Interview / BuchrezensionOrientierung im Dschungel der Berufsangebote
Gunda Achterhold: Wer macht was und was mache ich?
Campus Verlag
ISBN 978-3-593-39574-6
Das Buch stellt auf knapp 180 Seiten insgesamt 64 Jobs mittels kurzer Erzählungen von Berufseinsteigern vor. Eingeführt wird jeder Job mit einigen Stichworten zu dem Weg des Interviewten zu diesem Job und den nötigen Eigenschaften und Fähigkeiten, die für den jeweiligen Beruf vorteilhaft sind. Alle von ihnen haben studiert. Die vorgestellten Jobs sind in acht Berufsfelder gruppiert, zu denen es jeweils eine kurze Einleitung und ein paar Linktipps gibt.
Trotz 64 Jobs ist nicht unbedingt für jedeN etwas dabei und die Darstellung natürlich auch durch die jeweils Interviewten gefärbt. Das Buch geht bei den einzelnen Jobs nicht sonderlich in die Tiefe. Es stehen zwei Seiten pro Beruf zur Verfügung, die angenehm gestaltet sind, aber dadurch nur begrenzt Informationen aufnehmen konnten. Insgesamt können wir das Buch als ersten Einstieg trotzdem empfehlen, auch wenn wir etwas mehr Inhalt erwartet hatten.
Nach einer ersten Lektüre haben wir der Autorin Gunda Achterhold einige Fragen zu ihrem Buch gestellt. Die Antworten wollen wir Euch nicht vorenthalten, da sie ganz gut zusammenfassen, was das Buch leisten soll.
Studis Online: Welche Kriterien haben Sie bei der Zusammenstellung der Berufsfelder und Interviews geleitet?
Gunda Achterhold: Ich habe nach Beispielen gesucht, die dazu anregen, nach rechts und links zu schauen. Etwas mit Medien machen wollen viele – aber Öffentlichkeitsarbeit für eine Stiftung? Darauf kommt man erst mal nicht. Manche Jobs und Arbeitgeber sind interessanter als man denkt! Wer sich für einen Beruf entscheidet, weiß oft gar nicht, was dahinter steckt. Einkauf, Vertrieb, Marketing oder Personalentwicklung – diese Bereiche finden sich in jedem Unternehmen. Aber was macht man da eigentlich? Auch unter besonders beliebten Berufen wie Spieletester, Eventmanager oder Lektorin können sich die wenigsten etwas vorstellen. In dem Buch lasse ich Berufseinsteiger aus ihrer eigenen Erfahrung erzählen. Sie beschreiben ihre Aufgaben, ihren Arbeitsalltag und wie sie dorthin gekommen sind. Ihre Berichte vermitteln ein anschauliches Bild von bestimmten Berufen, aber eben auch von Wegen in den Job. Und die sind sehr vielfältig.
Das Profil auf Seite 42/43 (Sylvia Dankesreiter; sie arbeitet sowohl als Elektroingenieurin als auch als Pianistin) ist ungewöhnlich. Was hat sie bewogen es aufzunehmen?
Wer hört, wie leidenschaftlich Sylvia Dankesreiter von vernetzten Kühlschränken und den ganzen tollen Entwicklungen in der Elektrotechnik erzählt, spürt, dass sie nicht nur als Pianistin, sondern auch als Ingenieurin mit Leib und Seele dabei ist. Sie hat es tatsächlich geschafft, zwei so unterschiedliche Tätigkeiten unter einen Hut zu bringen, auch wenn das nicht immer einfach war. Genau das finde ich spannend an ihrem Beispiel: Es ermutigt dazu, sich nicht beirren zu lassen und dem zu folgen, wofür man brennt.
Bei dem Profil auf Seite 48/49 (Stephanie Straub; strategische Einkäuferin) erschien es mir fast etwas widersprüchlich, das jemand, der einmal in die Entwicklungszusammenarbeit gehen wollte, nun offenbar (auch) Sicherheitstechnik bspw. in die arabischen Länder verkauft. Da habe ich eher negative Assoziationen (Überwachung/Unterdrückung der Bevölkerung etc.) und habe mich gefragt, ob der Interviewten dieser mögliche Widerspruch nicht aufgefallen ist ... Wie sehen Sie das?
So ist das Leben, das zeigt sich ja auch an anderen Beispielen. Man hat gewisse Vorstellungen, wo es hingehen könnte, dann kommt ein Praktikum oder ein Nebenjob, es bieten sich Gelegenheiten und man nimmt einen anderen Weg. Wussten Sie, wie eine strategische Einkäuferin arbeitet? Ich nicht. Stephanie Straub beschreibt die Gesetze des Marktes sehr genau. Und die gelten für jedes Unternehmen, vom Automobilhersteller bis zum Elektrokonzern.
Als Betreiber einer großen Webseite (und vor allem eines dazugehörigen Diskussionsforums) sind wir selbst immer wieder Ziel von "Social Media Managern" (Profil Seite 84/85), allerdings eher in negativer Weise, nämlich durch offensichtlich rein zu Werbezwecken lancierten Beiträgen im Forum. Insofern stoßen mir ein paar Aussagen im genannten Profil ziemlich auf ("... prüfen wir, wie sich das Bild erschaffen lässt, das wir wollen. ... um die Community zu aktivieren oder für Mundpropaganda zu sorgen."). Ein solches "Interesse an Menschen" erscheint mir eher merkwüdig – wie sehen sie das? (Gut, wer wie ich hier besonders kritisch ist, dürfte durch das Profil auch ausreichend von diesem Job abgeschreckt sein und wer damit keinerlei Probleme hat ...)
Marketing ist Werbung. Dem einen liegt das, dem anderen nicht. Bevor ich mich für oder gegen einen Beruf oder eine Branche entscheiden kann, brauche ich jedoch erst einmal Informationen. Das Spektrum an Möglichkeiten ist groß und wird immer größer. In allen Branchen verändert sich viel. Die Texte im Buch beschreiben Trends und bieten Orientierung: Wie arbeiten Social Media Manager, welche Berufe entstehen im eBusiness und was heißt das für Jobeinsteiger? Ich bewerte Tätigkeiten nicht. Die Auswahl trifft jeder Leser für sich.
Die Linklisten am Ende jeder Einführung scheinen mir manchmal etwas kurz und unvollständig und vor allem auf die hochoffiziellen Organisationen der jeweiligen Berufe/Berufsgruppen beschränkt. Warum haben Sie hier nicht auch ein paar "alternativere" Quellen angegeben, die sich auch etwas kritischer mit dem jeweiligen Beruf auseinandersetzt? (Bei Ärzten z.B. http://www.mezis.de – das nur als zufälliges Beispiel ...).
Die Links sind ein erster Ansatzpunkt für eine weiter gehende Recherche. Unterschätzen Sie die Berufsverbände nicht. Hinweise auf aktuelle Veranstaltungen oder auch Mentoring-Programme können für Studierende und Absolventen sehr hilfreich sein. Ich kann nur dazu raten, sich frühzeitig unters Volk zu mischen. Auf Fachveranstaltungen lassen sich interessante Kontakte knüpfen und Gespräche führen, die bei der Berufswahl weiterhelfen.