Bachelor bleibt BilligheimerGehaltscheck für AkademikerInnen
Das Gehalt von AkademikerInnen ist äußerst unterschiedlich – abhängig von Studienfach und Abschlussart
In welcher Zeit leben wir? Akademikerinnen, die in ihren ersten Job einsteigen, verdienen in Deutschland im Schnitt 713 Euro weniger als ihre männlichen Kollegen. Während es die "Herren der Schöpfung" anfangs im Mittel auf 3679 Euro bringen, erhalten Frauen gerade einmal 2966 Euro. Das entspricht einem Einkommensnachteil von 19,4 Prozent. Selbst nach zwei bis drei Jahren Berufserfahrung wird die Sache kaum besser. Dann beträgt die Gehaltslücke noch 624 Euro bzw. 15,9 Prozent. Nach drei und mehr Jahren geht die Schere sogar wieder weiter auseinander. 4774 Euro und ein satter Tausender mehr auf dem Gehaltszettel verschaffen dem Mann einen Einkommensvorsprung von 20,8 Prozent.
Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hat im Rahmen des Projekts "Absolventen-Lohnspiegel" in den zurückliegenden drei Jahren 4300 Jungakademiker zu ihrem Verdienst und ihren Arbeitsbedingungen befragt. Die Ergebnisse sind im Arbeitspapier "Bachelor, Master und Co." zusammengetragen, das vergangene Woche vorgelegt wurde.
Reiche Banker – arme Architekten
Das durchschnittliche Bruttogehalt von Berufseisteigern ohne Sonderzahlungen beträgt demnach 3401 Euro monatlich. Allerdings ergeben sich abhängig von Studienrichtung und Studienabschluss, von der Branche, der Region und vom Geschlecht erhebliche Abweichungen nach oben und unten. So lassen sich im Bankensektor bereits im ersten Berufsjahr durchschnittlich 4400 Euro verdienen, gefolgt vom Fahrzeugbau und der chemischen Industrie mit 20 bzw. 50 Euro weniger. Im Mittelfeld finden sich die Datenverarbeitung (3525 Euro), Dienstleistungen (3330 Euro) und die öffentliche Verwaltung (3300 Euro). Deutlich schlechter steht die Bauwirtschaft (2990 Euro) und die Druckindustrie (2970 Euro) da. Schlusslicht unter den neun ausgewählten Branchen ist der Bereich Kultur, Sport und Unterhaltung mit 2650 Euro.
Bei den Berufsgruppen hat der Elektroingenieur mit 4537 Euro die Nase vorn, vor dem Wirtschaftsingenieur (4283 Euro) und dem Maschinenbauingenieur (3990 Euro). Zwischen 4000 und 3000 Euro Durchschnittsverdienst rangieren unter anderem IT-Berater, Betriebswirte, Juristen, Psychologen und Volkswirte. Bei fast punktegenau 3000 Euro landen Soziologen und Sozialwissenschaftler, überaschenderweise noch vor den Bauingenieuren, die lediglich 2903 Euro verdienen. Am Ende der Skala dümpeln die Architekten mit 2464 Euro und das sogar mit beträchtlichem Abstand zum vorletzten Platz, den die Sozialpädagogen mit 2758 Euro einnehmen.
Ingenieure ganz weit vorn
Dass gegenwärtig vor allem Ingenieure hoch im Kurs stehen, belegt auch eine neue Studie des Karriereportals Alma Mater. Demnach liegt ihr Durchschnittsjahresgehalt bei 44.000 Euro, im Vertrieb, bei Forschung und Entwicklung sowie in der Fertigung auch darüber. Für seine Gehaltsstudie 2012 hat die Online-Jobbörse 6300 Vergütungsangaben aus über 1000 Firmen ausgewertet. Von diesen sehen sich demnach 78 Prozent mit Master-Absolventen gut gerüstet, drei Viertel der Unternehmen stellen auch Bachelor ein. Das größte Vertrauen genießen mit 83 Prozent aber wohl nach wie vor Hochschulabgänger mit Diplom in der Tasche. Eine frohe Botschaft hat Alma Mater für Bachelor-Studierende parat. Ihr Gehaltsrückstand gegenüber Diplom- und Master-Absolventen soll sich auf nur 1600 Euro jährlich belaufen, ein Minus, das sie der Darstellung zufolge durch den früheren Einstieg ins Arbeitsleben und mehr Berufserfahrung in jungen Jahren und spätestens im nächsten Job ausgleichen sollen.
Schlecht bezahlter Bachelor
Die WSI-Studie vermittelt in diesem Punkt ein konträres Bild. Sie verzeichnet je nach Hochschulabschluss immense Gehaltsauschläge mit einer Spannbreite von über 1600 Euro monatlich. Während man nach den Befunden mit Promotion ein Durchschnittsverdienst von 4222 Euro im ersten Berufsjahr erzielt, schafft es ein Magister gerade einmal auf 2618 Euro. Daran zeigt sich einmal mehr, dass sich Geisteswissenschaftler im Arbeitsleben ziemlich unter Wert verkaufen müssen. Auffällig ist aber auch die augenscheinliche "Minderwertigkeit" des im Zuge der Bologna-Studienreform eingeführten Bachelor. Legt man diesen an einer Universität ab, droht eine Vergütung von mäßigen 2889 Euro – das ist der zweitschlechteste Wert unter allen Abschlüssen. Mit einem an einer Fachhochschule (FH) erworbenen Bachelor bekommt man zwar 18 Euro mehr als im Falle eines FH-Diploms, für ein Uni-Diplom gibt es aber wiederum 114 Euro mehr.
Master überflügelt Diplom
Beachtlich ist vor allem der Abstand zum Master-Abschluss, der mittlerweile das Diplom in punkto Bezahlung überflügelt hat. Zwischen dem FH-Bachelor und dem FH-Master klafft eine Lücke von 262 Euro, zwischen dem Uni-Bachelor und dem Uni-Master gar eine von 793 Euro. Rechnet man das aufs Jahr hoch, ergibt sich ein Gehaltsvorsprung durch den Master von über 8500 Euro. Das Plus bleibt mit geringfügigen Abstrichen auch nach zwei bis drei Berufsjahren bestehen. Auf keinen Fall wird an den Zahlen der von Alma Mater ermittelte "kleine Vorsprung" der Master- vor den Bachelor-Absolventen ersichtlich, sondern ein reichlich großer. Eine Erklärung für die Diskrepanz könnte sein, dass das Karriereportal mit seiner Unternehmerbefragung "arbeitgebernah" und das WSI mit seiner Absolventenbefragung "arbeitnehmernah" ermittelt hat.
Allerdings dürfte das WSI der Wahrheit ein Stück weit näher kommen. Forschungen zum Thema haben wiederholt ergeben, dass Bachelor-Absolventen in der Wirtschaft weniger gefragt und entsprechend schlechter bezahlt sind. Nach Befunden der Absolventenstudien der Hochschul Informations System GmbH verdient man mit einem Uni-Bachelor mithin pro Jahr 10.000 Euro weniger als mit einem traditionellen Uniabschluss (vgl. auch unseren Artikel Was wird aus HochschulabsolventenInnen? dazu). Im Falle der FHs ergibt sich immerhin noch ein Abstand von 3600 Euro. Das WSI-Datenmaterial bestätigt diesen Trend und könnte damit den Kritikern der Bologna-Reform neue Argumente an die Hand geben.
Westdeutsche Besserverdiener
Zweifellos ein schlechtes Licht wirft die Untersuchung auf den Stand der Ost-West-Angleichung. Während Akademiker mit bis zu einem Jahr Berufserfahrung in den alten Bundesländern durchschnittlich 3537 Euro mit nach Hause bringen, sind ist in Ostdeutschland 2861 Euro, 19 Prozent weniger. Nach zwei bis drei Jahren verringert sich der Abstand auf 616 Euro (16,2 Prozent), um dann nach drei und mehr Jahren Berufserfahrung auf über 20 Prozent zuzulegen. Im Bundeschnitt besser verdienen kann man in Betrieben mit Tarifbindung, nämlich 3757 Euro im ersten Berufsjahr. Stattliche 641 Euro (17,1 Prozent) weniger sind es in Unternehmen ohne Tarifvertrag. Und noch etwas: Akademiker arbeiten zwar zufriedener als Nichtakademiker. Dafür schieben sie aber auch mehr Überstunden. (rw)