Wahlprüfsteine HochschulpolitikAntworten der Linken. Schleswig-Holstein
Bisher werden in Schleswig Holstein keine Studiengebühren oder Rückmeldegebühren erhoben. Wollen Sie daran festhalten oder planen Sie Änderungen auf diesem Gebiet?
Die Krise um die Uni Lübeck und die Überlegungen hinsichtlich der Schließung des Medizinstudienganges, zeigten bereits, dass Defizite in der Hochschulfinanzierung vorhanden sind. Welche Haltung nehmen Sie hierzu ein und welchen Entwicklungsbedarf sehen Sie in Bezug auf eine verbesserte Hochschulfinanzierung? Soll der Bund sich zukünftig wieder stärker in die Finanzierung einbringen; sollte dazu evt. auch das Kooperationsverbot gestrichen werden?
DIE LINKE fordert schon seit langem, die Hochschulen bedarfsgerecht auszustatten. Dazu gehören drei Dinge: 1. Der Landeszuschuss pro Studienplatz muss neu berechnet werden. Der LRH stellt fest, dass der Zuschuss pro Studienplatz seit 1991 inflationsbereinigt dramatisch gesunken ist. Wir müssen realistische Durchschnittswerte berechnen und den Landeszuschuss anpassen. Das bedeutet im Klartext: Den Landeszuschuss deutlich erhöhen. 2. Die wettbewerbliche Mittelvergabe an die Hochschulen muss durch eine bedarfsorientierte Mittelzuweisung ersetzt werden, wie es bis zu Beginn der 80er Jahre üblich war. Um die kumulierte Unterfinanzierung von über 30 Jahren zu kompensieren, brauchen wir ein einmaliges Investitionsprogramm – ähnlich wie ein Konjunkturpaket – für die Bildung (also Schulen, Berufsschulen und Hochschulen). Das Statistische Bundesamt hat den Investitionsstau im deutschen Bildungswesen 2009 auf 73 Milliarden Euro taxiert. Wir setzen uns im Bund schon länger für ein solches Paket ein. Damit die Höhe nicht willkürlich festgesetzt wird, müssen Bund und Länder mit Studierendenvertretungen, LehrerInnenvertretungen, Hochschulen und Wissenschaftsverbänden gemeinsam einen Investitionsplan aufstellen, an dem die Höhe der Gelder zu messen sind.
Das Kooperationsverbot ist aufzuheben. Der bildungspolitische Kuhhandel zwischen dem Bund und dem Land Schleswig-Holstein bei der Debatte um die Zukunft der Uni Lübeck hat die Absurdität des Kooperationsverbotes einmal mehr verdeutlicht.
Die Studienbereitschaft der Schleswig-Holsteinischen Schülerinnen und Schüler liegt unter dem Bundesschnitt, der wiederum ebenfalls unter dem Schnitt der EU-Staaten liegt. Welche Lösungsvorschläge haben Sie um wieder mehr Abiturienten in Ihrem Land zum Studium zu führen?
DIE LINKE steht für die soziale Öffnung der Hochschulen. Noch immer ist die soziale Herkunft einer der wichtigsten Indikatoren für den Zugang und den erfolgreichen Abschluss eines Hochschulstudiums. Chancengerechtigkeit kann nur hergestellt werden, wenn die Unterstützung der Studierenden wieder zur Aufgabe der Politik wird. Die Familienfreundlichkeit der Hochschulen muss noch weiter verbessert werden. Statt der Fokussierung auf die Förderung einzelner im Rahmen des Deutschlandstipendiums fordert DIE LINKE einen Ausbau des BAföG zu einer existenzsichernden Förderung.
Außerdem müssen die Zugänge zu Hochschulen erleichtert werden. Eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine fünfjährige Berufspraxis müssen zur allgemeinen Hochschulzugangsberechtigung führen.
Haben Sie bereits konkrete Pläne, die Sie verfolgen um mehr Menschen aus finanziell schlechter gestellten Familien zu einer Hochschulzugangsberechtigung zu verhelfen?
Der erste sinnvolle Schritt in Richtung einer demokratischen Hochschule ist die Gewährleistung einer allumfassenden Finanzierung durch die öffentliche Hand. Dies betrifft sowohl das Studium als auch Forschung und Lehre.
DIE LINKE fordert die Chancengleichheit an Schleswig-Holsteinischen Hochschulen endlich herzustellen. Die Auslese beginnt bereits in den Kinderbetreuungseinrichtungen. Sie setzt sich fort beim Übergang von der Grundschule in die weiterführenden Schulen. Das trifft vor allem Kinder von finanzschwachen Eltern und Einwanderern und Kinder mit Behinderungen.
DIE LINKE plädiert dafür, Kinder und Jugendliche nicht mehr in verschiedene Schulformen auszusortieren, sondern alle individuell in "einer Schule für alle" mit kleineren Klassen und intensiver Betreuung besser zu fördern. Schülerinnen und Schüler aus finanzschwachen Elternhäusern müssen ab der 11. Klasse Schüler-BAföG erhalten, auch wenn sie bei den Eltern wohnen. So können mehr Jugendliche die Hochschulreife erlangen und die soziale Auslese beendet werden.
Das Gerangel um Studienplätze ist groß und wird in den nächsten Jahren noch zunehmen. Viele Studiengänge sind zulassungsbeschränkt. DIE LINKE fordert ein bundesweites Hochschulzugangsgesetz, das den Hochschulzugang für Menschen ohne Abitur einheitlich regelt und individuelle Auswahlverfahren abschafft. Bund und Länder müssen die Mittel pro Studienplatz erhöhen und an den realen Kosten orientieren. Sie müssen mehr Studienplätze schaffen, um die Hochschulen zu öffnen. Alle Studierwilligen haben das Recht auf freie Berufswahl und müssen einen Studienplatz bekommen.
Aktuell wird der Bachelor-Abschluss für immer mehr Studierende zur Sackgasse, da es nicht genug Master-Studienplätze gibt. Wie stehen Sie zu der Umsetzung des Konzeptes der Bachelor-Master-Studiengänge in Deutschland? Welchen Entwicklungsbedarf sehen Sie auf diesem Gebiet?
Alle Studierenden mit einem Bachelorabschluss sollen einen Rechtsanspruch auf einen Masterstudienplatz haben. Die alten Diplom- und Magisterstudiengänge müssen als paralleles Angebot erhalten bleiben. Langfristig setzt DIE LINKE sich deshalb für einen grundständigen Master mit dem Bachelor als Ausstiegslösung ein. Das heißt, dass Studierende mit ihrer Immatrikulation schon im Masterstudiengang sind, und dass der Bachelor nach dem 6. Semester eine Ausstiegslösung für diejenigen Studierenden darstellt, die das frei entscheiden. Damit müssten sich Studierende nach 6 Semestern für die Fortsetzung ihres Studiums nicht noch einmal einem Bewerbungsverfahren mit ungewissem Ausgang stellen. Gerade für Lehramtsstudierende, deren Berufswunsch am Masterabschluss hängt, ist das die einzig richtige Lösung. Studienortswechsel müssen in einem solchen System natürlich besser geregelt werden, so dass internationale, wie bundesweite Studienortwechsel reibungsloser funktionieren.
Was für eine Rolle soll Demokratie an der Hochschule nach Auffassung Ihrer Partei spielen? Haben Sie Konzepte für eine stärkere Demokratisierung der Hochschulen und wenn ja, welche? Wie soll insbesondere die Partizipation der Studierenden aussehen?
Zur Demokratisierung aller Lebensbereiche gehört auch die Demokratisierung der Hochschulen. Studierende, wissenschaftliche und technisch-administrative MitarbeiterInnen und ProfessorInnen müssen an den Entscheidungen der Hochschulen paritätisch beteiligt werden. Studierende sind die größte Gruppe an der Hochschule. Ihr Recht auf eine Verfasste Studierendenschaft mit allgemeinpolitischem Mandat, Finanz- und Satzungsautonomie muss gesetzlich abgesichert werden.
Gibt es Vorhaben zur Weiterentwicklung der bestehenden rechtlichen Grundlagen zum BAföG und des Unterhaltsrechtes? Sollte Ihrer Meinung nach das BAföG und Unterhaltsrecht in Richtung einer vom Einkommen der Eltern unabhängigen Förderung geändert werden?
DIE LINKE will das BAföG zur elternunabhängigen, bedarfsdeckenden und repressionsfreien Grundsicherung ausbauen. Es muss an die realen Lebenshaltungskosten angepasst und wieder auf einen Vollzuschuss umgestellt werden. Denn die Aussicht, am Ende des Studiums vor einem Schuldenberg zu stehen, schreckt gerade junge Menschen aus nichtakademischen Elternhäusern vom Studium ab. Die Altersgrenze von 30 Jahren muss abgeschafft werden. Gezahlt werden soll diese Grundsicherung für die Zeit der durchschnittlichen Studiendauer.
DIE LINKE will auf diese Weise eine verlässliche Studienfinanzierung ermöglichen. Eine entsprechende Reform des BAföG muss so ausgestaltet sein, dass sozial schlechter gestellte Haushalte entlastet werden und finanzstarke Haushalte etwa über höhere Einkommens-, Vermögens- und Erbschaftssteuern einen stärkeren Beitrag zur Ausbildung junger Menschen leisten. Für DIE LINKE gilt: Der Bildungsweg der Studierenden darf nicht vom guten Willen der Eltern abhängig sein sollte.
Wie ist Ihre grundsätzliche Einstellung zu leistungsabhängigen Stipendien im Verhältnis zum BAföG?
DIE LINKE streitet für eine verlässliche Ausbildungsförderung, damit akademische Bildung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängt und möglichst vielen zugutekommt. Das Stipendienprogramm der schwarz-gelben Koalition ist ein Schritt in die falsche Richtung, denn nur die "leistungsstärksten zehn Prozent der Studierenden" sollen mit 300 Euro im Monat gefördert werden und zwar nur sofern private Geldgeber die Hälfte zuschießen. Demgegenüber konnten Millionen von Studierenden in den vergangenen 40 Jahren mit Hilfe des BAföG erfolgreich studieren. Im Gegensatz zu Stipendien oder Krediten haben alle nach dem Gesetz bedürftigen Studierenden - aber auch SchülerInnen in schulischer Ausbildung oder an Fachoberschulen - das Recht, BAföG zu erhalten. Sie können gegen Bescheide klagen und ihr Recht einfordern.