Wahlprüfsteine HochschulpolitikAntworten DIE LINKE NRW
DIE LINKE. NRW fordert einen offenen Studienzugang, der im Landeshochschulgesetz verankert wird. Individuelle Auswahlverfahren gehören abgeschafft, die lernfeindlichen Restriktionen des Bachelor/Master-Systems gilt es, gemeinsam mit den Studierenden in NRW, zu überwinden. Als ersten Schritt auf diesem Weg fordern wir, die Zugangsbeschränkung vom Bachelor zum Master auszuschließen. Auch der Numerus Clausus muss aus unserer Sicht wegfallen.
Die Bundesregierung plant gemeinsam mit den Ländern ein kompliziertes Onlineverfahren zur Vergabe von Studienplätzen. DIE LINKE lehnt dies ab, weil es nicht auf die Bedürfnisse der Studierenden eingeht, sondern vielmehr die Auslese noch perfektioniert. Wir fordern stattdessen zusätzliche Studienplätze und eine bundesweit einheitliche Regelung der Hochschulzulassung. Die Studienplatzvergabe und der Hochschulzugang muss auch für Menschen ohne Abitur verbindlich und einheitlich geregelt werden. So werden auch individuelle Auswahlverfahren überflüssig. Alle Studierwilligen haben das Recht auf freie Berufswahl und müssen deshalb auch einen Studienplatz bekommen. Leider verzögerten Bund und Länder lange die Bereitstellung von mehr Mitteln für zusätzliche Studienplätze, zuletzt konnte sich nur auf viel zu wenige und schlecht ausfinanzierte Plätze geeinigt werden. Deshalb fordert DIE LINKE gerade in der Krise, große Unternehmen und Superreiche stärker zu besteuern, um mehr Geld in Bildung investieren.
2. Die gesicherte Studienfinanzierung ist ein entscheidender Punkt, um Menschen aus allen sozialen und gesellschaftlichen Schichten ein Studium zu ermöglichen. In Deutschland spielen hierfür Unterhaltsrecht und BAföG zusammen, nicht immer optimal. Welche Vorstellungen haben Sie in diesen Bereichen für eine Weiterentwicklung?
DIE LINKE. NRW fordert ein gebührenfreies Studium und die sofortige Abschaffung aller Studiengebühren sowie die Rückzahlung von Studienbeiträgen. Das BAföG muss so ausgebaut werden, dass es bedarfsdeckend ist, repressionsfrei und unabhängig vom Einkommen der Eltern. Die Höchstdauer der Zahlung des BAföGs muss an die durchschnittliche Studiendauer angepasst werden.
Derzeit gehen etwa 44 Prozent aller staatlichen Subventionen der Studienfinanzierung, Steuerfreibeträge und Kindergeld, an die Eltern und nicht an die Studierenden. Dieses System fördert damit die Abhängigkeit der Studierenden von ihren Eltern und deren Geldbeutel. DIE LINKE spricht sich dafür aus, dass zum einen Studierenden einen einheitlichen Sockelbetrag direkt erhalten, in dem alle kinderbezogenen Transferleistungen und Freibeträge (Kindergeld, Steuerfreibeträge der Eltern) zusammengefasst werden. Zum an deren soll – in einem ersten Schritt – ein Zuschuss gezahlt werden, der dann schrittweise hin zur Elternunabhängigkeit ausgeweitet wird. Denn Studierende sind erwachsene Menschen, deren Bildungsweg nicht vom guten Willen der Eltern abhängig sein sollte. SO kann der Weg zu einer elternunabhängigen, bedarfsdeckenden und repressionsfreien Studienfinanzierung für alle Studierende geöffnet werden.
Der Staat gibt derzeit für Studierende aus einkommensstarken Elternhäusern fast genau so viel Geld wie für Studierende aus einkommensschwachen Elternhäusern (nach einer Studie des HIS). Das liegt daran, dass Steuererleichterungen für studierende Kinder vor allem wohlhabenden Eltern zugute kommen. Das BAföG, das Studierenden aus einkommensschwachen Elternhäusern zur Verfügung steht, wir immer weiter ausgehöhlt. Die Erhöhung des BAföG um zehn Prozent seit 2008 reicht noch nicht einmal, um die Inflation auszugleichen und den Stand von 2001 wieder zu erreichen.
Bei den einkommensschwachen Studierenden verursacht die staatliche Förderung Schulden, bei den Reichen hingegen nicht, denn das BAföG muss zur Hälfte zurückgezahlt werden. Ergebnis der staatlichen Förderung ist also eine verschärfte soziale Ungleichheit. DIE LINKE fordert deshalb, das BAföG wieder auf einen Vollzuschuss umzustellen, denn die Aussicht, am Ende des Studiums auf einem Schuldenberg sitzen zu bleiben, schreckt gerade junge Menschen aus nichtakademischen Elternhäusern vom Studium ab. 83 Prozent aller Akademikerkinder nehmen ein Studium auf, aber nur 17 Prozent aller Arbeiterkinder.
3. Das in NRW bereits eingeführte Stipendien-Programm soll nach dem Willen der Bundesregierung bundesweit etabliert werden. Unterstützen Sie diesen Plan? Wie ist grundsätzlich Ihre Einstellung zu leistungsabhängigen Stipendien im Spannungsfeld der Finanzierbarkeit bspw. des BAföGs?
DIE LINKE. NRW lehnt das NRW-Stipendienprogramm ebenso wie eine bundesweite Etablierung von Stipendienprogrammen ab.
4. Brandenburg will ein Landes-Schüler-BAföG einführen für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die bisher kein BAföG bekommen können (insbesondere Schüler an gymnasialen Oberstufen, wenn sie noch bei ihren Eltern wohnen können). Was halten Sie von diesem Ansatz oder wie sind Ihre Vorstellungen, mehr Menschen aus finanziell schlechter gestellten Familien zu einer Hochschulzugangsberechtigung zu verhelfen?
Für DIE LINKE. NRW ist Bildung ein Menschenrecht. Die derzeitige Bildungspolitik ist in dieser Hinsicht katastrophal: zu viel Ungerechtigkeit, Chancenungleichheit, zuviel Auslese nach sozialer Herkunft, Zuwanderungsvorgeschichte und Geschlecht. Nur Bildung ohne Gebühren oder Beiträge ermöglicht allen Menschen einen gleichberechtigten Zugang. DIE LINKE. NRW fordert »Eine Schule für Alle« von der ersten bis zur zehnten Klasse mit umfassender Ausstattung für alle Kinder, um soziale Auslese bereits in der Schule zu verhindern. Wir wollen ein umfassendes BAföG für alle Schülerinnen und Schüler ab Klasse 11 einführen, auch dann, wenn sie bei den Eltern wohnen. Ein bedarfsdeckendes, repressionsfreies und elternunabhängiges BAföG ermöglicht auch Kindern aus einkommensschwachen Familien den Zugang zu einem Hochschulstudium.
5. Allgemeine Studiengebühren wurden in ihrem Bundesland eingeführt. Als Besonderheit können die Hochschulen selbst entscheiden, ob sie tatsächlich Gebühren erheben. Wollen Sie an dieser Regelung unverändert festhalten oder sehen Sie Änderungsbedarf (z.B. bei der Ausgestaltung der Gebühren-Darlehen und den Verwendungsmöglichkeiten der Einnahmen durch die Hochschulen) und in welcher Art?
DIE LINKE. NRW setzt sich ohne Wenn und Aber für ein gebührenfreies Studium für alle ein. Die Studiengebühren müssen abgeschafft werden, Studienbeiträge zurückgezahlt werden.
6. Ist die Trennung in Fachhochschulen und Universitäten, gerade im Hinblick darauf, dass die inzwischen eingeführten Abschlüsse Bachelor und Master unabhängig von der Hochschulart gleichwertig sein sollen, noch zweckmäßig? Wenn ja, warum; wenn nein, was planen Sie stattdessen?
DIE LINKE. NRW stellt sich gegen ein Zwei-Klassen-System in der Hochschullandschaft. Wir wollen, dass Bachelor und Master an Universitäten und Fachhochschulen tatsächlich als gleichwertig anerkannt werden. Über die Unterscheidung von forschungs- und anwendungsorientierten Masterstudiengängen versuchen die Kultusministerien, die alte Hierarchie zwischen Unis und Fachhochschulen durch die Hintertür wieder einzuführen. So wird den AbsolventInnen der FH ?s weiterhin der Wechsel an eine Universität erschwert und die Promotionsberechtigung wird nach wie vor häufig in Frage gestellt. Nicht zuletzt erhalten FH-AbsolventInnen beim Berufsteinstieg weniger Lohn. Wir unterstützen die Gewerkschaften in ihrer Forderung, die tarifliche Eingruppierung von Bachelor- und Master-AbsolventInnen der FH ?s den Uni-AbsolventInnen gleichzustellen. Die öffentliche Hand sollte hier mit gutem Beispiel voran gehen und die Ungleichbehandlung in den Laufbahnen des öffentlichen Dienstes endlich beenden.
Es gibt keinen Grund, »theorieorientierte« Bildung pauschal für höherwertig zu halten als »praxisorientierte«. Trotzdem hat diese Sichtweise in der Bundesrepublik Tradition. Dies führt auch dazu, dass Berufserfahrung und Qualifikationen aus der beruflichen Bildung von den deutschen Hochschulen kaum anerkannt werden. In kaum einem anderen Land ist der Hochschulzugang aus der beruflichen Praxis so schwierig wie hier und wird sowenig wahrgenommen. DIE LINKE. NRW tritt dafür ein, dass der Zugang zu Hochschulen für BewerberInnen ohne klassische Zugangsberechtigung deutlich ausgebaut wird.
7. "Autonomie" ist ein Schlagwort der Hochschulreformen der letzten Jahre. "Demokratisierung" der Hochschulen dagegen nur noch selten. Wo legen Sie Ihre Schwerpunkte bei möglichen weiteren Änderungen der Hochschulgesetze Ihres Landes?
Mit der Installierung der sogenannten Hochschulräte setzt die NRW-Landesregierung auf die schleichende Privatisierung der Hochschulen, während die öffentlichen Gremien der Hochschulen entmachtet wurden. Profitinteressen prägen vermehrt die Ausrichtung der einzelnen Institute. Unter dem Stichwort »Drittmittelwerbung« verschaffen sich selbst Rüstungskonzerne einen direkten und unkomplizierten Zugang zu den einzelnen Instituten. Die Landesregierung in NRW fördert diesen Trend auch noch, indem sie seit Jahren Kürzungen im Bildungsbereich vornimmt und die Institute zwingt, sich nach »Drittmitteln« umzuschauen. Immer stärker bestimmen so der Markt und die Konzerne Forschung und Bildung an den Hochschulen. Direkt geschieht dies in der Hochschule durch Privatisierung und Kürzung der öffentlichen Mittel, indirekt bei den Studierenden durch den Verwertungszwang, die Studiengebühren und die Angst vor der Erwerbslosigkeit nach dem Studium.
Dieser studierendenfeindlichen Politik stellt sich DIE LINKE.NRW entschlossen entgegen. Wir wollen die chronische Unterfinanzierung des Hochschulwesens in NRW beenden und eine demokratische Hochschulreform vorantreiben, in der freie und kritische Wissenschaft sowie demokratische Bildung zum Nutzen der Menschen im Mittelpunkt stehen. In diesem neuen Klima werden Innovationen und Errungenschaften gefördert, die nicht privatwirtschaftlichen Zwecken dienen, sondern die Studierenden zu kritisch-reflektierten und sozial kompetenten Menschen ausbilden und so einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen haben.
8. Spätestens der Bildungsstreik von Studierenden, Schülerinnen und Schülern im letzten Jahr zeigte, dass bei den Reformen an den Hochschulen (und Schulen) in den letzten Jahres einiges nicht optimal gelaufen ist. Welche Maßnahmen planen Sie von Seiten des Landes - z.B. (aber nicht nur!) im Bereich "Studierbarkeit" der Bachelor/Master-Studiengänge -, um auf die teilweise sicherlich berechtigte Kritik einzugehen?
Wir wollen die Studiengebühren in NRW sofort abschaffen und Bildung flächendeckend ohne Gebühren gestalten. DIE LINKE. NRW ist für die Rücknahme des sogenannten »Hochschulfreiheitsgesetzes«, das den Interessenvertreterinnen und –vertretern des Kapitals direkten Einfluss auf die Hochschulentwicklung ermöglicht hat. Wir sind für die Einleitung eines Studienreformprozesse, in dessen Rahmen gemeinsam mit den Studierenden Reformmöglichkeiten sowie Studienabschlüsse entwickelt werden, die derzeitige Umsetzung des Bologna-Prozesses lehnen wir ab. Dazu gehören auch die Demokratisierung der Hochschulen und die Mitbestimmung von Studierenden in allen Gremien sowie die Stärkung der studentischen Selbstverwaltung und die Einführung der Viertelparität in den Senaten – jeweils ein Viertel Studierende, ProfessorInnen, wissenschaftliche und nicht- wissenschaftlichen MitarbeiterInnen. Wir wollen das allgemeinpolitische Mandat für die demokratisch gewählten und damit legitimierten Studierendenvertretungen gesetzlich verankern. Die Fächervielfalt an den Hochschulen muss beibehalten bzw. ausgebaut werden, auch »kleinere« Studiengänge müssen erhalten bleiben.