Abgehängt mit BachelorBezahlung von Hochschulabsolventen
Wie groß die Bezahlung ist, hängt von vielen Faktoren ab. Einer ist, welchen höchsten Berufsabschluss man hat. Mit einem Master geht – im Schnitt und nicht wirklich überraschend – mehr als mit dem Bachelor.
Was war das für ein schönes Versprechen, als Anfang der 2000er Jahre Bologna über Deutschlands Hochschullandschaft kam. Die Umstellung auf die zweistufige Studienstruktur nach angelsächsischem Vorbild verhieß nur das Allerfeinste: Die Studierenden würden mobiler, bestens auf die Berufswelt vorbereitet, auf dem Arbeitsmarkt gefragt sein und dazu richtig gutes Geld verdienen. Gerade denen, die unkten, das auf sechs Semester eingedampfte Bachelor-Studium könnte karrieretechnisch zum Nachteil gereichen, bekamen von Politik, Wirtschaft und Medien Bescheid gestoßen: Keine Sorge – alles wird gut!
Wenig besser, vieles schlechter
Nach 18 Jahren „europäischem Hochschulraum“ ist wenig besser und vieles schlechter als zuvor. Ja, es ist im inzwischen etwas einfacher, einen Abstecher in die Fremde einzulegen als noch in der Bologna-Frühphase, wobei das Grundproblem bleibt: Wie presst man ein Auslandssemester in ein Studium, das auf drei oder höchsten vier Jahre angelegt ist? Und ja, die Studienbedingungen mögen sich mit der Entzerrung der Lehrpläne infolge der Proteste der Bildungsstreik-Bewegung 2008/09 leicht verbessert haben, weil auch die Verantwortlichen irgendwann einsehen mussten, dass zu viel Workload zu „Unstudierbarkeit“ führt.
Aber: Besagte „Besserungen“ sind keine im Vergleich zu den Prä-Bologna-Zeiten sondern lediglich Reparaturmaßnahmen, die eine handwerklich verkorkste und für Studierende und Absolventen insgesamt nachteilige Reform ein Stück weit erträglicher machen. Dabei betrifft einer der westlichen und von den Machern so gewollten Nachteile die Bezahlung. Den neuesten Beleg dafür lieferte jetzt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. Nach einer in der Vorwoche veröffentlichten Studie verdienen Bachelor-Absolventen auf längere Sicht „deutlich weniger“ Geld als Uniabgänger mit Diplom- oder Master-Abschluss. Während die jeweiligen Einstiegsgehälter noch recht nah beieinander liegen, werden die Unterschiede mit jedem Berufsjahr größer.
500 Euro Gehaltskluft
Das der Bundesagentur für Arbeit (BA) unterstellte IAB hat die Bruttogehälter von Akademikern im Alter von 25 bis 34 Jahren anhand der Kriterien Studienabschluss, Berufsbild und Anforderungsprofil untersucht. Demnach verdienen 25jährige Beschäftigte mit Master- oder Diplom-Abschluss im Schnitt rund 2.900 Euro brutto im Monat, während solche mit Bachelor es mit 25 Jahren auf 2.750 Euro bringen. Nach zehn Jahren beträgt die Kluft dann bereits 500 Euro (3.880 Euro/4.380 Euro). In der Gesamtsicht bescheren die höheren Abschlüsse in den ersten zehn Berufsjahren einen Einkommensvorteil von im Mittel über 600 Euro pro Monat (3.235 Euro/3.858 Euro). Dagegen sind Beschäftigte mit Bachelor nur knapp besser gestellt als diejenigen mit Fortbildungsabschlüssen wie einem Meister oder Techniker (3.219 Euro). Allerdings bauen auch sie ihren Vorsprung in den meisten Berufsfelder über die Jahre aus, ebenso auf Menschen mit klassischer Berufsausbildung (2.471 Euro im Zehnjahresmittel).
Abschluss | Verdienst |
---|---|
Master, Diplom o.ä. | 3.858 € |
Bachelor | 3.235 € |
Beruflicher Fortbildungsabschluss | 3.219 € |
Berufsausbildung | 2.471 € |
Quelle: Abbildung 1 im IAB-Kurzbericht 13/2017
Der Bachelor war der Wunschkandidat vor allem der deutschen Industrie. Seine Ausbildung sollte möglichst passgenau auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes ausgerichtet werden. Dazu passend ist „employability“ (Beschäftigungsfähigkeit) eines der Kernziele des Bologna-Prozesses und „mehr Praxisnähe“ der Schlüssel dazu. Für einen „Praktiker mit Hochschulabschluss“ führt die Karriereleiter natürlich nicht ganz so weit nach oben wie einen „Vollakademiker“. Während laut IAB-Forschern mehr als die Hälfte der Master- oder Diplom-Abgänger eine Tätigkeit auf dem „höchsten Anforderungsniveau“ (Experten) ausüben, ist dies bei nur gut einem Drittel der Bachelor-Absolventen der Fall.
Zweiklassengesellschaft
Bei allen Kategorien, also „Experten“, „Spezialisten“ und „Fachkräften“, haben Personen mit Diplom bei der Vergütung die Nase vorn und der Abstand wird mit steigendem Alter immer größer. Beispielsweise erhalten „Fachkräfte“ mit Master/Diplom mit 34 Jahren im Schnitt 3.800 Euro brutto, solche mit Bachelor rund 3.300 Euro. Damit liegen diese nahezu gleichauf mit Beschäftigten mit beruflichem Fortbildungsabschluss. Gemäß der Auswertung verdienen letztere in jüngeren Jahren (25 bis 28 Jahre) sogar zum Teil sehr viel besser als ihre Kollegen mit Bachelor, in den Fertigungsberufen um bis zu 400 Euro mehr. Im Alter zwischen 31 und 34 beträgt der Nachteil in diesen Berufssegmenten dann „nur“ noch 100 Euro.
Die IAB-Wissenschaftler geben ihren Erkenntnissen eine positive Wendung: „Damit bestätigen unsere Analysen den bekannten Befund, wonach sich Bildung lohnt – und zwar mit dem Alter tendenziell zunehmend.“ Eine andere Lesart geht so: Während Absolventen noch vor 20 Jahren relativ gleichwertige Abschlüsse in punkto Qualität und späterer Vergütung aufbieten konnten, herrscht an deutschen Hochschulen heute eine akademische Zweiklassengesellschaft. Wer sie mit einem Bachelor verlässt, landet in der Regel in Jobs mit geringerem Anforderungsprofil, ungünstigeren Aufstiegschancen und schlechterer Bezahlung als Bewerber mit Diplom oder Master. Es besteht freilich die Möglichkeit, nach zwischenzeitlicher Arbeitstätigkeit (und Orientierung im Berufsleben) später einen (spezialisierten) Master anzuhängen. Das allerdings bedeutet dann wieder Einschnitte: Wer bereits ein normales Gehalt gewohnt war, für den erscheint das BAföG noch unzureichender als es auch für junge Studierende ist. Und dass Firmen die Weiterqualifikation unterstützen, ist sicher deutlich ausbaufähig.
K.O.-Kriterium
Mit dem Bachelor ist quasi ein komplett neuer Berufsstatus erschaffen worden, verortet zwischen hochqualifizierten Akademikern (Master/Diplom) und gehobenen Facharbeitern. Mit ihm sind viele Karrierewege schlicht nicht gangbar. Wer etwa in der öffentlichen Verwaltung eine Laufbahn im höheren Dienst anstrebt, ist mit Bachelor nicht gefragt. Mit einem Lehramts-Bachelor kann man nicht Lehrer werden, mit einem Bachelor in Psychologie nicht als Psychologe praktizieren. Für viele Berufswünsche ist der Bachelor ein K.O.-Kriterium auf dem Arbeitsmarkt. Kein Wunder, dass in bestimmten Bereichen kaum jemand nach dem Bachelor abgeht. Der bis auf sehr wenige Ausnahmen bestehende Zwang, aus allen „alten“ Abschlüssen, Bachelor und Master machen zu müssen, muss aus heutiger Sicht wohl als Fehler bezeichnet werden.
Sowieso wurde der Wunsch der Wirtschaft nach passgenauen und kostengünstigen Kandidaten bislang nur mit Abstrichen erfüllt. Seitens der Industrie gab es wiederholt Klagen, dass es den durchs Studium gehetzten Bewerbern an fachlichen Fertigkeiten und intellektueller Reife fehlt. Stärker noch sind die Vorbehalte unter den Studierenden selbst. Eigentlich war der Bachelor als vollwertiger berufsqualifizierender Regelabschluss gedacht, während ein Master nur wenigen als Sprungbrett zur wissenschaftlichen Karriere vorbehalten sein sollte. Tatsächlich kam es ganz anders. Heute schließen weit über zwei Drittel der Absolventen ein Master-Studium an. (rw)