Bald sind es nur noch zweiAuch Hamburg schafft Studiengebühren ab
Hamburg wäre das fünfte Bundesland, das Studiengebühren wieder abschafft und insofern gebührenfrei würde.
Zwischenzeitlich gab es in sieben Bundesländern allgemeine Studiengebühren (Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Saarland). Als erstes schaffte sie Hessen (mit der kurzzeitigen rot-grün-roten Mehrheit im Landtag; aber auch CDU/FDP wollten sie dann später nicht gleich wieder einführen) ab. Die Jamaika-Koalition im Saarland folgte auf Druck der Grünen und beendet auch dort die Gebührenepisode. Es folgte die rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen. Angekündigt ist die Abschaffung im grün-rot regierten Baden-Württemberg ab Sommersemester 2012 und nun eben in Hamburg.
Erst 500 €, dann 375 € nachlaufend und bald wieder keine allgemeine Studiengebühren mehr
In Hamburg waren die Gebühren 2007 eingeführt worden, der damalige Wissenschaftssenator Jörg Träger ist inzwischen übrigens beim Centrum für Hochschulentwicklung (genauer bei CHE Concept) beschäftigt. Das CHE ist einer der entscheidende Akteure in Sachen Durchsetzung von Studiengebühren gewesen. So schließt sich gewissermaßen der Kreis. Aktuell läuft es gegen die Ideen des CHE: Studiengebühren scheinen in Deutschland eher wieder zum Auslaufmodell geworden zu sein.
Vor der aktuellen Regierung in Hamburg gab es ja noch die erste schwarz-grüne Landesregierung. Im Gegensatz zu den Grünen im Saarland, die in Sachen Studiengebühren in einem Dreierbündnis (von dem zwei eigentlich für Gebühren waren) mehr durchsetzen konnten, kam es in Hamburg nur zu kosmetischen Änderungen. Statt 500 Euro mussten "nur" noch 375 Euro pro Semester gezahlt werden, wobei die Zahlung erst nach Studienende und ab einer gewissen Verdiensthöhe wirklich fällig wurde ("nachlaufende Studiengebühren"). Dafür aber entfielen diverse Erlassmöglichkeiten, so dass insgesamt eher mehr Studierende als vorher zahlen mussten.
Im Wahlkampf zu den Bürgerschaftswahlen im Februar dieses Jahres schließlich positionierten sich sowohl GAL, Linke als auch SPD gegen Studiengebühren und kündigten bei einer Regierungsbeteiligung an, sie abschaffen zu wollen. Die SPD gewann die absolute Mehrheit und kann dies nun tatsächlich ohne weitere Widerstände tun und würde ja letztlich sogar von zwei weiteren Parteien unterstützt. Auch wenn in Details Abweichungen bestünden: So würde die LINKE die Gebühren deutlich schneller abschaffen wollen. Die SPD meint jedoch, sie könne die Abschaffung nicht früher finanzieren.
Ausgleichszahlungen scheinen vernünftig
Werden Studiengebühren wieder abgeschafft, so fällt für die Hochschulen (bei ansonsten gleichbleibenden Finanzierung durch den Staat) einiges an Geld weg. Üblich waren daher in allen Bundesländern, die die Abschaffung schon hinter sich gebracht haben, Ausgleichszahlungen direkt aus dem Landeshaushalt. Über deren Höhe wurde – wie immer in der Politik, wenn's um Geld geht – gefeilscht und manchmal Äpfel mit Birnen verglichen. Ein Problem ist z.B., dass die Berechnung auf Basis der durchschnittlichen Studierendenzahl der vergangenen Jahre eher zu wenig Ausgleich bedeutet (die Zahlen sind in den letzten Jahren stetig und deutlich gestiegen!).
Auch in Hamburg kann man sich über die genaue Basis der Ausgleichszahlungen wohl streiten. Immerhin legt der Senat insofern noch etwas drauf, als auch Zahlungen der Hochschulen für die Gebühren der Bank, die die nachlaufenden Gebühren zwischenfinanzierte, wegfallen sollen und für die noch verbleibenden Jahre vom Land getragen werden sollen (Details siehe bspw. die Pressemitteilung der Wissenschaftsbehörde)
Im Rahmen des Gesetzes zur Abschaffung der Studiengebühren scheinen die Regelungen also durchaus vernünftig zu sein. Wie sich jedoch die Gesamtfinanzierung der Hochschulen entwickeln wird und ob der Senat doch an anderer Stelle wieder kürzt (gewisse globale Minderausgaben waren ja schon Gegenstand von Streit zwischen Hochschulen und Senat), bleibt natürlich offen. Denn die Details dazu ergeben sich ja erst durch die Haushaltsverhandlungen.
Wermutstropfen: Fehlende studentische Beteiligung
In anderen Bundesländern, die Studiengebühren auch abgeschafft haben, wurde die studentische Beteiligung an der Verwendung der Mittel wie bei den Einnahmen aus den Gebühren beibehalten oder sogar ausgebaut. In Hamburg dagegen gibt es für die Hochschulen zwar weiter Geld (statt aus Studiengebühren eben direkt aus dem Haushalt der Stadt), aber ohne studentische Mitsprache bei der Verwendung. Das ist äußerst bedauerlich, schließlich sollten gerade die Studierenden am besten wissen, wo es in der Lehre hakt und mit welchen Dingen – eben auch Geld – hier Verbesserungen zu erzielen sind.
Letzte Formalia fehlen noch
Wirklich abgeschafft sind die Studiengebühren übrigens erst, wenn auch die Bürgerschaft den Gesetzentwurf verabschiedet hat. Das wird noch ein wenig dauern. Wegen der absoluten Mehrheit der SPD in der Bürgerschaft und des expliziten Versprechens auch des Ersten Bürgermeisters und Hamburger SPD-Vorsitzenden Scholz in Bezug auf die Abschaffung der Studiengebühren kann eigentlich nichts mehr schiefgehen.