Ernst gemeint?Koch "verspricht", auf Studiengebühren zu verzichten
In der Freitagsausgabe des "Mannheimer Morgen" (Zusammenfassung auch online) äußert Koch u.a.: "Es nervt die Menschen, wenn man ihnen immer wieder mit demselben Thema kommt." Allerdings sei damit die Wiedereinführung von Studiengebühren nicht auf alle Zeit abgeschrieben, vor allem wenn andere Länder daran festhielten.
Ergänzend sprach der Regierungssprecher Dirk Metz im Hessischen Rundfunk davon, dass die Wiedereinführung von Studiengebühren "auf absehbare Zeit kein Thema" sei. Und zwar egal, ob die CDU bei einer Neuwahl als Sieger hervorgeht oder falls es (auch ohne Neuwahl) noch zu einer Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen kommen würde.
Eigentlich bleibt also alles beim Alten, denn langfristig schließt Koch Studiengebühren ja keineswegs aus. Durch die aktuelle Lage wäre er zukünftig sogar in der bequemen Lage, sollte er wieder über eine Mehrheit verfügen, alle Probleme im Hochschulbereich darauf zu schieben, dass ja die Studiengebühren abgeschaffen wurden. Bis er sie dann irgendwann gnädigerweise wieder einführt. Sollten umgekehrt auch andere Bundesländer die Gebühren wieder abschaffen, so müsste er gar nichts tun.
Juristischer Weg immer noch nicht ganz ausgeschöpft
Wirkliche "Sicherheit" vor Studiengebühren würde es in Hessen also tatsächlich nur geben, falls die Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg haben. Denn obwohl man meinen konnte, mit der Entscheidung des hessischen Staatsgerichtshofes, dass Studiengebühren nicht gegen die hessische Landesverfassung verstoßen, sei der Klageweg zu Ende gewesen, ist dem nicht so. Insgesamt vier KlägerInnen haben sich mit Unterstützung von Studierendenvertretungen und dem hessischen Landesverband des DGB zusammengetan und eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Sie hebt darauf ab, dass der Hessische Staatsgerichtshof Grundrechte des Grundgesetzes nicht ausreichend gewürdigt habe.
Dass die Entscheidung des Staatsgerichtshofes knapp ausfiel (6:5, die fünf "Abweichler" hatten auch ein deutliches Minderheitenvotum abgegeben), hilft dabei allerdings nicht. Es wäre wohl auch zu schön gewesen, wenn die Gebühren auf diesem Wege gekippt worden wären – denn dann wären Studiengebühren faktisch auf Dauer in Hessen ausgeschlossen gewesen (eine Verfassungsänderung mit 2/3-Mehrheit ist so schnell nicht zu erwarten). Nebenbei wären dann möglicherweise die bisher erhobenen Gebühren zurück zu erstatten gewesen. Genau darauf hoffen die KlägerInnen, die sich nun ans Bundesverfassungsgericht wenden, immer noch – zumindest ein wenig.
Einschätzung: Einschreiten des Bundesverfassungsgerichts unwahrscheinlich
Das Bundesverfassungsgericht hatte selbst erst den Weg zu Studiengebühren in den Bundesländern frei gemacht, indem es Anfang 2005 das Verbot von Studiengebühren im Hochschulrahmengesetz gekippt hatte (vgl. hier). Von daher scheint es wenig wahrscheinlich, dass von diesem Gericht Hilfe im Kampf gegen Studiengebühren zu erwarten ist.
Zwar ging es bei der damaligen Entscheidung vor allem um die Frage, ob der Bund den Ländern Vorschriften in diesem Bereich machen darf und weniger um die Art der Vorschrift (bundesweit vorgeschriebene Studiengebühren sind nach diesem Urteil genau so wenig möglich). Trotzdem war im Urteil auch angedeutet worden, in welchem Rahmen das Gericht sich Studiengebühren vorstellen könne. Demnach glaubt das Bundesverfassungsgericht (und das scheint mittlerweise die Mehrheit der JuristInnen in Deutschland so zu sehen), es sei für die "Sozialverträglichkeit" ausreichend, wenn es zur Finanzierung von Gebühren Darlehensangebote gibt.
Dass künftige Schulden abschreckend wirken könnten und dass davon vor allem Menschen aus finanzschwachen Familien betroffen sind, scheint nicht von Belang zu sein. Es wäre daher schon ein größeres Wunder, wenn das Bundesverfassungsgerichts nun anders entscheiden würde. Höchstens die hessische Besonderheit mit dem Passus in der Landesverfassung lässt eine letzte kleine Hoffnung übrig. Ob sich allerdings das Bundesverfassungsgericht in die Interpretation einer Landesverfassung einmischen will ...
Quellen und weitere Artikel zum Thema
- Koch akzeptiert Aus für Uni-Gebühr (Artikel bei morgenweb.de, der Online-Ausgabe des Mannheimer Morgen, 17.07.2008)
- CDU akzeptiert Studiengebühren-Aus (Artikel bei hr-online, 17.07.2008)
- Klage gegen Studiengebühren beim Bundesverfassungsgericht eingereicht (Pressemitteilung der LAK Hessen, 10.07.2008)
- Bundesverfassungsgericht erlaubt Studiengebühren (26.01.2005)
- Im zweiten Anlauf: Studiengebühren in Hessen nun wirklich abgeschafft (17.06.2008)