18 Mrd. für die Hochschulen?Hochschulpakt beschlossen
So mancher (auch der Autor dieser Zeilen) hatte durchaus Zweifel, ob die nun zustande gekommene Einigung Wirklichkeit wird. So hatte ja noch vor kurzem Bundesfinanzminister Steinbrück vorgeschlagen, mit einer Einigung lieber bis nach der Bundestagswahl zu warten.
Insofern ist es durchaus positiv, dass dieser Beschluss überhaupt zustande gekommen ist. Auch wenn er noch unter Haushaltsvorbehalt steht und am Ende doch noch Kürzungen denkbar wären. Man kann hoffen, dass niemand die Rolle des Buhmanns übernehmen will und das Geld schließlich uneingeschränkt fließen wird.
Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK)
Teilnehmer sind alle Bundesländer und der Bund. In der GWK müssen Beschlüsse einstimmig gefasst werden. Schon ein einziges Land kann Beschlüsse blockieren. Womit auch immer gerne gedroht wird, um spezielle Bedingungen für das eigene Land herauszuholen. Selbst wenn der Bund Geld "verschenken" will, geht das nicht einfach so: Alle Länder müssen mit dem Verteilungsschlüssel und was sonst zu regeln wäre, einverstanden sein. Ein Grund, warum mehr Bundeskompetenzen in Sachen Bildung sinnvoll sein könnten. Seit der letzten Förderalismusreform sind jedoch praktisch auch die letzten Reste gestrichen worden, daher kann der Bund nur noch im Konsenz mit den Ländern handeln.
Die von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz am 22. April beschlossenen Pakte wurden jedenfalls heute von den Ministerpräsidenten der Länder, der Bundeskanzlerin und den entsprechenden Finanzministern durchgewunken. Kurz vor den vielen Wahlen (Europawahl schon am kommenden Sonntag, diverse Kommunalwahlen, Landtagswahlen und schließlich die Bundestagswahl) wollte wohl niemand jetzt den Bremser machen.
"Garantie" nur für fünf Jahre und für zu wenige Studienplätze
Davon abgesehen, dass im ungünstigsten Fall die Zusagen doch nicht eingehalten werden könnten, gilt das Beschlossene beim Hochschulpakt nur für die Jahre bis 2015. Die weitere Planung geht zwar bis 2020 – nur dass diese dann so umgesetzt wird, darauf kann sich eben niemand verlassen. Der studentische Dachverband fzs weist darauf hin, dass Hochschulen deswegen wohl keine neue Dauerstellen schaffen oder langfristiig zusätzliche Kapazitäten aufbauen werden. Es könnte vermehrt zu schlecht bezahlten Lehraufträgen kommen, die nur nach Bedarf auf Stundenbasis (bei schlechtem Stundenlohn) bezahlt werden. Ob mit solchen Kräften die Lehre nachhaltig verbessert werden kann, ist eher zu bezweifeln.
Finanziert werden sollen mit dem Geld aus dem Hochschulpakt (allein vom Bund über 5 Mrd. Euro) 275.000 neue Studienplätze. Das reicht möglicherweise aus, um bei gleichbleibender Studierqoute die Doppel-Abiturjahrgänge Anfang des kommenden Jahrzehnts abzufangen. Andreas Keller von der Bildungsgewerkschaft GEW kritisiert: "Wenn wir die im internationalen Vergleich sehr niedrige Studienanfängerquote von unter 40 Prozent deutlich steigern wollen, brauchen wir mindestens 370.000 zusätzliche Studienplätze."
Exzelleninitiative wird ausgebaut
Die Exzelleninitiative wurde von den Medien vor allem auf die Kürung von "Elite-Unis" reduziert, obwohl neben den hoch dotierten "Zukunftskonzepten" (was mit Elite-Uni gleichgesetzt wurde ...) noch weitere Förderlinien bestehen, die insgesamt sogar mehr Geld umfassen, als die Förderung der Zukunftskonzepte, allerdings auch stärker auf verschiedene Unis aufgeteilt werden.
Alle Förderlinien zusammen sollen um 30% ausgebaut werden, so dass für die Jahre 2012 bis 2017 insgesamt 2,7 Mrd. Euro zur Verfügung stehen sollen. Fraglich bleibt, ob der Wettbewerbscharakter und die Verkürzung auf "Elite-Förderung" tatsächlich sinnvoll ist. Ein Denkanstoss dazu kann vielleicht der Artikel Exzellenz als Geist und Geistlosigkeit geben.
Pakt für Forschung und Innovation: 5% jährlich mehr
Schließlich umfasst der Pakt für Forschung und Innovation die Festlegung, die staatlichen Zuschüsse für Wissenschafts- und Forschungsorganisationen Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Leibniz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft und die Deutsche Forschungsgemeinschaft als Forschungsförderorganisation jährlich um 5% zu steigern.
Schuldenbremse?
Man darf gespannt sein, wie es mit all dem tatsächlich weitergehen wird. Ein Problem in der Zukunft könnte auch die für Bund und Länder vorgesehene "Schuldenbremse" sein. Wenn die Einnahmen des Staates sinken und Steuererhöhungen vermieden werden, bleiben nur Kürzungen – und davon dürfte aller Erfahrung nach auch der Bildungsbereich nicht ausgenommen werden und die angesprochenen Pakte können dann wackeln.
Auch mehr und mehr "Private-Public-Partnership"-Modelle wären denkbar: Da der Staat nicht mehr genug Geld für Investitionen hat, werden diese von privaten vorgenommen, der Staat mietet die Leistung des privaten Anbieters. Auf Dauer zahlt er schließlich sogar mehr, allerdings eben nicht auf einen Schlag, sondern über Jahre verteilt.
Für den Moment sei aber doch schließlich gesagt: Erst einmal sind die Pakte besiegelt und ein wenig Grund zur Freude ist das trotz aller Kritik an Details doch.
Quellen, Hintergründe und ältere Artikel zum Thema
- Bundesforschungsministerin Annette Schavan zur Fortsetzung der drei großen Initiativen Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und Pakt für Forschung und Innovation: "Ein guter Tag für die Wissenschaft!" (Pressemitteilung, 04.06.2009)
- Details zu Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und Pakt für Forschung und Innovation (BMBF)
- Studentischer Dachverband begrüßt Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln für Hochschulen - Hochschulfinanzierung bleibt aber weiter Mängelverwaltung (Pressemitteilung des fzs, 04.06.2009)
- GEW: "Milliarden für die Banken – kein Geld für neue Studienplätze?" (Pressemitteilung im Vorfeld der inzwischen abgeschlossenen Verhandlungen; 03.06.2009)
- 18 Mrd. Euro für die Hochschulen – vielleicht (23.04.2009)
- Kein Geld für den Ausbau der Hochschulen, kein nationales Stipendiensystem (31.03.2009)