HochschulpolitikStudierendenvertretungen und das liebe Geld
Gemeinsame Pressemitteilung der ASten der RWTH Aachen und
der Universitäten Dortmund und Münster sowie des UStA der
Universität Karlsruhe (TH) – Aachen, 8. Oktober 2003
Die Studierendenvertretungen von vier Hochschulen haben die Vorsitzende des RCDS, Barbara von Wnuk-Lipinski, aufgefordert, von ihren zweifelhaften Aussagen zur Finanzpraxis der Studierendenschaften Abstand zu nehmen. "Gerade die Forderung nach der Auflösung der Verfassten Studierendenschaften ist ein Schlag ins Kontor ihrer Kolleginnen und Kollegen, die in den Studierendenschaften teils engagiert mitarbeiten", sagte Colin Tück, Vorsitzender des AStA der RWTH Aachen. Die Vorsitzende des CDU-nahen RCDS hat in einem Interview mit der taz die Auflösung der Studierendenschaften gefordert, da diese mit öffentlichen Geldern verantwortungslos umgingen.
Dabei verstrickt sich Wnuk-Lipinski aus Sicht der ASten der RWTH Aachen und der Universitäten Münster und Dortmund sowie des UStA der Universität Karlsruhe (TH) in vielen Teilen in Widersprüche. So sind lokale RCDS-Gruppen zwar tatsächlich häufig in der Opposition zu finden, können dort die Arbeit der ASten aber äußerst effektiv kontrollieren. So haben alle Mitglieder eines Studierendenparlaments die Möglichkeit, Einsicht in die Buchhaltung der ASten zu nehmen. Zudem können Ausgaben nur auf Grundlage von bestehenden Haushaltsplänen getätigt werden, die von den Parlamenten verabschiedet werden müssen.
In dem offenen Brief räumen die Studierendenvertretungen ein, dass es auch unter den ASten durchaus einige "Schwarze Schafe" gibt, diese Finanzpraxis ist aber nicht auf alle übertragbar. "Wenn ich mich hinstelle und sage: So wie beim Kölner Müllskandal läuft das auch in allen anderen Kommunen, hält man mich auch für verrückt. So eine pauschale Verleumdung ist schon infam", empört sich Ernest Hammerschmidt, Finanzreferent des AStA der RWTH.
Auch die von Wnuk-Lipinski geforderte Umwandlung der ASten in "Studentenkonferenzen" lehnen die Unterzeichner ab. Die von der RCDS-Vorsitzenden gesehenen Vorteile, die in einer besseren Rechtsaufsicht der Hochschulen über die Finanzen der Studierendenschaften liegen sollen, sind de facto schon jetzt existent. Denn formal müssen die Hochschulen schon jetzt die Haushalte genehmigen – jedoch nach formalen Kriterien und nicht nach inhaltlichen. "Wir könnten studentische Interessenvertretung doch gleich zu Grabe tragen, wenn uns die Hochschulen vorschreiben können, wofür wir Gelder ausgeben wollen. Das wird nach festen Kriterien, die im übrigen auch von den Studierendenschaften selbst regelmäßig kontrolliert werden, politisch entschieden", so Sascha Vogt, Vorsitzender des AStA der Uni Münster, abschließend.
Der offene Brief im Wortlaut
Offener Brief zu Deinem heutigen Interview in der taz "Ohne uns wäre das nie rausgekommen!", die tagezeitung vom 8.10.03, Seite 14
Liebe Barbara,
in Deinem heutigen Interview mit der taz versuchst Du offensichtlich, den Artikel des Spiegel vom 29.9.03 zum Anlass nehmend, in doch eher peinlicher Weise die Abschaffung der verfassten Studierendenschaft zu propagieren und diese in ihrer Gänze als Haufen linksradikaler Betrüger darzustellen. Zu erst einmal möchten wir Dir zu der Dir entgegen gebrachten Aufmerksamkeit gratulieren! Leider verschenkst Du diese durch sachliche Fehler und haarsträubende Argumentation in Deinen Aussagen.
Zunächst einmal überträgst Du die sicherlich in einigen Fällen dubiose Finanzpraxis einzelner schwarzer Schafe unter den ASten/StuRä direkt in Deiner ersten Antwort auf die gesamte Studierendenschaft. Den Kölner Müllverbrennungsskandal einfach so zu deuten, dass dies in allen Kommunen analog liefe, käme auch der Verleumdung gleich. Ansonsten beruhigt uns die Tatsache ungemein, dass die meisten ASten/StuRä treue Bahnkunden sind und nicht ihren Reisekostenetat in drei Monaten für schicke Leihwagen verplempern.
Auch scheint keinesfalls eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Verwendung von Geldern stattzufinden. Zumindest scheinst Du die Kritik an der Förderung bestimmter Projekte entweder nicht begründen zu können oder zu wollen. Dass Du die Nachfrage nach Schwulenreferaten geschickt umschiffst, spricht jedenfalls für sich.
Kommen wir nun zu einer kurzen Lehrstunde in praktischer Finanzgesetzgebung: Du behauptest, die Kontrolle der AStA-Finanzen gestalte sich schwierig, wenn man nicht im AStA sitze. Unsere Vermutung ist eher diese: Sie gestaltet sich schwierig, wenn man entweder keine Ahnung davon oder keine Motivation zu konstruktiver Mitarbeit hat. Natürlich steht es Mitgliedern der Studierendenparlamente o.ä. frei, Einsicht in die Finanzunterlagen des AStA zu nehmen. Sogar Mitglieder der opponierenden Listen geniessen dieses Recht. Aber das wusstest Du bestimmt. Was Du nicht zu wissen scheinst, ist, wie es um die Aufgaben der Rektorate im Prozess der Haushaltsberatung bestellt ist. Wieder steht zu bemerken: Was in Rheinland-Pfalz (zumindest teilweise) gilt, darf in Nordrhein-Westfalen anders sein. Wer sich z.B. S~80 HG-NW ansieht, erkennt, dass dem Rektorat zwar der festgestellte Haushaltsplan zuzuleiten ist, die Notwendigkeit der aktiven Genehmigung lässt sich hier nicht ablesen. Die Kompetenzen, die der Hochschulleitung im Rahmen der Rechtsaufsicht gegeben sind, reichen ohnehin vollkommen aus, um Misswirtschaft zu verhindern. Deine Aussage hierzu ist also schlichtweg falsch.
Die nächste offensichtliche Falschaussage Deinerseits ist in der Antwort auf die Frage nach den finanziellen Vorteilen des von Euch propagierten Modells der "Studentenkonferenz" zu finden. Diese beantwortest Du erst gar nicht, sondern nutzt sie geschickt dazu, auf die Frage des politischen Mandats zu schwenken. Du behauptest, Studierenden sei es nicht möglich, sich gegen allgemeinpolitische Aktivitäten ihrer VertreterInnen zu wehren. Dass gerade der RCDS in der Vergangenheit derartige gerichtliche Klagen gegen "linke" ASten zumindest ideologisch unterstützt hat, scheint Dir entfallen zu sein.
Auch Deine Behauptung, nur in Sachsen-Anhalt könne man sich aus der Verfassten Studierendenschaft ausklagen, hat in der Form keinen Bestand. Natürlich darf jede und jeder Studierende in Sachsen-Anhalt den Rechtsweg beschreiten. Besonders geschickt wäre es allerdings nicht. Es reicht vollkommen aus, den Austritt zu erklären.
Ohnehin ist das komplette Modell der "Studentenkonferenz" eine Farce. Vor allem die darin dauernd betonte Rechtsaufsicht der Hochschule ist genauso im Modell der verfassten Studierendenschaft vorhanden. Einziger Effekt des Modells wäre eine weitgehende Beschneidung der Handlungsmöglichkeiten der Studierendenschaft, womit den Studierenden die Möglichkeit einer schlagkräftigen Artikulation genommen wird. Insbesondere die weitgehende Integration in die Hochschule verringert die derzeitige (vor allem inhaltliche!) Autonomie der Studierendenvertretung gegenüber der Hochschulleitung.
Alles in allem ist und bleibt es erschreckend, wie Du mit solchen Auftritten die teilweise bestimmt engagierte Arbeit anderer RCDS-AktivistInnen unterminierst. Die studentischen Wählerinnen und Wähler machen ihr Kreuz immer noch dort, wo sie politische Kompetenz, soziales Engagement sowie inhaltliche Kreativität erkennen. Vielleicht ist es zu bedauern, dass der RCDS diese Wünsche nicht zu erfüllen scheint. Schlammschlachten und Selbstbeweihräucherungen, so wie Du sie zur Zeit par excellence betreibst, helfen da zum Glück gar nicht.
Mit freundlichen Grüssen
für den AStA der RWTH Aachen,
den AStA der Universität Münster,
den AStA der Universität Dortmund und
den UStA der Universität Karlsruhe (TH)
Colin Tück, Vorsitzender des AStA der RWTH Aachen
Ernest Hammerschmidt, Finanzreferent des AStA der RWTH Aachen
Die Studierendenvertretungen von vier Hochschulen haben die Vorsitzende des RCDS, Barbara von Wnuk-Lipinski, aufgefordert, von ihren zweifelhaften Aussagen zur Finanzpraxis der Studierendenschaften Abstand zu nehmen. "Gerade die Forderung nach der Auflösung der Verfassten Studierendenschaften ist ein Schlag ins Kontor ihrer Kolleginnen und Kollegen, die in den Studierendenschaften teils engagiert mitarbeiten", sagte Colin Tück, Vorsitzender des AStA der RWTH Aachen. Die Vorsitzende des CDU-nahen RCDS hat in einem Interview mit der taz die Auflösung der Studierendenschaften gefordert, da diese mit öffentlichen Geldern verantwortungslos umgingen.
Dabei verstrickt sich Wnuk-Lipinski aus Sicht der ASten der RWTH Aachen und der Universitäten Münster und Dortmund sowie des UStA der Universität Karlsruhe (TH) in vielen Teilen in Widersprüche. So sind lokale RCDS-Gruppen zwar tatsächlich häufig in der Opposition zu finden, können dort die Arbeit der ASten aber äußerst effektiv kontrollieren. So haben alle Mitglieder eines Studierendenparlaments die Möglichkeit, Einsicht in die Buchhaltung der ASten zu nehmen. Zudem können Ausgaben nur auf Grundlage von bestehenden Haushaltsplänen getätigt werden, die von den Parlamenten verabschiedet werden müssen.
In dem offenen Brief räumen die Studierendenvertretungen ein, dass es auch unter den ASten durchaus einige "Schwarze Schafe" gibt, diese Finanzpraxis ist aber nicht auf alle übertragbar. "Wenn ich mich hinstelle und sage: So wie beim Kölner Müllskandal läuft das auch in allen anderen Kommunen, hält man mich auch für verrückt. So eine pauschale Verleumdung ist schon infam", empört sich Ernest Hammerschmidt, Finanzreferent des AStA der RWTH.
Auch die von Wnuk-Lipinski geforderte Umwandlung der ASten in "Studentenkonferenzen" lehnen die Unterzeichner ab. Die von der RCDS-Vorsitzenden gesehenen Vorteile, die in einer besseren Rechtsaufsicht der Hochschulen über die Finanzen der Studierendenschaften liegen sollen, sind de facto schon jetzt existent. Denn formal müssen die Hochschulen schon jetzt die Haushalte genehmigen – jedoch nach formalen Kriterien und nicht nach inhaltlichen. "Wir könnten studentische Interessenvertretung doch gleich zu Grabe tragen, wenn uns die Hochschulen vorschreiben können, wofür wir Gelder ausgeben wollen. Das wird nach festen Kriterien, die im übrigen auch von den Studierendenschaften selbst regelmäßig kontrolliert werden, politisch entschieden", so Sascha Vogt, Vorsitzender des AStA der Uni Münster, abschließend.
Der offene Brief im Wortlaut
Offener Brief zu Deinem heutigen Interview in der taz "Ohne uns wäre das nie rausgekommen!", die tagezeitung vom 8.10.03, Seite 14
Liebe Barbara,
in Deinem heutigen Interview mit der taz versuchst Du offensichtlich, den Artikel des Spiegel vom 29.9.03 zum Anlass nehmend, in doch eher peinlicher Weise die Abschaffung der verfassten Studierendenschaft zu propagieren und diese in ihrer Gänze als Haufen linksradikaler Betrüger darzustellen. Zu erst einmal möchten wir Dir zu der Dir entgegen gebrachten Aufmerksamkeit gratulieren! Leider verschenkst Du diese durch sachliche Fehler und haarsträubende Argumentation in Deinen Aussagen.
Zunächst einmal überträgst Du die sicherlich in einigen Fällen dubiose Finanzpraxis einzelner schwarzer Schafe unter den ASten/StuRä direkt in Deiner ersten Antwort auf die gesamte Studierendenschaft. Den Kölner Müllverbrennungsskandal einfach so zu deuten, dass dies in allen Kommunen analog liefe, käme auch der Verleumdung gleich. Ansonsten beruhigt uns die Tatsache ungemein, dass die meisten ASten/StuRä treue Bahnkunden sind und nicht ihren Reisekostenetat in drei Monaten für schicke Leihwagen verplempern.
Auch scheint keinesfalls eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Verwendung von Geldern stattzufinden. Zumindest scheinst Du die Kritik an der Förderung bestimmter Projekte entweder nicht begründen zu können oder zu wollen. Dass Du die Nachfrage nach Schwulenreferaten geschickt umschiffst, spricht jedenfalls für sich.
Kommen wir nun zu einer kurzen Lehrstunde in praktischer Finanzgesetzgebung: Du behauptest, die Kontrolle der AStA-Finanzen gestalte sich schwierig, wenn man nicht im AStA sitze. Unsere Vermutung ist eher diese: Sie gestaltet sich schwierig, wenn man entweder keine Ahnung davon oder keine Motivation zu konstruktiver Mitarbeit hat. Natürlich steht es Mitgliedern der Studierendenparlamente o.ä. frei, Einsicht in die Finanzunterlagen des AStA zu nehmen. Sogar Mitglieder der opponierenden Listen geniessen dieses Recht. Aber das wusstest Du bestimmt. Was Du nicht zu wissen scheinst, ist, wie es um die Aufgaben der Rektorate im Prozess der Haushaltsberatung bestellt ist. Wieder steht zu bemerken: Was in Rheinland-Pfalz (zumindest teilweise) gilt, darf in Nordrhein-Westfalen anders sein. Wer sich z.B. S~80 HG-NW ansieht, erkennt, dass dem Rektorat zwar der festgestellte Haushaltsplan zuzuleiten ist, die Notwendigkeit der aktiven Genehmigung lässt sich hier nicht ablesen. Die Kompetenzen, die der Hochschulleitung im Rahmen der Rechtsaufsicht gegeben sind, reichen ohnehin vollkommen aus, um Misswirtschaft zu verhindern. Deine Aussage hierzu ist also schlichtweg falsch.
Die nächste offensichtliche Falschaussage Deinerseits ist in der Antwort auf die Frage nach den finanziellen Vorteilen des von Euch propagierten Modells der "Studentenkonferenz" zu finden. Diese beantwortest Du erst gar nicht, sondern nutzt sie geschickt dazu, auf die Frage des politischen Mandats zu schwenken. Du behauptest, Studierenden sei es nicht möglich, sich gegen allgemeinpolitische Aktivitäten ihrer VertreterInnen zu wehren. Dass gerade der RCDS in der Vergangenheit derartige gerichtliche Klagen gegen "linke" ASten zumindest ideologisch unterstützt hat, scheint Dir entfallen zu sein.
Auch Deine Behauptung, nur in Sachsen-Anhalt könne man sich aus der Verfassten Studierendenschaft ausklagen, hat in der Form keinen Bestand. Natürlich darf jede und jeder Studierende in Sachsen-Anhalt den Rechtsweg beschreiten. Besonders geschickt wäre es allerdings nicht. Es reicht vollkommen aus, den Austritt zu erklären.
Ohnehin ist das komplette Modell der "Studentenkonferenz" eine Farce. Vor allem die darin dauernd betonte Rechtsaufsicht der Hochschule ist genauso im Modell der verfassten Studierendenschaft vorhanden. Einziger Effekt des Modells wäre eine weitgehende Beschneidung der Handlungsmöglichkeiten der Studierendenschaft, womit den Studierenden die Möglichkeit einer schlagkräftigen Artikulation genommen wird. Insbesondere die weitgehende Integration in die Hochschule verringert die derzeitige (vor allem inhaltliche!) Autonomie der Studierendenvertretung gegenüber der Hochschulleitung.
Alles in allem ist und bleibt es erschreckend, wie Du mit solchen Auftritten die teilweise bestimmt engagierte Arbeit anderer RCDS-AktivistInnen unterminierst. Die studentischen Wählerinnen und Wähler machen ihr Kreuz immer noch dort, wo sie politische Kompetenz, soziales Engagement sowie inhaltliche Kreativität erkennen. Vielleicht ist es zu bedauern, dass der RCDS diese Wünsche nicht zu erfüllen scheint. Schlammschlachten und Selbstbeweihräucherungen, so wie Du sie zur Zeit par excellence betreibst, helfen da zum Glück gar nicht.
Mit freundlichen Grüssen
für den AStA der RWTH Aachen,
den AStA der Universität Münster,
den AStA der Universität Dortmund und
den UStA der Universität Karlsruhe (TH)
Colin Tück, Vorsitzender des AStA der RWTH Aachen
Ernest Hammerschmidt, Finanzreferent des AStA der RWTH Aachen