Wahlprüfsteine HochschuleWahlen zur Bürgerschaft in Hamburg: Was die GAL will
Wir stellen uns eine grundsätzliche Verbesserung der Lehre vor. Hamburg sollte sich auf Bundesebene für eine Exzellenzinitiative für herausragende Lehre einsetzen. Das Image von universitärer Lehre muss deutlich gestärkt werden. In einem zweiten Exzellenz-Wettbewerb wollen wir daher herausragende und innovative Lehre belohnen. Denn: Mit dem Rezept "viel Forschung, wenig Lehre" lässt sich keine ausgewogene Kost für die Hochschulen zubereiten. Das Erfolgsrezept der deutschen Hochschulen besteht vielmehr in der Einheit von Forschung und Lehre. Nur Hochschulen mit exzellenten Leistungen in Forschung und Lehre sind echte Spitzen- Unis. Daher muss die bestehende Exzellenz-Initiative um einen Wettbewerb für herausragende Lehre ergänzt werden.
In Hamburg wollen wir aus diesen Gründen eine Qualitätsoffensive für gute Lehre schaffen. Die Qualitätsoffensive besteht aus zwei Säulen. In der einen Säule treten die Hochschulen miteinander in einen Wettbewerb um Mittel, in der anderen entscheiden die Studierenden durch ihre Nachfrage nach Lehrveranstaltungen selbst, für welche Lehrveranstaltungen zusätzliche Mittel vergeben werden.
Die grüne Initiative für einen Wettbewerb für herausragende Lehre finden Sie unter http://dip.bundestag.de/btd/16/030/1603094.pdf.
2. Brauchen wir weiter eine Trennung in Fachhochschulen und Universitäten, gerade im Hinblick darauf, dass Bachelor und Master gleichwertig sein sollen, egal wo studiert wurde?
Perspektivisch nein. Gerade angesichts des Bolognaprozesses ist diese Trennung überholt. Wir wollen stattdessen stärker bei den Professuren zwischen lehrintensiven und forschungsintensiven differenzieren (wobei auch dies natürlich bei einer Person im Laufe der Zeit wechseln kann).
3. Nach wie vor kommt es zu vielen Studienabbrüchen oder längeren Orientierungsphasen nach Abschluss des Studiums. Wie kann die Beratung von (zukünftigen) Studierenden, aber auch von Absolventinnen und Absolventen verbessert werden?
Intensive Einführungsphasen und Tutorien (sowie z.B. Überblickswochenenden oder Tage der offenen Tür für Studierwillige) wie Nachbetreuung sollten von den Universitäten als eigene qualitätsstiftende und sie auszeichnende Maßnahme verstanden werden und ihnen konzeptionell wie finanziell ein größeres Gewicht verliehen werden.
4. Der Umbau der Studiengänge in Richtung Bachelor/Master hat zu vielen Irritationen geführt. So ist z.B. der Anteil derer, die ein Auslandssemester einplanen, in Bachelor- Studiengängen im Vergleich zum Diplom zurückgegangen - obwohl doch ein erklärtes Ziel der Reform mehr Internationalität und Mobilität ist. Auch ist noch offen, wieviele Studierende nach dem Bachelor einen Master anstreben werden. Inwieweit wollen Sie hier eingreifen - und dazu bundesweite oder auch europaweite Initiativen ergreifen?
Auch nach unserer Auffassung führt die Umstellung auf Bachelor/Master dazu, dass studentische Mobilität verloren geht. Ein Wechsel oder Auslandsaufenthalt ist oft nur nach dem Bachelor beim Master möglich. Und das, obwohl unklar ist, wie viele Studierende einen Master machen werden. Wir setzen uns daher dafür ein, mehr Vergleichbarkeit zu schaffen, so dass diese Mobilität auch während der Bachelorphase stattfinden kann.
5. Halten Sie am BAföG fest, welche Verbesserungen können Sie sich dabei vorstellen bzw. welche Alternative schwebt Ihrer Partei vor? Oder sehen Sie die Zukunft eher in Studienkrediten? Warum?
Wir halten am BAföG fest.
6. Allgemeine Studiengebühren wurden in ihrem Bundesland vor kurzem eingeführt. Wollen Sie an den Gebühren festhalten oder sehen Sie Änderungsbedarf und in welcher Art?
Wir setzen uns dafür ein, dass in Hamburg die Studiengebühren wieder abgeschafft werden.
Studiengebühren wirken sozial selektiv, schrecken ab und grenzen aus. Bei Fachkräftemangel und weniger StudienanfängerInnen wirken Studiengebühren um so fataler. Wir setzen uns in Bund und Ländern konsequent gegen Studiengebühren ein.
7. Im internationalen Vergleich studieren in Deutschland immer noch verhältnismäßig wenige junge Menschen. Was wollen Sie tun, um diesen Umstand zu ändern?
8. Inwiefern halten Sie unser Bildungssystem für gerecht? Was ist Chancengerechtigkeit für Sie, was bedarf es hierfür?
Zu 7 und 8
Die Teilhabe an Bildung ist eine Frage der Gerechtigkeit. Deswegen wollen wir den Zugang zu allen Bildungsinstitutionen, nicht nur zur Universität, für alle ermöglichen, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Wir fordern einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr, Familien mit geringem Einkommen sollen der Elternbeitrag als auch die Kosten für das Mittagessen erlassen werden. Die Verbesserung der frühkindlichen Bildung ist eine grundlegende Voraussetzung für einen erfolgreichen Bildungsweg.
Um alle Talente zu fördern und gleiche Startchancen zu geben, brauchen wir eine grundlegende Schulreform. Statt die Kinder nach der vierten Klasse auf verschiedene Schulformen aufzuteilen, setzen wir GRÜNE auf eine gut ausgestattete Ganztagsschule für alle Kinder von Klasse 1 bis 9, in der die Kinder individuell gefördert werden. Danach schließt sich eine Berufsausbildung bzw. die gymnasiale Oberstufe an. Hiermit wollen wir sicher stellen, dass alle Schülerinnen und Schüler einen Abschluss haben und dass mehr Schülerinnen und Schülern der Weg zum Abitur ermöglicht wird.
9. In den letzten Jahren wurde allgemein verkündet, dass die Hochschulen mehr "Autonomie" erhalten sollen. Faktisch bezog sich das vor allem darauf, dass die Hochschulleitungen und externe Gremien wie ein Hochschulrat mehr Entscheidungsbefugnisse erhalten - auf Kosten von demokratischen Gremien wie dem Hochschulsenat. Auch die Stimme der Studierenden wurde dadurch nicht gestärkt, sondern eher geschwächt. Was halten Sie von Selbstverwaltung und Mitbestimmung an und in Hochschulen? Planen Sie hier Veränderungen?
Wir teilen ihre Einschätzung, dass unter dem Ruf "Mehr Autonomie für die Hochschulen" tatsächlich eine weitgehende Verschiebung der Beteiligungsrechte in den Hochschulen zulasten demokratischer Gremien statt gefunden hat, die wir in dieser Breite kritisieren. Grundsätzlich sehen wir in der Selbstverwaltung und Mitbestimmung wichtige Pfeiler einer unabhängigen Wissenschaft.
10. Der Frauenanteil unter Studierenden liegt inzwischen bei fast 50%. Es gibt aber immer noch starke geschlechtsspezifische Unterschiede, welche Fachrichtung studiert wird (z.B. Elektrotechnik und Maschinenbau: nur um die 5% Studentinnen an Universitäten). Welche konkrete Maßnahmen planen Sie daher, um Frauen zu motivieren und zu unterstützen, besonders in den bisher eher "Männer-dominierten" Studienfächern ein Studium aufzunehmen?
11. Im wissenschaftlichen Mittelbau und bei C3- (und noch mehr bei C4-) Professuren ist schließlich ein geringer Frauenanteil offensichtlich - der sogar geringer ist als bspw. in der Türkei. Was wollen Sie unternehmen, damit mehr Frauen eine wissenschaftliche Karriere anstreben, um so letztlich auch zu mehr Professorinnen zu kommen?
12. Was bedeutet Geschlechtergerechtigkeit für Sie, ganz allgemein und speziell im Kontext der Bildungspolitik?
Zu 10.-12.
Die Hamburger Hochschulen kranken immer noch an einem eklatanten Mangel an Wissenschaftlerinnen in den Spitzenpositionen. Wir wollen mehr Professorinnen, mehr Frauenförderprofessuren und mehr Frauen in naturwissenschaftlich- technischen Studiengängen. Die Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den Hochschulen bieten eine ausgezeichnete Möglichkeit, das Erreichen festgelegter Quoten entsprechend zu belohnen.
Die FHH soll zudem die bisherige Bundesverpflichtung zur Förderung der Chancengleichheit im Wissenschaftsbereich inhaltlich und finanziell übernehmen, bzw. sich dafür einsetzen, dass der Bund wieder entsprechende Mittel zur Verfügung stellt. Bei möglichen Ausschüttungen von Fördermitteln des Bundes im Rahmen des Hochschulpaktes 2020 durch die BWF an die Hochschulen muss ein nennenswerter und angemessener Budgetanteil zweckgebunden für Gender Mainstreaming zur Verfügung stehen
13. Es entsteht inzwischen oft der Eindruck, dass das Finanzministerium die anderen Ressorts regiert. Sind Sie der Meinung, Bildungsreformen müssten "kostenneutral" umgesetzt werden und warum sehen Sie das so?
Nein, dass sehen wir nicht so. Bildung kostet. Wir GRÜNE wollen eine Wissenschaftsstiftung einrichten, die aufwachsend mit einem Vermögen von einer Milliarde Euro ausgestattet werden soll.