HochschulpolitikWahlprüfsteine - Die Antwort der SPD
1. Bildungspolitik ist größtenteils Ländersache - wie soll die Verteilung der Kompetenzen in Zukunft aussehen? Bleibt es beim Status Quo oder soll der Bund oder die Länder mehr Entscheidungen fällen können? Wie sehen Sie den Einfluss europäischer Institutionen und den Bologna-Prozess?
Wir wissen: Bildung, Hochschule, Wissenschaft werden die Zukunft unseres Landes maßgeblich mit entscheiden. Die PISA-Studie hat gezeigt, dass wir eine gemeinsame nationale Kraftanstrengung brauchen, um wieder Spitzenland in der Bildung zu werden. Es ist deshalb politisch unvernünftig und nicht vermittelbar, dass der Bund sich gerade hier völlig zurückzieht. Das erfolgreiche Ganztagsschulprogramm der Bundesregierung belegt dies.
Sowohl das Thema Bildung - und zwar von Vorschule über Schule, Ausbildung und Hochschule bis hin zur Qualifizierung und Weiterbildung - als auch die föderalen Strukturen unseres Bundesstaates im Rahmen einer sich entwickelnden und sich verändernden Europäischen Union lassen Stillstand nicht zu. Die zeitgemäße Organisation der Demokratie ist eine Bedingung für sozialen Fortschritt. Deshalb brauchen wir bei der Reform des Föderalismus einen neuen Anfang. Wir brauchen mehr Klarheit in der Verantwortung und mehr Klarheit in der Kooperation zwischen Bund und Ländern und damit auch mehr Effizienz in unserem föderalen Staatsaufbau. Wir wissen: Bei den guten und erfolgreichen Programmen in Bildung und Hochschule arbeiten Bund und Länder zusammen.
Durch den Bologna-Prozess wächst Europa im Hochschulbereich stärker zusammen. Die Realisierung der Ziele des Bologna-Prozesses ist uns deshalb ein besonderes Anliegen. Sie liegt in Deutschland in der Verantwortung der Hochschulen, der Länder und des Bundes. Die Bundesregierung hat mit der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes die notwendigen Voraussetzungen für diesen europäischen Hochschulraum geschaffen. Die Halbzeitbilanz im norwegischen Bergen 2005 hat gezeigt: Deutschland ist gut aufgestellt. Schon mehr als ein Viertel aller Studiengänge sind auf Bachelor und Master umgestellt. Das entspricht einer Steigerung auf über 26 Prozent am gesamten Studienangebot innerhalb weniger Jahre. Mittlerweile sind in den Studiengängen fast 110.000 Studierende eingeschrieben, davon 22 Prozent Studierende aus dem Ausland. Zudem zählt Deutschland zu den wenigen Ländern, die bereits einen nationalen Qualifikationsrahmen für Hochschulabschlüsse einführten.
Die Hochschulen brauchen bei diesem Prozess organisatorische und konzeptionelle Unterstützung, deshalb unterstützt die SPD-geführte Bundesregierung die Hochschulrektorenkonferenz beim Aufbau des Bologna-Kompetenzzentrums in den kommenden zweieinhalb Jahren mit mehr als 4,4 Mio. Euro. Zusätzlich wollen wir die Hochschulen mit einem Hochschulinnovationsprogramm auf ihrem Weg zu mehr Autonomie, Exzellenz und Internationalität weiter stärken. Gefördert werden sollen die Entwicklung von Autonomiemodellen und der Aufbau professionellen Hochschulmanagements ebenso wie die Umstellung aller Studiengänge auf Bachelor und Master bis 2010.
2. Wie soll die Studienfinanzierung in Zukunft aussehen? Bleibt das BAföG, welche Verbesserungen können Sie sich dabei vorstellen bzw. welche Alternative schwebt Ihrer Partei vor? Oder sehen sie die Zukunft eher in so genannten Studienkrediten?
Wir stehen für den offenen Zugang zu den Hochschulen, unabhängig von den sozialen oder finanziellen Voraussetzungen der Jugendlichen. Wir stehen dafür, dass mehr Jugendliche aus bildungsfernen Schichten ein Studium ermöglicht wird.
Unsere BAföG-Reform von 2001 zeigt, dass es möglich ist, mehr Chancengleichheit in Deutschland zu verwirklichen. Die Bilanz kann sich sehen lassen: Seit 1998 ist die Zahl der BAföG-Geförderten von 529.000 auf 810.000 und damit um über 50% gestiegen. Fast jeder zweite Geförderte (48,7 Prozent) erhielt 2004 eine Vollförderung, das heißt maximal bis zu 585 Euro.
Junge Menschen mit Schulden ins Berufsleben und in die Familiengründung starten zu lassen, ist unverantwortbar. Um die Belastung für die Studierenden schon zum Zeitpunkt der Studienentscheidung kalkulierbar zu machen, haben wir die Darlehensbe-lastung bei 10.000 Euro gedeckelt. Zum Vergleich: Bei bedarfsdeckendem Studienkredit müsste ein Studierender für ein fünfjähriges Masterstudium inklusive Zinsen rund 90.000 Euro zurückzahlen. Studiengebühren oder -kredite wirken sich auf die Entscheidung für ein Studium aus, denn 70 Prozent der aktuell Geförderten geben an, ohne BAföG hätten sie nicht studieren können. Eine Umwandlung in ein Volldarlehen lehnen wir deshalb ab. Wir halten am BAföG, so wie es jetzt ist, fest.
Die Studienanfängerquote ist gegenüber 1998 um fast zehn Prozentpunkte gestiegen und liegt jetzt bei 37,5 %. Es ist gelungen, den Anschluss an internationale Durchschnittswerte zu erreichen. Es geht darum, diesen Erfolg nicht zu gefährden, zumal wir im internationalen Vergleich noch nicht am Ziel sind.
3. Studiengebühren sind zwar laut Bundesverfassungsgerichtsurteil erst einmal Ländersache. Trotzdem kann auf Bundesebene für oder gegen Studiengebühren gearbeitet werden - z.B. durch Bereitstellung einer Studienfinanzierung, die auch Studiengebühren umfasst. Werden Studiengebühren befürwortet oder abgelehnt und aus welchen Gründen?
Wir halten an unserem Grundsatz fest: das Erststudium bleibt frei von Studiengebühren.
Bei der Novelle des Hochschulrahmengesetzes 2001 wurde die ursprünglich gemeinsam von den Ländern verabredete Einigung über ein studiengebührenfreies Erststudium festgeschrieben. Das neue Gesetz ist 2002 in Kraft getreten. Gegen diese Regelung haben einige unionsgeführte Bundesländer geklagt und mit der Begründung, dem Bund fehle das Gesetzgebungsrecht, vor dem Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts auch gewonnen. Damit liegt die Regelungskompetenz zunächst bei den Ländern. Im Hinblick auf die Ankündigung einiger CDU-regierter Länder, Studiengebühren einführen zu wollen, fordern wir diese auf, vorher Mindeststandards für die soziale Ausgestaltung sicherzustellen. Noch nicht einmal davon kann bei den zurzeit bekannten Überlegungen die Rede sein. Allein die Diskussionen um Studiengebühren hat nach einer jüngst veröffentlichten HIS-Studie die Studierneigung gesenkt.
4. Hochschulen sind heute i.a. Körperschaften öffentlichen Rechts. Sehen Sie hier Änderungsbedarf? Wie sollen die Leitungsstrukturen aussehen, welche Mitsprache soll den Studierenden zustehen (sofern der Bund hier überhaupt Einfluss nehmen soll)?
Mit der HRG–Novelle von 2001 haben wir auch eine neue Regelungen für die verfasste Studierendenschaft beschlossen. Die Länder wurden verpflichtet, künftig an allen Hochschulen verfasste Studierendenschaften zu bilden. Auch dagegen haben einige der unionsgeführten Bundesländer geklagt. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes liegt es nun auch in dieser Sache in der Verantwortung der Länder, an den Hochschulen verfasste Studierendenschaften einzurichten. Wir sind der Auffassung, dass dies eine demokratische Selbstverständlichkeit ist. Studierende brauchen für ihren Einsatz und ihr Engagement eine institutionelle Absicherung, schließlich erbringen die Studierendenschaften zudem erhebliche Beratungs- und Betreuungsleistungen und sie haben umfassendes Wissen über die Studiensituation an der jeweiligen Hochschule.
5. Hochschulfinanzierung ist von Bundesseite vor allem der Hochschulbau und die Finanzierung von Forschung. Wollen Sie dies so belassen und wie viel Gelder planen Sie dafür (oder auch für neue Aufgaben) ein im Vergleich zur Vergangenheit?
Die Fakten sprechen für sich: Von 1993 bis 1998 sanken die Ausgaben für Bildung und Forschung um 390 Mio. Euro. Wir haben diesen Trend in einer großen Kraftanstrengung umgekehrt. Die Ausgaben für Bildung und Forschung sind seit unserer Regierungsübernahme 1998 um 37,5 % auf 9,9 Mrd. Euro gestiegen. Wir werden zusätzlich zu unseren Vorschlägen zum Subventionsabbau (z.B. Abschaffung der Eigenheimzulage) weitere Mittel dadurch mobilisieren, dass hohe Einkommen ab 250.000 Euro (Ledige)/500.000 (Verheirate) Euro mit einem Steuerzuschlag von 3 % stärker zur Finanzierung von notwendigen staatlichen Aufgaben - vor allem für Bildung und Forschung - herangezogen werden.
Bereits jetzt unternimmt die Bundesregierung erhebliche Anstrengungen, die Hochschulen zu stärken: sei es z.B. in der Geisteswissenschaft, in der internationalen Zusammenarbeit oder bei der Einführung neuer Medien. Mit der Exzellenzinitiative für Spitzenuniversitäten, die auf die Initiative der Bundesregierung zurückgeht, schaffen wir für unsere Hochschulen ein Sprungbrett in die Weltklasse. Mit zusätzlich 1,9 Mrd. Euro, von denen der Bund 75 % übernimmt, können Deutschlands Hochschulen ihr Profil stärken und endlich auch international zeigen, wie leistungsfähig sie sind. Dabei ist es erklärtes Ziel der Bundesregierung, dass die Auswahl und Bewertung der Konzepte durch eine hochkarätig besetzte Kommission erfolgen soll, in der auch Expertinnen und Experten aus dem Ausland oder mit langjähriger Auslandserfahrung maßgeblich mitwirken. Auch das neue Innovationsprogramm für die Hochschulen zielt hierauf.
6. Im internationalen Vergleich studieren in Deutschland verhältnismäßig wenig Menschen. Der Frauenanteil ist schon unter Studierenden geringer als in vielen europäischen Ländern (vgl. z.B. EUROSTUDENT 2005 Report), im wissenschaftlichen Mittelbau und bei C3- (und noch mehr bei C4-) Professuren ist der geringe Frauenanteil sowieso offensichtlich. Sind aus Ihrer Sicht hier (Studierendenanteil unter der Bevölkerung allgemein, Frauenanteil im Hochschulbereich) Maßnahmen erforderlich, wenn ja, welche?
Frauen- und Gleichstellungspolitik ist eine Querschnittsaufgabe. Deshalb werden wir dafür sorgen, dass das Gender-Mainstreaming-Prinzip zur Verwirklichung von Geschlechtergerechtigkeit in allen politischen Bereichen konsequent angewandt wird.
Wir werden erstmals einen "Bericht zur Gleichstellung von Frauen und Männern" vorlegen und in einer nachfolgenden Regierungserklärung die sich daraus ergebenden Konsequenzen darlegen. Wir wollen, dass Frauen die gleichen Karrierechancen und den gleichberechtigten Zugang zu Führungspositionen in der Wirtschaft, in der Wissenschaft und in der Forschung erhalten. Wenn dies auf freiwilliger Basis nicht umgesetzt wird, werden wir verbindliche Regelungen schaffen.
Wir haben die Förderung der Chancengleichheit von Frauen in Bildung und Forschung fest im Haushalt verankert und die Mittel von rund 3,5 Mio. Euro (1999) auf rund 6 Mio. Euro gesteigert. Zusätzlich stellen Bund und Länder im Programm zur Weiterentwicklung von Hochschulen (HWP) gemeinsam 180 Mio. Euro von 2001 bis 2006 zur Verfügung, um die Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre zu erhöhen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ermöglicht den Forschungseinrichtungen seit 1999, Haushaltsmittel kostenneutral für Angebote zur Kinderbetreuung zu verwenden. Mittlerweile verfügen 13 von 15 HGF-Institute über eigene Kinderbetreuungseinrichtungen. Um Frauen auf Führungspositionen in Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft vorzubereiten, wurden 1999 die Kompetenzzentren Frauen in der Informationsgesellschaft und Technologie in Bielefeld und das Center of Excellence Women and Science (kurz CEWS) in Bonn gegründet. Die Übernahme des CEWS in die institutionelle Förderung und damit in eine langfristige Finanzierung sind auf gutem Wege.
Wir werden sicherstellen, dass das vom Bund geförderte Gender-Kompetenz-Zentrum als anwendungsorientierte Forschungseinrichtung an der Humboldt-Universität in Berlin gestärkt wird. Ferner unterstützen wir nachdrücklich die Einrichtung eines europäischen Genderinstituts. Auch beim Pakt für Forschung und Innovation ist Frauenförderung ein wichtiges Element.
Von den im Wintersemester 2003/2004 an deutschen Hochschulen immatrikulierten rund zwei Millionen Studierenden waren etwa 47 Prozent Frauen. Der Anteil der Frauen an Promotionen erhöhte sich zwischen 1998 und 2003 um fast zehn Prozentpunkte auf rund 38 Prozent. Der Anteil bei den Habilitationen stieg von 13 auf 23 Prozent in 2004. Im Jahr 2004 wurden fast 14 Prozent aller Professuren von Frauen gestellt. 1998 waren dies nur 9,5 Prozent. Fast jede dritte Juniorprofessur war im Jahr 2004 mit einer Frau besetzt. Der Frauenanteil am wissenschaftlichen Personal in den institutionell geförderten Forschungseinrichtungen erhöhte sich von rund 20 Prozent auf 26 Prozent.
Diskussionsbedarf?
Wer die Antworten der SPD oder überhaupt rund um die Bundestagswahl diskutieren möchte, kann dies in unserem Forum "Bildungs- und Hochschulpolitik" in dem ein extra Thread zum Thema Bundestagswahl eingerichtet ist.
« Wahlprüfsteine - Einleitungsartikel (mit Links zu allen Artikeln mit Antworten)
Sowohl das Thema Bildung - und zwar von Vorschule über Schule, Ausbildung und Hochschule bis hin zur Qualifizierung und Weiterbildung - als auch die föderalen Strukturen unseres Bundesstaates im Rahmen einer sich entwickelnden und sich verändernden Europäischen Union lassen Stillstand nicht zu. Die zeitgemäße Organisation der Demokratie ist eine Bedingung für sozialen Fortschritt. Deshalb brauchen wir bei der Reform des Föderalismus einen neuen Anfang. Wir brauchen mehr Klarheit in der Verantwortung und mehr Klarheit in der Kooperation zwischen Bund und Ländern und damit auch mehr Effizienz in unserem föderalen Staatsaufbau. Wir wissen: Bei den guten und erfolgreichen Programmen in Bildung und Hochschule arbeiten Bund und Länder zusammen.
Durch den Bologna-Prozess wächst Europa im Hochschulbereich stärker zusammen. Die Realisierung der Ziele des Bologna-Prozesses ist uns deshalb ein besonderes Anliegen. Sie liegt in Deutschland in der Verantwortung der Hochschulen, der Länder und des Bundes. Die Bundesregierung hat mit der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes die notwendigen Voraussetzungen für diesen europäischen Hochschulraum geschaffen. Die Halbzeitbilanz im norwegischen Bergen 2005 hat gezeigt: Deutschland ist gut aufgestellt. Schon mehr als ein Viertel aller Studiengänge sind auf Bachelor und Master umgestellt. Das entspricht einer Steigerung auf über 26 Prozent am gesamten Studienangebot innerhalb weniger Jahre. Mittlerweile sind in den Studiengängen fast 110.000 Studierende eingeschrieben, davon 22 Prozent Studierende aus dem Ausland. Zudem zählt Deutschland zu den wenigen Ländern, die bereits einen nationalen Qualifikationsrahmen für Hochschulabschlüsse einführten.
Die Hochschulen brauchen bei diesem Prozess organisatorische und konzeptionelle Unterstützung, deshalb unterstützt die SPD-geführte Bundesregierung die Hochschulrektorenkonferenz beim Aufbau des Bologna-Kompetenzzentrums in den kommenden zweieinhalb Jahren mit mehr als 4,4 Mio. Euro. Zusätzlich wollen wir die Hochschulen mit einem Hochschulinnovationsprogramm auf ihrem Weg zu mehr Autonomie, Exzellenz und Internationalität weiter stärken. Gefördert werden sollen die Entwicklung von Autonomiemodellen und der Aufbau professionellen Hochschulmanagements ebenso wie die Umstellung aller Studiengänge auf Bachelor und Master bis 2010.
2. Wie soll die Studienfinanzierung in Zukunft aussehen? Bleibt das BAföG, welche Verbesserungen können Sie sich dabei vorstellen bzw. welche Alternative schwebt Ihrer Partei vor? Oder sehen sie die Zukunft eher in so genannten Studienkrediten?
Wir stehen für den offenen Zugang zu den Hochschulen, unabhängig von den sozialen oder finanziellen Voraussetzungen der Jugendlichen. Wir stehen dafür, dass mehr Jugendliche aus bildungsfernen Schichten ein Studium ermöglicht wird.
Unsere BAföG-Reform von 2001 zeigt, dass es möglich ist, mehr Chancengleichheit in Deutschland zu verwirklichen. Die Bilanz kann sich sehen lassen: Seit 1998 ist die Zahl der BAföG-Geförderten von 529.000 auf 810.000 und damit um über 50% gestiegen. Fast jeder zweite Geförderte (48,7 Prozent) erhielt 2004 eine Vollförderung, das heißt maximal bis zu 585 Euro.
Junge Menschen mit Schulden ins Berufsleben und in die Familiengründung starten zu lassen, ist unverantwortbar. Um die Belastung für die Studierenden schon zum Zeitpunkt der Studienentscheidung kalkulierbar zu machen, haben wir die Darlehensbe-lastung bei 10.000 Euro gedeckelt. Zum Vergleich: Bei bedarfsdeckendem Studienkredit müsste ein Studierender für ein fünfjähriges Masterstudium inklusive Zinsen rund 90.000 Euro zurückzahlen. Studiengebühren oder -kredite wirken sich auf die Entscheidung für ein Studium aus, denn 70 Prozent der aktuell Geförderten geben an, ohne BAföG hätten sie nicht studieren können. Eine Umwandlung in ein Volldarlehen lehnen wir deshalb ab. Wir halten am BAföG, so wie es jetzt ist, fest.
Die Studienanfängerquote ist gegenüber 1998 um fast zehn Prozentpunkte gestiegen und liegt jetzt bei 37,5 %. Es ist gelungen, den Anschluss an internationale Durchschnittswerte zu erreichen. Es geht darum, diesen Erfolg nicht zu gefährden, zumal wir im internationalen Vergleich noch nicht am Ziel sind.
3. Studiengebühren sind zwar laut Bundesverfassungsgerichtsurteil erst einmal Ländersache. Trotzdem kann auf Bundesebene für oder gegen Studiengebühren gearbeitet werden - z.B. durch Bereitstellung einer Studienfinanzierung, die auch Studiengebühren umfasst. Werden Studiengebühren befürwortet oder abgelehnt und aus welchen Gründen?
Wir halten an unserem Grundsatz fest: das Erststudium bleibt frei von Studiengebühren.
Bei der Novelle des Hochschulrahmengesetzes 2001 wurde die ursprünglich gemeinsam von den Ländern verabredete Einigung über ein studiengebührenfreies Erststudium festgeschrieben. Das neue Gesetz ist 2002 in Kraft getreten. Gegen diese Regelung haben einige unionsgeführte Bundesländer geklagt und mit der Begründung, dem Bund fehle das Gesetzgebungsrecht, vor dem Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts auch gewonnen. Damit liegt die Regelungskompetenz zunächst bei den Ländern. Im Hinblick auf die Ankündigung einiger CDU-regierter Länder, Studiengebühren einführen zu wollen, fordern wir diese auf, vorher Mindeststandards für die soziale Ausgestaltung sicherzustellen. Noch nicht einmal davon kann bei den zurzeit bekannten Überlegungen die Rede sein. Allein die Diskussionen um Studiengebühren hat nach einer jüngst veröffentlichten HIS-Studie die Studierneigung gesenkt.
4. Hochschulen sind heute i.a. Körperschaften öffentlichen Rechts. Sehen Sie hier Änderungsbedarf? Wie sollen die Leitungsstrukturen aussehen, welche Mitsprache soll den Studierenden zustehen (sofern der Bund hier überhaupt Einfluss nehmen soll)?
Mit der HRG–Novelle von 2001 haben wir auch eine neue Regelungen für die verfasste Studierendenschaft beschlossen. Die Länder wurden verpflichtet, künftig an allen Hochschulen verfasste Studierendenschaften zu bilden. Auch dagegen haben einige der unionsgeführten Bundesländer geklagt. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes liegt es nun auch in dieser Sache in der Verantwortung der Länder, an den Hochschulen verfasste Studierendenschaften einzurichten. Wir sind der Auffassung, dass dies eine demokratische Selbstverständlichkeit ist. Studierende brauchen für ihren Einsatz und ihr Engagement eine institutionelle Absicherung, schließlich erbringen die Studierendenschaften zudem erhebliche Beratungs- und Betreuungsleistungen und sie haben umfassendes Wissen über die Studiensituation an der jeweiligen Hochschule.
5. Hochschulfinanzierung ist von Bundesseite vor allem der Hochschulbau und die Finanzierung von Forschung. Wollen Sie dies so belassen und wie viel Gelder planen Sie dafür (oder auch für neue Aufgaben) ein im Vergleich zur Vergangenheit?
Die Fakten sprechen für sich: Von 1993 bis 1998 sanken die Ausgaben für Bildung und Forschung um 390 Mio. Euro. Wir haben diesen Trend in einer großen Kraftanstrengung umgekehrt. Die Ausgaben für Bildung und Forschung sind seit unserer Regierungsübernahme 1998 um 37,5 % auf 9,9 Mrd. Euro gestiegen. Wir werden zusätzlich zu unseren Vorschlägen zum Subventionsabbau (z.B. Abschaffung der Eigenheimzulage) weitere Mittel dadurch mobilisieren, dass hohe Einkommen ab 250.000 Euro (Ledige)/500.000 (Verheirate) Euro mit einem Steuerzuschlag von 3 % stärker zur Finanzierung von notwendigen staatlichen Aufgaben - vor allem für Bildung und Forschung - herangezogen werden.
Bereits jetzt unternimmt die Bundesregierung erhebliche Anstrengungen, die Hochschulen zu stärken: sei es z.B. in der Geisteswissenschaft, in der internationalen Zusammenarbeit oder bei der Einführung neuer Medien. Mit der Exzellenzinitiative für Spitzenuniversitäten, die auf die Initiative der Bundesregierung zurückgeht, schaffen wir für unsere Hochschulen ein Sprungbrett in die Weltklasse. Mit zusätzlich 1,9 Mrd. Euro, von denen der Bund 75 % übernimmt, können Deutschlands Hochschulen ihr Profil stärken und endlich auch international zeigen, wie leistungsfähig sie sind. Dabei ist es erklärtes Ziel der Bundesregierung, dass die Auswahl und Bewertung der Konzepte durch eine hochkarätig besetzte Kommission erfolgen soll, in der auch Expertinnen und Experten aus dem Ausland oder mit langjähriger Auslandserfahrung maßgeblich mitwirken. Auch das neue Innovationsprogramm für die Hochschulen zielt hierauf.
6. Im internationalen Vergleich studieren in Deutschland verhältnismäßig wenig Menschen. Der Frauenanteil ist schon unter Studierenden geringer als in vielen europäischen Ländern (vgl. z.B. EUROSTUDENT 2005 Report), im wissenschaftlichen Mittelbau und bei C3- (und noch mehr bei C4-) Professuren ist der geringe Frauenanteil sowieso offensichtlich. Sind aus Ihrer Sicht hier (Studierendenanteil unter der Bevölkerung allgemein, Frauenanteil im Hochschulbereich) Maßnahmen erforderlich, wenn ja, welche?
Frauen- und Gleichstellungspolitik ist eine Querschnittsaufgabe. Deshalb werden wir dafür sorgen, dass das Gender-Mainstreaming-Prinzip zur Verwirklichung von Geschlechtergerechtigkeit in allen politischen Bereichen konsequent angewandt wird.
Wir werden erstmals einen "Bericht zur Gleichstellung von Frauen und Männern" vorlegen und in einer nachfolgenden Regierungserklärung die sich daraus ergebenden Konsequenzen darlegen. Wir wollen, dass Frauen die gleichen Karrierechancen und den gleichberechtigten Zugang zu Führungspositionen in der Wirtschaft, in der Wissenschaft und in der Forschung erhalten. Wenn dies auf freiwilliger Basis nicht umgesetzt wird, werden wir verbindliche Regelungen schaffen.
Wir haben die Förderung der Chancengleichheit von Frauen in Bildung und Forschung fest im Haushalt verankert und die Mittel von rund 3,5 Mio. Euro (1999) auf rund 6 Mio. Euro gesteigert. Zusätzlich stellen Bund und Länder im Programm zur Weiterentwicklung von Hochschulen (HWP) gemeinsam 180 Mio. Euro von 2001 bis 2006 zur Verfügung, um die Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre zu erhöhen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ermöglicht den Forschungseinrichtungen seit 1999, Haushaltsmittel kostenneutral für Angebote zur Kinderbetreuung zu verwenden. Mittlerweile verfügen 13 von 15 HGF-Institute über eigene Kinderbetreuungseinrichtungen. Um Frauen auf Führungspositionen in Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft vorzubereiten, wurden 1999 die Kompetenzzentren Frauen in der Informationsgesellschaft und Technologie in Bielefeld und das Center of Excellence Women and Science (kurz CEWS) in Bonn gegründet. Die Übernahme des CEWS in die institutionelle Förderung und damit in eine langfristige Finanzierung sind auf gutem Wege.
Wir werden sicherstellen, dass das vom Bund geförderte Gender-Kompetenz-Zentrum als anwendungsorientierte Forschungseinrichtung an der Humboldt-Universität in Berlin gestärkt wird. Ferner unterstützen wir nachdrücklich die Einrichtung eines europäischen Genderinstituts. Auch beim Pakt für Forschung und Innovation ist Frauenförderung ein wichtiges Element.
Von den im Wintersemester 2003/2004 an deutschen Hochschulen immatrikulierten rund zwei Millionen Studierenden waren etwa 47 Prozent Frauen. Der Anteil der Frauen an Promotionen erhöhte sich zwischen 1998 und 2003 um fast zehn Prozentpunkte auf rund 38 Prozent. Der Anteil bei den Habilitationen stieg von 13 auf 23 Prozent in 2004. Im Jahr 2004 wurden fast 14 Prozent aller Professuren von Frauen gestellt. 1998 waren dies nur 9,5 Prozent. Fast jede dritte Juniorprofessur war im Jahr 2004 mit einer Frau besetzt. Der Frauenanteil am wissenschaftlichen Personal in den institutionell geförderten Forschungseinrichtungen erhöhte sich von rund 20 Prozent auf 26 Prozent.
Diskussionsbedarf?
Wer die Antworten der SPD oder überhaupt rund um die Bundestagswahl diskutieren möchte, kann dies in unserem Forum "Bildungs- und Hochschulpolitik" in dem ein extra Thread zum Thema Bundestagswahl eingerichtet ist.
« Wahlprüfsteine - Einleitungsartikel (mit Links zu allen Artikeln mit Antworten)