Wahlprüfsteine HochschulpolitikAntworten GRÜNE NRW
Nein, einen freiwilligen Datenabgleich halte ich nicht für sinnvoll. Die Grüne Fraktion hat aus diesem Grund bereits vor einem Jahr die Landesregierung mit dem Antrag "ZVS-Chaos beseitigen: Schnelle Hilfe bei der Vergabe von Studienplätzen leisten - keinen Studienplatz unbesetzt lassen" (Landtags-Drucksache 14/8575) aufgefordert, dafür zu sorgen, dass sich alle Hochschulen an einem zentralen Abgleich-System beteiligen. (siehe auch http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/
dokumentenarchiv/Dokument/MMD14-8575.pdf )
2. Die gesicherte Studienfinanzierung ist ein entscheidender Punkt, um Menschen aus allen sozialen und gesellschaftlichen Schichten ein Studium zu ermöglichen. In Deutschland spielen hierfür Unterhaltsrecht und BAföG zusammen, nicht immer optimal. Welche Vorstellungen haben Sie in diesen Bereichen für eine Weiterentwicklung?
Wir GRÜNE haben uns für eine Weiterentwicklung des Bafög nach einem "Zwei-Säulen-Modell" ausgesprochen, das sich aus einem Studierendenzuschuss von monatlich 200 Euro für alle Studierenden und einem Bedarfszuschuss von bis zu 260 Euro für Studierende aus einkommensarmen Elternhäusern zusammensetzt, der anders als das BAföG als Vollzuschuss gezahlt wird. Mit dem grünen Modell können Studierende inklusive Wohngeld und etwaiger Ausgaben für die Krankenversicherung rund 800 Euro im Monat erhalten. Für weitere Infos siehe http://www.gruene-bundestag.de/cms/hochschule/dok/279/
279044.das_zweisaeulenmodell.html
3. Das in NRW bereits eingeführte Stipendien-Programm soll nach dem Willen der Bundesregierung bundesweit etabliert werden. Unterstützen Sie diesen Plan? Wie ist grundsätzlich Ihre Einstellung zu leistungsabhängigen Stipendien im Spannungsfeld der Finanzierbarkeit bspw. des BAföGs?
Wir GRÜNEN lehnen das schwarz-gelbe Stipendien-Modell aufgrund seiner Zielrichtung und seiner Konstruktion als "privat-vor-Staat"-Modell ab. Mit diesem System werden ganz überwiegend junge Menschen unterstützt, die auch ohne ein solches Stipendium studiert hätten, während gerade die Studienberechtigten aus finanziell benachteiligten Elternhäusern, die aufgrund der Studiengebühren von der Aufnahme eines Studiums abgeschreckt werden, nicht erreicht werden. Hinzu kommt, dass bei diesem System die Privaten Geldgeber die Bedingungen bestimmen und die öffentliche Hand Geld zuschießt, ohne Einfluss auf Vergabekriterien o.ä. zu haben. Wir denken daher, dass mit diesen öffentlichen Mitteln besser eine Verbesserung des Bafög und/oder die Abschaffung der Studiengebühren finanziert werden sollte, anstatt damit eine zusätzliche Elite-Förderung zu unterstützen.
4. Brandenburg will ein Landes-Schüler-BAföG einführen für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die bisher kein BAföG bekommen können (insbesondere Schüler an gymnasialen Oberstufen, wenn sie noch bei ihren Eltern wohnen können). Was halten Sie von diesem Ansatz oder wie sind Ihre Vorstellungen, mehr Menschen aus finanziell schlechter gestellten Familien zu einer Hochschulzugangsberechtigung zu verhelfen?
NRW hat im internationalen wie nationalen Vergleich zu wenig Studierende. Aus Gründen der Gerechtigkeit wie der internationalen Wettbewerbsfähigkeit wollen wir die Hochschulzugangsberechtigung gerade für diejenigen erleichtern, die aus sozialen und finanziellen Gründen bislang eher gehindert sind. Dafür gibt es eine Reihe von Maßnahmen nicht nur finanzieller Natur. So werden nachweislich Kinder mit Migrationshintergrund oder aus Hartz-IV-Familien schon bei der Aufteilung auf die Schulformen selbst bei gleicher Leistung eher auf die Hauptschule empfohlen. Bildungsbiografien werden hier schon beschränkt. Diese Aufteilung wollen wir durch länger gemeinsames Lernen überwinden.
Zu den finanziellen Unterstützungen wollen wir die Lernmittelfreiheit, die für Kinder aus Hartz-IV-Familien aufgeweicht wurde, wieder einführen und mit Zuschüssen des Landes unterstützen. Die BAFöG-Regelungen liegen in der Kompetenz des Bundes. Eine verbesserte Berücksichtigung von Schülerinnen sollte auf Bundesebene erreicht werden. Wir wollen die Ressourcen des Landes in erster Linie einsetzen, um die Angelegenheiten des Landes in der Bildungspolitik auskömmlich zu finanzieren.
5. Allgemeine Studiengebühren wurden in ihrem Bundesland eingeführt. Als Besonderheit können die Hochschulen selbst entscheiden, ob sie tatsächlich Gebühren erheben. Wollen Sie an dieser Regelung unverändert festhalten oder sehen Sie Änderungsbedarf (z.B. bei der Ausgestaltung der Gebühren-Darlehen und den Verwendungsmöglichkeiten der Einnahmen durch die Hochschulen) und in welcher Art?
Unsere Position zu Studiengebühren ist glasklar: Wir werden die Studiengebühren abschaffen UND für einen entsprechenden finanziellen Ausgleich für die Hochschulen aus Landesmitteln sorgen, damit es nicht zu Qualitätsverlusten zu Lasten der Studierenden kommt. Dies hat die Grüne Fraktion bereits in mehreren Anträgen und einen Gesetzentwurf für ein "Studiengebühren-Abschaffungsgesetz" im Landtag deutlich gemacht und auch in unserem GRÜNEN Wahlprogramm für die Landtagswahl so festgeschrieben.
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/
Dokument/MMD14-10144.pdf
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/
Dokument/MMD14-10419.pdf
6. Ist die Trennung in Fachhochschulen und Universitäten, gerade im Hinblick darauf, dass die inzwischen eingeführten Abschlüsse Bachelor und Master unabhängig von der Hochschulart gleichwertig sein sollen, noch zweckmäßig? Wenn ja, warum; wenn nein, was planen Sie stattdessen?
Die Trennung in Fachhochschulen und Universitäten ist unseres Erachtens nach wie vor sinnvoll, jedoch nicht im Sinne einer unterschiedlichen Wertigkeit oder Abstufung, sondern lediglich im Sinne einer jeweils anderen Ausrichtung und Profilierung. Wichtig ist dabei insbesondere, dass Mobilitätshürden zwischen den Hochschulen weiter abgebaut werden. Darüber hinaus sollten auch Kooperationen zwischen Universitäten und Fachhochschulen weiter ausgebaut und gefördert werden – sowohl im Bereich der Forschung wie auch in der Lehre, der Weiterbildung von MitarbeiterInnen oder bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
7. "Autonomie" ist ein Schlagwort der Hochschulreformen der letzten Jahre. "Demokratisierung" der Hochschulen dagegen nur noch selten. Wo legen Sie Ihre Schwerpunkte bei möglichen weiteren Änderungen der Hochschulgesetze Ihres Landes?
Der Hochschulteil unseres GRÜNEN Wahlprogramms für die Landtagswahl ist überschrieben mit "Demokratische Hochschulen – Keimzellen für ein innovatives Land". Schon hierdurch wird deutlich, dass gerade die Demokratisierung der Hochschulen für uns ein wesentliches Element einer Reform des Hochschulgesetzes ist. Wir wollen die Freiheit von Forschung und Lehre an unseren Hochschulen wieder herstellen und sie wieder zu Orten des Diskurses, zu Keimzellen für gesellschaftliche, soziale und technische Innovationen machen. Dafür wollen wir insbesondere auch die Mitwirkungs- und Entscheidungsstrukturen im Sinne eines Höchstmaßes an Transparenz und Beteiligung neu ordnen.
8. Spätestens der Bildungsstreik von Studierenden, Schülerinnen und Schülern im letzten Jahr zeigte, dass bei den Reformen an den Hochschulen (und Schulen) in den letzten Jahres einiges nicht optimal gelaufen ist. Welche Maßnahmen planen Sie von Seiten des Landes - z.B. (aber nicht nur!) im Bereich "Studierbarkeit" der Bachelor/Master-Studiengänge -, um auf die teilweise sicherlich berechtigte Kritik einzugehen?
Wir sind der Auffassung, dass es einer der zentralen Fehler der schwarz-gelben Landesregierung in den letzten Jahren war, die Hochschulen bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses alleine gelassen zu haben. Wir werden stattdessen wieder mehr Verantwortung für die Reformen an den Hochschulen übernehmen und beispielsweise die Hochschul-Lehre und –Didaktik strukturell und finanziell stärken. Darüber hinaus wollen wir dafür sorgen, dass die Hochschulen die Möglichkeiten zum Teilzeitstudium spürbar ausbauen und die soziale Infrastruktur (Mensen, Wohnheime, Beratungsangebote, Kinderbetreuung usw.) auf dem Campus ausbauen.