Gut vorbereitet und authentischGehaltsverhandlungen im Vorstellungsgespräch
Von Anja Schreiber
1. Kurz + knapp
Du solltest als Erstes die üblichen Branchengehälter recherchieren. Mache dich auch über das Unternehmen und die Region schlau. Reflektiere auch die angestrebte Stelle (Aufgaben, Verantwortung) und deine Qualifikation. Frage im privaten Umfeld und/oder in Foren nach Tipps zu Gehaltsverhandlungen. Berechne deinen finanziellen Bedarf. Überlege darauf basierend (Gegen-)Argumente für die Verhandlung.
Führe dir deine Fähigkeiten & Qualitäten vor Augen. Das sind schließlich deine Argumente, warum du dein Geld wert bist. Beschäftige dich aber auch mit möglichen Argumenten deines künftigen Arbeitgebers, die sich gehaltsmindernd auswirken könnten. Überlege im nächsten Schritt, ob und – wenn ja – wie du die einzelnen Einwände entkräften kannst. Ziehe auch in Betracht, Alternativen zu einem höheren Gehalt zu fordern.
Bei allem Selbstbewusstsein in deinem Auftreten: Behandel in einer Gehaltsverhandlung dein Gegenüber freundlich und respektvoll. Und sei authentisch. Idealerweise denkst du dich in dein Gegenüber hinein und versuchst, ihn/sie zu verstehen. Dann bist du in der Lage, passgenaue Argumente zu finden.
2. Gehaltsverhandlung gut vorbereiten
Grundsätzlich gilt: Wer bei der Gehaltsverhandlung erfolgreich sein will, sollte gut vorbereitet ins Gespräch gehen. Und diese Vorbereitung beginnt mit einer gründlichen Recherche. Du solltest als Erstes die üblichen Branchengehälter recherchieren.
Allerdings hängt das tatsächliche Gehalt noch von anderen Faktoren ab. So zahlen kleine und mittelständische Firmen oft weniger als Großunternehmen. InformatikerInnen, die bei einem Startup anheuern wollen, sollte deswegen zum Beispiel klar sein, dass sie dort nicht das gleiche Einkommen einstreichen können wie bei einem DAX-Konzern.
Außerdem gibt es Regionen in Deutschland, in denen die Gehälter deutlich höher ausfallen als anderswo. Mache dich also über das Unternehmen und die Region schlau, bevor du in die Verhandlung gehst. Denn nur so kannst du verhindern, dass du zu hohe oder zu niedrige Gehaltswünsche formulierst! Vielleicht kommt es aber auch zu keiner Gehaltsverhandlung, weil dein Arbeitgeber nach Tarif bezahlt.
Recherche ist die beste Vorbereitung
Bei der Ermittlung eines angemessenen Einkommens solltest du dir im Laufe deiner Recherche folgende Fragen beantworten:
In welcher Branche und Region ist das Unternehmen angesiedelt?
Wie hoch sind dort die Gehälter?
Gibt es einen Tarifvertrag?
Wie groß ist der Arbeitgeber? Handelt sich um einen Konzern, um ein Startup, ein kleines oder um ein mittelständisches Unternehmen?
Wie steht der künftige Arbeitgeber wirtschaftlich da?
Wie sind die Zukunftsaussichten?
Genauso wichtig ist es aber auch, sich über seine eigenen Aufgaben beim künftigen Arbeitgeber klar zu werden. Frage dich deshalb ebenfalls:
Welche Aufgaben werde ich bei diesem Arbeitgeber übernehmen?
Wie groß ist meine Verantwortung?
Wie stark ist meine Qualifikation nachgefragt?
Wie werden diese Aufgaben in der Regel vergütet?
Recherche online und offline
Die erste Adresse für deine Recherche ist natürlich das Internet. Doch lass es dabei nicht bewenden. Vielleicht kennst du durchs Netzwerken bereits Leute, die in deiner Branche, in deinem Beruf oder sogar in deiner künftigen Firma arbeiten. Dann spreche mit ihnen über das Thema Gehaltsverhandlung.
So kannst du herausfinden, welche Erfahrungen sie gemacht haben. Eventuell geben sie dir Tipps oder offenbaren sogar, was sie verdienen. Selbst wenn das nicht der Fall ist, werden dich solche Gespräche weiterbringen.
Das eigene Netzwerk befragen
Die Autorin dieses Artikels
Anja Schreiber arbeitet seit vielen Jahren als freie Fachjournalistin zu den Themen Bildung, Studium und Beruf. Sie schreibt unter anderem für die Berliner Zeitung, Stuttgarter Zeitung und Süddeutsche Zeitung, aber auch für Hochschulmagazine und eine wissenschaftliche Publikation. Sie ist zudem die Autorin mehrerer Ratgeber. So hat sie zum Beispiel „Die Sehnsuchtsstrategie für Studierende und Hochschulabsolventen“ geschrieben. Das Buch hilft, den Berufseinstieg passgenau vorzubereiten.
Weitere Infos unter: anjaschreiber.de
Befrage nicht nur deine guten Kumpels und FreundInnen, sondern nutze auch Stammtische, Social Media oder (Online-)Business-Netzwerke als Informationsquelle. Ziehe gerade bei der Recherche die verschiedensten Möglichkeiten in Betracht. Vielleicht ist ein Verwandter von dir als Personaler beschäftigt und kann dir einen realistischen Einblick geben.
Im Vorfeld einer Gehaltsverhandlung solltest du dir auch darüber Gedanken machen, was du an Einkommen brauchst. Wenn du deinen Job in einer teuren Metropole wie München findest, musst du viel mehr Geld für die Miete aufwenden als anderswo. Das lässt ein vermeintlich ordentliches Einkommen schnell dahinschmelzen.
Den eigenen Bedarf berechnen
Es ist üblich, über das Brutto-Jahresgehalt zu verhandeln. Die Summe ist also höher als das, was am Ende auf dem Kontoauszug steht. Gerade als BerufseinsteigerIn solltest du dich deshalb mit dem Thema Steuern und Versicherungsbeiträge beschäftigen. Rechne die Summe einfach mal mit unserem Lohn- und Gehaltsrechner durch.
So erkennst du, was am Ende übrig bleibt. Von diesem Nettobetrag musst du dann ausgehen, wenn es darum geht, deine Lebenshaltungskosten (wie etwa Miete, Strom, Gas, Internet- und Handykosten, Lebensmittel, Autokosten oder Nahverkehrsticket, Hobbys, Reisen, Versicherungen und Altersvorsorge) zu errechnen. Diesen Betrag solltest du auf jeden Fall im Kopf haben, wenn du deinen Gehaltswunsch ermittelst.
Nachdem du diese Rechnung aufgemacht hast, ist es dann an der Zeit, deine Wunsch-Gehaltspanne festzulegen, die du dann bei Verhandlungen nennst. Vermeide es dagegen, eine konkrete Summe anzugeben!
3. Argumente formulieren
Du solltest dich auch mental auf die Verhandlung vorbereiten. Führe dir noch einmal deine Fähigkeiten und Qualitäten vor Augen. Denn das sind schließlich deine Argumente, warum du dein Geld wert bist.
Beschäftige dich aber im Vorfeld auch mit möglichen Argumenten deines künftigen Arbeitgebers, die sich gehaltsmindernd auswirken könnten. Vielleicht ist zum Beispiel deine geringe Praxiserfahrung ein solcher Einwand. Überlege im nächsten Schritt, ob und – wenn ja – wie du die einzelnen Einwände entkräften kannst.
Hilfreich ist es, sowohl deine Argumente als auch eventuelle Gegenargumente aufzuschreiben und sie kurz vor dem Termin noch einmal durchzulesen.
Alternativen zum Gehalt erwägen
Neben dem eigentlichen Gehalt haben Unternehmen die unterschiedlichsten Möglichkeiten, ihren Mitarbeiterinnen ihre Wertschätzung und Anerkennung zu zeigen. Wenn der Arbeitgeber sich in puncto Gehalt nicht bewegt, ist es also dennoch möglich, dass du „mehr“ herausschlägst. Überlege dir am Besten schon während der Vorbereitung, was das sein könnte.
Hier sind ein paar Beispiele für Alternativen zu mehr Gehalt:
ein Jobticket für Bus und Bahn, eine Bahncard (auch für den privaten Gebrauch) oder einen Fahrtkostenzuschuss,
Kinderbetreuungskosten,
zusätzlicher Urlaub oder verkürzte Arbeitszeiten
Fortbildungen
Am besten werde selbst kreativ. Frage in deinem Freundes- und Bekanntenkreis nach. Vielleicht erzählt dir einE FreundIn, dass ihm/ihr der Arbeitgeber ein Dienst-E-Bike zur Verfügung stellt.
Sei dir aber auch klar, dass einige Leistungen einen geldwerten Vorteil darstellen. Werden bestimmte Freigrenzen überschritten, musst du diesen vollständig versteuern.
4. Verhandlungsstrategie
Die Angst vor dem Scheitern überwinden
Trotz optimaler Vorbereitung kann es passieren, dass dich die Angst vor dem Scheitern überkommt. Denn es bleibt fraglich, ob deine Argumente fruchten und deine Einkommensvorstellungen auf keine Gegenliebe stoßen. Setz dich nicht zu sehr unter Druck, perfekt zu verhandeln!
Das Wichtigste ist, dass du authentisch bist und dass deine Argumente zu dir passen. Wenn du nicht so selbstsicher auftreten kannst, wie dir das manche Tipps im Internet empfehlen, dann steh zu deiner Unsicherheit. Du verhandelst wahrscheinlich das erste Mal in deinem Leben um Gehalt und das weiß auch dein Gegenüber!
Sozialkompetenz zeigen
Wer die Regeln menschlicher Kommunikation beherrscht, muss sich eigentlich nicht allzu große Sorgen machen. Behandel dein Gegenüber freundlich und respektvoll und du machst auch einen positiven Eindruck.
Du solltest übrigens nicht nur gut reden, sondern auch gut zuhören können. Idealerweise denkst du dich in die Schuhe deines Gegenübers hinein und versuchst, ihn zu verstehen. Das hat einen entscheidenden Vorteil: Du bist in der Lage, passgenaue Argumente zu finden.
Authentisch sein
Natürlich solltest du auch nicht belehrend und besserwisserisch wirken. Du bist schließlich BerufseinsteigerIn. Am besten versuchst du es mit einer gesunden Mischung aus Selbstbewusstsein und realistischer Selbsteinschätzung. Überschätze also nicht deinen Marktwert, unterschätze ihn aber auch nicht!
Ob eine gespielte selbstsichere Körpersprache tatsächlich die Firmenvertreter überzeugt, ist dagegen fraglich. Denn vorgetäuschtes Selbstbewusstsein verrät eine besonders große Unsicherheit. Die meisten Menschen haben dafür eine feine Nase. Versuche es also lieber gar nicht erst mit der Schauspielerei!
Lösungen finden
Wenn das angebotene Gehalt nicht deinen Vorstellungen entspricht, solltest du natürlich auch sozial kompetent reagieren. Idealerweise suchst du nach Lösungen, die beiden Seiten entgegenkommt. Mache Alternativvorschläge! Vielleicht ist nach erfolgreicher Probezeit ein Einkommenssprung möglich.
Weiteres
Zum Weiterlesen auf Studis Online:
Mögliche Fragen im Vorstellungsgespräch – und gute Antworten
Um ein Vorstellungsgespräch erfolgreich überstehen zu können, solltest du dich auf mögliche Fragen vorbereiten – nicht nur nach deiner Wunschhöhe fürs Gehalt. Im folgenden einige Tipps dazu, welche Fragen aufkommen könnten – und wie du auf sie reagieren kannst. weiter
Recherche nach Löhnen und Gehältern
lohnspiegel.de (von der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung)
gehalt.de (gehört zur StepStone-Gruppe)
Buchtipp
Buchtipps sind redaktionell ausgewählt. Wir erhalten eine kleine Provision, wenn über den Link auf Amazon eingekauft wird.