ExzellenzwettbewerbSinn und Unsinn Eliteuni
Insgesamt sollen - zusammen mit der zweiten Runde - in fünf Jahren ca. 1,9 Milliarden Euro ausgeschüttet werden. Den Siegern der Förderlinie "Zukunftskonzepte" sollen in den nächsten fünf Jahren jährlich je 20 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Für die prämierten Exzellenzcluster sind es 6,5 Millionen, die Graduiertenschulen sind mit einer Million dabei.
Zum Vergleich: Allein die Uni Karlsruhe hatte 2003 einen Haushalt von 240 Mio. Euro (davon 82 Mio. Euro Drittmittel) - und ist mit knapp unter 20.000 Euro Studierenden keineswegs eine sehr große Uni. Die ETH Zürich - die allgemein als "beste" deutschsprachige Uni der Welt gilt - dagegen hat ungefähr 700 Millionen Euro Etat bei gerade mal 12.000 Studierenden (vgl. Wikipedia).
Nicht nur drei Unis sind "Elite"
In den meisten Medien wurden vor allem die drei Sieger der Förderlinie "Zukunftskonzepte" genannt. Sie sollen von nun an die Eliteunis in Deutschland sein. Schon die genannten Zahlen, die die Förderung in Relation zum Gesamtetat von Unis setzen, zeigen, dass man mit solchen Zuschreibungen vorsichtig sein sollte. Hinzu kommt: Nicht nur diese drei Unis werden Geld erhalten - auch wenn sie am meisten abbekommen werden. Dazu kommt auch noch eine zweite Runde des Wettbewerbs im nächsten Jahr.
Schließlich bleibt es grundsätzlich fragwürdig, ob man mit derartigen Geldspritzen wirklich viel bewirken kann. Und selbst wenn, ob es richtig ist, einzelne Unis herauszuheben und die anderen vermutlich eher auszutrocknen. Qualität in der Breite mag vielleicht auch seine Vorteile haben - scheint aber nicht mehr gewollt.
Die Uni München hat bei der ersten Runde am meisten abgesahnt: Nicht nur ihr Zukunftskonzept, sondern auch drei Exzellenzcluster und eine Graduiertenschule werden gefördert. Die TU München kann sich neben Geld für ihr Zukunftskonzept auf Förderung von zwei Exzellenzcluster und einer Graduiertenschule freuen, die Uni Karlsruhe ist bei allen Förderlinien je einmal dabei.
Bei den Unis, die "nur" bei Exzellenzclustern bzw. Graduiertenschulen gefördert werden, sticht noch die RWTH Aachen hervor, die für zwei Exzellenzcluster und eine Graduiertenschule Förderung erhalten wird.
Je ein Exzellenzcluster und eine Graduiertenschule werden bei der Uni Bonn, TU Dresden, Uni Gießen, Med. Hochschule Hannover und Uni Heidelberg gefördert. Für ein Exzellenzcluster können sich noch die Uni Frankfurt/Main, Uni Göttingen, Uni Kiel und Uni Konstanz Geld abholen. Schließlich gibt es für die drei Berliner Unis immerhin je eine Förderung für eine Graduiertenschule. Ebenfalls mit einer Million jährlich für eine Graduiertenschule müssen sich die Unis Bochum, Bremen, Erlangen-Nürnberg, Freiburg, Mannheim und Würzburg begnügen.
Für die Lehre nichts gewonnen
(Zukünftige) Studierende sollten sich nicht davon leiten lassen, welche Uni im Sinne des "Exzellenzwettbewerbs" besonders erfolgreich war. Denn hier ging es vor allem um die Forschung. Zwar ist es sicher - gerade in höheren Semestern - spannend, wenn man auch von aktueller Forschung direkt vor Ort erfährt. Aber oft sind gerade diejenigen Profs, die viel forschen, wenig an der Lehre interessiert und halten schlechte - vor allem didaktisch schlechte - Vorlesungen. Oder drücken sich gar darum und schicken oft ihre Assistenten.
Davon abgesehen sind selbst die für ihr Zukunftskonzept ausgezeichneten Unis nicht uneingeschränkt in all ihren Forschungsbereichen führend. Sie haben mehr oder weniger starke Schwerpunktsetzungen. Selbst wenn man als annehmen könnte, dass sehr gute Forschung (sofern man den Kriterien des aktuellen Wettbewerbs folgen möchte - auch darüber kann man natürlich streiten) zu guter Lehre führt, wären also Einschränkungen je nach Fachbereich zu machen.
Elite fragwürdig
Dass die ganze Debatte um "Eliteunis" auch viele andere - und vielleicht drängendere - Probleme im Hochschulbereich ausblendet bzw. verdeckt, sollte auch nicht vergessen werden. Boris Bartenstein vom UStA der nun als "Eliteuni" bezeichneten Uni Karlsruhe äußerte schon vor einigen Monaten in einer Pressemitteilung: "Es ist der blanke Hohn, mit dieser spezifischen Elite-Förderung über die gravierenden Mängel im Fundament des deutschen Hochschulwesens hinwegtäuschen zu wollen". Er forderte seinerzeit "Licht statt Leuchttürme" und ergänzte (es war einer der Tage, an dem eine Kommission im Rahmen des Exzellenzwettbewerbs die Uni begutachtete): "Am heutigen Tag, sagen wir der Uni Karlsruhe den Kampf an, denn die Universität gehört eben nicht den Exzellenzen und Eliten, sondern noch immer den studierenden StudentInnen. Und das muss so bleiben".
Quellen und weitere Artikel zum Thema
- Exzellenzinitiative - Informationen des BMBF zu den Ergebnissen der ersten Runde
- Eliteunis: Expertenkommission legt erste Vorauswahl vor (Studis Online-Artikel 21.01.2006)
- "Unsere Stärke ist die Breite" - Eliteforscher Hartmann prophezeit eine zweigeteilte Universitätslandschaft mit einem ungleichen Wettbewerb (taz-Interview, 14.10.2006)
- "Die teilnehmenden Professoren haben sich aus der Lehre zurückgezogen" - Um Verbesserungen für die breite Masse der Studierenden geht es bei der Exzellenzinitiative nicht, beklagt der Münchner Studentenpolitiker Thomas Honesz (FR-Interview, 14.10.2006)
Bitte beachten, dass die Lizenz nur für diesen Artikel-Text und nicht etwa für das ganze Angebot von Studis Online gilt. Nur Artikel, unter denen sich explizit ein solcher Hinweis findet, dürfen im Rahmen der Bedingungen verwendet werden. Es kann bei anderen Artikeln auch von dieser Lizenz abweichende Lizenzen geben, also bitte genau lesen und beachten!