Wahlprüfsteine HochschuleWahlen zum Landtag Thüringen: Was die CDU will
Mit dem Hochschulpakt 2020 setzen sich Bund und Länder dafür ein, die Zahl der Studienanfänger in den kommenden Jahren zu erhöhen. Angesichts des demografischen Wandels stehen gerade die neuen Länder vor besonderen Herausforderungen. Deshalb erhalten sie eine Pauschale von 15% der vom Bund zur Verfügung stehenden Mittel. Dafür hat sich Thüringen verpflichtet, die Zahl der Studienanfänger auf der Basis des Jahres 2005 sicherzustellen. Und wir sind in Thüringen auf einem guten Weg. Die Zahl der Studienanfänger ist in den vergangenen Jahren konstant gestiegen (von 8.549 im Wintersemester 2006/2007 auf 9.729 im Wintersemester 2008/2009).
Transparente Zulassungsverfahren an den Hochschulen sind unserer Ansicht nach ebenso eine Grundvoraussetzung, junge Leute für ein Studium zu begeistern, wie attraktive Studienbedingungen. Die Vergabeverfahren für Studiengänge mit Zulassungsbeschränkungen sind differenziert organisiert. Autonomie und Wettbewerb tragen zur Profilbildung der Hochschulen bei und sind damit ein Eckpfeiler für Qualität. In diesem Sinne ist es zu begrüßen, dass Hochschulen Studienplätze auch außerhalb zentraler Vergabeverfahren direkt vergeben können.
Die Bewerbungen für diese Studiengänge sind direkt an die Hochschulen zu richten. Andererseits gibt es Studiengänge im zentralen Vergabeverfahren. Die Bewerbung für Studienplätze, die sich in bundesweiten Verteilungs- und Auswahlverfahren befinden, hat form- und fristgerecht bei der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) in Dortmund zu erfolgen.
Die ZVS gibt hierzu jeweils drei Monate vor Ende der Bewerbungsfristen (15. Januar für das Sommersemester und 15. Juli für das Wintersemester) ein "ZVS-Info" heraus, in dem neben umfassenden Informationen zum Zulassungsverfahren auch die notwendigen Formulare enthalten sind. Diese Broschüren werden an Schulen, Arbeitsämtern und Hochschulen ausgegeben. In Thüringen werden derzeit die Studienplätze für die Studiengänge Medizin, Pharmazie und Zahnmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena nach den Regelungen des Auswahlverfahrens der ZVS und der Hochschule vergeben.
Eine "studierendenfreundliche" Ausgestaltung muss bei der Weiterentwicklung der differenzierten Vergabeverfahren stets oberste Priorität sein. Wir lassen uns dabei von den Prämissen Übersichtlichkeit, Transparenz und Zuverlässigkeit leiten. Ziel ist es, dass Dezentralität und Service ineinander greifen. Bund, Länder und Hochschulen haben sich im Frühjahr auf einen Fahrplan geeinigt, mit dem die Neuordnung der Zulassungsverfahren hin zu einem dialogorientierten Serviceverfahren schnellstmöglich umgesetzt werden kann. Damit dieses Vorhaben gelingt, ist es wichtig, dass möglichst alle Hochschulen sich beteiligen. Zentrales Element eines übersichtlichen und einfach handhabbaren Vergabesystems ist unserer Ansicht nach die Internetplattform, auf der noch unbesetzte Studienplätze schnell gefunden werden können.
2. Die gesicherte Studienfinanzierung ist ein entscheidender Punkt, um Menschen aus allen sozialen und gesellschaftlichen Schichten ein Studium zu ermöglichen. In Deutschland spielen hierfür Unterhaltsrecht und BaföG zusammen, nicht immer optimal. Welche Vorstellungen haben Sie in diesen Bereichen für eine Weiterentwicklung?
Ein Studienfinanzierungssystem muss dem Anspruch gerecht werden, dass es flexibel an die jeweilige Lebenssituation der Studenten anknüpft. In Deutschland stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung, die jeweils auf die unterschiedlichen Bedarfe zugeschnitten sind. Die Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (das "BAföG") wird in Abhängigkeit vom Einkommen der Eltern gewährt. 2008 trat eine BAföG-Novelle in Kraft, mit der die Bedarfssätze um 10 Prozent erhöht wurden. Darüber hinaus wurden auch die Freibeträge der Studenten, ihrer Ehepartner und Eltern erhöht, so dass sich der Empfängerkreis erweitert hat.
Der Bildungskredit richtet sich gezielt an Studenten in der Abschlussphase. Hier spielt das Elterneinkommen oder deren Vermögen keinerlei Rolle. Bis zu 7.200 Euro in 24 Monatsraten können hier beantragt werden. Die Rückzahlung beginnt erst vier Jahre nach der ersten Auszahlung, selbstverständlich kann der Bildungskredit auch vorzeitig zurückgezahlt werden. Daneben steht allen Studenten – auch ergänzend zu BAföG und Bildungskredit – der KfW-Studienkredit offen. Er wird unabhängig vom Einkommen und Vermögen der Eltern gewährt. Ergänzend zu den staatlichen Angeboten sind die Stipendienprogramme von Stiftungen und Wirtschaft zu nennen.
Mit einem thüringischen "Landesausbildungsförderungsgesetz" (LAföG) wollen wir in der kommenden Legislaturperiode darüber hinaus die Attraktivität des Studienstandorts Thüringen steigern. Im LAföG wollen wir vorhandene und neue Studienfördersysteme bündeln, die einen Anreiz bieten, hier sein Studium aufzunehmen und nach Studienabschluss auch zu bleiben. Begabten Studenten soll das LAföG als "Leistungs-Stipendium" gewährt werden. Daneben kann es als monatliche Unterstützung beantragt werden, deren Rückzahlung sich nach Studienabschluss mit jedem Jahr, in der Absolventen in Thüringen wohnen und arbeiten, verringert.
3. Es gibt die Idee, das Schüler-BaföG auszuweiten und insbesondere für SchülerInnen der Oberstufe auch dann eine Förderung zu ermöglichen, wenn sie noch bei ihren Eltern wohnen können. Unterstützen Sie eine solche Ausweitung oder wie sind Ihre Vorstellungen, mehr Menschen aus finanziell schlechter gestellten Familien zu einer Hochschulzugangsberechtigung zu verhelfen?
In keinem anderen Land besuchen so viele Arbeiterkinder ein Gymnasium wie in Thüringen. Die PISA-2003-Studie bescheinigte Thüringens Bildungssystem ebenso wie den Bildungssystemen der unionsgeführten Länder Bayern und Sachsen "eine günstige Kombination von hohem Kompetenzniveau und einer niedrigen Kopplung mit der sozialen Herkunft."
Im Thüringer Bildungssystem ist Durchlässigkeit in hohem Maß gewährleistet. Auch nach den Klassenstufen fünf, sechs und zehn können Regelschüler an das Gymnasium wechseln. Ob über Gymnasium, Berufsschule oder eine Berufsfachschule, viele Wege führen in Thüringen zur Hochschulreife. Unser Schulsystem bietet Chancen unabhängig von der Herkunft. Durchlässigkeit und Abschlüsse mit Anschlüssen sind für uns Schlüssel dafür, dass jedes Kind optimal gefördert werden kann. Jedes Kind braucht eine seinen Begabungen und Fähigkeiten entsprechende Förderung in der Schule.
Das von der unionsgeführten Bundesregierung erarbeitete "Familienleistungsgesetz" kommt auch Schülern finanziell schlechter gestellter Familien zugute. Kinder, deren Familien Leistungen nach SGB II oder SGB VIII erhalten, bekommen seit diesem Jahr ein "Schulbedarfspaket" von jährlich 100 Euro. Das Paket steht für Unkosten für Schul- und Unterrichtsmaterialien zur Verfügung.
Mit dem Schüler-BAföG wird der Besuch weiterführender allgemein bildender und beruflicher Schulen ab Klasse 10, einschließlich der Klassen aller Formen der beruflichen Grundbildung (Gymnasien, Gesamtschulen, Berufsgrundbildungs-/ Berufsvorbereitungsjahr, Berufsfachschulen, Fachschulen, Höhere Fachschulen, Fachoberschulen, Abendhauptschulen, Abendrealschulen, Abendgymnasien, Berufsaufbauschulen, Kollegs) gefördert. Für Schüler von Berufsfachschulen, die in einem mindestens zweijährigen Bildungsgang (der keine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt) zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führen, kann eine Förderung auch dann erfolgen, wenn sie bei den Eltern wohnen. Das gilt auch von Schülern an Abendhaupt- und Realschulen, Berufsaufbauschulen und Fachoberschulklassen, Abendgymnasien, Kollegs, Höheren Fachschulen etc.
4. a) In Ihrem Bundesland gibt es bisher keine allgemeinen Studiengebühren, jedoch Gebühren bei langem Studium. Wollen Sie daran festhalten oder planen Sie Änderungen? Wenn Sie allgemeine Studiengebühren einführen wollen: Wie genau soll die "soziale Abfederung" aussehen, wie die Zweckbindung?
Allgemeine Studiengebühren werden an den Thüringer Hochschulen nicht erhoben. Wir setzen auf die Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen, daher wird es in Thüringen auch künftig keine solchen Studiengebühren geben. Thüringen sichert seinen Studierenden damit ein Angebot zu, das sonst kaum noch zu finden ist in der deutschen Hochschullandschaft.
4. b) In Ihrem Bundesland gibt es Rückmeldegebühren. Das Land Bayern hat diese gerade erst wieder abgeschafft. Was haben Sie vor und warum?
Der Beitrag der Studierenden zu den Verwaltungskosten ist im Hochschulgebühren- und Entgeltgesetz festgelegt. Er beträgt einheitlich 50 Euro und liegt damit im Rahmen der üblichen Höhe an deutschen Hochschulen. Die Hochschulen finanzieren damit zusätzliche Leistungen, die im Zusammenhang mit Immatrikulation, Beurlaubung, Rückmeldung, Hochschulzulassung, Studienberatung, der Arbeit der Auslandsämter sowie mit Leistungen bei der Vermittlung von Praktika und der Förderung des Übergangs in das Berufsleben verbunden sind.
5. Ist die Trennung in Fachhochschulen und Universitäten, gerade im Hinblick darauf, dass die inzwischen eingeführten Abschlüsse Bachelor und Master unabhängig von der Hochschulart gleichwertig sein sollen, noch zweckmäßig? Wenn ja, warum; wenn nein, was planen Sie stattdessen?
Die angestrebte Gleichwertigkeit von Bachelor- und Masterabschlüssen unabhängig von der Hochschulart macht den gewünschten reibungsloseren Wechsel zwischen den Studiengängen und insbesondere auch denen zwischen Fachhochschule und Universitäten erst möglich. Das entspricht unserem Ziel, Übergänge – auch im Schulsystem – zu erleichtern und die Durchgängigkeit im System insgesamt zu verbessern.
Die gestuften Studiengänge an Fachhochschulen und Universitäten tragen dazu bei. Dennoch gibt es Unterschiede, z. B. beim Promotionsrecht, das den Universitäten vorbehalten ist. Die insgesamt mehr auf Forschung ausgerichtete wissenschaftliche Arbeit an den Universitäten begründet auch in der nächsten Zukunft das Bestehen beider Hochschularten nebeneinander auch wenn sich die Unterschiede zum Teil nivellieren.
6. "Autonomie" ist ein Schlagwort der Hochschulreformen der letzten Jahre. "Demokratisierung" der Hochschulen dagegen nur noch selten. Wo legen Sie Ihre Schwerpunkte bei möglichen weiteren Änderungen der Hochschulgesetze Ihres Landes?
Wir unterstützen die Thüringer Hochschulen bei ihrer jeweils für sich selbständigen Profilentwicklung im Rahmen der gesetzlichen Festlegungen. Wir verfolgen weiterhin unsere Linie einer möglichst umfassenden Hochschulautonomie.
Die Aufgaben der Studierendenschaft bestehen in der Vertretung der Gesamtheit der Studierenden der Hochschule im Rahmen der gesetzlichen Befugnisse. Sie nimmt die hochschulpolitischen, fachlichen, sozialen und kulturellen Belange der Studierenden wahr. Sie fördert die politische Bildung und staatsbürgerliches Verantwortungsbewusstsein. Sie fördert den freiwilligen Studierendensport und pflegt nationale und internationale Beziehungen zu anderen Studierendenschaften.
Die Studierendenschaft regelt ihre innere Ordnung durch eine Satzung sowie eine Beitrags- und Finanzordnung. Sie untersteht dabei der Rechtsaufsicht des Leiters der Hochschule. Es handelt sich dabei um eine pflichtgemäße Aufgabe der Hochschulleitung, die nicht Ausdruck einseitiger Machtkonzentration der Hochschulleitung ist, sondern vielmehr der rechtlichen Absicherung der Studierendenschaft selbst dient.
Die Studierendenschaft wird von der Hochschule unterstützt, indem sie den Einzug der Beiträge übernimmt und im Rahmen des Möglichen Räume zur unentgeltlichen Nutzung zur Verfügung stellt. Die aus Studierendenschaften der Hochschulen gebildete Konferenz Thüringer Studierendenschaften vertritt die Belange der Studierenden gegenüber dem Ministerium. Sie erhält dabei Gelegenheit der Stellungnahme zu Regelungen, die die Studierenden betreffen.
Die benannten Möglichkeiten der Mitbestimmung sind Grundlagen unserer Demokratie. Die Vertretung der Studierenden ist eine große Selbstverständlichkeit. Gestärkt werden kann diese Möglichkeit der Mitbestimmung zusätzlich, indem es den Studierendenschaften gelingt, noch mehr Studierende für ihre wichtige Arbeit zu interessieren.
Ähnliches trifft auch auf das Wirken der Hochschulräte zu. Sie ermöglichen die Öffnung der Hochschulen in breitere Bereiche der Gesellschaft hinein, die in einer zunehmend sich vernetzenden Scientific Community sehr wichtig und nützlich sind.
7. Ohne eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Hochschulen ist gute Lehre nicht möglich. Darüber sind sich eigentlich alle einig. Trotzdem scheint es – egal in welchem Bundesland und unter welcher Regierung – nach wie vor nicht zu einem echten Durchbruch zu kommen. Gelder werden lieber für Leuchtturmprojekte ausgegeben (von denen nur wenige profitieren), die Forschung gestärkt (für Studierende ebenfalls kaum ohne Auswirkungen) und für die Lehre bleibt am Ende vielleicht ein kleiner Preis übrig. Was wollen Sie tun, damit es wirklich zu einer nachhaltigen Verbesserung kommt, sowohl was die bauliche, aber auch die personelle Ausstattung angeht? Vor allem auch unter dem Aspekt, dass die Hochschulen heute teilweise schon fast sittenwidrige Löhne zahlen (vor allem bei studentischen Hilfskräften, Honorarprofessuren und vielen wissenschaftlichen Mitarbeitern).
Die unionsgeführte Landesregierung hat die Zukunftsinitiative "Exzellentes Thüringen" auf den Weg gebracht. Im Rahmen dieses Programms werden in den Jahren 2008 bis 2011 rund 2,8 Milliarden Euro für Hochschulen, Forschung und Innovation aufgewendet. Damit stärken wir die Vernetzung von Hochschulen, Forschung und Mittelstand. Hinzu kommt das 50-Millionen-Programm "ProExzellenz", mit dem wir bestehende Forschungsstrukturen, Innovations- und Clusterfähigkeit sowie exzellente Lehre fördern.
Umfangreichster Baustein der Zukunftsinitiative ist mit 1,78 Milliarden Euro die im vergangenen Jahr erneut zwischen Land und Hochschulen abgeschlossene Rahmenvereinbarung II zur Sicherung und Stärkung der Leistungskraft der Thüringer Hochschulen (Hochschulpakt). Damit erhalten die Hochschulen Planungs- und Finanzierungssicherheit über einen längeren Zeitraum. Durch Budgetierung erzielen die Hochschulen zugleich die größtmögliche Unabhängigkeit und Selbstbestimmung bei der Bewirtschaftung der ihnen vom Freistaat zur Verfügung gestellten Mittel.
Die Hochschulen unterstützen das Land ihrerseits bei der Erfüllung wünschenswerter Ziele wie die bereits genannten Ziel- und Leistungsvereinbarungen, die sich auf Förderung von Frauen in der Wissenschaft, Erhöhung der Attraktivität für Studierende auch aus anderen Ländern, Schärfung des wissenschaftlichen Profils im nationalen und internationalen Ranking, Sicherung guter Beratungs- und Studienbedingungen und anderes mehr. Wir werden den Hochschulpakt 2011 fortschreiben.
Das Studentenwerk ist den Hochschulen und ihren Studierenden ein verlässlicher Partner. Der Freistaat unterstützt das Studentenwerk bei seiner Arbeit mit jährlich über 5,5 Millionen Euro. Zusätzlich zu diesen Mitteln erwirtschaftet das Studentenwerk eigene Erträge. Das Studentenwerk arbeitet wirtschaftlich und ist in der Lage, Rückstellungen zu bilden und selbständig im Rahmen seiner Aufgaben einzusetzen.
Ein Aufgabenbereich der Hochschulen sind Forschungsaufträge, die von Dritten an die Hochschulen herangetragen werden. Es ist Zeichen von Renommee, wenn eine Hochschule bei Unternehmen Forschungsaufträge auslösen kann, da die Einnahmen aus diesen Aufträgen unmittelbar der Hochschule und den Studierenden wieder zugute kommen. Und nicht nur die Einnahmen bilden ein zusätzlichen Kapital, sondern auch die aus den Aufträgen gewonnenen Erkenntnisse für die Lehrenden und Studierenden. Gerade im Zuge der Vorbereitung auf ein Berufsleben im Bereich der anwendungsorientierten Forschung kann eine Verbindung mit Auftraggebern aus dem Bereich der Wirtschaft oft nützlich sein.