Übersicht+GeschichteStudiengebühren in Berlin
Unser Übersichtsartikel zeigt die Lage in Sachen Studiengebühren in Berlin: Allgemeine Studiengebühren gab und gibt es nicht. Dafür schon seit 1996 Rückmeldegebühren, wobei diese in der Fassung bis 2004 für verfassungswidrig erklärt wurden. Sie betragen 50 € pro Semester. Erfahre hier alles über die einzelnen Arten von Studiengebühren und die Geschichte der Studiengebühren in Berlin.
Im Detail: Studiengebühren in Berlin
Verwaltungskostenbeitrag: 50 €
Der Beitrag von 50 Euro fällt für alle Studierenden an und wird von einigen Hochschulen als Teil des Semesterbeitrages neben anderen Beiträgen fürs Studentenwerk, Studierendenschaft und/oder Semesterticket aufgelistet. „Leistung“ wird durch den Verwaltungskostenbeitrag nicht geboten, bisher wurden diese Gebühren immer dann eingeführt, wenn im Landeshaushalt Geld fehlte.
Und sonst?
Darüber hinaus gibt es derzeit keine anderen Arten von Studiengebühren in Berlin.
Stand der Dinge und Geschichte
Sechzehn Jahre nach Einführung der Rückmeldegebühren in Berlin entscheidet das Bundesverfassungsgericht, dass diese in der Fassung, wie sie bis 2004 erhoben wurden, verfassungswidrig gewesen seien. Details dazu in der Pressemitteilung des BVerfG vom 28.11.2012. Zumindest die Kläger müssen daher ihre gezahlten Gebühren zurückerstattet bekommen. Inwieweit auch andere noch ein Anspruch auf Rückerstattung haben könnten (z.B. wenn seinerzeit nur unter Vorbehalt gezahlt wurde) oder ob derartiges bspw. wegen Verjährung nicht mehr möglich ist, ist noch zu klären.
In einem Artikel des Tagesspiegel vom 30.11.2012 äußert der FU-Jurist Christian Pestalozza zwar die Meinung, alle müssten auf Antrag (den die Hochschulen bereitstellen würden) die zwischen 1996 und 2004 zu unrecht gezahlten Rückmeldegebühren zurückerhalten. Ob das wirklich so kommt, bleibt aber noch offen, bisher halten sich alle, die dazu etwas sagen könnten/sollten (ob ASten, Senatsverwaltung oder Hochschulen) noch bedeckt. Ziemlich klar ist jedoch: Die aktuell erhobenen Gebühren sind vom Urteil nicht betroffen, da das entsprechende Gebühren-Gesetz 2004 so geändert wurde, dass das Urteil nicht übertragbar ist.
Am 25.02.2013 erklärte der Berliner Senat, dass allen, die zwischen 1996 und 2004 die Rückmeldegebühr gezahlt haben, diese auf Antrag zurückzuzahlen sei. Es spielt also offenbar keine Rolle, ob damals unter Vorbehalt gezahlt wurde oder nicht. Musterschreiben zur Antragstellung finden sich auf den Seiten der ASten, bspw. beim AStA der TU Berlin. Der Anspruch auf Rückzahlung ist Ende 2013 verjährt.
Kurz vor der Senatswahl im September 2021 möchte die rot-rot-grüne Regierung in Berlin das Hochschulgesetz reformieren. Keine Angst: so wie es aussieht, werden in keiner Form neue Studiengebühren eingeführt. Im Gegenteil: im Kontext der seit 2017 in Baden-Württemberg bestehenden Gebühren für Studis aus dem Nicht-EU-Ausland, zwischenzeitlicher Überlegungen der NRW-Regierung selbige einzuführen und dem jüngsten Gesetzesentwurf der bayerischen Landesregierung, in dem genau diese Gebühren vorgesehen sind, wird im ersten Entwurf der Berliner Landesregierung betont, „dass auch von internationalen Studierenden keine Studiengebühren erhoben werden“ und dass „die Gebührenfreiheit im Land Berlin einen wesentlichen Baustein für die hohe Attraktivität der Berliner Hochschulen im internationalen Vergleich darstellt.“
Berlin war übrigens nach unseren Informationen das einzige Bundesland, dass nach Semesterzahl gestaffelte Beiträge zum Studentenwerk erhoben hatte (von 2001 bis 2010). Beginnend mit 30,68 Euro (Stand 2003), zahlt mensch bei drei bis sechs Semestern Überschreitung der „Förderungshöchstdauer“ 46,02 Euro, und ab einer Überschreitung von sieben Semestern 76,69 Euro.
Laut Koalitionsvertrag des SPD-PDS-Senat sollen „eigentlich“ über die bestehenden Gebühren keine weiteren erhoben werden. Berereits im April 2003 - nach Sparplänen des Finanzsenators, die besonders die Hochschulen stark treffen würden - ist die Debatte wieder aufgeflammt.
Im Laufe des Jahres 2003 wurde bekannt, dass in der Finanzplanung für 2004/2005 bereits Einnahmen aus nicht näher definierten Gebühren für Studierenden vorgesehen sind. Wie sich nach und nach herausstellt, soll es sich um Langzeitstudiengebühren oder Studienkonten handeln - ein Grund für den Streik der Studierenden der TU Berlin (und später auch HU und FU) ab Anfang November 2003.
Zwar ist die Entscheidung schon vom Dezember 2003, trotzdem ist sie sehr interessant und uns erst jetzt bekannt geworden: Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Klage (die erste Instanz fand 1996 statt ...) gegen die Rückmeldegebühren mit durchaus positivem Unterton an das Berliner Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Mehr dazu in unserem Beitrag Rückmeldegebühren in Berlin vielleicht doch nicht verfassungskonform? vom 19.3.2004.
Am 24. Februar 2004 hat sich Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) und Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) „übergangsweise“ auf die Erhebung von Langzeitstudiengebühren geeinigt - bis zur späteren Einführung von Studienkonten. Die eigene Partei hat dem Wissenschaftssenator jedoch am 4. April 2004 einen Strich durch die Rechnung gemacht und diesen Plan mit fast 3/4-Mehrheit abgelehnt. Die SPD besteht dann doch nicht mehr auf die Einführung der Gebühren, da sonst die Koalition zerbrochen wäre. SPD-Bürgermeister Wowereit lässt trotzdem kaum eine Gelegenheit aus, für „Offenheit“ in diesem Bereich zu werben und auch über allgemeine Studiengebühren zu spekulieren.
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am 26.01.2005, dass der Bund den Ländern Studiengebühren nicht verbieten darf, ist die Diskussion um Studienkonten oder gar allgemeine Studiengebühren auch in Berlin wieder aufgeflammt. Insbesondere der Finanzsenator brachte Gebühren wieder ins Spiel und war sogar so offen (oder so doof), einen Teil des Geldes für die Sanierung des Haushaltes und nicht etwa die Hochschulen vorzusehen. Letztlich wäre das zwar auch anderswo zumindest mittelfristig zu erwarten, Sarrazin war aber der erste, der das offen aussprach.
Die PDS bleibt Anfang 2005 bei ihrer Ablehnung von Studienkonten, auch wenn sich einige BefürworterInnen von Langzeitstudiengebühren und Studienkonten wieder aus der Deckung wagten. Teilweise (u.a. auch von Wissenschaftssenator Flierl, PDS) werden auch Ideen in Richtung „Landeskinder"-Regelungen publik bzw. Staatsverträge mit gebührenfreien Ländern, deren „Landeskinder“ dann ausgenommen werden.
10 Jahre nach Einführung der Rückmeldegebühren (und so lange laufen schon die Klagen) kommt das OVG Berlin am 15.02.2006 zum Schluss, dass die Gebühren vielleicht doch verfassungswidrig sein könnten (1998 sah es das noch anders und musste erst vom Bundesverwaltungsgericht dazu gebracht werden, das Verfahren nochmals aufzurollen). Das Verfahren wird daher an das Bundesverfassungsgericht weitergereicht - und die Chancen sind für die KlägerInnen gar nicht schlecht. Allerdings betrifft das ganze Verfahren vermutlich nur die Gebühren, die bis Ende 2004 erhoben wurden - danach gab es eine Gesetzesänderung.
Weil im Herbst Landtagswahlen sind und danach die Karten neu gemischt werden könnten - will sagen, Langzeitstudiengebühren oder allgemeine Studiengebühren drohen könnten, beteiligen sich auch Berliner Studierende am bundesweiten Protesttag am 31.05.2006 und besetzen symbolisch die Hamburger Vertretung beim Bund (da in Hamburg am selben Tag die Bürgerschaft in erster Lesung über Studiengebühren beschließen soll).
Eine Einschätzung der Positionen der zur Wahl stehenden größeren Parteien gibt der Artikel Berlin wählt im September: Werden dann Studiengebühren eingeführt? vom 23.06.2006.
Die SPD/Linkspartei.PDS-Koalition wird auch in der neuen Legislaturperiode fortgeführt. Insbesondere bei der PDS.Linkspartei erstaunt das fast ein wenig - auch in Sachen Studiengebühren bleibt der Koalitionsvertrag nämlich wachsweich. Um die Frage Studienkonten könnte es daher erneut Debatten geben. Insbesondere da nun der bisher in Rheinland-Pfalz tätige Wissenschaftsminister Zöllner nach Berlin geholt wird, wie am 21.11.2006 gemeldet wurde.
Es herrscht ziemlich Ruhe in Sachen Studiengebühren. Weder SPD noch LINKE wollen allgemeine Studiengebühren, auch Langzeitgebühren bspw. in Form von Studienkonten sind zur Zeit (Stand Anfang 2010) nicht in der Debatte. Die seit 2001 gestaffelten Sozialbeiträge („Langzeitstudierende“ wurden dabei mit höheren Beiträgen belegt) werden ab WiSe 2010/2011 wieder vereinheitlicht - siehe die Sozialbeitragsverordnung vom 02.03.2010.
Auch nach den Wahlen zum Abgeordnetenhaus am 18.09.2011 (siehe auch Wahlprüfsteine Hochschulpolitik: Was die Parteien in Berlin vertreten) dürfte in Sachen Gebühren keine Änderung geben, jedenfalls keine allgemeinen Studiengebühren kommen. Eine Abschaffung der Rückmeldegebühren ist eher unwahrscheinlich. Aber noch muss man abwarten – auch, zu welcher Koalition es denn genau kommt (SPD/Grüne oder SPD/CDU).
Nachdem Verhandlungen zwischen SPD und Grünen scheiterten, kommt es offenbar zu einer Koalition von SPD und CDU. Am 16.11.2011 präsentierten SPD und CDU ihre Koalitionsvereinbarung. Sie muss noch von den Parteien bestätigt werden, was aber wohl nicht scheitern wird. In der Vereinbarung ist ausdrücklich festgehalten: „In Berlin wird es auch künftig keine Studiengebühren geben.“ (auf Seite 55 in dieser Fassung via SPD Berlin).
Artikel (auch) zu Studiengebühren in Berlin
- Berlin wählt im September: Werden dann Studiengebühren eingeführt? (23.06.2006)
- Bundesweite Proteste gegen Studiengebühren (mit Berliner Beteiligung; 31.05.2006)
- Berlin: Rückmeldegebühr vermutlich verfassungswidrig (16.02.2006)
- Berlin: Studium ohne Gebühren nur für Kinder aus gebührenfreien Ländern? (08.02.2005, letzter Abschnitt im Artikel)
- Berliner PDS spricht sich mit großer Mehrheit gegen Studienkonten aus (04.04.2004)
- Studienkonten als Fortschritt? / Merkel (CDU) für allgemeine Studiengebühren (06.12.2003)
- Besetzungen gegen (Langzeit-)Studiengebühren in Berlin (27.11.2003)
- Langzeitstudiengebühren ab 2005? (05.11.2003)
- Ja! Nein! - SPD streitet um Studiengebühren (12.05.2003)
- Allgemeine Studiengebühren retten Berliner Hochschulen? (27.04.2003)
- Studiengebühren: Berlin will sie doch nicht (16.01.2003)
Häufig gestellte Fragen
In Berlin gibt es – wie in ganz Deutschland – keine Allgemeinen Studiengebühren mehr. Neben Studiengebühren an privaten Hochschulen gibt es den Verwaltungskostenbeitrag, den staatliche Hochschulen im Semesterbeitrag verankert haben.
Er fällt für alle Studierenden in Berlin an und wird von einigen Hochschulen als Teil des Semesterbeitrages neben anderen Beiträgen fürs Studentenwerk, Studierendenschaft und/oder Semesterticket aufgelistet. „Leistung“ wird durch den Verwaltungskostenbeitrag nicht geboten, bisher wurden diese Gebühren immer dann eingeführt, wenn im Landeshaushalt Geld fehlte.
Ja, der Verwaltungskostenbeitrag in Berlin ist für die Zeit von 1996 bis 2004 für verfassungswidrig erklärt worden. Er kann auf Antrag zurückerstattet werden.
Hinweis
Die Angaben hier beruhen auf eigenen Recherchen, eine Gewähr dafür kann nicht übernommen werden. Wer von neuen Plänen oder wirklichen Änderungen der hier geschilderten Lage gehört: Bitte informiert uns per Mailformular, damit wir die Information einbauen können. Vielen Dank!