, frühere Bildungsreferentin beim Deutschen ReiseVerband (DRV), sieht für QuereinsteigerInnen „sehr gute Chancen“. „Gerade bei den großen und mittelständischen Reiseveranstaltern gibt es die vielfältigsten Möglichkeiten. Ob GermanistInnen, BetriebswirtInnen, JuristInnen, HistorikerInnen und IT-IerInnen: Sie alle finden für sie passende Positionen in verschiedenen Unternehmensbereichen.“
Jutta Herbig, frühere Personaldirektorin beim ehemaligen Touristikkonzern Thomas Cook Deutschland, ist in Sachen QuereinsteigerInnen etwas skeptischer: „Tendenziell ist es schwieriger geworden, als QuereinsteigerIn Fuß zu fassen. In einigen Bereichen wie Social Media oder E-Commerce besteht diese Chance aber nach wie vor.“ Das sei zum Beispiel durch einen Job als Aushilfe möglich. „Wer in der Praxis überzeugt, kann sich bei entsprechendem Engagement auch erfolgreich weiterentwickeln.“
Spezialisierung im Masterstudium Tourismus
Mit QuereinsteigerInnen kennt sich auch Prof. Dr. Wolfgang Strasdas von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde aus: „In unserem Masterstudiengang ’Nachhaltiges Tourismusmanagement‘ gibt es viele Studierende, die ihren Bachelor in ganz anderen Bereichen gemacht haben. Darunter sind etwa Sprach-, Kommunikations- und SozialwissenschaftlerInnen.“ Niemand müsse sich also schon im Bachelorstudium auf den Bereich Tourismus spezialisieren. „Schließlich bieten breiter aufgestellte Studiengänge wie BWL oder Umweltwissenschaften auch mehrere Optionen.“ Zudem entsteht – seiner Erfahrung nach – oft erst im Laufe des Studiums der Wunsch, im Fremdenverkehr zu arbeiten.
Duale Studiengänge für Tourismus und Wirtschaftsinformatik sind aufgrund der Praxisanteile eine gute Chance als Nachwuchskraft in den touristischen Bereich und in die IT einzusteigen. Manche Touristikkonzerne ermöglichen HochschulabsolventInnen, im Rahmen eines Praktikums, einer Werkstudententätigkeit oder einer Case Study für eine Abschlussarbeit in das Unternehmen einzusteigen.
Jobangebote von der Airline bis zur Theateragentur
Genau so vielfältig wie die Wege in den Beruf sind die Aufgabengebiete: „BerufseinsteigerInnen arbeiten zum Beispiel bei Reiseveranstaltern im Vertrieb und Marketing, aber auch im Produktmanagement“, berichtet Sabine Dietzsch. Sie sind im Destinationsmanagement sowie im Hotel- und Eventmanagement tätig oder finden bei Konzert- und Theateragenturen eine Beschäftigung. Touristische Startups mit digitalen Angeboten kommen ebenfalls als Arbeitgeber infrage. „In der Regel übernehmen AkademikerInnen eher strategische Aufgaben. Im direkten Kontakt mit den Gästen stehen sie vergleichsweise selten.“
Dorothea Busche sieht die besten Beschäftigungschancen für junge AkademikerInnen bei den großen Reiseveranstaltern. „Wie auch in anderen Branchen zu beobachten, nimmt die Anzahl der Akademiker im Tourismus zu.“ So gebe es auch Einstiegsmöglichkeiten bei Fluggesellschaften, im Hotelbereich, bei Fremdenverkehrsämtern und vielen anderen Akteuren der Branche. „Der Tourismus wird sicherlich immer diversifizierter, das Angebot immer breiter. Von Kreuzfahrt-Unternehmen über Studienreiseanbietern bis hin zu Safari-Spezialisten ist die Bandbreite sehr umfangreich“, betont die ehemalige DRV-Bildungsreferentin.
Trend nachhaltiger Tourismus
„Nachhaltigkeit ist längst kein neuer Trend mehr. Das Thema ist inzwischen im Bewusstsein der Gesellschaft ankommen“, erklärt Wolfgang Strasdas. Deshalb hätten AbsolventInnen des Studiengangs „Nachhaltiger Tourismus“ im Bereich des Destinationsmanagements, aber auch bei Reiseveranstaltern gute Chancen. „Unsere ehemaligen Studierenden gehen aber lieber zu Umweltorganisationen und kleinen Reiseveranstaltern als zu den Großen der Branche.“ Darüber hinaus sind sie als Umwelt- oder Nachhaltigkeitsmanager in unterschiedlichen Unternehmen tätig. „Meist übernehmen sie Querschnittsaufgaben. Denn es geht bei der Nachhaltigkeit nicht nur ums Energiesparen, sondern auch zum Beispiel um den rücksichtsvollen Umgang mit der Kultur und Sprache der Zielregion.“
Als Einstiegsoptionen sind besonders die Trainee-Programme beliebt. „Dabei durchlaufen die Trainees verschiedene Abteilungen und Bereiche des Unternehmens – zum Teil inklusive Auslandsaufenthalt“, erklärt Dorothea Busche. „Sie erhalten so einen Überblick und werden zunächst generalistisch ausgebildet.“ Außerdem besteht die Möglichkeit des Direkteinstiegs auf eine ganz bestimmte Position. „Diese Variante kommt für BewerberInnen infrage, die sich bereits im Studium stark spezialisiert haben.“
Was BerufseinsteigerInnen auf jeden Fall mitbringen sollten, ist soziale Kompetenz: „Sie müssen Teamplayer sein und gut kommunizieren können. Denn zu ihrer Tätigkeit gehört das Netzwerken“, betont Sabine Dietzsch. „Schließlich arbeiten sie oft an den Schnittstellen zu anderen Dienstleistern und Organisationen.“
Fremdsprachenkenntnisse und Flexibilität gesucht
In der Regel haben die HochschulabsolventInnen schon Erfahrungen in der Branche gesammelt und zum Beispiel als Animateure oder Reiseleiter gejobbt. Sabine Dietzsch empfiehlt diese Praxiserfahrung: „So erfährt man, wie touristische Unternehmen ticken. Auch weitere Dienstleistungsjobs - wie zum Beispiel als Kellner - sind hilfreich.“ Außerdem sollten BewerberInnen Fremdsprachenkenntnisse und Flexibilität mitbringen ... aber auch ein Gespür für Trends und aktuelle Entwicklungen, wie etwa für den aktuellen Trend zum Gesundheitstourismus.
Die Beraterin für akademische Berufe weiß, dass im Tourismus auch BWL-Wissen gebraucht wird. „QuereinsteigerInnen sollten deshalb BWL-affin sein und sich für die wirtschaftliche Seite der Branche interessieren.“
Gute Berufsaussichten
Die DRV-Vertreterin Dorothea Busche sah Ende 2017 für HochschulabsolventInnen „gute bis sehr gute Zukunftsaussichten“*: „Bei den Ausgaben für Auslandsreisen sind die Deutschen seit Jahren Weltmeister. Es gibt keinerlei Anzeichen, dass sich das ändern wird.“ Zudem liege der Beschäftigungsanteil der Tourismuswirtschaft mit 2,9 Millionen Arbeitsplätzen deutlich über dem des Maschinenbaus oder der Autoherstellung.
Wolfgang Strasdas sah ebenfalls gute Chancen: „Das Wachstum der Branche liegt weltweit bei vier Prozent. Allerdings ist der Wettbewerb im Tourismus hart. Deshalb ist es eine große Herausforderung, am Puls der Zeit zu bleiben.“
Wie gehts der Tourismus-Branche? Anmerkung der Studis Online-Redaktion
Die 2020er sind mit Corona, Kriegen, Energie-Krise und einer hohen Inflation eine Herausforderung für die Wirtschaft. Natürlich betrifft dies auch den Tourismus, was sich an der Anzahl angeschlagener Touristik-Konzerne zeigt. Die Öko-Debatte rund um Flugreisen, Kreuzfahrten und Massentourismus in Waldbrand-Gebieten am Mittelmeer nimmt Fahrt auf.
Wer 2024 anfängt Tourismus zu studieren ... ist frühestens 2027 mit dem Bachelor fertig. Da wir keinen Blick in die Kristallkugel werfen können, wissen wir nicht, wo die Reise hingeht für die Branche. Einige interessante Fragen wirft das Zukunftsinstitut in einem Artikel auf.
Wer auf Nummer sicher gehen möchte: Tourismus-Unternehmen nehmen nicht nur stark spezialisierte Absolvent*innen auf sondern auch aus der klassischen Betriebswirtschaft, anderen Fächern aus den Wirtschafts- oder Sozialwissenschaften oder auch der Geographie sowie den Sprachwissenschaften. Vielleicht ist für manche ein generalistisches Studium mit breiter Ausbildung in dieser Zeit die bessere Wahl – insbesondere für's Gefühl.
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Im Netz
- Branchenspezifische Infos rund um Ausbildung und Studium sowie Tätigkeitsbeschreibungen
https://tourismus-azubi.drv.de - Informationen des Deutschen ReiseVerbandes über fachliche Bildung und Weiterbildung
https://www.drv.de/themen/bildung.html - Der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft informiert über Karrierechancen im Tourismus
https://www.btw.de/karriere-im-tourismus.html - FAIR Unterwegs – Reiseportal für fairen Tourismus
https://www.fairunterwegs.org
*Anmerkung der Redaktion:
Dieser Artikel wurde im Januar 2018 erstmals veröffentlicht – die gesammelten Zitate stammen von Ende 2017. Die Änderungen, die sich später ergeben haben, wurden von der Redaktion eingepflegt, zuletzt am oben angegeben Datum.