Studiengebühren in HessenCDU stellt "entschärften" Gesetzentwurf vor
Bei vielen der nun bekannt gewordenen Änderungen kann man sich schon fragen, warum die CDU erst jetzt darauf kommt. Es drängt sich der Verdacht auf, dass man austesten wollte, wie weit man gehen kann - um am Ende auch noch etwas zurücknehmen zu können. Das Selbstlob der CDU, das Gesetz sei nun sozialverträglich (was man immer noch bestreiten kann) deutet eher darauf hin, wie schlimm der Gesetzentwurf vorher war.
Im ersten Entwurf war u.a. die Rede davon, dass ab 2010 auch konsekutive Master-Studiengänge bis 1500 Euro im Semester kosten können - und ausländische Studierende (aus nicht-EU-Ländern) sollten von Anfang an soviel zahlen (jedenfalls optional, wenn die Hochschule das möchte). Die Schulden sollten erst bei 17.000 Euro (BAföG-Staatsdarlehen, Studiengebühren und Zinsen) gedeckelt werden - somit hätten auch praktisch alle BAföG-EmpfängerInnen die Studiengebühren voll zahlen müssen.
"Geld-zurück-Garantie" - ohne individuelles Klagerecht nichts wert
Die auffälligste Ankündigung ist - und daher wurde sie auch bspw. von hr-online aufgegriffen: "CDU-Landtagsfraktionschef Christean Wagner stellte den Studierenden eine "Geld-zurück-Garantie" in Aussicht. Beiträge könnten erlassen werden, wenn sich die Ausbildung durch Verschulden der Hochschule verzögere."
Man kann allerdings bezweifeln, ob diese angebliche Garantie wirklich bestehen wird. Auch NRW-Wissenschaftsminister Pinkwart hatte Ende 2005 vollmundig von einer "Geld-zurück-Garantie" in seinem Studiengebührengesetz gesprochen, was von den Medien - wie auch diesmal in Hessen - stark aufgegriffen wurde.
Im endgültigen Gesetz in Nordrhein-Westfalen konnte man nichts finden, was eine Garantie darstellen würde. Im Gegenteil: es wurde sogar ausdrücklich ausgeschlossen, dass ein einzelneR StudentIn gegen die Hochschule klagen könne, um die Gebühren zurück zu bekommen. Nur von Maßnahmen ist die Rede, die ein einzurichtendes Gremium vorschlagen könne, wenn es zu Verzögerungen beim Studium komme. "Die Hochschule [d.h. die Hochschulleitung] entscheidet, ob und inwieweit die Empfehlung umgesetzt wird." Es steht zu erwarten, dass in Hessen genau so wenig hinter den Ankündigungen steckt.
Was im Detail geändert werden soll
Einige weitere angekündigte Änderungen scheinen etwas mehr Substanz zu haben, als die "Geld-zurück-Garantie" und würden für die jeweils Betroffenen tatsächlich eine gewisse Erleichterung bringen. Nach den uns vorliegenden Informationen hat die CDU insgesamt 11 Änderungen angekündigt (hinter Punkt 6 verbirgt sich die "Geld-zurück-Garantie"). Die Details sind den Informationen für die Presse entnommen, wie sie die CDU-Fraktion bei Ihrer Pressekonferenz am 19.09. verteilt hat.
Studierende, die BAföG erhalten, sollen für das Studienbeitragsdarlehen keine Zinsen zahlen müssen.
Offenbar reicht es aus, nur ein Jahr BAföG erhalten zu haben.Absenkung der Kappungsgrenze auf 15.000 Euro
Beitragsfreiheit für Promotionsstudiengänge
Grundstudienbeiträge auch für ausländische Studierende und konsekutive Masterstudiengänge (d.h. auch hier 500 Euro und nicht die ursprünglich angedachten 1500 Euro)
Bei nicht-konsekutiven Master-Studiengänge können die Hochschulen bis zu 1500 Euro im Semester verlangen, müssen dafür aber eine Satzung beschließen.Beifreiungsquote von 10 Prozent für besondere Leistungen
Hervorhebung der Qualitätssicherung
Die Details dazu sind im Gesetz jedoch sehr vage geregelt. Im Gesetzentwurf findet sich zwar die Formulierung: "Eine von der Hochschule zu vertretende Verzögerung des Studienabschlusses führt zu einer Beitragsbefreiung in gleichem zeitlichem Umfang." Aber wer das prüft und wie das im Detail umgesetzt wird - keine weiteren Angaben. Siehe die Anmerkungen oben: "ohne individuelles Klagerecht nichts wert"Darlehnsberechtigung für BAföG-berechtigte AusländerInnen
Anhebung der Einkommensgrenze bei der Darlehnsrückzahlung auf 1260 Euro
Andere Bundesländer hatten hier meist 1060 Euro vorgesehen (was 100 Euro mehr sind als die Grenze, ab der das BAföG zurückgezahlt werden muss; Hessen erhöht also um 300 Euro)Übergangsregelung für bereits eingeschriebende Studierende
Hier ist nicht etwa gemeint, dass sie keine Studiengebühren zahlen müssten. Ihnen soll lediglich für vier Semester ein Darlehen gewährt werden, selbst wenn sie auf Grund hoher Semesterzahl oder anderer Gründe dafür nicht in Frage kämen ("Langzeitstudierende" werden nach dieser Übergangsregelung kein Darlehensanspruch haben, auch bei Nicht-EU-Ausländern wird es ein Darlehen meist nicht geben).Anhebung der Altersgrenze für die Darlehnsberechtigung auf 45 Jahre
Verbesserte Ausgestaltung des Studienfonds
Die Einnahmen sollen (allerdings nur am Anfang!) zu 100% an die Hochschulen fließen, die Hochschulen müssen nicht (wie in anderen Ländern) einen Teil der Einnahmen in einen Studienfonds stecken, der Darlehensausfälle ausgleicht. Stattdessen will hier das Land einspringen. Allerdings gilt diese Regelung nur bis einschließlich 2010. Darüberhinaus gibt es genügend Möglichkeiten, an anderer Stelle den Hochschulen Geldes nicht zukommen zu lassen. Oder bspw. trotz steigender Studierendenzahlen die Ausgaben einzufrieren. Und sollten die Zinsen steigen, dürfte nach 2010 auch immer weniger bei den Hochschulen ankommen: Der Studienfonds soll nämlich auch Zinsen oberhalb von 7,5% abfangen.
Quellen und weiteres
- Der aktuelle Gesetzentwurf mit den im Artikel erwähnten Änderungen
- Änderungen Studienbeitragsgesetz - Pressemitteilung zu den Änderungen von CDU Landesverband Hessen (19.09.2006)
- Hessen auf dem Weg zu Studiengebühren - trotz vieler Bedenken (Studis Online-Meldung, 15.09.2006)
- "Nachbesserungen" bei Studiengebühren-Plänen in Hessen (Studis Online-Meldung, 04.09.2006)
- Hessische Landesregierung will Studiengebühren ab Ende 2007 (Studis Online-Meldung, 05.05.2006)