Erfolg für StudiengebührengegnerInnenHessen: Verwaltungsgericht zumindest vorläufig gegen Studiengebühren
Der AStA der Uni Gießen begrüßte in einer Pressemitteilung das Urteil. "Wir fordern die Hochschulleitung dazu auf, den Beschluss des VG Gießen anzuerkennen und den Studierenden die Studiengebühren zurück zu zahlen", erklärt die Referentin für Hochschulpolitik, Antonia Capito. Der AStA Gießen fordert die Landesregierung dazu auf, die Rechtsunsicherheit für die Studierenden zu beenden, indem die Erhebung der Studiengebühren rückwirkend ausgesetzt wird. "Bis der Hessische Staatsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes entschieden hat, muss die Erhebung insgesamt ausgesetzt werden," so Capito weiter.
Es ist allerdings nicht damit zu rechnen, dass Hochschulen oder gar die Landesregierung diesem Appell folgen werden. Bleibt anderen Gebührenzahlenden nur – sofern das jeweils noch möglich ist (insbesondere ist dazu ein fristgemäßer Widerspruch gegen den Gebührenbescheid nötig) – ebenfalls Klage einzureichen. Informationen dazu geben die ASten – z.B. der AStA der Uni Gießen.
Verwaltungsgericht sieht Darlehen nicht als Weg zu verfassungsgemäßen Gebühren an
In Hessen steht Studiengebühren ein besonderes Hindernis im Weg: Artikel 59 der Landesverfassung sieht vor, dass der Unterricht an Schulen und Hochschulen "unentgeltlich" zu sein hat. Ein Gesetz könne "angemessenes Schulgeld" anordnen, "wenn die wirtschaftliche Lage des Schülers, seiner Eltern oder der sonst Unterhaltspflichtigen es gestattet."
Die hessischen Landesregierung argumentierte bisher, da ein Studienbeitragsdarlehen angeboten würde und dieses erst später (und nur bei ausreichendem Einkommen) zurückzuzahlen sei, wäre der Verfassung genüge getan. Sie hatte sich seinerzeit diese Einschätzung durch ein Gutachten bestätigen lassen. Wobei selbst der Gutachter später Zweifel geäußert hatte, da das konkrete Studiengebührengesetz doch in einigen Punkten nicht ganz seinen Vorschlägen folgt.
Das Verwaltungsgericht (VG) argumentiert nun in seiner Begründung für die aufschiebende Wirkung der Klage, dass es seiner Ansicht nach eben nicht statthaft ist, die Betrachtung, ob die wirtschaftliche Lage des Schülers Gebühren gestattet, auf die Zukunft zu verschieben. Nach Ansicht des VG müsste in jedem Fall ein Personenkreis gesetzlich definiert werden, der mangels wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit von der Studienbeitragspflicht grundsätzlich befreit ist.
Der Hessische Staatsgerichtshof hat das letzte Wort
Eine endgültige Klärung, ob das Gesetz verfassungsgemäß ist oder nicht, wird für den Frühjahr 2008 erwartet. Dann wird der Hessische Staatsgerichtshof über die zwei anhängigen Normenkontrollverfahren zu entscheiden haben. Eine dieser Klagen wurde von SPD und Grünen eingereicht, die andere kam durch die "Volksklage" zustande, für die Studierende und vor allem Gewerkschaften fast 80.000 Unterschriften gesammelt hatten (nötig wären nur 43.300 gewesen).
Immerhin hatte sich im August schon die Landesanwältin am Hessischen Staatsgerichtshof deutlich geäußert: Sie sieht das Gesetz als verfassungswidrig an.
Es bleibt also spannend. Das Verwaltungsgericht Gießen selbst zählt in seiner Begründung auch diverse Einschätzungen auf, die das Gesetz für verfassungsgemäß halten, schließt sich deren Begründungen aber eben nicht an. Keine Seite kann sich sicher fühlen, mit der aktuellen Entscheidung dürften aber die GebührengegnerInnen leicht im Vorteil sein.
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