Wahlprüfsteine HochschuleWahlen zur Bürgerschaft in Hamburg: Was die SPD will
Für die SPD ist ein Studium stets mehr als eine reine Berufsqualifizierung. Eine Hochschule ist für uns ein Ort, an dem neue Wege beschritten werden, fächerübergreifende Zusammenarbeit praktiziert und Denken in gesellschaftlichen Zusammenhängen erlernt wird. Eine Weiterentwicklung in der Lehre setzt vor allem eine angemessene Ausstattung an den Hochschulen mit Personal, Räumlichkeiten und Sachmitteln voraus. Diese sollte nach unserer Vorstellung vor allem seitens des Staates erfolgen, um eventuelle Abhängigkeiten zu vermeiden. Verstärkte Bemühungen um Drittmittel und Spenden können jedoch ergänzend positiv wirken. In der Forschung werden wir in einer strategischen "Hamburger Forschungsallianz" die Kooperationen zwischen den Hamburger Hochschulen und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen gezielt verstärken und ausbauen.
2. Brauchen wir weiter eine Trennung in Fachhochschulen und Universitäten, gerade im Hinblick darauf, dass Bachelor und Master gleichwertig sein sollen, egal wo studiert wurde?
Durch die Umstellung auf das Bachelor-Master-Studiensystem verändern sich die Unterschiede zwischen Universitäten und Fachhochschulen und werden sich mit der angestrebten Umsetzung des Bologna-Prozesses bis zum Jahr 2010 eher in einer Profilbildung zeigen. Ziel dieses Prozesses ist eine erhöhte Durchlässigkeit zwischen den Hochschulen im europäischen Raum. Eine solche Durchlässigkeit muss folglich auch zwischen den deutschen Hochschulen entstehen. Statusunterschiede bei den Abschlüssen von Universitäten und Fachhochschulen passen dann ebenso wenig in das System wie Beschränkungen, die den Übergang von einer zur anderen Hochschule erschweren.
Wir wollen folglich die Gleichberechtigung der Abschlüsse an allen Hochschulen: Der Bachelor-Abschluss an der Fachhochschule soll als Zugangsvoraussetzung zum Masterstudium an der Universität anerkannt werden und die Promotion soll nach einem Masterabschluss der Fachhochschule möglich sein.
Der Unterschied zwischen Fachhochschulen und Universitäten wird sich zukünftig primär in der Profilbildung widerspiegeln. Auf der einen Seite die anwendungs- und berufsorientierten Fachhochschulen, und auf der anderen Seite die tendenziell eher grundlagen- und forschungsorientierten Universitäten. Von beiden Hochschultypen erwarten wir gleichermaßen eine Orientierung des Studiums an kritischer Wissenschaft.
3. Nach wie vor kommt es zu vielen Studienabbrüchen oder längeren Orientierungsphasen nach Abschluss des Studiums. Wie kann die Beratung von (zukünftigen) Studierenden, aber auch von Absolventinnen und Absolventen verbessert werden?
Studienabbrüche sind in vielen Fällen die Folge von falschen oder unrealistischen Einschätzungen der Studieninhalte, Anforderungen und Berufsperspektiven. Deshalb ist es wichtig, junge Menschen bereits vor Aufnahme eines Studiums damit zu konfrontieren, was sie erwartet und welche Chancen ein bestimmtes Studium für sie bedeutet. Dem können Beratungsgespräche und Selbstbewertungstests, ebenso wie geeignete Auswahlverfahren an den Hochschulen dienen.
Diese Instrumente können bewirken, dass sich die zukünftigen Studierenden frühzeitig mit den Inhalten und Anforderungen ihres zukünftigen Studiums beschäftigen und sowohl sie als auch die Hochschule bewerten können, ob der gewünschte Studiengang der Richtige ist. In diesem Sinne können auch geeignete Auswahlverfahren mit Blick auf den zukünftigen Studienerfolg eine wichtige Funktion haben. Sie dürfen jedoch nicht dazu führen, den Hochschulzugang quantitativ zu beschränken, also nicht der Rechtfertigung einer Reduzierung der Studierendenzahlen dienen.
Selbstbewertungstests können auf freiwilliger Basis angeboten werden. Sie sollten knappe und klare Aussagen zum Studiengangprofil und der Hochschule enthalten und Bewerberinnen und Bewerbern ermöglichen, sachbezogene Entscheidungen zu treffen.
4. Der Umbau der Studiengänge in Richtung Bachelor/Master hat zu vielen Irritationen geführt. So ist z.B. der Anteil derer, die ein Auslandssemester einplanen, in Bachelor-Studiengängen im Vergleich zum Diplom zurück gegangen - obwohl doch ein erklärtes Ziel der Reform mehr Internationalität und Mobilität ist. Auch ist noch offen, wie viele Studierende nach dem Bachelor einen Master anstreben werden. Inwieweit wollen Sie hier eingreifen - und dazu bundesweite oder auch europa-weite Initiativen ergreifen?
Wir werden für die Bachelor-Absolventen Masterstudienplätze nachfragegerecht und differenziert nach Fächern bereitstellen. Entsprechend werden wir analysieren, wie sich die Anzahl der Bachelor-Absolventen entwickelt und wie deren Nachfrage nach Masterstudienplätzen sein wird.
Bereits jetzt ist nach dem Bachelor-Abschluss der Wechsel an eine ausländische Hochschule oder auch ein Auslandssemester in der Regel ohne größere Probleme möglich. Probleme gibt es jedoch während eines Bachelorstudiums ein Auslandssemester einzulegen. Hauptgrund dafür dürfte die stärkere "Verschulung" der Studiengänge im Vergleich zu den bisherigen Diplom- oder Magisterstudiengänge sein. Hier werden wir uns die Entwicklung genau anschauen, um Verbesserungen zu erzielen. Ob und inwieweit bundes- oder europapolitische Initiativen von Hamburg ausgehen müssen, werden wir prüfen. Ziel muss es sein, Auslandsaufenthalte als reguläre Module von Bachelor- und Masterstudiengängen auszubauen. Darüber hinaus sind verstärkt Partnerschaften zwischen Hamburger Hochschulen und Hochschulen im Ausland anzustreben.
Ein wichtiger Erfolg der SPD auf Bundesebene, der ein Auslandsstudium erleichtern hilft, sind die Ende letzten Jahres beschlossenen Änderungen beim BAföG. So werden nicht nur die allgemeinen Fördersätze deutlich erhöht, sondern ist es nun auch möglich, bereits ab dem ersten Semester, statt wie bisher erst ab dem dritten, BAföG für ein Studium in einem der 27 EU-Mitgliedstaaten und der Schweiz zu nutzen. Außerdem gibt es eine Vereinfachung bei den Auslandszuschüssen.
5. Halten Sie am BAföG fest, welche Verbesserungen können Sie sich dabei vorstellen bzw. welche Alternative schwebt Ihrer Partei vor?
Oder sehen Sie die Zukunft eher in Studienkrediten? Warum?
Das BAföG ist eine wichtige Sozialleistung, die vielen Studierenden ein Studium erst ermöglicht. Es muss daher regelmäßig bedarfsgerecht an die steigenden Lebenshaltungskosten angepasst werden. Darauf werden wir hinwirken.
6. Allgemeine Studiengebühren wurden in ihrem Bundesland vor kurzem eingeführt. Wollen Sie an den Gebühren festhalten oder sehen Sie Änderungsbedarf und in welcher Art?
Wir wollen ein gebührenfreies Erststudium einschließlich des Masterstudiums und werden die Studiengebühren wieder abschaffen!
7. Im internationalen Vergleich studieren in Deutschland immer noch verhältnismäßig wenige junge Menschen. Was wollen Sie tun, um diesen Umstand zu ändern?
Hamburg braucht mehr Studierende. Wir wollen einen offenen Zugang zum Studium und werden die Zahl der Studierenden aus bildungsfernen Familien erhöhen. Staatliche Ausbildungsförderung ist deshalb bedarfsgerecht weiterzuentwickeln. Wir werden den Hochschulzugang für Studierende in Hamburg ausweiten. Hierzu werden wir das Hochschulzulassungsgesetz ändern und zusätzliche besondere Studienmöglichkeiten für Studierende ohne allgemeine Hochschulreife schaffen, wie es sie bereits im Department für Wirtschaft und Politik der Universität Hamburg gibt. Wichtig ist es in diesem Zusammenhang auch gute Studienbedingungen an den Hochschulen vorzuhalten. Wir werden deshalb zur Verbesserung von Lehre und Studium insgesamt 40 Millionen Euro pro Jahr im Landeshaushalt einplanen, um die Betreuung der Studierenden und die Ausstattung zu verbessern.
8. Inwiefern halten Sie unser Bildungssystem für gerecht? Was ist Chancen-gerechtigkeit für Sie, was bedarf es hierfür?
Das Deutsche Bildungssystem ist nicht gerecht. Dies hat mal wieder die neueste PISA-Studie bewiesen. Ob ein Kind in der Schule Erfolg hat, hängt nach wie vor in erheblichem Ausmaß von Finanzlage und Sozialstand seiner Eltern ab. In Hamburg hat ein 15-jähriger Schüler aus der Oberschicht bei gleicher Leistung eine 3,5-mal so hohe Chance, ein Gymnasium zu besuchen, wie ein Kind aus einer Arbeiterfamilie (PISA-E Studie 2006).
Chancengerechtigkeit im Zusammenhang von Bildung bedeutet für uns die gleiche Chance von Personen oder Personengruppen am Bildungssystem teilzunehmen und dadurch Bildung zu erlangen.
Gute Bildung ist der Schlüssel für mehr Chancengleichheit und sozialen Aufstieg. Leider verfestigt der Hamburger Senat die soziale Spaltung durch die Einführung von Gebühren für den Besuch der Vorschule, für Schulbücher, für das Mittagessen in der Kita und für das Studium. Wir werden diese Gebühren-Politik des Hamburger Senats abschaffen. Wir wollen nicht, dass Bildung abhängig ist vom Geldbeutel der Eltern.
Schulstrukturreform
Die soziale Ungleichheit verfestigt sich in Hamburg. Dazu hat ein Schulsystem maßgeblich beigetragen, das soziale Auslese begünstigt und nicht in der Lage ist, individuelle Begabungen zu erkennen und zu fördern. Immer weniger Schüler wollen die Hauptschule besuchen. Denn diese Schulform bietet den Schülern keine Perspektive mehr. Wir wollen allen Schülern neue Chancen eröffnen. Wir werden deshalb die Hauptschule abschaffen und die Zersplitterung der Hamburger Schullandschaft überwinden. Wir entwickeln Stadtteilschulen, an der jeder Abschluss und das Abitur nach 13 Jahren erworben werden kann. Wir werden kein Gymnasium gegen den Willen der Eltern abschaffen, sondern auch das Gymnasium verbessern. Diesen Weg der Reformen wollen wir zusammen mit den Eltern, ihren Kindern und den Lehrerinnen und Lehrern gehen. Langfristiges Ziel ist die Einführung einer Schule für alle.
Gebührenfreies Bildungsjahr für 5-Jährige
Frühkindliche Bildung darf keine Frage des Geldbeutels sein. Sie muss mittelfristig für Eltern genauso beitragsfrei sein wie schulische Bildung. Das letzte Jahr vor der Schule wird vom 1. August 2008 an in der Kita oder der Vorschule beitragsfrei sein. Für die vorausgehenden Altersstufen werden wir die Kita-Gebühren schrittweise bis zum Jahr 2012 abschaffen.
Bessere Chancen durch frühe Bildung
Für die Bildung vor der Schule muss gelten: Alle Kinder erhalten unabhängig von der Lebenslage ihrer Eltern einen Anspruch auf Teilhabe an frühkindlicher Bildung nach ihrem individuellen Förderbedarf. Jedes Kind soll eine optimale Vorbereitung auf die Schule und bei Bedarf eine intensive Sprachförderung vor allem im letzten Jahr vor der Schule erhalten können. Festgestellter Sprachförderbedarf und/oder sozialer und pädagogischer Bedarf eines Kindes führt wahlweise zur Bewilligung eines Ganztagsplatzes in der Kita oder in einem Bildungsgarten. Der Erwerb deutscher Sprachkenntnisse muss so früh wie möglich stattfinden. Deshalb wollen wir Lehrkräfte gewinnen, die selbst einen Migrationshintergrund haben; in Zusammenarbeit mit der Universität Hamburg ein Leseförderungsprogramm starten sowie ein Programm zu gezielter Elternarbeit durchführen und Eltern in die Sprachförderung wirksam einbeziehen.
Mehr Ganztagsschulen
Hamburg braucht mehr Ganztagsschulen in allen Schulformen. Ganztagsschulen verteilen den Lernstoff auf mehr Zeit und entsprechen damit stärker den täglichen Leistungskurven der Schüler. Kinder können so besser gefördert werden. Wir werden ein Hamburger Programm für Ganztagsschulen umsetzen, damit innerhalb von sechs Jahren 100 Schulen zu Ganztagsschulen werden.
9. In den letzten Jahren wurde allgemein verkündet, dass die Hochschulen mehr "Autonomie" erhalten sollen. Faktisch bezog sich das vor allem darauf, dass die Hochschulleitungen und externe Gremien wie ein Hochschulrat mehr Entscheidungsbefugnisse erhalten - auf Kosten von demokratischen Gremien wie dem Hochschulsenat. Auch die Stimme der Studierenden wurde dadurch nicht gestärkt, sondern eher geschwächt.
Was halten Sie von Selbstverwaltung und Mitbestimmung an und in Hochschulen? Planen Sie hier Veränderungen?
Die Hochschulen sollen in eigener Kompetenz ihre wissenschaftlichen Stärken ausbauen. Wir stehen zur Eigenständigkeit der Hochschulen und werden diese in einem neuen Hochschulgesetz verankern. Wir werden die innere Demokratie und die Hochschulautonomie wieder stärken. Die Hochschulleitungen werden in Zukunft von den Hochschulsenaten gewählt und von den Hochschulräten bestätigt.
10. Der Frauenanteil unter Studierenden liegt inzwischen bei fast 50%. Es gibt aber immer noch starke geschlechtsspezifische Unterschiede, welche Fachrichtung studiert wird (z.B. Elektrotechnik und Maschinenbau: nur um die 5% Studentinnen an Universitäten). Welche konkrete Maßnahmen planen Sie daher, um Frauen zu motivieren und zu unterstützen, besonders in den bisher eher "Männer-dominierten" Studienfächern ein Studium aufzunehmen?
Die Festlegung auf eher "männliche" oder eher "weibliche" Berufsbilder erfolgt häufig schon lange vor der Aufnahme eines Studiums, beispielsweise an der Schule. Hier sei auch auf die Antwort zu Frage 12 zur "Geschlechtergerechtigkeit" verwiesen. Die Hochschulen müssen noch mehr als bisher den Kontakt zu den Schulen suchen, sich öffnen und Schülerinnen und Schülern die ganze Bandbreite an Studienmöglichkeiten nahe bringen. Veranstaltungen wie die "Kinderuni" sind erste richtige Schritte in diese Richtung, die es auszubauen gilt.
Wir werden prüfen, ob in technischen Studienfächern, insbesondere an der TU Harburg und an der HAW, Studiengänge ausschließlich für Frauen eingerichtet werden können. An anderen deutschen Hochschulen hat sich dies bereits bewährt.
11. Im wissenschaftlichen Mittelbau und bei C3- und noch mehr bei C4-Professuren ist schließlich ein geringer Frauenanteil offensichtlich - der sogar geringer ist als bspw. in der Türkei. Was wollen Sie unternehmen, damit mehr Frauen eine wissenschaftliche Karriere anstreben, um so letztlich auch zu mehr Professorinnen zu kommen?
Wir streben an, den Anteil der Professorinnen deutlich zu erhöhen. Deshalb waren die Verschlechterungen bei der Frauenförderung für die SPD ein entscheidender Grund, das vom CDU-Senat eingebrachte so genannte Hochschulmodernisierungsgesetz im Jahre 2003 in der Bürgerschaft abzulehnen. Wir wollen, dass zukünftig Frauen bei gleicher Qualifikation an den Hochschulen bevorzugt eingestellt werden, bis ein Anteil von 50 % erreicht ist. Davon sind die Hochschulen in der Tat noch weit entfernt. Dass die Hochschulen angesichts dessen nach dem neuen Hochschulmodernisierungsgesetz nicht mehr an die Frauenförderung gebunden sind, halten wir für skandalös und werden wir ändern.
Darüber hinaus ist auffällig, dass der Frauenanteil bereits im wissenschaftlichen Mittelbau relativ gering ist. Wir wollen deshalb mit Landesmitteln das Programm Pro Excellentia wieder beleben, mit dem Promotionsstipendien für Frauen finanziert wurden. In den Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den Hochschulen ist schließlich durch spezielle Fördermaßnahmen anzustreben, dass es Frauen stärker als bisher ermöglicht wird, Promotions- und Mitarbeiterstellen zu erhalten. Darüber hinaus werden wir Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass an allen Hamburger Hochschulen nach dem Beispiel der Hochschule für Angewandte Wissenschaften spezielle Förderprofessuren für Frauen eingerichtet werden können.
12. Was bedeutet Geschlechtergerechtigkeit für Sie, ganz allgemein und speziell im Kontext der Bildungspolitik?
Allgemein betrachtet bedeutet Geschlechtergerechtigkeit für uns die Gleichstellung der Geschlechter in allen Lebensbereichen. Auf den Bildungsbereich bezogen ermöglicht eine geschlechtergerechte Schule den Mädchen und Jungen, eine Entwicklung und Lebensgestaltung, die ihren jeweiligen individuellen Bedürfnissen, Fähigkeiten, Neigungen und Begabungen gerecht wird. Eine geschlechtergerechte Schule behindert nicht durch Festlegung auf tradierte Geschlechtsrollenstereotype den Bildungserfolg der Mädchen und Jungen.
Lange Zeit galten Mädchen als die eigentliche Zielgruppe für eine gleichberechtigte Schule. Maßnahmen wie das Projekt Girls Day zeugen davon. Aber mittlerweile haben viele Studien belegt, dass Jungen, insbesondere aus bildungsfernen, sozial schwachen und Migrationsfamilien, ein hohes Risiko haben, in unserem Bildungssystem zu scheitern. So sind zwei Drittel aller Schulabbrecher und drei Viertel der Sonderschüler männlich.
Andererseits haben Mädchen zwar in der Schule Erfolg – immerhin 56 Prozent der Abiturienten sind weiblich. Doch weder in der Berufsausbildung noch an der Universität oder im späteren Berufsleben können die Mädchen diese Vorteile umfassend nutzen. Nach wie vor entscheidet sich der größte Teil der jungen Frauen für ein schmales Spektrum "weiblicher" Berufe, oft im Erziehungsbereich.
Damit der problematische Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und Geschlecht aufgebrochen werden kann, muss vor allem die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler stärker im Mittelpunkt stehen. Es muss mehr als bisher gelingen, die geschlechtsspezifischen Festlegungen aufzubrechen. Mädchen sind nicht per se mathematisch unbegabt und Jungen sind längst nicht immer lesefaul Mädchen wie Jungen müssen mit ihren unterschiedlichen Voraussetzungen, Bedürfnissen, Interessen und Lebensperspektiven besser im Unterricht berücksichtigt werden. Die Verwirklichung der Chancengleichheit von Mädchen und Jungen ist als verbindliches Qualitätskriterium im Schulalltag zu verankern. Die Schule hat die große Chance, sozial und kulturell gewachsene Rollenbilder zu hinterfragen und zu verändern und den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zur Entwicklung ihrer individuellen Potenziale zu bieten.
13. Es entsteht inzwischen oft der Eindruck, dass das Finanzministerium die anderen Ressorts regiert. Sind Sie der Meinung, Bildungsreformen müssten "kostenneutral" umgesetzt werden und warum sehen Sie das so?
Dieser Meinung sind wir nicht! Bildungspolitik ist für uns ein Schwerpunkt unserer Politik und das wird sich auch im Haushalt der Freien und Hansestadt widerspiegeln. Wir sind der Meinung, dass die Bildung sowohl im vorschulischen Bereich, als auch in den Schulen und den Hochschulen verbessert werden sollte. Das muss solide finanzierbar sein, muss also die finanzielle Lage des Staates berücksichtigen. Es wird sich jedoch nicht "kostenneutral" machen lassen, d.h. bessere Bildung ist nicht zum Nulltarif zu haben.
Bildungsinvestitionen "rechnen" sich für die Gesellschaft. Je höher der Bildungsgrad von Menschen ist, desto geringer das Risiko der Arbeitslosigkeit.