Wahlprüfsteine HochschuleWahlen zum Landtag des Saarlandes: Was die SPD will
Auch zum Wintersemester 2009/2010 wird es den Ländern und ihren Hochschulen leider wiederum nicht gelingen, ein funktionierendes Bewerbungsmanagement zu starten, an dem sich möglichst viele Hochschulen beteiligen. Dies wäre allerdings die Voraussetzung dafür, die Belastungen für die Studierenden durch Mehrfachbewerbungen und die nach wie vor ineffiziente Besetzung knapper Studienplätze endgültig abzustellen. Ein schnelles Ende des Zulassungschaos ist gerade aus Sicht der Studierwilligen aber unverzichtbar. Die derzeitige Situation ist inakzeptabel.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat daher ein Bundesgesetz zur Zulassung gefordert, um eine bundesweite einheitliche und alle Studiengänge umfassende Dienstleistungsplattform zu schaffen. Leider wurde und wird dieser Vorstoß von den CDU-Landesregierungen blockiert. Die Hochschulen fordern wir umso mehr auf, sich ohne Wenn und Aber zur Teilnahme an dem – dann von der ZVS-Stiftung zu betreibenden – zentralen Bewerbungsmanagement zu verpflichten.
2. Die gesicherte Studienfinanzierung ist ein entscheidender Punkt, um Menschen aus allen sozialen und gesellschaftlichen Schichten ein Studium zu ermöglichen. In Deutschland spielen hierfür Unterhaltsrecht und BAföG zusammen, nicht immer optimal. Welche Vorstellungen haben Sie in diesen Bereichen für eine Weiterentwicklung?
Die BAföG-Regelungen werden auf Bundesebene getroffen. Eine SPD-Landesregierung wird sich aber über den Bundesrat für die Belange der Schülerinnen und Schüler sowie der Studierenden einsetzen. Wir – die SPD in Land und Bund – wollen ein durchlässigeres Bildungssystem ermöglichen. Hierfür benötigen wir u.a. eine starke Ausbildungsförderung für mehr Gerechtigkeit in der Bildung. Die Sozialdemokratie hat das BAföG zu Beginn der 70er Jahre eingeführt, weil es eine wichtige Bedingung für Chancengleichheit in der Bildung ist. An diese Tradition knüpfen wir an.
3. Es gibt die Idee, das Schüler-BAföG auszuweiten und insbesondere für SchülerInnen der Oberstufe auch dann eine Förderung zu ermöglichen, wenn sie noch bei ihren Eltern wohnen können. Unterstützen Sie eine solche Ausweitung oder wie sind Ihre Vorstellungen, mehr Menschen aus finanziell schlechter gestellten Familien zu einer Hochschulzugangsberechtigung zu verhelfen?
Mit dem "Schüler-BAföG" sollen Schülerinnen und Schüler aus einkommensschwachen Familien auf dem Weg zum Abitur ab der 11. Klasse finanziell unterstützt werden. Zudem werden wir das BAföG für Studierende so ausweiten, dass Studieren auch in späteren Phasen der Erwerbsbiografie möglich wird. Dazu gehört, dass auch Teilzeitstudiengänge und weiterbildende Master-Studiengänge gefördert werden können und die Altersgrenze für den BAföG-Bezug angehoben wird. Deshalb wollen wir die Möglichkeiten zu einem integrierten Fachhochschulstudium und einer beruflichen Ausbildung vergrößern und Technikerinnen und Technikern, Meisterinnen und Meistern sowie anderen Berufstätigen mit Ausbildung gezielt den Zugang zu den Hochschulen und Universitäten öffnen. Zu diesem Zweck soll der Bezug von BAföG auch nach dem 30. Lebensjahr möglich sein. Darüber hinaus wollen wir die Erwachsenenbildung einheitlich fördern. Das Meister-BAföG und das BAföG werden wir zu einer Erwachsenenbildungsförderung ausbauen. Außerdem muss das BAföG zum Leben reichen, darum werden wir es regelmäßig an die Lebenshaltungskosten anpassen.
4. a) Allgemeine Studiengebühren wurden in ihrem Bundesland eingeführt. Wollen Sie an den Gebühren unverändert festhalten oder sehen Sie Änderungsbedarf und in welcher Art?
Die SPD Saar lehnt Studiengebühren ab. Mit der Einführung der allgemeinen Studiengebühren zum Wintersemester 2007/2008 wurde die Aufnahme eines Studiums gerade für junge Menschen aus den unteren und mittleren Einkommensschichten erheblich erschwert. Aus diesem Grund werden wir die allgemeinen Studiengebühren abschaffen, den durch die Gebührenrücknahme entstehenden Einnahmeausfall ausgleichen und ein umfassendes Stipendiensystem anstoßen, das den bislang äußerst dürftigen Anteil jener Studierenden von derzeit drei Prozent, die auf diese Weise finanziell gefördert werden, deutlich erhöhen soll.
b) In Ihrem Bundesland gibt es bisher keine Rückmeldegebühren. Soll das so bleiben oder nicht? Wieso?
Rückmeldegebühren stellen vor allem für Studierwillige aus unteren Einkommensverhältnissen ein Hindernis für die Aufnahme eines Studiums dar. Wir brauchen aber dringend mehr Studierende, nicht weniger. Deshalb ist mit einer SPD-Landesregierung keine Einführung von Rückmeldegebühren zu machen.
5. Ist die Trennung in Fachhochschule und Universitäten, gerade im Hinblick darauf, dass die inzwischen eingeführten Abschlüsse Bachelor und Master unabhängig von der Hochschulart gleichwertig sein sollen, noch zweckmäßig? Wenn ja, warum; wenn nein, was planen Sie stattdessen?
Wir wollen das Saarland als offenen, sympathischen und interkulturellen Hochschulstandort fortentwickeln. Nur mit attraktiven Hochschulen kann unser Saarland zukunftsfähig gestaltet werden und damit mittel- und langfristig seine Eigenständigkeit sichern. Deshalb werden wir das Saarland als Hochschulstandort national und europaweit mehr profilieren. Eine Differenzierung zwischen Fachhochschulen und Universitäten mit ihren unterschiedlichen Profilen bietet auch vor diesem Hintergrund weiterhin Vorteile für Studierende, Gesellschaft und Wirtschaft. Gleichwertig heißt nicht gleichartig.
Dazu gehört aber, den Zugang zu Master-Studiengängen flexibler zu gestalten und hochwertige Bachelor-Studiengänge den Absolventen als probate Alternative zu Aufnahme eines Master-Studiums anzubieten. Die saarländischen Hochschulen sind in ihrer Gesamtheit ein unverzichtbarer Innovationsmotor für die Gesellschaft und Impulsgeber für unser Land wie die Großregion SaarLorLux. Dabei spielt der technologische Transfer von Forschungsergebnissen in die wirtschaftliche Entwicklung und Innovation sowie den Strukturwandel seitens der Universität des Saarlandes und der Hochschule für Technik und Wirtschaft eine ebenso große Rolle wie es die Hochschulen für Musik und für Bildende Künste als Schrittmacher für das kulturelle und künstlerische Klima in unserem Land tun.
6. "Autonomie" ist ein Schlagwort der Hochschulreformen der letzten Jahre. "Demokratisierung" der Hochschulen dagegen nur noch selten. Wo legen Sie Ihre Schwerpunkte bei möglichen weiteren Änderungen der Hochschulgesetze ihre Landes?
Die SPD Saar bekennt sich zur Autonomie der Hochschulen. Sie entbindet den Staat jedoch nicht von präzisen Vorgaben für die Hochschulentwicklung. Entsprechende Zielvorgaben sind:
eine stärkere Orientierung des Studienangebots an Berufspraxis und Arbeitswelt,
eine bessere Vernetzung der Lehrangebote von Universität und Fachhochschulen, insbesondere der HTW,
ein strukturierter Ausbau der interregionalen Zusammenarbeit innerhalb der Charta SaarLorLux/Trier/Westpfalz/Wallonien,
ein Bekenntnis zu den erfolgreichen Informatik- und Bio-Nano-Schwerpunkten und zu deren weiterem Ausbau – auch im Zuge des Erfolgs bei der Exzellenz-Initiative,
eine Schärfung des Europa-Profils der Universität mit einer globalen Perspektive. Dazu zählen die Einrichtung eines "Europa-Zentrums" als wissenschaftliche Einrichtung der Universität zur Konkretisierung des Europa-Profils in Forschung und Lehre ebenso wie die Unterstützung des Europa-Instituts auf seinem Weg der verstärkten internationalen Ausrichtung von Aufbaustudienangeboten.[/li[
Vorraussetzung für Selbstständigkeit von Schulen und Hochschulen ist die Verlässlichkeit der Politik hinsichtlich der pädagogischen Zielsetzungen, der bestehenden Unterstützung für die Bildungseinrichtungen und der Bereitstellung personeller und finanzieller Ressourcen. Eine größere Selbständigkeit von Universität und Hochschulen darf von der Politik nicht dazu missbraucht werden, Verantwortlichkeiten und Mangelverwaltung an die Hochschulleitungen abzuschieben. Zugleich muss eine größere Eigenverantwortung von Bildungseinrichtungen einhergehen mit mehr Demokratie.
Studierende sollen mehr unmittelbaren Einfluss auf die Entscheidungsprozesse vor Ort erlangen. Deswegen spricht sich die SPD Saar für eine Stärkung der Mitbestimmung in den Entscheidungsgremien von Universität und Hochschulen aus. Die Gesamtverantwortung für eine sozial gerechte Bildung verbleibt beim Staat. Die SPD Saar wird diese Verantwortung wahrnehmen.
7. Ohne eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Hochschulen ist gute Lehre nicht möglich. Darüber sind sich eigentlich alle einig. Trotzdem scheint es - egal in welchem Bundesland und unter welcher Regierung - nach wie vor nicht zu einem echten Durchbruch zu kommen. Gelder werden lieber für Leuchtturmprojekte ausgegeben (von denen nur wenige profitieren), die Forschung gestärkt (für Studierende ebenfalls kaum ohne Auswirkungen) und für die Lehre bleibt am Ende vielleicht ein kleiner Preis übrig. Was wollen Sie tun, damit es wirklich zu einer nachhaltigen Verbesserung kommt, sowohl was die bauliche, aber auch personelle Ausstattung angeht? Vor allem auch unter dem Aspekt, dass die Hochschulen heute teilweise schon fast sittenwidrige Löhne zahlen (vor allem bei studentischen Hilfskräften, Honorarprofessuren und vielen wissenschaftlichen Mitarbeitern).
Das Saarland verzeichnet bei den Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (FuE) die niedrigste Quote aller Bundesländer. Deshalb werden wir die Forschungsausgaben auf drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) steigern und dafür auch verstärkt die saarländische Wirtschaft gewinnen. Des Weiteren werden wir zur Profilierung des Saarlandes als Industrie-, Forschungs- und Wissenschaftsstandort auf die Ansiedlung weiterer Institute, Sonderforschungsbereiche und Graduiertenschulen hinarbeiten und die Erfolgschancen des Saarlandes bei Bewerbungen in Exzellenzwettbewerben auch im sozial- und geisteswissenschaftlichen Bereich verbessern.
Darüber hinaus werden wir
das Institut für Zukunftsenergiesysteme (IZES) ausbauen und die dort bereits bestehende Forschungs- und Entwicklungsarbeit mit anderen Forschungseinheiten der Region vernetzen und zu einem Kompetenzzentrum für Energieforschung entwickeln,
ein Institut für Automobil- und Antriebstechnik gründen, das in Zusammenarbeit mit der starken Automobilindustrie im Saarland Technologien der Zukunft erforscht und in innovative Produkte umsetzt
die Forschungs- und Entwicklungskompetenzen von HTW und Universität im Bereich der technischen und Ingenieurwissenschaften bündeln und zu einem "Zentrum für Ingenieurwissenschaften" weiterentwickeln.
"Gute Arbeit" heißt zuallererst, dass Vollzeiterwerbstätige von ihrem Lohn ein menschenwürdiges Leben bestreiten können, dies gilt auch für Beschäftigte der Universitäten und Fachhochschulen.