HochschulpolitikCDU-Studiengebühren-Eckpunkte von allen Seiten kritisiert
Getroffen hatten sich Minister aus Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die baden-württembergische Kultusministerin Schavan durfte schließlich am vergangenen Freitag die Ergebnisse des Treffens verkünden.
Dabei handelt es sich um das übliche Mantra. Die Gebühren sollen direkt in die Verbesserung der Lehre und der Studienbedingungen fließen. Und natürlich nichts gekürzt werden. Vor allem die Studierenden würden von den Gebühren profitieren.
Es soll grundsätzlich die Möglichkeit geben, für die Gebühren ein Darlehen aufzunehmen, dass erst nach dem Studium zurückzuzahlen sei ("nachlaufende Studiengebühren"). Die Bundesregierung wird aufgefordert, das BAföG entsprechend auszurichten.
Von Seiten des Bundes dürfte die Bereitschaft, das BAföG für Studiengebühren zu erhöhen, allerdings sehr gering sein. Was auch verständlich ist: Regeln dürfen soll der Bund nichts, aber zahlen - da sind stattdessen die Länder gefordert. Die Finanzierung notwendiger Darlehen wird auf jeden Fall auch etwas kosten - und allein deswegen wird nicht alles eingenommene Geld in die Hochschulen fließen können.
Auch das Versprechen, nicht zu kürzen, ist selbst bei Einhaltung nicht so schön, wie es scheint. Denn wenn man einen Posten absolut nicht kürzt, so sinkt er relativ auf Grund der Inflation eben doch. Genau darauf wird es wohl hinauslaufen - eine ganz schleichende Ausdünnung.
Auch die Festlegung einer Obergrenze von 500 € dürfte eher taktisch sein und in ein paar Jahren wieder kassiert werden. Auf derartige Versprechen kann man nichts geben.
Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren kommentierte: "Die Wissenschaftspolitiker der Union sollten ihre Energien lieber für eine Lösung dieser Probleme einsetzen, statt ihre Haushalte durch Studiengebühren zu sanieren."
Arbeitgeber werfen CDU "Ängstlichkeit" vor und wollen mehr Studiengebühren
Das Handelsblatt meldet, dass Wirtschaft und Ökonomen das Konzept der Unionsländer als "enttäuschend" kritisiert haben. Nach deren Vorstellungen sind 500 Euro Studiengebühren nämlich nicht genug. Auch der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz outete sich in diesem Zusammenhang erneut als Befürworter höherer Gebühren, "etwa wenn die Verdienstaussichten oder die Kosten des Studienfaches besonders hoch seien" (so schreibt ebenfalls das Handelsblatt).
Wer also glaubt, mit 500 Euro sei erst einmal Ruhe eingekehrt in die Debatte, der irrt. Und sollten die Studierenden keine größeren Proteste organisieren, so kann man auch sicher sein, dass höhere Gebühren kommen. So weist Hans-Werner Sinn (Ifo-Chef) darauf hin, dass 500 Euro doch nur 4% der Gebühren in den USA entsprächen. Ein solcher Vergleich ist allein deswegen wenig hilfreich, weil es in den USA völlig andere Bedingungen gibt und die somit suggerierten 12500 Euro Gebühren im Semester selbst in den USA nicht die Regel sind. Aber so sollen offenbar alle schon mal weich gekocht werden für deutlich höhere Gebühren.
Deutsches Studentenwerk (DSW) kritisiert CDU-Vorschläge (und will eigentlich lieber keine Studiengebühren)
"Eine Obergrenze bei circa 500 Euro Studiengebühren im Semester ist nicht per so sozialverträglich, wenn man die tatsächlichen Einnahmen der Studierenden berücksichtigt. Mehr als ein Viertel hat gemäß unserer aktuellen Sozialerhebung weniger als 600 Euro im Monat zur Verfügung, für sie bedeuten 500 Euro Studiengebühren im Semester eine erhebliche Belastung von rund 83 Euro monatlich. Das sind fast 15 Prozent des Budgets!" erklärte DSW-Präsident Prof. Rinkens.
Das DSW verlangt daher, dass BAföG-Empfänger pauschal von Studiengebühren freizustellen sind. Für alle anderen sollten die Gebühren ebenfalls nach der Leistungskraft, also den tatsächlichen studentischen Einnahmen gestaffelt erhoben werden.
Mit diesen Forderungen versucht das DSW, für die Studierenden noch etwas zu retten, wenn die Gebühren denn nicht aufzuhalten sein sollten. Die ausführlicheren Stellungnahme des DSW zu den Eckpunkten (hier als PDF-Dokument) zeigt darüberhinaus viele Detail-(Denk-)Fehler im Eckpunktepapier der CDU auf.
Ein besonders treffendes Zitat soll hier nicht vorenthalten werden:
CDU-Papier
Die unionsgeführten Länder haben ihr Vorgehen abgestimmt. Sie sehen in diesen Eckpunkten eine tragfähige Grundlage, um gemeinsam einen wichtigen Beitrag für die Verbesserung der Hochschulfinanzierung zu leisten.
DSW-Kommentar
Nicht die Länder, sondern die unterhaltsverpflichteten Eltern (§ 1610 Abs. 2 BGB) und die Studierenden werden demnächst mit Studienbeiträgen einen wichtigen Beitrag für die Verbesserung der Hochschulfinanzierung leisten müssen.
Fazit des DSW: "Die Eckpunkte stecken leider keinen Rahmen für ein gemeinsames Vorgehen der unionsge-führten Länder ab, da sie überwiegend nur die bekannte Begründungsrhetorik für Studienge-bühren wiederholen und in entscheidenden Fragen der Ausgestaltung zu allgemein bleiben."
Am Rande: Demonstrieren in vorlesungsfreier Zeit wenig empfehlenswert
In München fand am vergangenen Freitag eine Demonstration von SchülerInnen und Studierenden gegen Studiengebühren statt. Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (weitere Aufrufer waren Schülervertretungen und Gewerkschaften) hatte diese als "Großdemo" angekündigt - was auch immer das heißt. Laut Presseangaben demonstrierten einige Tausend, nach Veranstalterangaben 5000. Für die vorlesungsfreie Zeit und direkt vor den Schul-Osterferien in Bayern ist das zwar gar nicht schlecht - aber in der Außenwirkung kommt das möglicherweise nicht stark genug rüber. Wobei der Bayerische Rundfunk offenbar berichtete: Massendemo für kostenlose Bildung - Auftakt zu bundesweiten Protesten? Das ist dann natürlich ein Erfolg.
In Bayern ist die Einführung von allgemeinen Studiengebühren bereits zum Sommersemester 2006 geplant.
Dabei handelt es sich um das übliche Mantra. Die Gebühren sollen direkt in die Verbesserung der Lehre und der Studienbedingungen fließen. Und natürlich nichts gekürzt werden. Vor allem die Studierenden würden von den Gebühren profitieren.
Es soll grundsätzlich die Möglichkeit geben, für die Gebühren ein Darlehen aufzunehmen, dass erst nach dem Studium zurückzuzahlen sei ("nachlaufende Studiengebühren"). Die Bundesregierung wird aufgefordert, das BAföG entsprechend auszurichten.
Von Seiten des Bundes dürfte die Bereitschaft, das BAföG für Studiengebühren zu erhöhen, allerdings sehr gering sein. Was auch verständlich ist: Regeln dürfen soll der Bund nichts, aber zahlen - da sind stattdessen die Länder gefordert. Die Finanzierung notwendiger Darlehen wird auf jeden Fall auch etwas kosten - und allein deswegen wird nicht alles eingenommene Geld in die Hochschulen fließen können.
Auch das Versprechen, nicht zu kürzen, ist selbst bei Einhaltung nicht so schön, wie es scheint. Denn wenn man einen Posten absolut nicht kürzt, so sinkt er relativ auf Grund der Inflation eben doch. Genau darauf wird es wohl hinauslaufen - eine ganz schleichende Ausdünnung.
Auch die Festlegung einer Obergrenze von 500 € dürfte eher taktisch sein und in ein paar Jahren wieder kassiert werden. Auf derartige Versprechen kann man nichts geben.
Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren kommentierte: "Die Wissenschaftspolitiker der Union sollten ihre Energien lieber für eine Lösung dieser Probleme einsetzen, statt ihre Haushalte durch Studiengebühren zu sanieren."
Arbeitgeber werfen CDU "Ängstlichkeit" vor und wollen mehr Studiengebühren
Das Handelsblatt meldet, dass Wirtschaft und Ökonomen das Konzept der Unionsländer als "enttäuschend" kritisiert haben. Nach deren Vorstellungen sind 500 Euro Studiengebühren nämlich nicht genug. Auch der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz outete sich in diesem Zusammenhang erneut als Befürworter höherer Gebühren, "etwa wenn die Verdienstaussichten oder die Kosten des Studienfaches besonders hoch seien" (so schreibt ebenfalls das Handelsblatt).
Wer also glaubt, mit 500 Euro sei erst einmal Ruhe eingekehrt in die Debatte, der irrt. Und sollten die Studierenden keine größeren Proteste organisieren, so kann man auch sicher sein, dass höhere Gebühren kommen. So weist Hans-Werner Sinn (Ifo-Chef) darauf hin, dass 500 Euro doch nur 4% der Gebühren in den USA entsprächen. Ein solcher Vergleich ist allein deswegen wenig hilfreich, weil es in den USA völlig andere Bedingungen gibt und die somit suggerierten 12500 Euro Gebühren im Semester selbst in den USA nicht die Regel sind. Aber so sollen offenbar alle schon mal weich gekocht werden für deutlich höhere Gebühren.
Deutsches Studentenwerk (DSW) kritisiert CDU-Vorschläge (und will eigentlich lieber keine Studiengebühren)
"Eine Obergrenze bei circa 500 Euro Studiengebühren im Semester ist nicht per so sozialverträglich, wenn man die tatsächlichen Einnahmen der Studierenden berücksichtigt. Mehr als ein Viertel hat gemäß unserer aktuellen Sozialerhebung weniger als 600 Euro im Monat zur Verfügung, für sie bedeuten 500 Euro Studiengebühren im Semester eine erhebliche Belastung von rund 83 Euro monatlich. Das sind fast 15 Prozent des Budgets!" erklärte DSW-Präsident Prof. Rinkens.
Das DSW verlangt daher, dass BAföG-Empfänger pauschal von Studiengebühren freizustellen sind. Für alle anderen sollten die Gebühren ebenfalls nach der Leistungskraft, also den tatsächlichen studentischen Einnahmen gestaffelt erhoben werden.
Mit diesen Forderungen versucht das DSW, für die Studierenden noch etwas zu retten, wenn die Gebühren denn nicht aufzuhalten sein sollten. Die ausführlicheren Stellungnahme des DSW zu den Eckpunkten (hier als PDF-Dokument) zeigt darüberhinaus viele Detail-(Denk-)Fehler im Eckpunktepapier der CDU auf.
Ein besonders treffendes Zitat soll hier nicht vorenthalten werden:
CDU-Papier
Die unionsgeführten Länder haben ihr Vorgehen abgestimmt. Sie sehen in diesen Eckpunkten eine tragfähige Grundlage, um gemeinsam einen wichtigen Beitrag für die Verbesserung der Hochschulfinanzierung zu leisten.
DSW-Kommentar
Nicht die Länder, sondern die unterhaltsverpflichteten Eltern (§ 1610 Abs. 2 BGB) und die Studierenden werden demnächst mit Studienbeiträgen einen wichtigen Beitrag für die Verbesserung der Hochschulfinanzierung leisten müssen.
Fazit des DSW: "Die Eckpunkte stecken leider keinen Rahmen für ein gemeinsames Vorgehen der unionsge-führten Länder ab, da sie überwiegend nur die bekannte Begründungsrhetorik für Studienge-bühren wiederholen und in entscheidenden Fragen der Ausgestaltung zu allgemein bleiben."
Am Rande: Demonstrieren in vorlesungsfreier Zeit wenig empfehlenswert
In München fand am vergangenen Freitag eine Demonstration von SchülerInnen und Studierenden gegen Studiengebühren statt. Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (weitere Aufrufer waren Schülervertretungen und Gewerkschaften) hatte diese als "Großdemo" angekündigt - was auch immer das heißt. Laut Presseangaben demonstrierten einige Tausend, nach Veranstalterangaben 5000. Für die vorlesungsfreie Zeit und direkt vor den Schul-Osterferien in Bayern ist das zwar gar nicht schlecht - aber in der Außenwirkung kommt das möglicherweise nicht stark genug rüber. Wobei der Bayerische Rundfunk offenbar berichtete: Massendemo für kostenlose Bildung - Auftakt zu bundesweiten Protesten? Das ist dann natürlich ein Erfolg.
In Bayern ist die Einführung von allgemeinen Studiengebühren bereits zum Sommersemester 2006 geplant.
Eure Meinung? Was sagt Ihr allgemein zu Studiengebühren? Wie fandet Ihr die bisherigen Protestformen bei Euch und anderswo? In unserem Forum könnt Ihr das und andere Themen diskutieren. » Zum Forum Studium (allgemein) |
- Quellen und weitere Meinungen
- Seit Jahren die gleiche Litanei (ABS-Pressemitteilung, 18.03.2005)
- "Obergrenze bei 500 Euro pro Semester" (FAZ.NET, 18.03.2005)
- Studiengebühren zum Wintersemester 2007/2008 (SWR.de, 18.03.2005)
- "Obergrenze bei 500 Euro pro Semester" (AP-Meldung bei yahoo.de, 18.03.2005)
- Hundt wirft Union bei Studiengebühr Ängstlichkeit vor (Handelsblatt, 21.03.2005)
- 500 Euro sind nicht per se sozialverträglich (PDF-Datei, Pressemitteilung des Deutschen Studentenwerk, 21.01.2005)
- Mehr bei Studis Online
- Übersicht Studiengebühren in den einzelnen Bundesländern (ständig aktualisiert)
- CHE, KfW und Stifterverband präsentieren Studiendarlehen-Modell - und wollen Studiengebühren (17.02.2005)
- Hochschulrektorenkonferenz will Studiengebühren gestalten, aber keine Verantwortung tragen (16.02.2005)
- Studienfinanzierungsmodell des BDA frisch aufgebrüht (09.02.2005)
- Makler gegen Studiengebühren, DIHK und BDA dafür, Berlin am eiern (08.02.2005)
- Gute und schlechte Argumente gegen Studiengebühren (03.02.2005)
- Zehntausend(e) bei Demonstrationen gegen Studiengebühren (03.02.2005)
- Wie teuer Studiengebühren und Studium auf Pump werden (01.02.2005)
- Bundesverfassungsgericht erlaubt Studiengebühren (26.01.2005)
- "Die Auseinandersetzung um Studiengebühren ist primär eine politische, keine juristische" (Interview mit dem früheren ABS-Geschäftsführer Klemens Himpele, 15.11.2004)