Kommentare zu diesem Artikel
1. rabiata kommentierte am 10.07.2012 um 20:53:39 Uhr
Studium als Arbeiterkind- nein danke!
Ich bin selbst Arbeiterkind, rückblickend bleibt festzustellen, dass das Nachholen sowohl der Fachhochschulreife als auch des Abiturs sowie das anschließende Jurastudium sich als völlige Lebenszeitverschwendung entpuppten, da ein durchschnittlicher Jurist heute nicht mehr verdient als ein einfacher Fließbandarbeiter, von der 10-jährigen "Existenz" am völligen Existenzminimum (=Bafög) und dem im Anschluss abzustotternden Bafögdarlehen mal ganz zu schweigen. Zu den Besten gehört ein Arbeiterkind desweiteren - selbst wenn die geistigen Fähigkeiten bestünden - ohnehin nie, da es a) gar nicht erst auf's Gymnasium geschickt wird, oder falls doch b) von den Lehrern aufgrund der Herkunft idR permanent stigmatisiert wird (leider sind die Arbeitereltern in derart unangenehmen Situationen meist weniger gewillt, den notwendigen Druck aufzubauen oder bei Leistungsversagen einen Nachhilfelehrer zu konsultieren/finanzieren). Problematisch auch die differenzierte Sozialisation von Arbeiterkindern (Mängel in der Ausdrucksweise, an Vitamin B, kein familiärer Rückhalt; Selbstbewusstsein wird nicht wie in Akademikerhaushalten selbstverständlich, mit auf den Weg gegeben), und allem voran die finanziellen Nachteile während des Studiums: Bsp: Wer 9 Semester in den Genuss des Bafögs kommt, hat nach Ablauf dieser Förderungshöchsdauer automatisch keine Verbesserungsmöglichkeit im ersten jur. Staatsexamen. Folge: durchschnittliche Leistung, Einkommen wenn überhaupt, wie der Fließbandarbeiter von nebenan, der während der letzten 10 Jahre schon ein ordentliches Sümmchen ansparen konnte und bequem zur Familienplanung übergeht, während ich schon meine biologische Uhr ticken höre und als Akademikern gerade durch den höherwertigen Abschluss für derartige Männer zu allem Überfluss auch noch uninteressant werde.
2. rabiata kommentierte am 10.07.2012 um 21:23:27 Uhr
desweiteren..
...problematisch, die durch die Bildung entstehende Kluft zwischen der Arbeiterfamilie und dem Kind. Ein Arbeiterkind entwickelt durch den erstmaligen Zugang zu Bildung und damit auch gebildeteren "Schichten" nicht selten andere Interessen als die Eltern. Häufig führt dies zur Entfremdung/Distanzierung, da die mangelnde Bildung der Familienangehörigen plötzlich stark wahrgenommen wird.
3. stevius kommentierte am 10.07.2012 um 23:25:49 Uhr
Klasse Kommentar von rabiata
rabiata, ein klasse Komentar! Stimme dir voll und ganz zu: Das Problem beginnt aber schon viel früher. Ich empfinde die Diskrepanz zwischen Mitschülern und Kommilitonen, angesichts unterschiedlicher Herkünfte, unterschiedlicher Probleme, ja womöglich auch mangelnder Artikulation und fehlenden Kompetenzen tagtäglich als eine herbe Belastung, unter der ein Studium durchaus leidet. Genauso aber an den Ansprüchen Bafög zu beziehen. Und das fängt schon bei dem Antrag an. Wieso wird von einem Kind, dass man zum Zeitpunkt der Antragsstellung noch ist, erwartet die mangelnden Kompetenzen der Eltern auszugleichen, ja sogar Konflikte mit den Bezugspersonen zu provozieren. So sah ich es. Mir ist es gut verständlich auch Leistungsnachweise zu erbringen, aber ich sehe die Vorschriften als Restriktion das möglichst Beste aus meinen Studium heraus zu holen. Und letztensendes blickt man doch neidisch auf die, die studieren können, und nicht kämpfen müssen studieren zu dürfen.
4. Jannilino kommentierte am 11.07.2012 um 08:31:25 Uhr
Studium als Arbeiterkind
An Rabiata,
Sie sprechen meiner Partnerin und mir aus der Seele. Auch wir beide Arbeiterkinder, wollten dass es uns mal "besser" geht und haben und für das Abitur und Studium entschieden. Sie studiert Medizin und ich Maschinenbau. Wir können nur von Glück sagen, dass Ihre Eltern sich wirklich unser Studium vom Munde abgespart haben. Ohne entsprechende Fachliteratur, Notebook, Software, ja auch mal Nachhilfe (alles mit Bafög, auch wegen Studiengebühren nicht finanzierbar) nicht mit guten Noten zu schaffen. Jetzt stehen wir kurz vor Ende unseres Studiums und sind mitte-ende 20. Ich war auch schon bei Vorstellungsgesprächen, um mir einen guten Job zu suchen. Aber jetzt offenbart sich der wirkliche Unterschied. Die richtig guten Stellen sind alle schon unter der Hand rausgegangen. Es bleiben Stellen, in denen man mehr oder weniger dem Chef aushilfsarbeiten vollrichtet. Traumlöhne für Ingenieure also nur mit Vitamin B oder ganz viel Glück. Ich hab da jetzt auch drüber nachgedacht, in meinem alter hatte mein Vater schon 2 Kinder und wohnte in einer riesigen Wohnung (5 Jahre später hat er gebaut). Ich wohne in einem Wohnklo, was die Hälfte meines Bafögs (600 €) auffrist. Ich sags ganz ehrlich, respekt, ohne meine Partnerin hätte ich nichtmal die Abiturzeit überlebt. Ich selbst habe miterlebt, dass sich Zahnarztsöhne mit Auslandsaufenthalt über meine mäßige englische Sprache lustig gemacht haben. Ich hoffe Sie finden einen geeigneten Partner. Am Besten man nutzt möglichst viele Gelegenheiten, unter Menschen zu kommen. Mit dem Bus, Bahn fahren z.B. . Das bringt mir zumindest mehr, als meine Arbeit oder mein Studium
Viel Glück!
5. NiLo kommentierte am 11.07.2012 um 20:48:43 Uhr
Fehlender Bildungswille?
Beim Durchlesen der Kommentare beschleicht mich der Eindruck, dass monetäre Gründe zum Studium führen und desweiteren die Eigenmotivation gering ist.
Meiner Meinung nach fehlt einigen der Wille, sich Bildung und Wissen anzueigenen, seine eigene gesellschaftliche Position zu verbessern und den eigenen Kindern einen besseren Start ins Leben zu ermöglich. Der Adel ist nach und nach aufgestiegen, die Wirtschaftselite ebenso. Als 1. Akademiker-Generation hat man es nicht so leicht, aber die Kinder, die auf ihre Akademikereltern aufbauen können, werden gefördert und haben bessere Chancen. Wie töricht ist es hingegen, ein Studium als Zeitverschwendung zu bezeichnen, weil einem die Lorbeeren nicht sofort in den Schoß fallen.
Es mag sein, dass Handwerker und Fließbandarbeiter mehr verdienen, aber leiden diese eher unter gesundheitliche Problemen, während sich der Akademiker gemütlich in seinen Sessel zurücklehnen kann. Auf Dauer ist die Lebensqualität höher.
Und die Arbeiter-Branche schrumpft. Aufwachen! Es ist nicht mehr wie "früher", als eine Stelle bei Opel, BMW, Mercedes oder VW einem eine feste, unbefristete Stellung bei gutem Einkommen garantierte. Ein Hauptschul-/(Volksschul-) Abschluss war früher ein gewöhnlicher Abschluss, mit dem eine einfach Lehre möglich war. Heutzutage ist ein Hauptschulabschluss der Weg in die Armut und die Randgesellschaft. Die Lebensumstände sind einem Wandel (nach unten) unterworfen. Bildung, Durchsetzungsvermögen und Hartnäckigkeit sind der Schlüssel aus der Misere. Es sind die gut gebildeten, die auswandern - und auch vom anderen Land gerne aufgenommen werden.
Es passt zwar nicht ganz zum Thema, wenn man Arbeiterkinder und Studium betrachtet, jedoch passt es zum Thema gesellschaftlicher Aufstieg:
Man schaue sich nur zwei Gruppen an, die es aufgrund ihrer Herkunft schwer haben und sich ihre Stellung in der deutschen Gesellschaft erst erarbeiten müssen: die Migranten.
(Ich spiele mal etwas mit Klischees. Es sind nicht alle so wie in meiner Beschreibung:)
Die wenig gebildeten türkischen Gastarbeiter, deren Kinder und Enkelkinder. Wirtschaftsmigranten.
Und dann z. B. die iranischen Exilanten, die gebildet und oft Akademiker sind. Politische Migranten.
Beide Gruppen haben noch keine Seilschaften und keinen Platz in der Gesellschaft, die zweite Gruppe hat jedoch immerhin den Wunsch, etwas zu erreichen und bemüht sich. Mir ist klar, dass dieser Wunsch erstmal aus der Bildung der Elterngeneration geboren werden muss und sich dies daher bei Gruppe 1 schwieriger gestaltet. Jedoch sollte das Arbeiterkind, wenn es denn verstanden hat, dass Bildung wichtig ist, nicht den gleichen Fehler wie die Eltern machen: Geld als einziges Wahlkriterium setzen.
Ich würde mein Kind lieber einer gebildeten iranischen Tagesmutter anvertrauen, die meinem Kind die gleichen Werte mitgeben wird, wo mein Kind vernünftig deutsch spricht, nicht flucht, schimpft und rumhaut, als einer ungebildeten türkischen Tagesmutter, wo vielleicht das Gegenteil der Fall ist, auch wenn die türkische Arbeiterfamilie mehr Geld hat als die gebildete iranische Familie.
Gleich und gleich gesellt sich nun einmal gerne. Man muss eben wissen, was einem mehr Wert ist; Geld, aber dafür an der unteren Skala der Gesellschaft, oder mit gleichem Gehalt, dafür mehr Ansehen in der Mitte.
Man muss sich bewusst sein, dass man nichts geschenkt bekommt und kämpfen muss. Sonst wird man trotz Bildung der Verlierer und Selbstmitleid Gruppe angehören.
6. rabiata kommentierte am 12.07.2012 um 02:17:09 Uhr
Denkfehler
"Gleich und gleich gesellt sich nun einmal gerne. Man muss eben wissen, was einem mehr Wert ist; Geld, aber dafür an der unteren Skala der Gesellschaft, oder mit gleichem Gehalt, dafür mehr Ansehen in der Mitte. "
Mehr Ansehen in der Mitte? Also zählen Sie auch zu denen, die auf Arbeiter wie meine Eltern herabsehen? Danke, derartige Menschen wie Sie, habe ich während meiner Laufbahn zu Genüge kennengelernt.
Das Argument von wegen verstärktes Auftreten gesundheitlicher Probleme in der Arbeiterklasse ist in meinen Augen übrigens schon lange nicht mehr tragbar. Es mag sein, dass Arbeiter körperlich früher erkranken (Bandscheibenvorfälle bei körperlich anstrengenden Arbeiten etc.). Andererseits leiden Akademiker erwiesenermaßen häufiger an psychischen Erkrankungen wie Burnout u. Depressionen. Alkoholismus sowie Drogen- bzw. Medikamentenmissbrauch aufgrund des immer steigenden Leistungspensums sind heutzutage doch längst an der Tagesordnung.
Zudem: wenn ich studiere, dann selbstverständlich mit dem primären Ziel finanziell aufzusteigen. Allgemeinwissen, allein der Bildung wegen, kann ich mir schließlich auch nach getaner Arbeit bei einem Gläschen Prosecco im Park anlesen. Dies erlange ich sicher nicht, indem ich in irgendeiner Bibliothek täglich 10-12 Stunden Gesetzestexte wälze.
7. Jannilino kommentierte am 12.07.2012 um 17:50:16 Uhr
Nicht viel erlebt oder?
Also das mit gesundheitlichen Problemen von Arbeitern ist wohl ein Witz....oder?
Meine Partnerin hat mal ein FSJ in einer Behindertenwerkstätte für psychisch erkrankte gemacht. Es waren durchweg, teilweise auch promovierte, Akademiker. Die sind wahrscheinlich krank geworden, weil sie sich im Ledersessel rumgelümmelt haben.
Was ich sagen will, die geistige Arbeit sollte nicht so unterschätzt werden. Die Zahl psychischer Erkrankungen nimmt zu.
8. NixLosOhneMoos kommentierte am 13.07.2012 um 16:45:25 Uhr
Das Eisen verhält sich proportional zum Glück
Dear NiLo,
dein Kommentar bildet die angeprangerte soziale Selektion in Perfektion ab und verteidigt diese. In deinem Kommentar gibst du zu, dass ein Aufstieg aus der Unterschicht heraus schwer fällt. Du redest von der 1. Generation, die es schwer hat und davon, dass es sich lohnt hart zu arbeiten, weil man dann irgenwann selbst zur Elite gehört. Das wirklich wichtige, was man vererben müsse, wäre die Einstellung. Du verbindest Elite und Macht immernoch mit Verdienst. Und obliegst offensichtlich immernoch dem naiven Denken, wenn man nur hart genug an sich arbeite, könne es jeder zum Millionär schaffen. Das Problem ist aber, dass Eliten sich selbst reproduzieren und wenig durchlässig sind. Darauf macht Prof. Hartmann aufmerksam und die Empirie gibt ihm Recht. Selbst der Spitze anzugehören, ist nicht davon abhängig in welcher Generation man sich befindet oder wie leistungsbereit man ist, sondern in welchen Kreisen man sich befindet. D.h. es hängt nicht von den eigenen Möglichkeiten, Motivation oder Leistung ab, sonderm vom Zufall in welche Familie man reingeboren wurde. In diesem Fall spricht man von sozialer Selektion, weil du aufgrund deiner sozialen Herkunft nicht vom Tellerwäscher zum Millionär werden kannst (außer du hast eine wahnsinss Idee und/oder unglaubliches Glück). Dein Aufstieg hängt von der Vererbung ab - jedoch nicht von einer genetischen sondern einer sozialen Vererbung (einer sozialen Vererbung im Sinner der Herkunft nicht im Sinne der Sozialisation). Ein System, das eine soziale Selektion fördert, sollte kein Anspruch für eine sozialdemokratische und liberale Gesellschaft sein (eine konservative schon deshalb sind uns auch Schweden und Niederlande voraus). Mit deinem Kommentar verteidigst du das Versagen des Systems, indem du die Verantwortung voran zu kommen dem einzelnen überträgst, der jedoch schwer Verantwortung hinsichtlich seines Vorankommens übernehmen kann, wenn er augrund seiner sozialen Herkunft daran gehindert wird. Und das ist dein Denkfehler. Du verortest das Versagen beim einzelnen und empfiehlst sich einem ungerechten System zu beugen bzw. sich anzupassen, statt es zu korrigieren. Ganz nach dem Motto das Leben ist kein Ponyhof. Ich dagegen sage don't blame the player, blame the game!
9. NiLo kommentierte am 14.07.2012 um 20:45:22 Uhr
Leistungsgsellschaft - Mitte, nicht Elite
Zunächst einmal möchte ich klarstellen, dass ich selbst ein Arbeiterkind bin und noch dazu ein Migrantenkind. Das sollte jeden Verdacht von Hochmut durch mich im Keim ersticken.
Sagt Ihnen die Maslowsche Pyramide etwas? Nachdem die Defizitbedürfnisse gestillt sind und die Existenz gesichert ist, geht es um Wachstumsbedürfnisse. Dazu gehört soziales Ansehen, Macht, Einfluss, Prestige, Status. Und das erreicht man nicht als Arbeiter. Akademiker zu sein ist der erste Schritt. Immerhin gilt man als gebildet. Dann kommt es auf die Studien-/Jobwahl an. Sucht man eine Wohnung mit mehreren Mitbewerbern und/oder will man in eine gute Wohngegend, hat man als Anwalt bessere Chancen als ein Arbeiter. Oder man ist promovierter Dr. med und Arzt. Oder Dipl. Ing. Es öffnet Türen.
Und ich spreche die ganze Zeit von der bürgerlichen Mitte (und nicht von Elite), in der Kontakte an der Uni und dem Arbeitsplatz geknüpft werden. Die Kinder haben es leichter, der Kontakt wird ermöglicht/erleichtert, da es dann heißt „Die Eltern sind xy“. Mir geht es in erster Linie um die (gehobene) Mitte, nicht darum, dass man sich durch Leistung plötzlich im Großbürgertum wiederfindet. Denn das ist, wie NixLosOhneMoos schreibt, quasi unmöglich. Und wenn, dann gilt man als neureicher Außenseiter.
Ich schrieb weder, dass harte Arbeit die Tür zur Elite/Spitze öffnet, noch denke ich, dass man es vom Tellerwäscher zum Millionär schafft. Ich denke durchaus in realistischen Graden. Vom Arbeiter zum Akademiker. Von der unteren Gesellschaft in die Mitte. Das ist durchaus realistisch und leistungsabhängig. Bis zu einem gewissen Grad spielt die soziale Vererbung keine Rolle. In der hiesigen Gesellschaft wird keiner von der Uni oder einem Ingenieursberuf ausgeschlossen, weil er ein Arbeiterkind ist.
Dafür, dass Deutschland ein Sozialstaat ist, und jeder vom Staat Geld zum leben und die Möglichkeit zu Bildung und freier Berufsauswahl bekommt, wird hier gerne viel gemeckert. Das Schulsystem könnte durchlässiger sein, aber es gibt die Möglichkeit von der Hauptschule zum Gymnasium. Jeder hat die Möglichkeit zu lernen, es zum Abitur und an die Uni zu schaffen. Alles kostenfrei. Es gibt Kindergeld. BAB und Bafög für finanziell benachteiligte, Kinder müssen nicht arbeiten gehen, um die Familie finanziell zu unterstützen. Wenn dann die Menschen nicht in der Lage sind (nicht wollen trifft es wohl besser), die gebotenen Möglichkeiten zu nutzen, dann tut es mir nicht leid. Jeder ist seines Glückes Schmied. Es gibt Länder, da gehen Kinder nicht zur Schule, weil es kostet. Oder weil sie für die Familie Geld verdienen müssen. Oder die Unis kosten. Und in solchen Ländern geben Kinder alles, um zu lernen. Bericht von vor 20 Jahren aus Indien: Kinder saßen abends unter Laternen, um dort in Schulbüchern lesen und lernen zu können, um aus den Slums herauszukommen. Wie soll denn ein System aussehen, in dem alles durchlässig ist? Vorerst eine Gleichschaltung? DDR? Nord-Korea? Kommunismus?
10. NiLo kommentierte am 14.07.2012 um 21:22:44 Uhr
@ Rabiata
Sie kennen die Probleme und die Stigmatisierung der Arbeiterklasse. Offensichtlich stört Sie das. Daher kann ich nicht nachvollziehen, wieso Sie nur aus finanziellen Gründen studieren. Als Akademikerin haben Sie nun die Möglichkeit Ihren Kindern ein besseres Ausdrucksvermögen beizubringen, Schwächen zu erkennen, es zu fördern, Geld für Nachhilfe auszugeben. Sie haben die Probleme erkannt und nun die Möglichkeit es besser zu machen bei Ihren Kindern. Lohnt sich dafür das Studium nicht? Sie dienen als Vorbild für Ihre Kinder. Das ist sehr viel wert. Und als Frau kann ich Ihre Sorge bzgl. des fehlenden Interesses durch Arbeitermänner (potenzielle Ehemänner) nicht nachvollziehen. Sie sind gebildet. Sie können einen ebenbürtigen Mann heiraten, der intellektuell mit Ihnen auf gleicher Höhe ist. Mir persönlich ist das sehr wichtig. Mit einem Arbeiter könnte ich keine Beziehung führen, nicht weil ich auf ihn herabsehe (was ich nicht tue), sondern weil wir geistig nicht auf dem gleichen Level sind. Die Ansichten und Lebenserfahrungen sind unterschiedlich. Um nochmal auf die Maslowsche Pyramide zurückzukommen: Ich befinde mich bei den Wachstumsbedürfnissen. 1. Soziales Ansehen wird angestrebt und 2. persönliche Entfaltung, und hier lege ich generell viel Wert auf Bildung und einen in diesem Aspekt zu mir passenden Mann. Dies sage ich nur, damit Sie meine Worte nicht als Angriff gegen sich oder die Arbeiterklasse werten. Denn wir sitzen alle im selben Boot, wir sind alle Arbeiterkinder und unterscheiden uns nur durch unsere Wünsche und Ziele.
11. rabiata kommentierte am 17.07.2012 um 15:35:45 Uhr
zu undifferenzierte Sichtweise
Hallo Nilo, Ihre Sichtweise ist mir eindeutig zu undifferenziert. Auch als Sekretärin kann ich meinen Nachkommen die nötige Eloquenz mit auf den Weg geben, wenn ich dies denn möchte. Gleichzeitig wäre das auch schon als Aufstieg von der unteren Mittelschicht/oberen Unterschicht -der meine Familienangehörigen angehören: allesamt Bauarbeiter, Fließbandarbeiter, Verkäufer - in die mittlere Mittelschicht zu werten.
Als gelernte Sekretärin (Ausbildung vor Abitur u. Studium) bekomme ich teilweise zudem Jobs - mit dem einer Anwältin vergleichbaren Gehalt (!!) - angeboten! Sie können sich bei Interesse gerne einmal ausrechnen, wie viel ich für eine Auswanderung in's weit sonnigere und vergleichsweise klassenlose Australien hätte bei Seite legen können, hätte ich mir Abitur+Studium erspart und seit gut 10 Jahren einen monatlich Verdienst von 2000€ netto! Meine potentiellen Fixkosten brauchen Sie dabei nicht sonderlich hoch ansetzen, da ich notgedrungenermaßen lernte, meinen Lebensunterhalt mit knapp 550€ Bafög (davon 300€ für Miete) zu bestreiten.
Ich möchte Ihnen kollegialerweise noch den Tipp geben, bei Männern nicht nur auf Augenhöhe und "nach oben", sondern auch mal "nach unten" zu daten. Sonst besteht leicht die Gefahr, eine der vielen ewigen Singleakademikerinnen zu werden, die in Partnerbörsen spätestens mit Ende 30 zu Karteileichen verkommen. Männer achten bei Frauen nämlich auf adäquates Auftreten, jugendliche Frische und Optik, nicht auf exzellente Hochschulabschlüsse!
12. Justin91 kommentierte am 18.07.2012 um 17:22:07 Uhr
Huiuiui
Die Kommentare hier sind ja schon recht heftig... Also wer studiert, nur um reich zu werden hat überhaupt garnichts begriffen: - Reich wird man dadurch, dass man vorher schon reich war (oder die Eltern), sicher nicht durch Arbeit - Wer ein anständiges Gehalt bekommen will, kriegt dies auch (wenn er nicht unfähig ist) auf dem wesentlich bequemeren Weg Realschule->Ausbildung->innerbetrieblicher Aufstieg Der angesprochene "soziale Aufstieg" scheint für die Kommentatoren unterschiedliche Bedeutungen zu haben: Wer es rein ökonomisch nimmt, sollte NICHT studieren, es geht dabei aber tatsächlich auch um Bildung. Es gilt auch als Aufstieg, wenn man weniger als die Eltern verdient, dafür einen akademischen Titel hat (wurde ja schon angesprochen, dass man bei der Wohnungssuche als Dr. vorgezogen wird) Häufig habe ich den Eindruck, dass Wirtschaft, Jura oder Ingenieurswesen studiert wird, um Kohle zu machen. Dann quält man sich seine Studienjahre ab, sitzt am Ende auf Schulden und beschwert sich über niedrige Gehälter (vollkommen unüberraschend, bei aktuell >150.000 BWLern und 80.000 Juristen). Dass so ein Studium absolut unbefriedigend ist und im Vergleich zur Ausbildung mit 18 enttäuschend wirkt, ist klar. Wenn man mit 28 in der Straßenbahn zu seinem kleinen WG-Zimmer fährt, während der Banknachbar aus der Schule, der nach der 10. abgebrochen hat, im Mercedes vorbeifährt, ist das natürlich ärgerlich. Aber nur dann, wenn man nur für's Geld studiert hat. Wenn man aber studiert weil es einen auch interessiert und man GERNE in diesem Bereich arbeiten möchte, wird einen dies nicht ankratzen. Wie viele Leute studieren soziale Arbeit? Und das, obwohl sie niemals das verdienen werden, was ein Industrie-Mechatroniker schon nach 5 Jahren bekommt (ganz zu schweigen von Befristung etc.). Also sollte man das Studium als das sehen was es ist und nicht als Mittel zum Zweck. Wer die Bildung will, soll zur Bildung gehen und studieren. Wer das Geld will, soll dahin gehen, wo das Geld ist (in die Wirtschaft).
13. rabiata kommentierte am 18.07.2012 um 19:40:30 Uhr
trotz Fleiß kein Preis?!
"Also wer studiert, nur um reich zu werden hat überhaupt garnichts begriffen: - Reich wird man dadurch, dass man vorher schon reich war (oder die Eltern), sicher nicht durch Arbeit"
Genau darin liegt aber doch der Fehler des Systems. Wer 6-8 Jahre studiert, sollte schon in irgendeiner Form die Möglichkeit bekommen, gesellschaftlich in die obere Mittelschicht aufzusteigen. Von Reichtum war by the way nie die Rede. Es ist sonst doch völliger Schwachsinn, schon Grundschulkindern ständig Tugenden wie Wissen, Bildung, Ehrgeiz, Fleiß, Durchhalte- und vor allem Durchsetzungsvermögen den Arbeitereltern ggü. einzutrichtern, wenn sie nicht entsprechend gewürdigt werden?!!
Und sicher werden die wenigsten Arbeiterkinder gechillt Geisteswissenschaften studieren. Vielmehr werden solide Fächer wie Ingenieurswissenschaften o.ä. gewählt. Alleinig schon deshalb, weil der finanzielle Rückhalt fehlt, um sich in irgendeiner Form gechillt auszuprobieren, etwas "Unsicheres" zu studieren etc pp.
Jura ist bspw. ein absolutes Exotenfach für Arbeiterkinder. Die Quote liegt hier vermutlich bei gut gemeinten 1%.
14. rabiata kommentierte am 18.07.2012 um 20:01:20 Uhr
noch was
"Es gilt auch als Aufstieg, wenn man weniger als die Eltern verdient, dafür einen akademischen Titel hat (wurde ja schon angesprochen, dass man bei der Wohnungssuche als Dr. vorgezogen wird) "
Dies kenne ich übrigens anders. Beispiel: ein guter Bekannter: promovierter Jurist (auch Arbeiterkind), gerade fertig geworden. Alter 30, konnte keine Wohnung hier in München finden, wohnt aktuell wieder bei seinen Eltern auf dem Land im alten Kinderzimmer. Momentan arbeitslos aufgrund von Burnout und weil die ihm angebotenen Jobangebote auf dem Land teilweise unverschämt schlecht bezahlt werden.
Derartige Fälle, die noch krasser sind als mein eigener, sind natürlich ein heftiger Schlag in's Gesicht für alle Leistungswilligen.
Bin echt froh, dass ich weiblich u. noch unter 30 bin u. gut aussehe. So kann man wenigstens noch die Kurve kratzen, ausschließlich auf die Optik bauen und nach oben heiraten.
15. Skillors kommentierte am 10.01.2013 um 03:19:31 Uhr
Die Wahrheit ist:
In die Schicht wird man hineingeboren! Ein altes Sprichwort sagt: Man wird in der Schicht sterben in der man hineingeboren wurde!
16. Joh.F.von Asgard kommentierte am 10.03.2013 um 14:04:49 Uhr
Aufstieg?
Eigentlich waren alle Kommentare interessant.Wie ein roter Faden sog sich aber, teils verdeck,teils offen,die Verachtung der einen oder anderen Gruppe. Bei allem was gesagt wurde (und es war viel Richtiges dabei)wurde das große ganze außer Augen gelassen. Die Menschheit ist nicht die Krone der Schöpfung.An ihr endet nicht die Evolution.Wir sind mittendrin! Mir sind viele aus der sogenannten gehobenen Klasse begegnet,die waren einfach nur stohdumm,wenige aber,waren bemerkenswert.Bei den Arbeitern das Gleiche.Viele waren ,ich nenne es mal -primitiv-,einige aber waren phenomenal. Die Evolution unterscheidet nicht zwischen reich und arm, oder Beziehungen und nicht Beziehungen.Die geistige Komponente,das Verändern wollen sind die Triebkräfte der Entwicklung. Sokrates ist weltberümt geworden und er strebte nicht nach Reichtum oder Macht. Alleine das Wissen war die Triebkraft seiner Existenz. Gebt der Evolution Zeit, seid nicht ungeduldig und seid rein. Was nützt die soziale Voraussetzung,wenn die geistige nicht vorhanden ist. Der Vortrag des Redners belegt es,es gibt mehr soziale Abstürze als Aufstiege.Die Evolution lässt sich nicht täuschen!Die Menschen mit geistiger Verarmung werden den evolutionären Aufstieg nicht schaffen.Da hilft kein Geld und keine Beziehung, sondern alleine der Wille die Welt zu begreifen.Und das kann man aus jeder Schicht!!! Wie es schon gesagt wurde,jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Ich kann euch verstehen,wenn ihr wirtschaftliche Gründe anführt oder verdeckte Minderwertigkeitsgefühle,ausgedrückt dahin, unbedingt zu einer Klasse gehören zu wollen,aber tatsächlich hemmen all diese untergeordneten Ziele eure wirkliche geistige Entwicklung.
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