Wahlprüfsteine: HochschulpolitikAntworten der Piratenpartei Niedersachsen
Studiengebühren sind seit ihrer Einführung ein stark umstrittenes Thema. Nur noch Niedersachsen und Bayern erheben diese Gebühr. Gibt es Pläne sich dem allgemeinen Trend auf Bundesebene anzuschließen und die allgemeinen Studiengebühren abzuschaffen oder wollen Sie weiterhin daran festhalten?
Die Piratenpartei steht für einen gebührenfreien Zugang zur Bildung. Deshalb lehnen wir auch in Zukunft Studiengebühren ab und klären über die Vorteile eines kostenfreien Studiums auf.
Gibt es Vorhaben zur Weiterentwicklung der bestehenden rechtlichen Grundlage zum BAföG und des Unterhaltsrechtes? Sollte Ihrer Meinung nach das BAföG und das Unterhaltsrecht in Richtung einer vom Einkommen der Eltern unabhängigen Förderung geändert werden? Haben Sie weitere Pläne im Bereich der Studienfinanzierung?
Die Anforderungen zum Bezug von BAföG sind für viele Studierende zu eng gefasst. Die PIRATEN in NRW fordern, die Zahl der Bezugsberechtigten für das BAföG zu erhöhen und dieses für alle Studierenden elternunabhängig zu gestalten. Jeder Studierende sollte unabhängig vom Einkommen der Eltern BAföG beziehen können.
Wie ist Ihre allgemeine Einstellung gegenüber leistungsabhängigen Stipendien im Verhältnis zum BAföG?
Die Piratenpartei setzt sich für freien und gerechten Zugang zur Bildung ein. Leistungsabhängige Stipendien erfüllen diese Bedingung nicht. Antworten der Piraten: Landtagswahlen Schleswig-Holstein 2012
Nach Ansicht der Piraten soll das Studium nicht am finanziellen Hintergrund eines Studierenden scheitern. Die Piraten sehen aber auch, dass jeder Studierende seinen eigenen Unterhalt bestreiten muss und neben dem Studium eigene Ausgaben hat. Die Forderung ist für uns, das BAföG elternunabhängig zu gestalten und damit allen Studierenden eine faire Studienfinanzierung zu ermöglichen. Das BAföG soll die Grundlage für alle Studierenden sein und rückt im Vergleich zu leistungsabhängigen Stipendien stärker in den Vordergrund.
Vergleiche mit anderen Bundesländern zeigen, dass Niedersachsen in Hinblick auf die Statistik der Studierendenzahlen schlecht abschneidet. Die Erhebung von Studiengebühren sowie das Niedersächsische Darlehensmodell könnten daran einen Anteil haben. Welchen Änderungsbedarf sehen Sie und welche Pläne verfolgen Sie wieder mehr Studierende an den Studienstandort Niedersachsen zu bringen?
Studiengebühren und Darlehen sind der falsche Ansatz, Schüler für eine Niedersächsische Universität zu begeistern.
Wir fördern (fordern?) direkt ein unabhängiges und freies Studium, indem wir die Regelstudienzeit und damit auch die Zwangsexmatrikulation abschaffen. Unser Leitbild ist ein ungezwunges und kritisches Studieren nach dem Vorbild des Studiums generale.
Jede zusätzliche finanzielle Belastung hält vom Studium ab. Deshalb steht die Piratenpartei für Lehrmittelfreiheit und freien Zugang zur (universitären) Bildung unabhängig von der sozialen Herkunft.
Welche Pläne verfolgen Sie, mehr Menschen aus finanziell schlechter gestellten Familien zu einer Hochschulzugangsberechtigung zu verhelfen?
Eine zentrale Forderung der Piratenpartei ist der freie Zugang zu Bildung. Das bedeutet, dass die Studiengebühren mit den Piraten nicht wieder eingeführt werden. Die soziale Ausgrenzung nach dem Ausbildungsstand und Einkommen der Eltern beginnt nicht mit der Hochschulzugangsberechtigung, sondern schon in der Schule. Durch ein umfassendes und integrierendes Schulkonzept mit einem Kurssystem will die Piratenpartei langfristig mehr jungen Menschen die Möglichkeit zu einem Studium eröffnen.
Die Zahl der Master-Studienplätze ist Gegenstand vieler Debatten, insbesondere da es offenbar immer wieder zu gewissen Engpässen kommt. Welche Übergangsquote zwischen Bachelor und Master sehen Sie insgesamt als sinnvoll an? Wie stehen Sie zur Umsetzung des Konzeptes der Bachelor-Master-Studiengänge in Deutschland? Welchen Entwicklungsbedarf sehen Sie auf diesem Gebiet?
Jeder Studierende mit einem Bachelorabschluss soll die Möglichkeit haben, einen Master an seiner Hochschule machen zu können.
Selbstverständlich muss jedem Studenten die Möglichkeit gegeben werden, sein Studium zu vollenden. Die Bologna-Reform verursacht Probleme bei der Studienfinanzierung, führt zur Verschulung des Studiums und zur Verschlechterung der universitären Bildung. Diese Fehler müssen korrigiert werden.
Welchen Entwicklungsbedarf sehen Sie in Bezug auf eine verbesserte Hochschulfinanzierung? Soll der Bund sich zukünftig wieder stärker in die Finanzierung einbringen; sollte dazu evt. auch das Kooperationsverbot gestrichen werden?
Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Aus dem Anspruch der Vergleichbarkeit von Abschlüssen über die Landesgrenzen hinaus, ergibt sich quasi verpflichtend die stärkere Beteiligung an den Kosten der Bildung von Bundesseite.
Wir setzen uns für eine unabhängige Bildung ein, die frei von Fremdmitteln ist. Nur wenn eine Finanzierung abseits von Forschungen, die im Verdacht stehen, Einfluss auf das Ergebnis zu nehmen, betrieben wird, ist sie zukunftsfähig.
Allerdings sind wir der festen Überzeugung, dass Studiengebühren kein Weg zur Finanzierung sein können. Vielmehr ist davon auszugehen, dass bei einem Gesamtetat von über 16 Mio. Euro eine Summe von gut 100 Mio. Euro aufzutreiben ist, um die Lücke nach dem Wegfall der Studiengebühren zu schließen.
Mit der diesjährigen Gründung der German U15 wurde eine Lobby-Gruppe mit einem klaren Anspruch auf eine Führungsrolle in der deutschen Hochschullandschaft und damit auch mit einem Anspruch auf mehr öffentliche Gelder ins Leben gerufen. Derzeit wird dieses Bündnis immer wieder stark in verschiedenen Foren kritisiert. Der Fokus werde zu stark auf forschungsstarke Universitäten gelegt, damit die Lehre immer mehr in den Hintergrund gedrängt und eine Zweiklassengesellschaft noch mehr forciert. Welche Haltung nehmen Sie hierzu ein?
Die Freiheit von Wissenschaft und Lehre heißt auch die Freiheit vor kurzsichtigen wirtschaftlichen Interessen.
Generell halten wir Lobbyismus, gleich welcher Natur, für kritisch. Wenn diese wie hier zu der Situation führen, dass es zu verschieden geförderten Universitäten kommt, lehnen wir sie ab.
Welchen allgemeinen Handlungsbedarf sehen Sie in Hinblick auf den Ausbau der Hochschulinfrastrukturen, aber auch der "sozialen Infrastruktur" (Wohnheime, BAföG-Ämter, Mensen etc.)
Bisher hat die Politik nicht ausreichend auf den zunehmenden Andrang auf die Hochschulen reagiert, der mit der Aussetzung der Wehrpflicht und den doppelten Abiturjahrgängen einhergeht. Zwar werden im Rahmen des Hochschulpakts 2020 II Mittel für die Schaffung von neuen Studienplätzen bereitgestellt. Doch diese werden beispielsweise von der Hochschulrektorenkonferenz als zu gering angesehen. Für zentral durch das Land koordinierte Maßnahmen ist die Zeit bereits verstrichen. Die Infrastruktur muss für den großen Zulauf von Studienanfängern von den Hochschulen dezentral organisiert werden. Es muss geprüft werden, ob öffentliche Einrichtungen (wie etwa Bibliotheken, städtische Tagungsräume, Theatersäle) für die Hochschulen gebucht werden können. Bereits gestartete Projekte und Initiativen zur Bewältigung der hohen Studierendenzahlen müssen durch das Land unterstützt werden.
Das Konzept der Stiftungshochschule befindet sich derzeit in skeptischer Beurteilung. Bisher befinden sich 5 Hochschulen in Niedersachsen in einer Trägerschaft einer Stiftung öffentlichen Rechts. Gegenstand der Kritik ist unter anderem die forcierte Öffnung der Universitäten für Drittmittel auch aus der Wirtschaft. Damit werde immer mehr der Einfluss privater Interessen gefördert, der im Widerspruch zur Freiheit von Forschung und Lehre steht. Zudem wird von Seiten der Studierendenschaft ihre fehlende Stimme in den entscheidenden Gremien wie dem Stiftungsrat beklagt. Welche Haltung nehmen Sie diesbezüglich ein?
Der steigenden Anzahl drittmittelfinanzierter Professuren und wissenschaftlicher Mitarbeiter oder Tutoren mit teilweise vollständiger Lehrbefreiung steht eine stetig sinkende Anzahl an Strukturprofessuren gegenüber, die immer mehr und immer schlechter finanzierte Grundlagenlehrveranstaltungen unter sich aufteilen müssen. Es kann und sollte Kooperationen zwischen Universitäten und Unternehmen geben, wenn die Querfinanzierung durch die Partner sich auch auf die Ausstattung der Lehre bezieht, wissenschaftliche Erkenntnisse und Produkte zuerst den autonomen Hochschulen – und damit der Allgemeinheit – zur Verfügung stehen.
Was für eine Rolle soll Demokratie an der Hochschule nach Auffassung Ihrer Partei spielen? Haben Sie Konzepte für eine stärkere Demokratisierung der Hochschulen und wenn ja, welche? Wie soll insbesondere die Partizipation der Studierenden aussehen?
Die Studierenden bekommen die Möglichkeit der Partizipation in den verschiedenen Gremien (Fakultätsrat, Hochschulsenat), sind jedoch dort, gemessen an der Studierendenzahl an der Hochschule, unterrepräsentiert. Die Piratenpartei strebt in den Gremien eine Gleichberechtigung von Professoren, Studierenden, wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Mitarbeitern an.
Wir setzen uns für eine Demokratisierung der Bildungslandschaft ein. Das bedeutet für uns die stärkere Beachtung der Persönlichkeitsrechte von Studenten ebenso wie die der Lehrenden. Wir wollen die Demokratisierung des Bildungsbereichs auf allen Ebenen erreichen, unter anderem durch weitergehende Rechte für die Studierendenschaften (ähnlich wie bei der betrieblichen Mitbestimmung).