Studieren mit über 30Altersgrenzen für Förderungen und Vergünstigungen
1. Kurz + knapp
Ja, das tust du. BAföG kannst du für einen Bachelor und Master bis zu deinem 45. Lebensjahr beantragen. Und selbst wenn du schon älter bist, gibt es noch ein paar Ausnahmen, wenn du gute Gründe wie zum Beispiel Kindererziehung vorweisen kannst.
Berufsbegleitend zu studieren kann eine gute Möglichkeit sein, dein Studium zu finanzieren. Es ist allerdings auch nicht leicht und fordert viel von dir. Du kannst zum Beispiel an einer Fernhochschule studieren und nebenbei einer Tätigkeit nachgehen. Es gibt auch Universitäten, in denen die Zeitabläufe auf ein Berufsalltag ausgelegt sind. Du hast dann zum Beispiel abends und an Wochenenden Unterricht.
Leider fallen hier in der Regel Studiengebühren in beträchtlicher Höhe an. Selbst staatliche Hochschulen nehmen pro Semester hohe Gebühren. In Baden-Württemberg und Bayern belaufen sich die Kosten auf 2.000 € und mehr. Es gibt nur wenige staatliche Universitäten (in anderen Bundesländern) die nur geringfügig erhöhte Semesterbeiträge haben. Vielleicht fördert aber der eigene Arbeitgeber die Weiterqualifikation durch das berufsbegleitende Studium?
Der 30. Geburtstag ist weiterhin bei der studentischen Krankenversicherung ein entscheidender Zeitpunkt: Vor allem aber werden Kranken- und Pflegeversicherung dann für fast alle deutlich teurer – nur wer noch BAföG bekommt, bekommt seit WiSe 2019/20 dafür auch einen höheren Zuschuss in annähernd ausreichender Höhe.
Zum Wintersemester 2022/2023 (genauer: seit August 2022!) ist die Altersgrenze beim BAföG auf 45 erhöht worden. Wie bisher bezogen auf den Beginn der Ausbildung (während der Ausbildung darf man die Grenze dann überschreiten und bekommt weiter Leistungen). Ebenso bleibt es bei den bisherigen Ausnahmen, in bestimmten Fällen wird also auch noch älter BAföG möglich sein, z.B. wer einen Bachelor BAföG-gefördert mit unter 45 anfängt, darf den Master direkt im Anschluss an den Bachelor in der Regel noch BAföG-gefördert machen. Und: die Vermögensgrenze ist für über 30-jährige auf 45.000 Euro gestiegen.
2. Ein paar Überlegungen zum Thema „Lebenslanges Lernen“
Mit dem in Deutschland erst seit Ende der 1990er langsam eingeführten Bachelor-Master-Modell kam die Idee hinzu, dass zwischen den zwei Studienabschnitten mehrere Arbeitsjahre liegen können. Selbst für den gern angenommenen „Normstudenten“, der mit 18 (!) direkt nach dem Abitur sein Bachelor-Studium beginnt, bleiben höchstens sieben Jahre Berufstätigkeit, wenn vor dem 30. Geburtstag noch ein Master abgeschlossen werden soll.
Die Realität kann aber ganz anders aussehen. So wird das Abitur erst später gemacht (wegen wiederholter Schuljahre oder weil nicht auf direktem Wege). Oder es wird an die schulische Ausbildung erst eine berufliche angeschlossen. Oder man entscheidet sich erstmal für Kinder und setzt seine Ausbildung fort, wenn sie ein entsprechendes Alter erreicht haben. Schon ist die Schwelle 30 nahe oder sogar überschritten.
Aber selbst, wenn man nicht vom „Normstudenten“ abweicht, bleibt die Frage, ob lebenslanges Lernen nicht von Vorteil wäre. So sind mehr als 7 bis 8 Jahre Berufserfahrung durchaus legitim bevor jene entscheiden, ihre Ausbildung noch durch einen Master zu erweitern. Besonders in Krisen kann es gut sein den Bachelor-AbsolventInnen die Chance zu geben, ihre bis dahin gesammelten beruflichen Erfahrungen durch ein Masterstudium zu erweitern oder auch zu reflektieren.
Daher ist die seit Wintersemester 2022/2023 gültige Erhöhung der Altersgrenze beim BAföG für Master- und Bachelor-Studiengänge auf 45 absolut zu begrüßen, ebenso die immer noch bestehenden Ausnahmen in Bezug auf ein Erststudium nach Kindererziehung. Den Bildungskredit kann man dagegen weiterhin nur bis zum 36. Lebensjahr erhalten (im 37. aber nicht mehr!).
Der KfW-Studienkredit ist schon seit 2013 für ältere Studierende zugänglich. Allerdings mit Begrenzung bei der Förderdauer. Für die höchstmögliche Bezugsdauer muss man bei Studienbeginn sogar unter 25 Jahre alt sein. Und: ein Studienkredit ist nun mal ein Kredit, er muss vollständig und mit Zinsen zurückgezahlt werden. Die Zinsen können erst mit Beginn der Rückzahlungsphase fixiert werden, während der Auszahlungsphase werden sie halbjährlich angepasst, es gibt keinen Schutz gegen auch deutliche Steigerungen. 2023 sind die Zinsen leider sehr hoch.
3. Übersicht Finanzierungsmöglichkeiten und Studentenvergünstigungen und ihre Altersgrenzen
Der Staat setzt dem lebenslangen Lernen bisher leider enge Grenzen bzw. schiebt die Finanzierung desselben auf den Einzelnen ab. Als grobe Übersicht hier eine Tabelle mit den Altersgrenzen für einige wesentliche Finanzierungsmöglichkeiten bzw. die vergünstigte studentische Krankenversicherung und ob es überhaupt Ausnahmen von der Altersgrenze gibt. Für die Details wird auf unsere ausführlichen Artikel zum Thema verwiesen und dort nach Möglichkeit direkt auf den Abschnitt gesprungen, der auf die Altersproblematik eingeht.
Zum BAföG noch die Anmerkung, dass der Vermögensfreibetrag seit Wintersemester 22/23 für Studierende unter 30 nun 15.000 Euro beträgt (für alle ab 30 Jahren sogar 45.000 Euro). Vermögen welches diesen Betrag überschreitet wird beim BAföG angerechnet, was zu einer Kürzung bzw. (bei entsprechend hoher Überschreitung des Freibetrags) kompletten Streichung desselben führt.
Leistung / Vergünstigung | Altersgrenze/-beschränkung; evt. Ausnahmen |
---|---|
BAföG | 45 Jahre bei Beginn Studienabschnitt (dann BAföG bis Ende des jeweiligen Studienabschnitts unabhängig vom Alter) Dazu noch Ausnahmeregelungen (Start also u.U. auch mit Ü45 möglich). Guter Grund: Kindererziehung vor 45. |
Stipendien | Die meisten haben keine formale Altersgrenze, Bewerbung ist aber – je nach Stiftung und Förderprogramm (manche Stiftungen haben mehrere) – oft erst während des Studiums möglich. Alternative: Aufstiegsstipendium (hierfür Ausbildung+mehrjährige Berufstätigkeit vor Studium nötig) |
Bildungskredit | Förderungsende: 36 Jahre Keine Ausnahmen. |
Kindergeld | 25 Jahre. Ausnahmen fast unmöglich |
Krankenversicherung (Studententarif) | 30 Jahre. Ausnahmen theoretisch möglich, sehr selten |
Bildungsfonds (Deutsche Bildung) | keine Altersgrenze, aber abhängig von bisherigem Lebenslauf und zukünftigen Berufschancen |
KfW-Studienkredit | 44 Jahre+wenige Monate bei Beginn Förderung Keine Ausnahmen. |
Unterhalt (der Eltern) | keine feste Altersgrenze, mit über 30 aber sehr unwahrscheinlich |
4. BAföG bis 45 – aber was ist mit anderen Fördermöglichkeiten?
Es ist absolut zu begrüßen, dass das BAföG nun bei Studienbeginn bis 45 zugänglich ist. Um so unverständlicher ist es, warum dann nicht auch die Altersgrenze beim staatlichen Bildungskredit erhöht wurde. Auch die Höhe des KfW-Studienkredits müsste erhöht werden, damit er im Fall der Fälle überhaupt ausreichen kann.
Die Altersgrenze für den Bezug von Kindergeld ist übrigens schon 2007 von 27 Jahren auf 25 Jahre gesenkt worden. Es bleibt abzuwarten, was hier im Rahmen der geplanten Einführung der Kindergrundsicherung (die das Kindergeld ersetzen soll) gemacht wird.
5. Oder stattdessen berufsbegleitend studieren?
Wenn alle anderen Möglichkeiten der Studienfinanzierung nicht in Frage kommen, bleibt schließlich (nur?) die Möglichkeit, berufsbegleitend zu studieren. Dies kann entweder in Form eines Fernstudiums ortsunabhängig (bis auf wenige Termine wie bspw. zu Prüfungen) geschehen oder als klassisch berufsbegleitendes Studium mit Präsenzanteilen an einer Hochschule, die aber so organisiert sind, dass eine Berufstätigkeit möglich bleibt (Studium am Abend, an Wochenenden oder in wenigen Blöcken, wofür dann der Urlaub eingesetzt werden muss).
Die meisten derartigen Studienangebote gibt es an privaten Hochschulen mit mehr oder weniger hohen Studiengebühren. In Baden-Württemberg und Bayern müssen selbst staatliche Hochschulen dafür Gebühren nehmen – 2.000 € und mehr je Semester). Es gibt schließlich – leider eher wenige – Angebote von staatlichen Hochschulen, die nur mit den üblichen Semesterbeiträgen abgegolten sind oder nur geringfügige Aufschläge umfassen.
Wenn allerdings dem eigenen Arbeitgeber das Studium schmackhaft gemacht werden kann (in der Regel mit der Verpflichtung, nach dem Studium eine Mindestzeit weiter bei ihm zu arbeiten) oder von sich aus bestimmte berufsbegleitende Studiengänge unterstützt, sieht es anders aus. Dann zahlt der Arbeitgeber die Studiengebühren und weiterhin Lohn. Das kann eine für beide Seiten faire Regelung sein.
Die Auswahl ist grundsätzlich begrenzt: In diversen Fachbereichen gibt es leider keine Studienangebote im Fernstudium oder als berufsbegleitende Präsenz-Variante.
6. Weiterführende Links
Hinweis: Dieser Artikel wird regelmäßig aktualisiert. Die letzte Überarbeitung kann man dem Datum bei der Artikelüberschrift entnehmen.